Ablehnung einer Terminsaufhebung im Anschluss an eine Mandatsniederlegung
Leitsatz
NV: Im Anschluss an die Mandatsniederlegung einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vor der mündlichen Verhandlung kann ein erheblicher Grund für eine Terminsaufhebung trotz dauerhafter Erkrankung des sich danach selbst vertretenden Klägers fehlen, wenn der Kläger die Mandatsniederlegung als Geschäftsführer der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH selbst verursacht hat.
Gesetze: ZPO § 87 Abs. 1, Abs. 2; ZPO § 227 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1, Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1;
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde ist teilweise unzulässig, teilweise unbegründet und daher insgesamt als unbegründet zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO werden entweder nicht ordnungsgemäß dargelegt oder liegen nicht vor.
2 1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
3 a) Soweit der Kläger in der Beschwerdebegründung vom insoweit die Revisionszulassung begehrt, fehlt es an der Darlegung einer abstrakt klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage.
4 Der Kläger meint, es sei klärungsbedürftig, ob die Anordnung der Außenprüfung sich dadurch erledigt habe, weil der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) nach deren Erlass für mehr als sechs Monate nicht mit der Außenprüfung begonnen habe und diese gemäß § 171 Abs. 4 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) unterbrochen gewesen sei. Die aufgeworfene Frage ist jedoch einzelfallabhängig und damit nicht abstrakt klärungsbedürftig; im Übrigen hat die Außenprüfung noch nicht begonnen, was einer Unterbrechung entgegensteht.
5 Die weiter aufgeworfene Frage, ob die Prüfungshäufigkeit kleinerer und mittlerer Betriebe im Sinne des § 4 Abs. 3 der Betriebsprüfungsordnung und die mehrfache Prüfung bestimmter Betriebe durch Anschlussprüfungen sowie die Nichtprüfung anderer Betriebe die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt, wird ebenfalls nicht ordnungsgemäß nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Der Kläger setzt sich nicht mit der zu dieser Frage bereits vorliegenden Rechtsprechung auseinander und legt auch keine neuen Gesichtspunkte dar, die zu einer erneuten höchstrichterlichen Prüfung dieser Frage Anlass geben könnten (s. im Einzelnen Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom - VIII B 114/18, BFH/NV 2019, 385, Rz 7 ff.; vom - VIII B 130/20, BFH/NV 2022, 97, Rz 3 ff.; vom - VIII B 105/21, BFH/NV 2022, 929, Rz 3 ff., jeweils auch zu den Darlegungsanforderungen des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung).
6 b) Soweit der Kläger in der Beschwerdebegründung im Stile einer Revisionsbegründung ausführt, die Vorentscheidung sei aus diversen Gesichtspunkten heraus rechtsfehlerhaft, wirft er keine abstrakten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, sondern rügt die Rechtsanwendung des Finanzgerichts (FG) im Streitfall als Einzelfall.
7 2. Aus den unter 1. dargelegten Gründen ist die Revision auch nicht zur Rechtsfortbildung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen, da es sich insoweit um einen besonderen Fall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung handelt, der ebenfalls voraussetzt, dass der Kläger eine klärungsbedürftige und im konkreten Streitfall klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft (vgl. , BFH/NV 2019, 385, Rz 3). Daran fehlt es hier.
8 3. Die geltend gemachte Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wird nicht ordnungsgemäß dargelegt. Der Kläger nimmt zur Begründung des Zulassungsgrunds insoweit auf sein Vorbringen zur Darlegung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung Bezug. Dieses erschöpft sich wie schon ausgeführt darin, die fehlerhafte Rechtsanwendung des FG im Streitfall und die vom Kläger gesehene Verfassungswidrigkeit der Regelungen zum Erlass einer Prüfungsanordnung gemäß § 193 Abs. 1 i.V.m. § 5 AO ohne Auseinandersetzung mit der insoweit schon vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu behaupten. Dem klägerischen Vorbringen ist nicht —wie es für eine Divergenz erforderlich wäre— zu entnehmen, mit welchem die Vorentscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz das FG von einem ebensolchen Rechtssatz in einer Divergenzentscheidung abgewichen sein soll; der Kläger bezeichnet schon keine konkreten vermeintlichen Divergenzentscheidungen (zu den Voraussetzungen der Divergenz s. z.B. , BFH/NV 2024, 34, Rz 14).
9 4. Auch kommt die Zulassung der Revision wegen eines schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehlers gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht in Betracht. Zwar führt der Kläger unter Gliederungspunkt IV. der Beschwerdebegründung vom an, die Prüfungsanordnung beruhe aus seiner Sicht auf sachfremden und schikanösen Beweggründen des FA, was das FG verkannt habe. Er setzt sich aber nicht mit der Begründung des FG, das dies verneint hat, auseinander. Somit verdeutlicht er nicht, dass die vom FG in der Vorentscheidung gegebene Begründung willkürlich oder greifbar gesetzeswidrig sein könnte (vgl. zu den Voraussetzungen des Zulassungsgrunds eines schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehlers , BFH/NV 2024, 34, Rz 9).
10 5. Der vom Kläger in der Beschwerdebegründung vom unter I.1.5 gerügte Verstoß gegen die ordnungsgemäße Besetzung des FG (§ 119 Nr. 1 FGO) greift nicht durch.
11 a) Die Rüge ist unsubstantiiert, soweit der Kläger eine nicht ordnungsgemäße Besetzung des 4. Senats des FG behauptet. Der Streitfall wurde aber vom 1. Senat des FG entschieden.
12 b) Der Senat versteht die weiteren Ausführungen als Rüge eines Verstoßes gegen die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts (§ 119 Nr. 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Der Kläger macht geltend, dass der Richter am Finanzgericht, der als Vorsitzender in der mündlichen Verhandlung mitgewirkt hat, entgegen § 45 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO trotz der Ablehnung durch den Kläger zu Unrecht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und den Streitfall mitentschieden habe. Ein Verfahrensmangel ist insoweit aber nicht erkennbar.
13 aa) Das FG hat ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters am Finanzgericht über den am Morgen des Tags der mündlichen Verhandlung gestellten Ablehnungsantrag entschieden, diesen durch unanfechtbaren Beschluss abgelehnt, der den erschienenen Vertreterinnen des FA in der mündlichen Verhandlung bekannt gegeben wurde. Erst danach hat der Richter am Finanzgericht als Vorsitzender an der Sitzung teilgenommen.
14 bb) Der die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs zurückweisende führt nicht zu einer Revisionszulassung wegen eines Verfahrensmangels. Dies käme nur dann in Betracht, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs willkürlich wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2023, 1224, Rz 14). Der Kläger legt jedoch nicht dar, aus welchen Gründen dies der Fall sein könnte. Er wiederholt seine Vorwürfe aus dem Ablehnungsgesuch, setzt sich jedoch in seiner Beschwerdebegründung mit der Begründung des FG im Beschluss über das Ablehnungsgesuch nicht näher auseinander.
15 6. Die Revision ist nicht wegen der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO als Verfahrensfehler gerügten Verstöße des FG gegen den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs zuzulassen oder die Vorentscheidung aus diesem Grund gemäß § 116 Abs. 6 FGO aufzuheben und der Streitfall zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
16 a) Das FG hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 FGO und Art. 103 Abs. 1 GG) nicht dadurch verletzt, dass es den Termin zur mündlichen Verhandlung am ohne den Kläger durchgeführt und im Anschluss daran über den Streitfall durch Verkündung des Urteils verfahrensabschließend entschieden hat.
17 aa) Der Kläger hatte mehrfach vor dem vom FG frühzeitig festgesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung () dessen Verlegung aufgrund einer dauerhaften Erkrankung, die zu seiner fehlenden Reisefähigkeit und teilweisen Arbeitsunfähigkeit führe, beantragt. Das FG hat die Aufhebung des Termins jeweils abgelehnt. Am beantragte der Kläger erneut die Terminsaufhebung und legte dar, er werde am operiert und danach stationär behandelt. Das FG teilte dem Kläger in einem Schreiben vom mit, er habe seine krankheitsbedingte mangelnde Reisefähigkeit bereits durch die während des Verfahrens eingereichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung glaubhaft gemacht, werde aber durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vertreten, deren Geschäftsführer er sei. Der Termin sei von dem neben dem Kläger bestellten weiteren Geschäftsführer wahrzunehmen, es sei denn, dass auch dessen Verhinderung am Tag der mündlichen Verhandlung nachgewiesen werde. Der als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätige Kläger zeigte dem FG daraufhin gemäß § 155 FGO i.V.m. § 87 Abs. 1 ZPO die Mandatsniederlegung der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH an und erklärte, er vertrete sich nunmehr selbst. Am reichte der Kläger beim FG Unterlagen ein, aus denen der OP-Termin am und die Kostenübernahme der Krankenversicherung für den anschließenden stationären Aufenthalt hervorgingen. Das FG antwortete dem Kläger mit Schreiben vom , es werde den Termin nicht aufheben. Über das besondere elektronische Anwaltspostfach des Klägers wurden dem FG am um 07:43 Uhr Unterlagen übermittelt, unter denen sich eine ärztliche Bescheinigung vom befand, nach der der Kläger für mindestens drei Wochen nicht reisetauglich sei. Nach der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung erschien für den Kläger niemand. Das FG lehnte den am Tag der mündlichen Verhandlung durch die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH gestellten weiteren Terminverlegungsantrag ab, da eine Verhinderung des weiteren Geschäftsführers nicht glaubhaft gemacht worden sei. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und Wiederaufruf der Sache wies es die Klage durch Verkündung des Tenors ab. Im angefochtenen Urteil stützte das FG die Ablehnung des Terminverlegungsantrags darauf, dass die Verhinderung eines Prozessvertreters nicht als erheblicher Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO anzusehen sei, wenn die Prozessvollmacht einer Sozietät erteilt worden sei und der betreffende Termin durch ein anderes Mitglied der Sozietät sachgerecht wahrgenommen werden könne. Dies gelte auch, wenn es sich bei dem Prozessbevollmächtigten um eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit mehreren Geschäftsführern handele. Eine anderweitige Vertretungsmöglichkeit sei im Streitfall gegeben, da keine Gründe vorgetragen worden seien, dass die Vertretung durch einen anderen Sachbearbeiter unzumutbar sei. Die Verhinderung des Mitgeschäftsführers am Sitzungstag sei zwar behauptet, aber nicht glaubhaft gemacht worden. Die behauptete Mandatsniederlegung durch die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sei zur Unzeit erfolgt und damit unbeachtlich. Die Niederlegung des Mandats im Streitfall sei auch rechtsmissbräuchlich, da sie offenbar dazu gedient habe, das Gericht zur Terminsaufhebung zu bewegen und der Kläger trotz der Mandatsniederlegung weiter die Infrastruktur der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH im Verfahren zur Übermittlung von Schriftsätzen genutzt habe.
18 bb) Einem Verfahrensbeteiligten wird das rechtliche Gehör zu Unrecht versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt und in der Sache entscheidet, obwohl der Beteiligte einen Antrag auf Terminverlegung gestellt und dafür erhebliche Gründe geltend und glaubhaft gemacht hat (§ 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO). Zu diesen erheblichen Gründen gehört grundsätzlich auch die krankheitsbedingte Verhinderung eines sich selbst vertretenden Klägers (BFH-Beschlüsse vom - X B 70/19, BFH/NV 2020, 226, Rz 9; vom - IX B 178/12, BFH/NV 2013, 762, Rz 2 bis 4; vom - VIII B 144/22, BFH/NV 2023, 859, Rz 4). Trotz der nachgewiesenen krankheitsbedingten Verhinderung des sich selbst vertretenden Klägers am Tag der mündlichen Verhandlung hat das FG im Streitfall eine Terminsaufhebung mangels eines erheblichen Grunds im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
19 aaa) Welche Gründe als erheblich im Sinne von § 227 Abs. 1 ZPO anzusehen sind, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Der Prozessstoff und die persönlichen Verhältnisse des betroffenen Beteiligten und gegebenenfalls seines Prozessbevollmächtigten sind bei der Prüfung ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass das FG die einzige Tatsacheninstanz ist und die Beteiligten ein Recht darauf haben, ihre Sache in einer mündlichen Verhandlung vorzutragen. Die in § 227 Abs. 1 ZPO eingeräumte Ermessensfreiheit kann sich zu einer Rechtspflicht verdichten, das heißt der Termin muss zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt werden, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits durch die Verlegung verzögert wird (, BFHE 268, 534, BStBl II 2020, 715, Rz 9, m.w.N.).
20 bbb) Eine Terminsaufhebung kann geboten sein, wenn der bisherige Prozessbevollmächtigte kurz vor der mündlichen Verhandlung in einer Sache, die in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht nicht einfach ist, sein Mandat niederlegt, ohne dass den Kläger daran ein Verschulden trifft und der Kläger dies glaubhaft macht (vgl. , BFHE 268, 534, BStBl II 2020, 715, Rz 11, 13). Dies gilt entsprechend, wenn der Kläger sich nach einer unverschuldeten Mandatsniederlegung seines Prozessbevollmächtigten selbst vertritt und am Tag der mündlichen Verhandlung krankheitsbedingt verhandlungs- oder reiseunfähig ist.
21 ccc) Andernfalls ist im Fall einer dauerhaften Erkrankung eines Beteiligten, der einen Bevollmächtigten bestellt hat und damit fachkundig vertreten ist, ein Termin nur in Ausnahmefällen aufzuheben (vgl. , BFH/NV 2024, 22, Rz 10, m.w.N.). Das FG hat bei einer dauerhaften Erkrankung eines vertretenen Beteiligten zwar zu prüfen, ob eine Vertagung zweckmäßig sein kann, beispielsweise weil eine Stabilisierung des Gesundheitszustands in einem vertretbaren Zeitrahmen vorstellbar ist; allerdings verlangt ein erheblicher Grund für eine Terminsaufhebung in einem solchen Fall, dass weder der Kläger persönlich (aus gesundheitlichen Gründen) noch der bestellte Prozessbevollmächtigte (wegen fehlender Möglichkeit zur fachlichen Kommunikation mit diesem) in der Lage ist, in der mündlichen Verhandlung fundiert zur Sache vorzutragen (, BFH/NV 2024, 22, Rz 11).
22 ddd) Nach diesen Maßstäben ist die Ablehnung der Terminsaufhebung durch das FG im Ergebnis nicht zu beanstanden.
23 Der Streitfall betrifft die Frage, ob eine Prüfungsanordnung für das freiberufliche Einzelunternehmen des Klägers mit mehreren Standorten nichtig oder rechtswidrig ist, weil diese von einem unzuständigen Finanzamt erlassen wurde. Der Kläger ist während des gesamten Verfahrens durch die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vertreten worden, er war jedoch als deren Geschäftsführer auch der maßgebliche Sachbearbeiter des Verfahrens, jedenfalls wurden die verfahrensgegenständlichen Schriftsätze in Gestalt einer Paraphe des Klägers unterzeichnet. Insoweit ist das Interesse des Klägers anzuerkennen, den Streitfall vor dem FG als fachkundiger Beteiligter selbst zu vertreten und selbst in der mündlichen Verhandlung zur Sache vorzutragen. Andernfalls weist der Rechtsstreit keinen hohen Schwierigkeitsgrad auf und die dauerhafte Erkrankung und fehlende Reisefähigkeit des Klägers standen seit längerem fest. Die Vertretung des Streitfalls durch den weiteren Geschäftsführer der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH war zumutbar und auch deshalb möglich, weil zu den streitigen Fragen während des Klageverfahrens schon umfassend vom Kläger vorgetragen worden war. Ein Ausnahmefall, in dem nach dem oben dargelegten Maßstab bei einer dauerhaften Erkrankung trotz der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten eine Terminverlegung geboten ist, ist nicht gegeben. Angesichts dessen ist die Würdigung des FG nicht zu beanstanden, dass die vom Kläger selbst und bewusst herbeigeführte Mandatsniederlegung der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH trotz der Erkrankung einen erheblichen Grund für die Terminsaufhebung ausschließt. Denn die Mandatsniederlegung ist dem Kläger anzulasten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom - IV B 22/11, BFH/NV 2012, 766, Rz 1; vom - VII B 8/14, BFH/NV 2014, 1755, Rz 6, 7). Der Kläger, dem der Termin zur mündlichen Verhandlung frühzeitig bekannt war, hätte angesichts seiner dauerhaften krankheitsbedingten Verhinderung dafür Sorge tragen können und müssen, den weiteren Geschäftsführer der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in den Streitstand einzuführen, damit dieser die Vertretung in der mündlichen Verhandlung sachkundig wahrnehmen kann und deren Mandat nicht niederlegen dürfen (vgl. zur Vorsorgepflicht bei dauerhafter Erkrankung , BFH/NV 2014, 1057, Rz 7).
24 Auf die weitere Begründung des FG, dass der Kläger sich auch rechtsmissbräuchlich verhalten habe, kommt es nicht an. Der Senat lässt angesichts des Umstands, dass im Streitfall zwar wiederholt die Terminsaufhebung beantragt wurde, es jedoch um die erste vom FG terminierte mündliche Verhandlung ging, offen, ob er sich dieser Beurteilung anschließen könnte.
25 Eine Verhinderung des weiteren Geschäftsführers der Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, der gemäß § 87 Abs. 2 ZPO weiter Prozesshandlungen für den Kläger in der mündlichen Verhandlung hätte ausführen können, hat der Kläger zwar im Antrag vom behauptet. Sie wurde aber nicht glaubhaft gemacht und daher vom FG abgelehnt. Mit der Begründung des ablehnenden Beschlusses, die in der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung wiedergegeben worden ist, setzt der Kläger sich vorliegend nicht auseinander.
26 eee) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das FG zwar einen erheblichen Grund für eine Terminverlegung wegen der vom Kläger selbst verursachten Mandatsniederlegung verneint und den Kläger gleichwohl als Prozessbevollmächtigten behandelt hat. Die Annahme einer verschuldeten Mandatsniederlegung, die einen erheblichen Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO ausschließt (vgl. unter 6.a bb ddd), führt nicht dazu, die Mandatsniederlegung als prozessual unwirksam ansehen zu müssen. Insoweit liegt der in der Beschwerdebegründung vom unter I.1.3 gerügte Verfahrensmangel nicht vor.
27 b) Das FG hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs auch nicht dadurch verletzt, dass es dem Kläger nicht gestattet hat, sich gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO am Tag der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und von dort im Wege einer Videokonferenz Verfahrenshandlungen vorzunehmen.
28 aa) Gemäß § 91a Abs. 3 Satz 2 FGO ist der ablehnende unanfechtbar und damit gemäß § 124 Abs. 2 FGO der Überprüfung im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich entzogen. Eine Gehörsverletzung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kann aufgrund der Ablehnung jedoch vorliegen, wenn das Erscheinen am Gericht für den Kläger unzumutbar ist, die technischen Voraussetzungen für eine Videokonferenz vorliegen und auch sonst keine wesentlichen Belange gegen die Durchführung der Videokonferenz sprechen (, BFH/NV 2019, 568, Rz 16). Es sprechen wesentliche Belange gegen die Durchführung einer Videokonferenz, wenn die von § 91a Abs. 1 FGO geforderten technischen Voraussetzungen beim Gericht nicht gegeben sind, um die Verhandlung zeitgleich in Bild und Ton an einen anderen Ort und in das Sitzungszimmer zu übertragen und einem Beteiligten im Rahmen der Übertragung die Vornahme von Verfahrenshandlungen zu ermöglichen. Ein Anspruch auf Schaffung der technischen Voraussetzungen ergibt sich aus § 91a FGO nicht (, BFH/NV 2021, 1079, Rz 6).
29 bb) Danach hat die Gehörsrüge des Klägers keinen Erfolg. Das FG hat seinen Ablehnungsbeschluss darauf gestützt, dass die von § 91a Abs. 1 FGO geforderten technischen Voraussetzungen beim FG nicht gegeben seien. Der Kläger ist zwar der Auffassung, dass für das FG gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG eine Verpflichtung bestand, eine Videokonferenzanlage vorzuhalten. Er setzt sich jedoch nicht mit der vom FG im ablehnenden Beschluss zitierten BFH-Rechtsprechung auseinander, die eine solche Beschaffungspflicht verneint, wenn die entsprechende technische Ausstattung beim FG noch nicht vorhanden ist. Er legt insbesondere nicht dar, warum die sich auf die Gesetzesbegründung stützende Auslegung des BFH zu § 91a FGO verfassungswidrig sein könnte.
30 c) Soweit der Kläger als Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend macht, das FG habe seinen Vortrag zur Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung und zur Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen in § 5 und § 193 Abs. 1 AO nicht zur Kenntnis genommen und nicht beschieden, liegt der Verfahrensmangel nicht vor.
31 aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO verpflichtet das Gericht unter anderem, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen. Dabei ist das Gericht naturgemäß nicht verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl. , Deutsches Verwaltungsblatt 2008, 1056). Das Gericht ist nach Art. 103 Abs. 1 GG auch nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen des Beteiligten in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen (BVerfG-Beschlüsse vom - 2 BvR 578/69, BVerfGE 28, 378; vom - 2 BvR 1086/74, BVerfGE 40, 101; vom - 2 BvR 558/75, BVerfGE 42, 364 und vom - 2 BvR 827/79, BVerfGE 54, 86). Dies bedeutet, dass im Einzelfall eine Begründung ganz entfallen oder sich das Gericht lediglich mit den seiner Ansicht nach wesentlichen Gesichtspunkten der Begründungsschrift auseinandersetzen kann. Vor diesem Hintergrund ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten tatsächlich auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (, BVerfGE 54, 43). Im Einzelfall darf sich das Gericht lediglich mit den seiner Ansicht nach wesentlichen Gesichtspunkten der Begründungsschrift auseinandersetzen; allein der Umstand, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich befassen, rechtfertigt deshalb nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vollständig übergangen.
32 bb) Das FG hat das Vorbringen des Klägers zur vermeintlichen Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit der Prüfungsanordnung und zur vermeintlichen Verfassungswidrigkeit der Regelungen in § 5 und § 193 Abs. 1 AO wahrgenommen und hierzu auf Seite 12 der Vorentscheidung Stellung genommen. Es hat ausgeführt, die Anordnung einer Außenprüfung für einen freiberuflichen Betrieb sei grundsätzlich ermessensgerecht, es liege keine Anschlussprüfung vor und Anhaltspunkte für eine schikanöse Anordnung der Außenprüfung seien nicht ersichtlich. Nach dem vorstehenden Maßstab für eine Gehörsverletzung und dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG ist nicht zu beanstanden, dass es sich zu einer etwaigen Verfassungswidrigkeit der genannten Regelungen, die es selbst für fernliegend hielt, in der Vorentscheidung nicht geäußert hat.
33 7. Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt, da es wesentliches Vorbringen übergangen und hierdurch die Vorgaben gemäß § 96 Abs. 2 FGO verletzt habe, wird der Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß dargelegt. Der Senat kann dem Vorbringen des Klägers schon nicht entnehmen, welcher konkrete Vortrag zu welchem aus Sicht des FG entscheidungserheblichen Umstand nicht berücksichtigt worden sein soll.
34 8. Ferner legt der Kläger auch den geltend gemachten Verstoß des FG gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht ordnungsgemäß dar. Auch insoweit kann der Senat dem klägerischen Vorbringen nicht entnehmen, welcher konkrete Beweisantrag vom FG übergangen worden sein soll oder welche weitere Beweiserhebung von Amts wegen zu welcher aus Sicht des FG entscheidungserheblichen Tatsache sich dem FG hätte aufdrängen müssen.
35 9. Die Rüge der fehlerhaften Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des FG-Urteils hat keinen Erfolg. Einwendungen gegen die Richtigkeit des Tatbestands sind nicht als Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu rügen, sondern müssen gegebenenfalls zum Gegenstand eines Antrags auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 FGO) gemacht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , juris, Rz 22).
36 10. Das Vorbringen, in den Steuerbescheiden fehle ein Hinweis auf eine Abweichung von der BFH-Rechtsprechung, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Es weist keinen Bezug zum Streitfall auf, dessen Gegenstand die Rechtmäßigkeit und Nichtigkeit der angefochtenen Prüfungsanordnung sind. Zudem macht der Kläger insoweit Fehler des FA geltend. Verfahrensfehler im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO können aber nur solche des FG sein.
37 11. Der Senat kann über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheiden, ohne das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Senat unter dem Aktenzeichen VIII R 18/21 anhängigen Revisionsverfahrens aussetzen zu müssen.
38 Ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens kann von den Beteiligten zwar grundsätzlich auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gestellt werden (, BFH/NV 2019, 132, Rz 21). Insoweit fehlt es aber an übereinstimmenden Anträgen der Beteiligten (zu dieser Voraussetzung , BFH/NV 2016, 1757, Rz 16).
39 Eine Aussetzung des Verfahrens auf Antrag des Klägers gemäß § 74 FGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Dies ist für den Senat nicht ersichtlich. Der Ausgang des Revisionsverfahrens VIII R 18/21 ist für die Entscheidung des Streitfalls nicht vorgreiflich. In jenem Revisionsverfahren geht es um die Voraussetzungen, unter denen eine Außenprüfung durch ein beauftragtes Finanzamt gemäß § 195 Satz 2 AO rechtmäßig ist. Im Streitfall wurde die Durchführung der Außenprüfung nach der Entscheidung des FG durch das FA als gemäß § 195 Satz 1 AO originär zuständiges Finanzamt angeordnet.
40 12. Der Senat sieht gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO von einer Darstellung des Tatbestands und einer weiteren Begründung ab.
41 13. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2024:B.130324.VIIIB4.23.0
Fundstelle(n):
BB 2024 S. 789 Nr. 15
BFH/NV 2024 S. 685 Nr. 6
BFH/NV 2024 S. 685 Nr. 6
NJW 2024 S. 10 Nr. 17
KAAAJ-64150