BGH Beschluss v. - II ZR 143/22

Instanzenzug: Az: 14 U 6/22vorgehend LG Heilbronn Az: 10 O 103/21

Gründe

11. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen, da nicht - wie geboten (, juris Rn. 1 mwN) - glaubhaft gemacht ist, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

2a) Im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft ist für die Bemessung der Beschwer nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, sowie auf etwaige Geheimhaltungsinteressen des Verurteilten, nicht aber auf den Wert des Auskunftsanspruchs. Gegenstand des Rechtsmittels des zur Auskunft Verurteilten ist das Ziel, keine Auskunft erteilen zu müssen. Hat sein dahingehender Antrag Erfolg, spart er die Kosten, die mit der Auskunftserteilung verbunden sind. Allein diese Kostenersparnis zuzüglich des Werts eines etwaigen Geheimhaltungsinteresses ist Grundlage für die Festsetzung des Werts der Beschwer. Das etwa daneben bestehende Interesse des Verurteilten, die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, geht über den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung hinaus und hat deshalb außer Betracht zu bleiben. Diese zur Auskunftserteilung entwickelten Grundsätze gelten auch für die Verurteilung zur Einsichtsgewährung in Unterlagen (BGH, Beschluss vom24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 87 ff.; Beschluss vom - II ZB 20/10, NJW 2011, 2974 Rn. 3; Beschluss vom - II ZB 29/14, ZOV 2017, 201 Rn. 7; Beschluss vom - II ZB 17/18, juris Rn. 8; Beschluss vom - II ZB 9/22, NZG 2023, 1233 Rn. 4).

3b) Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Beklagte eine den Wert von 20.000 € übersteigende Beschwer nicht glaubhaft gemacht.

4Der Beklagte macht geltend, dass die Klägerin im Rahmen seiner Verurteilung zur Einsichtsgewährung durch das Landgericht ausweislich des Urteilsausspruchs zu 3. "eine eventuell zur Wahrung der Pflichten des Beklagten zu 1 aus der DS-GVO erforderliche punktuelle Pseudonymisierung von Unterlagen hinzunehmen" habe. Die Prüfung der Erforderlichkeit der Pseudonymisierung sowie die Durchführung der Pseudonymisierung selbst sei durch ihn persönlich nicht leistbar. Dazu müsse er sich anwaltlicher Hilfe bedienen, die er gemäß einem von ihm eingeholten Angebot mit wenigstens 50.765,40 € zu vergüten habe.

5Kosten für die Hinzuziehung von sachkundigen Hilfspersonen können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der zur Auskunft und Gewährung der Einsichtnahme Verpflichtete zu einer sachgerechten Erfüllung des Anspruchs allein nicht in der Lage ist (vgl. , NZG 2013, 1258 Rn. 15 mwN; Beschluss vom - II ZB 29/14, ZOV 2017, 201 Rn. 12; Beschluss vom - II ZB 17/18, juris Rn. 15; Beschluss vom - II ZB 5/21, NZG 2022, 1117 Rn. 11; Beschluss vom - II ZB 9/22, NZG 2023, 1233 Rn. 8).

6Hier hat der Beklagte bereits nicht glaubhaft gemacht, dass und warum er zu einer sachgerechten Erfüllung des Anspruchs allein nicht in der Lage ist. Die von ihm beigebrachte eidesstattliche Versicherung verhält sich lediglich zum Umfang der zu sichtenden Unterlagen. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, weshalb der Beklagte die ihm nach dem landgerichtlichen Urteil obliegende datenschutzrechtliche Interessenabwägung nicht selbst vornehmen können sollte (vgl. BeckOGK/Geibel, Stand: , BGB, § 716 Rn. 18). Die Verpflichtung zur Einsichtsgewährung gemäß § 716 Abs. 1 BGB ist gesellschaftsvertraglich begründet. Sie gehört zu den typischen Pflichten eines geschäftsführenden Gesellschafters (vgl. , juris Rn. 6). Noch weniger ist erkennbar, wieso auch die Durchführung der nach dem landgerichtlichen Urteil zudem lediglich punktuell gebotenen Pseudonymisierung durch eine Rechtsanwaltskanzlei erfolgen müsste. Eigene Aufwendungen des Auskunftsverpflichteten können aber grundsätzlich nur nach Maßgabe der Stundensätze angesetzt werden, die dieser nach den §§ 19 ff. JVEG als Zeugen in einem Zivilprozess erhalten würde (, juris Rn. 5; Beschluss vom - II ZR 140/18, juris Rn. 4).

7Davon abgesehen wäre eine 20.000 € übersteigende Beschwer auch nach dem vom Beklagten vorgelegten Zahlenwerk nicht glaubhaft gemacht. Neben den angesetzten Kosten für die Durchführung der Pseudonymisierung, die der Beklagte in jedem Fall selbst vornehmen kann, müssen auch Aufwendungen für die "Gesellschaftsrechtliche Prüfung" und die "Prüfung sonstiger Schwärzungserfordernisse (GeschGehG, NDA, etc.)" außer Betracht bleiben. Die dahingehenden Einwendungen des Beklagten haben die Tatsacheninstanzen zurückgewiesen (vgl. , BGHZ 25, 115, 122; Urteil vom - II ZR 213/78, WM 1979, 1061). Sie sind daher für den Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, ohne Belang. Es verbliebe die "Datenschutzrechtliche Interessenabwägung und Kategorisierung durch Partner". Die nicht näher erläuterte Notwendigkeit einer "Kategorisierung" und der Bearbeitung durch einen Partner sowie den veranlagten Zeitaufwand und die Stundensätze zugunsten des Beklagten unterstellt, ergäbe sich eine Vergütung von 12.960 € bis 17.280 € zuzüglich Umsatzsteuer, im Mittel mithin 15.832,80 € einschließlich Umsatzsteuer.

82. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre im Übrigen auch unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:171023BIIZR143.22.0

Fundstelle(n):
PAAAJ-54382