BGH Beschluss v. - 2 StR 402/23

Voraussetzungen der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

Gesetze: § 2 Abs 6 StGB, § 64 StGB

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/17 KLs 27/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten ausweislich des durch die Sitzungsniederschrift bewiesenen Urteilstenors „wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Cannabis) in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Cannabis) in geringer Menge“ zu zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Schuldspruch bedarf der Berichtigung. Bei der Bezeichnung der Tat als Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln „in geringer Menge“ handelt es sich um ein klar zu Tage liegendes, offensichtliches Schreibversehen. Im Übrigen ist die Bezeichnung der abgeurteilten Delikte als „unerlaubt“ entbehrlich (vgl. Rn. 3 mwN).

32. Die Maßregelanordnung hat keinen Bestand und bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung.

4a) Der Senat hat gemäß § 2 Abs. 6 StGB über die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB in der am in Kraft getretenen Fassung zu entscheiden. Danach darf eine solche Anordnung nur ergehen, wenn die Anlasstat überwiegend auf einen Hang des Angeklagten zurückgeht, wobei der Hang eine Substanzkonsumstörung erfordert, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist und fortdauert.

5b) Hierzu hat das Landgericht bislang keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Insbesondere ist nicht dadurch, dass sich der Cannabiskonsum des Angeklagten „mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ auf die kognitive Leistungsfähigkeit des Angeklagten ausgewirkt hat“, bereits belegt, dass dessen Lebensgestaltung, Gesundheit, Arbeits- oder Leistungsfähigkeit dauernd und schwerwiegend beeinträchtigt ist. Für die Anordnung der – den Angeklagten beschwerenden – Maßregel gemäß § 64 StGB müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift sicher feststehen (§ 261 StPO; BT-Drucks. 20/5913, S. 70; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 89/20 Rn. 8; vom – 2 StR 380/21, NStZ-RR 2022, 41; vom – 6 StR 650/21 Rn. 6; jew. mwN). Für die Anwendung des Zweifelssatzes ist insoweit kein Raum (vgl. , NStZ-RR 2019, 308 mwN).

6c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass weitergehende Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 64 StGB in der am in Kraft getretenen Fassung getroffen werden können. Er hebt auch die den Maßregelausspruch betreffenden Feststellungen auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen. Dieses wird auch zu berücksichtigen haben, dass infolge der Änderung von § 64 Satz 2 StGB das Erreichen des Unterbringungsziels „aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten“ sein muss, die Anforderungen an eine günstige Behandlungsprognose also „moderat angehoben“ worden sind, indem jetzt „eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades“ vorausgesetzt wird (vgl. BT-Drucks. 20/5913, S. 70).

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:191223B2STR402.23.0

Fundstelle(n):
WAAAJ-57903