Zu § 24 EStG
H 24.1
Abzugsfähige Aufwendungen
Bei der Ermittlung der Entschädigung i. S. d. § 24 Nr. 1 EStG sind von den Bruttoentschädigungen nur die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzuziehen (> BStBl 2005 II S. 215).
Allgemeines
§ 24 EStG schafft keinen neuen Besteuerungstatbestand, sondern weist die in ihm genannten Einnahmen nur der Einkunftsart zu, zu der die entgangenen oder künftig entgehenden Einnahmen gehört hätten, wenn sie erzielt worden wären (> BStBl II S. 516).
Wegen einer anstelle der Rückübertragung von enteignetem Grundbesitz gezahlten Entschädigung nach dem VermG vom i. d. F. vom > (BStBl I S. 18).
Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter
Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB gehören auch dann zu den Entschädigungen i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchstabe c EStG, wenn sie zeitlich mit der Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit zusammenfallen (> BStBl 1969 II S. 196).
Ausgleichszahlungen an andere Kaufleute als Handelsvertreter, z. B. Kommissionsagenten oder Vertragshändler, sind wie Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter zu behandeln, wenn sie in entsprechender Anwendung des § 89b HGB geleistet werden (> BStBl 2000 II S. 220).
Ausgleichszahlungen i. S. d. § 89b HGB gehören nicht zu den Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchstabe c EStG, wenn ein Nachfolgevertreter aufgrund eines selbständigen Vertrags mit seinem Vorgänger dessen Handelsvertretung oder Teile davon entgeltlich erwirbt. Ein selbständiger Vertrag liegt aber nicht vor, wenn der Nachfolger es übernimmt, die vertretenen Firmen von Ausgleichsansprüchen freizustellen (> BStBl II S. 899 und vom – BStBl 1991 II S. 218).
Entschädigungen i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG
Die Entschädigung i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG muss als Ersatz für unmittelbar entgangene oder entgehende konkrete Einnahmen gezahlt werden (> BStBl 1993 II S. 27). Eine Anwendung von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG kommt nicht in Betracht, wenn eine gewährte Versicherungsleistung trotz der Bezeichnung als Verdienstausfall nicht dahin gedeutet werden kann, dass damit Ersatz für steuerbare Einnahmen aus einer konkreten, d. h. bestimmten oder hinreichend bestimmbaren Einkunftsquelle i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-7 EStG gezahlt werden sollte (> BStBl 2021 II S. 901).
Für den Begriff der Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG ist nicht entscheidend, ob das zur Entschädigung führende Ereignis ohne oder gegen den Willen des Stpfl. eingetreten ist. Eine Entschädigung i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG kann vielmehr auch vorliegen, wenn der Stpfl. bei dem zum Einnahmeausfall führenden Ereignis selbst mitgewirkt hat. Ist dies der Fall, muss der Stpfl. bei Aufgabe seiner Rechte aber unter erheblichem wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt haben; keinesfalls darf er das schadenstiftende Ereignis aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben. Der Begriff des Entgehens schließt freiwilliges Mitwirken oder gar die Verwirklichung eines eigenen Strebens aus (> BStBl 1979 II S. 9, vom – BStBl II S. 393, vom – BStBl 1993 II S. 27 und vom – BStBl 2003 II S. 177). Gibt ein Arbeitnehmer im Konflikt mit seinem Arbeitgeber nach und nimmt dessen Abfindungsangebot an, entspricht es dem Zweck des Merkmals der Zwangssituation, nicht schon wegen dieser gütlichen Einigung in Widerspruch stehender Interessenlage einen tatsächlichen Druck in Frage zu stellen (> BStBl II S. 569). Bei einer (einvernehmlichen) Auflösung des Arbeitsverhältnisses sind tatsächliche Feststellungen zu der Frage, ob der Arbeitnehmer dabei unter tatsächlichem Druck stand, regelmäßig entbehrlich (> BStBl II S. 709).
Die an die Stelle der Einnahmen tretende Ersatzleistung nach § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG muss auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen. Zahlungen, die zur Erfüllung eines Anspruchs geleistet werden, sind keine Entschädigungen i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG, wenn die vertragliche Grundlage bestehen geblieben ist und sich nur die Zahlungsmodalität geändert hat (> BStBl 1994 II S. 167, vom – BStBl 2002 II S. 181 und vom – BStBl II S. 516).
Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG sind:
Abfindung wegen Auflösung eines Dienstverhältnisses, wenn Arbeitgeber die Beendigung veranlasst hat (> BStBl 1979 II S. 176 und vom – BStBl II S. 525); hierzu gehören auch Vorruhestandsgelder, die aufgrund eines Manteltarifvertrags vereinbart werden (> BStBl II S. 1055),
Abstandszahlung eines Mietinteressenten für die Entlassung aus einem Vormietvertrag (> BStBl 1991 II S. 76),
Aufwandsersatz, soweit er über den Ersatz von Aufwendungen hinaus auch den Ersatz von ausgefallenen steuerbaren Einnahmen bezweckt (> BStBl II S. 615),
Abfindung anlässlich der Liquidation einer Gesellschaft an einen Gesellschafter-Geschäftsführer, wenn auch ein gesellschaftsfremder Unternehmer im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft die Liquidation beschlossen hätte (> BStBl 2003 II S. 177),
Abfindung, die der Gesellschafter-Geschäftsführer, der seine GmbH-Anteile veräußert, für den Verzicht auf seine Pensionsansprüche gegen die GmbH erhält, falls der Käufer den Erwerb des Unternehmens von der Nichtübernahme der Pensionsverpflichtung abhängig macht (> BStBl II S. 748). Entsprechendes gilt für eine Entschädigung für die durch den Erwerber veranlasste Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit (> BStBl 2004 II S. 106),
Abfindung wegen Auflösung eines Dienstverhältnisses, auch wenn bereits bei Beginn des Dienstverhältnisses ein Ersatzanspruch für den Fall der betriebsbedingten Kündigung oder Nichtverlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart wird (> BStBl 2004 II S. 349),
Schadensersatz infolge einer schuldhaft verweigerten Wiedereinstellung (> BStBl 2006 II S. 55),
Schadensersatz aus Amtshaftung als Ersatz für entgangene Gehalts- und Rentenansprüche infolge einer rechtswidrigen Abberufung als Bankvorstand (> BStBl 2017 II S. 158),
Leistungen wegen einer Körperverletzung nur insoweit, als sie steuerbare und steuerpflichtige Einnahmen ersetzen (sog. Verdienstausfall, > BStBl II S. 716); dies gilt auch, wenn der Leistungsempfänger im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses erwerbslos war (> BStBl 2020 II S. 186),
Mietentgelte, die der Restitutionsberechtigte vom Verfügungsberechtigten nach § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG erlangt (> BStBl II S. 450),
Abfindung wegen unbefristeter Reduzierung der Wochenarbeitszeit aufgrund eines Vertrags zur Änderung des Arbeitsvertrags (> BStBl 2010 II S. 1030),
Abfindung wegen Auflösung eines Beratungsvertrags, wenn die Leistung trotz Beibehaltung der rechtlichen Selbständigkeit im Wesentlichen wie die eines Arbeitnehmers geschuldet wurde (> BStBl 2013 II S. 155),
Entgelt, das bei vorzeitiger Beendigung eines Genussrechtsverhältnisses, das keine Beteiligung am Unternehmensvermögen vermittelt, als Ersatz für entgehende Einnahmen aus der Verzinsung von Genussrechtskapital gewährt wird (> BStBl II S. 647),
Zahlung zur Abgeltung einer dem Stpfl. zustehenden Forderung, soweit diese auf einem Entschädigungsanspruch aus einer Vergleichsvereinbarung beruht (> BStBl II S. 1015),
Entschädigungen ehrenamtlicher Richter für Verdienstausfall gem. § 18 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes, wenn sie als Ersatz für entgangene Einnahmen gezahlt werden (> BStBl 2018 II S. 571).
Keine Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG sind:
Abfindung, die bei Abschluss oder während des Arbeitsverhältnisses für den Verlust späterer Pensionsansprüche infolge Kündigung vereinbart wird (> BStBl II S. 516),
Abfindung, die bei Fortsetzung des Arbeitnehmerverhältnisses für Verzicht auf Tantiemeanspruch gezahlt wird (> BStBl 2002 II S. 347),
Abfindung nach vorausgegangener freiwilliger Umwandlung zukünftiger Pensionsansprüche (> BStBl II S. 516),
Entgelt für den Verzicht auf ein testamentarisch vermachtes obligatorisches Wohnrecht (> BStBl II S. 1026),
Pensionsabfindung, wenn der Arbeitnehmer nach Eheschließung zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft gekündigt hat (> BStBl II S. 1020),
Streikunterstützung (> BStBl 1991 II S. 337),
Zahlung einer Vertragspartei, die diese wegen einer Vertragsstörung im Rahmen des Erfüllungsinteresses leistet, und zwar einschließlich der Zahlung für den entgangenen Gewinn i. S. d. § 252 BGB. Dies gilt unabhängig davon, ob der Stpfl. das Erfüllungsinteresse im Rahmen des bestehenden und verletzten Vertrags durchsetzt oder zur Abgeltung seiner vertraglichen Ansprüche einer ergänzenden vertraglichen Regelung in Form eines Vergleichs zustimmt (> BStBl 1979 II S. 66, 69, 71, vom – BStBl II S. 806, vom – BStBl 1987 II S. 25 und vom – BStBl 1990 II S. 155),
Zahlung für das Überspannen von Grundstücken mit Hochspannungsfreileitungen (> BStBl II S. 640),
Ersatz für zurückzuzahlende Einnahmen oder Ausgleich von Ausgaben, z. B. Zahlungen für (mögliche) Umsatzsteuerrückzahlungen bei Auflösung von Mietverhältnissen (> BStBl 2012 II S. 286),
Erstattungszinsen nach § 233a AO (> BStBl 2014 II S. 168),
Entschädigungen ehrenamtlicher Richter für Zeitversäumnis nach § 16 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes, da diese Entschädigungen sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Sinn und Zweck nicht an die Stelle von entgangenen oder entgehenden Einnahmen treten (> BStBl 2018 II S. 571),
Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld (> BStBl II S. 574).
Leistungen wegen einer Körperverletzung, soweit sie für den Wegfall des Anspruchs auf steuerfreie Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld (§ 3 Nr. 2 Buchstabe a EStG) oder das Arbeitslosengeld II (§ 3 Nr. 2 Buchstabe d EStG) gezahlt werden (> BStBl 2020 II S. 186).
Entschädigungen i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchstabe b EStG
§ 24 Nr. 1 Buchstabe b EStG erfasst Entschädigungen, die als Gegenleistung für den Verzicht auf eine mögliche Einkunftserzielung gezahlt werden. Eine Entschädigung i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchstabe b EStG liegt auch vor, wenn die Tätigkeit mit Willen oder mit Zustimmung des Arbeitnehmers aufgegeben wird. Der Ersatzanspruch muss nicht auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen. Die Entschädigung für die Nichtausübung einer Tätigkeit kann auch als Hauptleistungspflicht vereinbart werden (> BStBl II S. 516).
Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchstabe b EStG sind:
Abfindungszahlung, wenn der Stpfl. von einem ihm tarifvertraglich eingeräumten Optionsrecht, gegen Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, Gebrauch macht (> BStBl 1987 II S. 106),
Entgelt für ein im Arbeitsvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot (> BStBl II S. 386 und vom – BStBl II S. 497),
Entgelt für ein umfassendes Wettbewerbsverbot, das im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vereinbart worden ist (> BStBl II S. 516),
Entgelt für ein umfassendes Wettbewerbsverbot auch dann, wenn die dadurch untersagten Tätigkeiten verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen sind (> BStBl II S. 590),
Abfindung, die ein angestellter Versicherungsvertreter von seinem Arbeitgeber für den Verzicht auf eine mögliche künftige Einkunftserzielung durch die Verkleinerung seines Bezirks erhält (> BStBl II S. 541).
Keine Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchstabe b EStG sind:
Abfindung an Arbeitnehmer für die Aufgabe eines gewinnabhängigen Tantiemeanspruchs (> BStBl 2002 II S. 347).
Steuerbegünstigung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG
Wegen der Frage, unter welchen Voraussetzungen Entschädigungen i. S. d. § 24 Nr. 1 EStG der Steuerbegünstigung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG unterliegen >R 34.3.
Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
VAAAJ-61015