Lohnsteuer | Kein Rechtsschutzbedürfnis für Klage auf Auszahlung der EPP (FG)
Einer Klage eines Arbeitsnehmers gegen den Arbeitgeber auf Auszahlung der Energiepreispauschale (EPP) fehlt das Rechtsschutzinteresse, weil der Arbeitgeber nicht Schuldner der EPP ist. Solange die EPP noch nicht im Sinne des § 115 Abs. 2 EStG ausgezahlt worden ist, muss der Arbeitnehmer als Gläubiger der EPP- grundsätzlich gemäß § 115 Abs. 1 EStG gegenüber dem Finanzamt die Festsetzung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung geltend machen (, rechtskräftig).
Sachverhalt: Die Klägerin begehrte die Verurteilung ihrer vormaligen Arbeitgeberin zur Zahlung der EPP in Höhe von 300 €.
Zwischen der Klägerin und ihrer vormaligen Arbeitgeberin bestand seit 1994 ein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin war auch im Jahr 2022 bei der Beklagten als Verkäuferin beschäftigt. Die Beklagte zahlte für die Monate September, Oktober und November 2022 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (sog. Insolvenzgeldzeitraum) ihren Arbeitnehmern kein Arbeitsentgelt und gab in dieser Zeit auch keine Lohnsteuer-Anmeldungen ab. Mit E-Mail vom teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass voraussichtlich das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet werde. Das Amtsgericht Hamburg eröffnete tatsächlich in der Folgezeit das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten in Eigenverwaltung. Am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin die Kündigung aus.
Die Klägerin hat die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht B erhoben, mit der sie - unter Ziffer 2. der angekündigten Klageanträge - unter anderem die Verurteilung zur Zahlung der EPP gemäß §§ 112 ff. EStG in Höhe von 300 € zzgl. Zinsen von der Beklagten verlangte. Mit Beschluss vom trennte das Arbeitsgericht B die Klage betreffend den Klageantrag zu 2. ab und verwies den Rechtstreit wegen Unzulässigkeit des Arbeitsrechtswegs insoweit an das Finanzgericht D. Mit Beschluss v. erklärte sich das Finanzgericht D für örtlich unzuständig und verwies den Rechtstreit an das FG Hamburg.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe im Monat September 2022 pflichtwidrig die EPP weder abgerechnet noch ausgezahlt.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unbegründet. Für den Insolvenzgeldzeitraum habe die Beklagte ihren Arbeitnehmern - so auch der Klägerin - keine Gehälter ausgezahlt und dementsprechend auch keine Lohnsteuer-Anmeldungen abgegeben, sodass sie von der Auszahlung der EPP im September 2022 nach § 117 Abs. 1 Satz 2 EStG befreit gewesen sei.
Das Gericht ist der Auffassung der Beklagten gefolgt und sah die Klage als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet an:
Für die Klage gegen die Beklagte als Arbeitgeberin besteht kein Rechtsschutzinteresse, weil diese nicht Schuldnerin der EPP ist.
Vielmehr erfüllt die Beklagte durch die Auszahlung der EPP weder eine arbeitsvertragliche Leistungspflicht noch eine Zahlungspflicht, die ihr als selbst zu erbringende Arbeitgeberleistung durch den Gesetzgeber auferlegt ist, sondern allein eine ihr durch den Gesetzgeber auferlegte Pflicht einer Zahlstelle.
Solange die EPP daher noch nicht im Sinne des § 115 Abs. 2 EStG ausgezahlt worden ist, muss die Klägerin daher als Gläubigerin der EPP grundsätzlich gemäß § 115 Abs. 1 EStG gegenüber dem Finanzamt die Festsetzung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung geltend machen.
Das Gericht führt ergänzend aus, dass selbst wenn man das Rechtschutzbedürfnis der Klägerin vorliegend für gegeben hält, etwa, weil man aus der der Beklagten gesetzlich zugewiesenen Funktion als Zahlstelle der EPP ein subjektives Recht der Klägerin ableitet (z.B. im Hinblick auf etwaige Zinsansprüche bei Nichtauszahlung), ist die vorliegende Klage gleichwohl unbegründet.
Nach § 117 Abs. 1 Satz 2 EStG erfolgt die Auszahlung der EPP nämlich dann nicht durch den Arbeitgeber, wenn dieser - wie vor-liegend - keine Lohnsteuer-Anmeldung abgibt.
Durch diese gesetzliche Regelung konkretisiert der Gesetzgeber die Funktion des Arbeitgebers als bloße organisatorische Zahlstelle der EPP. Der Arbeitgeber soll nämlich durch die EPP zusätzlich zur organisatorischen Belastung grundsätzlich gerade nicht selbst finanziell belastet werden.
Vielmehr entnimmt er für die Auszahlung der EPP den Zahlbetrag dem Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer. Dementsprechend kann eine Auszahlungspflicht dann nicht bestehen, wenn keine Lohnsteuer-Anmeldung abgeben worden ist, da andernfalls der Arbeitgeber entgegen der gesetzlichen Wertung mitunter erhebliche Beträge vorzufinanzieren gehabt hätte.
Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der Volltext ist auf der Homepage des FG Hamburg veröffentlicht.
Quelle: FG Hamburg, Newsletter 4/2023 (il)
Fundstelle(n):
HAAAJ-56226