BGH Beschluss v. - 1 StR 447/23

Instanzenzug: LG Aachen Az: 86 KLs 11/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 119 Fällen, Betruges in 98 Fällen und Steuerhinterziehung in 33 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Den nicht revidierenden Mitangeklagten hat die Strafkammer wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 36 Fällen, Betruges in 41 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 30 Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Heinsberg vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Der Angeklagte wendet sich mit seiner insoweit beschränkten, auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision gegen den Rechtsfolgenausspruch. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils insgesamt.

21. Die Revisionsbeschränkung ist unwirksam. Die Feststellungen zum Schuldspruch weisen, wie sich aus nachfolgenden Ausführungen ergibt, so weitgehende Lücken auf, dass sich Art und Umfang der Schuld nicht in dem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maße bestimmen lassen und die in der Regel gegebene Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ausnahmsweise zu verneinen ist (vgl. , NStZ 1994, 130 mwN).

32. Die lückenhaften Feststellungen ermöglichen dem Senat schon nicht die Überprüfung des Schuldspruchs.

4a) Die Ausführungen des Landgerichts beschränken sich darauf, mitzuteilen, dass der Angeklagte – zum Teil zusammen mit dem Mitangeklagten – als Arbeitgeber Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß zur Sozialversicherung anmeldete, Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuer, Beiträge zur Berufsgenossenschaft sowie zur SOKA-Bau nicht abführte und die Schwarzlohnzahlungen durch Scheinrechnungen verdeckte. Des Weiteren nennt die Strafkammer die geschädigten Sozialversicherungsträger und die jeweiligen Schadensbeträge. Indes finden sich an keiner Stelle des Urteils Erläuterungen dazu, wie das Landgericht die zuständigen Sozialversicherungsträger ermittelt und die nicht abgeführten Beiträge und verkürzten Steuern berechnet hat.

5b) Auf dieser Grundlage war dem Senat auch die Überprüfung des Schuldspruchs nicht zuletzt deshalb verwehrt, weil neben dem Schadensumfang auch die Anzahl der geschädigten Sozialversicherungsträger und damit die der Taten nach § 266a StGB nicht nachvollziehbar war. Das Urteil unterliegt deshalb insgesamt der Aufhebung. Diese ist auf den nicht revidierenden Mitangeklagten zu erstrecken (§ 357 Satz 1 StPO).

63. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:

7Soweit der Angeklagte Beiträge zur Berufsgenossenschaft nicht ordnungsgemäß abgeführt hat, kommt nicht der Tatbestand des Betruges (§ 263 StGB), sondern der des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a Abs. 2 StGB) in Betracht, da es sich insoweit um von dem Arbeitgeber nach dem Gesetz (§ 150 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) geschuldete Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung und damit um Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung handelt ( Rn. 45).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:110124B1STR447.23.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-58822