Online-Nachricht - Donnerstag, 21.03.2024

Einkommensteuer | Steuerabzug für das Honorar ausländischer Künstler (BFH)

Führen ausländische professionelle Musik- oder Theaterensembles im Inland Konzerte, Opern, Operetten oder Musicals auf, die auf kommerziellen Erfolg ausgerichtet sind, kann die das Honorar schuldende Konzertdirektion im Rahmen des Steuerabzugs bei beschränkter Steuerpflicht nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht allein mit der Behauptung von Einbehalt und Abführung der Steuer absehen, den Ensembles fehle es an der Gewinnerzielungsansicht, weil sie ohne staatliche Zuschüsse (Subventionen) nicht tätig werden könnten (Abgrenzung zum Senatsurteil v. - I R 14/01, BFHE 197, 287, BStBl II 2002, 861 und dem Senatsbeschluss v. - I B 91/09, BFH/NV 2010, 878: ; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Die Einkünfte ausländischer Künstler für Auftritte im Inland unterliegen u.a. gemäß § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet wurde) oder § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG (Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die durch künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen oder durch deren Verwertung im Inland erzielt werden) der beschränkten Steuerpflicht und nach Maßgabe von § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG dem Steuerabzug in Höhe von 25 %.

Die Steuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütungen dem Gläubiger zufließen. In diesem Zeitpunkt hat der Vergütungsschuldner den Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers (Steuerschuldner) vorzunehmen (§ 50a Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG). Gemäß § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG haftet er für die Einbehaltung und Abführung der Steuer.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH österreichischen Rechts mit Sitz in Österreich. Im Streitzeitraum 1996 bis 1999 betrieb sie eine Konzertdirektion. Für in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführte kulturelle Veranstaltungen stellte sie Künstler bzw. Künstlergruppen zur Verfügung, die zum Teil weder Wohnsitz noch ständigen Aufenthalt in Deutschland hatten. Die Klägerin schloss für jede Veranstaltung einen Werkvertrag mit den jeweiligen Veranstaltern, in der diese sich zur Zahlung einer Vergütung an die Klägerin verpflichteten (sog. erste Stufe), sowie einen weiteren Werkvertrag mit den jeweiligen ausländischen Künstlern, in dem die Klägerin sich ihrerseits zur Vergütung der Auftritte verpflichtete (sog. zweite Stufe).

Das FA nahm die Klägerin – nachdem diese auch nach Festsetzung eines Zwangsgelds keine Steueranmeldungen nach § 50a Abs. 5 Satz 3 EStG für die an die ausländischen Künstler gezahlten Honorare abgegeben hatte - im Oktober/November 1999 mit insgesamt vier Haftungsbescheiden wegen nicht angemeldeter und abgeführter Steuerabzugsbeträge in Anspruch. Dabei schätzte das FA die Höhe der in den einzelnen Quartalen an die Künstler gezahlten Vergütungen.

Die hiergegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin geltend macht, die verpflichteten ausländischen Künstler und Künstlergruppen träten zum überwiegenden Teil ohne Gewinnerzielungsabsicht auf, weil sie entweder von ihren Heimatstaaten finanziert würden oder gemeinnützig seien, wies das FG der ersten Instanz ab ().

Die Richter des BFH wiesen die Revision der Klägerin zurück:

  • Die von der Klägerin geschuldeten Vergütungen für die inländischen Auftritte der beschränkt steuerpflichtigen Künstler beziehungsweise Künstlerensembles unterlagen der Abzugsteuer, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Klägerin durch Haftungsbescheid sind vorliegend gegeben.

  • Nach der Rechtsprechung des BFH sind auch Vergütungsschuldner zum Steuerabzug verpflichtet, die - wie die Klägerin - im Inland weder ihren Sitz unterhalten noch eine Betriebsstätte haben (u.a. , BStBl II 2008, 190). Dem Gesetz lässt sich keine Einschränkung entnehmen, dass nur Vergütungsschuldner, die im Inland über eine Betriebsstätte oder eine vergleichbare Einrichtung verfügen, zum Steuerabzug verpflichtet sind.

  • Darüber hinaus ist das FG der Vorinstanz im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die ausländischen Künstlerensembles, an die die Klägerin die Vergütungen gezahlt hat, Gewinnerzielungsabsicht gehabt haben und damit einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig gewesen sind.

  • Eine Inanspruchnahme staatlicher Subventionen durch ein Künstlerensemble sprechen nicht grundsätzlich gegen dessen Gewinnerzielungsabsicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund auf staatlichen Subventionen beruhende Einnahmen eines aus Berufsmusikern oder -schauspielern bestehenden Ensembles bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht außer Acht bleiben müssten. Es handelt sich bei staatlichen Subventionen um Einnahmen, die durch die betreffende Einkunftsquelle veranlasst und folglich grundsätzlich den betreffenden Einkünften zuzuordnen sind.

  • Auch sind das Steuerabzugsverfahren nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG, dem beschränkt steuerpflichtige Künstler im Hinblick auf das Honorar für Auftritte im Inland unterworfen waren, sowie ein sich gegebenenfalls anschließendes Haftungsverfahren gegenüber dem Vergütungsschuldner in ihrer für die Jahre 1996 bis 1999 maßgeblichen Ausgestaltung sowohl mit der unionsrechtlich verbürgten Dienstleistungsfreiheit als auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ( "FKP Scorpio Konzertproduktionen", BStBl II 2007, 352; "X"; , BStBl II 2008, 95 sowie , BStBl II 2008, 190). Dies gilt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Streitfalls auch für diesen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
WAAAJ-63268