Kindergeld | Anspruchsvorrang des am Monatsanfang Berechtigten (BFH)
Sind zu Beginn eines Monats nur Kindergeldberechtigte vorhanden, die das Kind nicht in ihren Haushalt aufgenommen haben, bleiben diese gegenüber einem im Laufe des Monats hinzutretenden weiteren Anspruchsberechtigten auch dann vorrangig kindergeldberechtigt, wenn der hinzugetretene Kindergeldberechtigte das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Der durch die Haushaltsaufnahme bewirkte Vorrang kann erst ab dem Folgemonat berücksichtigt werden (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 66 Abs. 2 EStG wird das Kindergeld monatlich vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen. Für jedes Kind wird Kindergeld gemäß § 64 Abs. 1 EStG nur einem Berechtigten gezahlt. Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Bei Bestehen eines gemeinsamen Haushalts können die Berechtigten untereinander den Berechtigten bestimmen, andernfalls kann auf Antrag die Bestimmung durch das Familiengericht erfolgen (§ 64 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG). Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, kommt es für die Rangfolge der Berechtigten auf die Zahlung einer Unterhaltsrente an (vgl. dazu im Einzelnen § 64 Abs. 3 EStG).
Sachverhalt: Der Kläger und sein Lebenspartner nahmen am das im November 2020 von einer obdachlosen Mutter zur Welt gebrachte Kind A in ihren Haushalt auf und wurden dadurch zu dessen Pflegeeltern. In ihrem Verhältnis zueinander bestimmten die Pflegeeltern den Kläger zum Berechtigten. Die Familienkasse gewährte ihm das Kindergeld ab Januar 2021, lehnte es jedoch für die Monate November und Dezember 2020 ab. Infolgedessen versagte die Familienkasse dem Kläger auch den Kinderbonus für das Jahr 2020. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg. Das FG sah die Klage im Hinblick auf das Kindergeld für den Monat Dezember 2020 und ebenso im Hinblick auf den Kinderbonus 2020 als begründet an (FG des Landes Sachsen-Anhalt , Urteil v. - 4 K 848/21, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 3.8.2023).
Diese Auffassung teilten die Richter des BFH nicht und hoben das Urteil des FG auf, soweit es der Klage stattgegeben hatte.:
Das FG hat die Konkurrenz zwischen dem Kindergeldanspruch des Klägers und dem der leiblichen Mutter beziehungsweise des leiblichen Vaters zu Unrecht zugunsten des Klägers aufgelöst. Die vorrangige Kindergeldberechtigung des Klägers folgt insbesondere nicht aus § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG und daraus, dass A im Dezember 2020 zwar in den Haushalt des Klägers, nicht aber in den Haushalt seiner Mutter oder seines Vaters aufgenommen war.
Entscheidend ist, dass die am Monatsanfang bestehenden tatsächlichen Verhältnisse für die Beurteilung der Anspruchskonkurrenz maßgeblich sind und bleiben.
Im Streitfall waren zu Beginn des Monats Dezember 2020 noch allein die leiblichen Eltern des Kindes kindergeldberechtigt. Bei ihnen setzt der Kindergeldanspruch - anders als bei Pflegeeltern - keine Aufnahme des Kindes in ihren Haushalt voraus.
Deshalb blieben sie gegenüber den erst im Laufe des Monats Dezember 2020 hinzugekommenen Pflegeeltern für diesen Monat vorrangig kindergeldberechtigt.
Der durch die Haushaltsaufnahme bei den Pflegeeltern am bewirkte Anspruchsvorrang des Klägers gemäß § 64 Abs. 2 EStG ist erst ab dem Folgemonat zu berücksichtigen, hier also ab Januar 2021. Schon deshalb schied auch der Anspruch des Klägers auf den Kinderbonus für das Jahr 2020 aus, da dieser einen Anspruch auf Kindergeld im Jahr 2020 vorausgesetzt hätte.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
NAAAJ-61074