BGH Urteil v. - VII ZR 610/21

Instanzenzug: OLG Oldenburg (Oldenburg) Az: 6 U 310/20 Urteilvorgehend LG Osnabrück Az: 9 O 1784/20

Tatbestand

1Der Kläger nimmt die Beklagte hinsichtlich eines von ihm im Dezember 2015 als Neuwagen von einem Autohaus erworbenen und von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs VW T 6 2.0 TDI in Anspruch. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 6 erteilt. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 288 ausgestattet und verfügt u.a. über eine temperaturgesteuerte Abgasrückführung (Thermofenster) sowie einen mit AdBlue betriebenen SCR-Katalysator. Es ist von einem Rückruf seitens des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wegen einer Konformitätsabweichung betroffen.

2Der Kläger hat zuletzt die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs resultieren, verlangt. Hilfsweise hat er Zahlung von 34.330 € nebst Prozesszinsen abzüglich einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs, Feststellung der Ersatzpflicht für im Einzelnen bezeichnete unzulässige Abschalteinrichtungen, die im Klägerfahrzeug verbaut seien (Thermofenster, erhöhte Abgasrückführung auch nach Erreichen der Betriebstemperatur des SCR-Katalysators nur im Prüfstand, Aufwärmstrategie, Ladeverhalten der Autobatterie, AdBlue-Dosierung, OBD-System) sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begehrt. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende landgerichtliche Urteil hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt er die zuletzt gestellten Anträge weiter.

Gründe

3Die Revision hat Erfolg.

I.

4Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (Az. 6 U 310/20, veröffentlicht in juris), soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

5Die Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Es fehle an der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit etwaiger zukünftiger Vermögensschäden. Zudem sei dem Kläger die Erhebung einer Leistungsklage möglich gewesen, wie der hilfsweise gestellte bezifferte Zahlungsantrag belege.

6Die Leistungsklage sei unbegründet. Das Fahrzeug verfüge nicht über unzulässige Abschalteinrichtungen, der Entzug der Typgenehmigung drohe nicht ernstlich und ein vorsätzliches sittenwidriges Handeln der Beklagten, das zu einem Schaden des Klägers geführt habe, sei nicht festzustellen. Eine Täuschung des KBA durch eine unzulässige Abschalteinrichtung habe der Kläger bereits nicht substantiiert dargelegt. Nicht jede Funktion, die der Erkennung des Prüfstands diene, sei eine Abschalteinrichtung. Selbst wenn eine Abschalteinrichtung - wie hier das Thermofenster - als unionsrechtlich unzulässig einzustufen sein sollte, reiche dies nicht zur Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung. Eine "Umschaltlogik" analog zu der in den Motoren des Typs EA 189 habe das KBA trotz umfangreicher Untersuchungen ausweislich einer Vielzahl amtlicher Auskünfte bei dem hier verbauten Motortyp EA 288 auch in Bezug auf den VW T 6 2.0 TDI (Euro 6) nicht festgestellt. Der Rückruf sei nicht wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, sondern wegen einer Konformitätsabweichung erfolgt. Auf die Entscheidung des (Az. VIII ZR 57/19) könne sich der Kläger nicht stützen. Anders als dort habe das KBA den Motortyp bereits umfassenden Untersuchungen unterzogen und dabei keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt. Hinsichtlich des unstreitig verbauten Thermofensters, das auf dem Prüfstand und außerhalb dessen in gleicher Weise funktioniere, fehle es jedenfalls an der Darlegung von Umständen, die für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten sprächen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass das KBA als staatliche Zulassungsbehörde die Typgenehmigung erteilt habe und die Zivilgerichte deshalb bis auf weiteres von der Rechtmäßigkeit der Motorkonfiguration auszugehen hätten. Diese Tatbestandswirkung hindere die eigene Prüfung der Zulässigkeit der betreffenden Abschalteinrichtung. Die Fahrkurvenerkennung sei ebenfalls nicht als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 der EG-FGV. Denn das mit der Klage geltend gemachte Interesse des Klägers, nicht zu einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liege nicht im Aufgaben- und Schutzbereich der genannten Bestimmungen.

II.

7Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

81. Die Feststellungsklage ist zwar zulässig. Der Kläger verfügt über das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche, im Revisionsverfahren von Amts wegen zu überprüfende (vgl. Rn. 10, NJW 2018, 227) Feststellungsinteresse. Die Revision rügt zu Recht, dass nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung in Fällen, in denen ein Vermögens(teil)schaden bereits entstanden ist und der Eintritt weiterer Vermögensschäden im Rahmen der noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung erwartet wird, für die Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht die Wahrscheinlichkeit eines künftigen weiteren Schadenseintritts erforderlich ist, sondern die bloße Möglichkeit genügt (vgl. Rn. 28 m.w.N., WM 2021, 2208). Nach dem Klägervortrag ist die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen, weil künftige Aufwendungen möglich erscheinen, die im Rahmen des vom Kläger gewählten sogenannten "großen" Schadensersatzes ersatzfähig wären (vgl. Rn. 15 m.w.N., NJW 2022, 1093).

92. Die Feststellungsklage ist aber unbegründet. Einen Anspruch auf den großen Schadensersatz hat das Berufungsgericht zutreffend abgelehnt. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen begegnet es keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten gemäß §§ 826, 31 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB verneint hat. Die Revision zeigt nicht auf, dass dem Berufungsgericht bei der Würdigung der von ihm festgestellten Tatsachen und des von ihm als zutreffend unterstellten Sachvortrags des Klägers ein Rechtsfehler unterlaufen wäre (vgl. zur eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfung Rn. 32 m.w.N., WM 2022, 87). Sie legt auch nicht dar, dass das Berufungsgericht relevanten Sachvortrag oder Beweisantritte des darlegungs- und beweisbelasteten Klägers (vgl. VIa ZR 51/21 Rn. 21, juris; Urteil vom - VI ZR 128/20 Rn. 14, VersR 2021, 1252; Beschluss vom - VI ZR 889/20 Rn. 29, NJW 2021, 1814; Beschluss vom - VI ZR 433/19 Rn. 19, NJW 2021, 921) übergangen hätte.

10a) Gegen die Abweisung eines Anspruchs gemäß § 826 BGB in Bezug auf das unstreitig im Klägerfahrzeug enthaltene Thermofenster, für das das Berufungsgericht offengelassen hat, ob es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, wendet sich die Revision nicht.

11b) Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine andere unzulässige Abschalteinrichtung in seinem Fahrzeug dargelegt, beruht nicht auf überspannten Substantiierungsanforderungen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die von der Revision angeführten Entscheidungen des (Az. VI ZR 128/20 Rn. 24 ff., WM 2021, 1609) und vom (Az. VIII ZR 57/19 Rn. 7 ff., WM 2020, 476). Soweit das Berufungsgericht die Behauptung des Klägers, mit der Prüfstandserkennung in Form der Fahrkurvenerkennung gehe analog zur "Umschaltlogik" bei dem den sogenannten Dieselskandal auslösenden Motortyp EA 189 ein Umschalten in die "bestmögliche Abgasreinigung" bzw. in eine "hohe AGR-Rate" einher, als prozessual unbeachtlich angesehen hat, ist das Revisionsgericht hieran mangels eines zulässigen und begründeten Revisionsangriffs gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden.

12aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen (st. Rspr.; vgl. nur Rn. 43, BauR 2021, 1183= NZBau 2021, 1593; Beschluss vom - VII ZR 261/18 Rn. 14, BauR 2021, 593 = NZBau 2021, 178; Beschluss vom - VII ZR 314/13 Rn. 22, BauR 2017, 306; jeweils m.w.N.). Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (vgl. , WM 2012, 492; Rn. 20, WM 2021, 1609; Urteil vom - VI ZR 401/19 Rn. 19, MDR 2021, 871; Beschluss vom - VIII ZR 57/19 Rn. 7, ZIP 2020, 486; jeweils m.w.N.).

13Diese Grundsätze gelten insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den ihrer Behauptung zugrunde liegenden Vorgängen hat. Eine Partei darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen hat (vgl. Rn. 21, WM 2021, 1609; Beschluss vom - VIII ZR 57/19 Rn. 8, ZIP 2020, 486; Urteil vom - VI ZR 31/94, VersR 1995, 433, juris Rn. 17). Gemäß § 403 ZPO hat die Partei, die die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragen will, die zu begutachtenden Punkte zu bezeichnen. Dagegen verlangt das Gesetz nicht, dass der Beweisführer sich auch dazu äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in die Sachkenntnis des Sachverständigen gestellten Behauptung habe ( Rn. 8, VersR 2020, 1069).

14Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl gemacht, gleichsam "ins Blaue hinein" aufgestellt, mit anderen Worten, aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellen (vgl. Rn. 22, WM 2021, 1609; Beschluss vom - VIII ZR 57/19 Rn. 8, ZIP 2020, 486; Urteil vom - VII ZR 26/12 Rn. 26, BauR 2014, 1023; Urteil vom - VII ZR 185/91, BGHZ 121, 210, juris Rn. 26). Insoweit ist allerdings Zurückhaltung geboten; in der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte die Annahme eines Rechtsmissbrauchs rechtfertigen können (vgl. Rn. 22, WM 2021, 1609; Beschluss vom - VIII ZR 57/19 Rn. 8, ZIP 2020, 486; Urteil vom - VII ZR 185/91, BGHZ 121, 210, juris Rn. 26).

15bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die Behauptung des Klägers, in seinem Fahrzeug sei mittels der Fahrkurvenerkennung eine der "Schummelsoftware" im EA 189 vergleichbare Motorsteuerungssoftware verbaut, die nur auf dem Prüfstand die Emissionen verringere, ohne Verfahrensfehler als ins Blaue hinein aufgestellt erachtet. Die Revision setzt ihre Bewertung des Klägervortrags an die Stelle der Würdigung des Berufungsgerichts und setzt sich dabei mit der Begründung des Berufungsgerichts nicht hinreichend auseinander. Dass mittels der Fahrkurvenerkennung der Prüfstand erkannt wird, hat das Berufungsgericht zu Recht nicht ausreichen lassen, um von einer unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen. Eine Prüfstandserkennung indiziert nur dann die für eine Haftung gemäß § 826 BGB erforderliche arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden, wenn eine Manipulationssoftware ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert (vgl. Rn. 18, juris; Urteil vom - VII ZR 190/20 Rn. 19, WM 2021, 2108; Beschluss vom - VI ZR 889/20 Rn. 27, VersR 2021, 661; Beschluss vom - VI ZR 433/19 Rn. 18, ZIP 2021, 297). Die dazu von der Revision in Bezug genommenen Messergebnisse der Deutschen Umwelthilfe begründen angesichts der unstreitigen gravierenden Unterschiede der Bedingungen, unter denen die Messung im Neuen Europäischen Fahrzyklus und im Realbetrieb erfolgt, schon kein Indiz für eine unzulässige Abschalteinrichtung und erst recht nicht für eine Manipulationssoftware, die die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllen könnte. Der von der Revision weiter in Bezug genommene Rückruf des KBA erfolgte nach den außer Streit stehenden Feststellungen des Berufungsgerichts gerade nicht - wie etwa bei der "Umschaltlogik" des EA 189 - wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, sondern wegen einer Konformitätsabweichung. Die in einem von der Revision in Bezug genommenen Presseartikel nicht namentlich zitierte Zeugenaussage, wonach in den Motoren der Serie EA 288 die gleiche Software verbaut sei wie in der Vorgängerserie EA 189, aber "die Funktion nicht aktiviert" sei, musste das Berufungsgericht ebenfalls nicht zu einer Beweisaufnahme veranlassen. Entgegen der Auffassung der Revision durfte das Berufungsgericht bei der Würdigung des Klägervortrags nämlich berücksichtigen, dass es für das Fahrzeug des Klägers einen verpflichtenden Rückruf des KBA wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung - anders als bei dem Vorgängermodell EA 189 - nicht gibt. Auch hat das KBA ausweislich einer amtlichen Auskunft in einem Verfahren vor einem anderen Senat des Berufungsgerichts betreffend einen VW T 6 2.0 Diesel (Euro 6) die Fahrkurvenerkennung, die auf dem Prüfstand und im Straßenbetrieb gleichermaßen funktioniere und keinen wesentlichen Einfluss auf die Schadstoffemissionen habe, nicht als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet. Vertritt die zuständige Fachbehörde die Rechtsauffassung, die hier diskutierte Abschalteinrichtung sei zulässig, kann das darauf bezogene Verhalten der Beklagten nicht als besonders verwerflich eingestuft werden. Für die dazu erforderliche Annahme, die Beklagte habe die Abschalteinrichtung im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit und unter billigender Inkaufnahme des Gesetzesverstoßes implementiert, bleibt kein Raum; ebenso scheidet ein Schädigungsvorsatz aus.

16c) Auch im Übrigen erachtet der Senat die von der Revision erhobenen Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend (§ 564 Satz 1 ZPO).

173. Im Lichte der nach Erlass der Entscheidung des Berufungsgerichts ergangenen neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat angeschlossen hat (Urteile vom - VII ZR 306/21 und VII ZR 619/21, juris), kann allerdings eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV auf Ersatz des Differenzschadens im Hinblick auf das unstreitig verbaute Thermofenster nicht ausgeschlossen werden (vgl. VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 ff.). Dafür ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen und der Schaden beläuft sich auf einen gemäß § 287 ZPO zu schätzenden Betrag innerhalb eines Rahmens zwischen 5 % und 15 % des gezahlten Kaufpreises (vgl. VIa ZR 335/21 Rn. 42, 72 ff., BGHZ 237, 245). Das Berufungsgericht hätte die Berufung des Klägers bei richtiger rechtlicher Bewertung mithin nicht zurückweisen dürfen, ohne ihm Gelegenheit zu geben, den von ihm geltend gemachten Schaden im Sinne des Differenzschadens zu berechnen. Die Stellung eines an die Geltendmachung des Differenzschadens angepassten, unbeschränkten Zahlungsantrags ohne Vorbehalt einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung ist dem Kläger möglich.Denn dem von ihm in erster Linie auf §§ 826, 31 BGB gestützten großen Schadensersatz einerseits und einem Differenzschaden nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGVandererseits liegen lediglich unterschiedliche Methoden der Schadensberechnung zugrunde, die im Kern an die Vertrauensinvestition des Käufers bei Abschluss des Kaufvertrags anknüpfen ( VIa ZR 335/21 Rn. 45, BGHZ 237, 245).

III.

18Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine Entscheidung in der Sache durch den Senat ist nicht veranlasst, weil der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

19Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, den Differenzschaden geltend zu machen (zur gebotenen Wahl der Schadensart vgl. Rn. 16 ff., NJW-RR 2022, 23) und einen solchen Schaden darzulegen. Dabei wird er zu beachten haben, dass bei der Wahl des Differenzschadens ein Feststellungsantrag wegen des Vorrangs der Leistungsklage mangels Feststellungsinteresses des Klägers (§ 256 Abs. 1 ZPO) unzulässig wäre, weil dieser den Differenzschaden beziffern kann (vgl. VIa ZR 1083/22 Rn. 16, juris; Urteil vom - VIa ZR 37/21 Rn. 19, WM 2023, 2191; zum "kleinen" Schadensersatz vgl. Rn. 15, NJW-RR 2022, 23).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:150224UVIIZR610.21.0

Fundstelle(n):
HAAAJ-64566