BGH Urteil v. - VI ZR 257/22

Wirksamkeit einer Abtretungsklausel in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens: Unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners und Transparenzgebot

Leitsatz

Zur Unwirksamkeit einer als "Sicherungsabtretung" bezeichneten formularmäßigen Klausel in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens, nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt und in der unter anderem bestimmt ist, der Sachverständige sei "berechtigt, jedoch nicht verpflichtet", die Rechte aus der Abtretung gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen, und dem Geschädigten sei bekannt, dass er sich um die Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche "selbst kümmern" müsse, wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders gemäß § 307 Abs. 1 BGB.

Gesetze: § 307 Abs 1 BGB, § 398 BGB

Instanzenzug: OLG Bamberg Az: 5 U 134/21vorgehend LG Coburg Az: 21 O 10/20

Tatbestand

1Der Kläger nimmt die Beklagte in mehreren Fällen als Haftpflichtversicherer der jeweils an einem Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuge aus abgetretenem Recht auf Ersatz restlicher Sachverständigenkosten in Anspruch.

2Der Kläger ist Kfz-Sachverständiger. Er wurde von zwölf bei verschiedenen Verkehrsunfällen Geschädigten mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens über die an ihren Fahrzeugen entstandenen Schäden und die Kosten für deren Behebung beauftragt. Die Geschädigten unterzeichneten dabei jeweils ein vom Kläger vorgelegtes Vertragsformular, das unter anderem die vorformulierte Regelung einer Abtretung der Ansprüche der Auftraggeber gegenüber dem Fahrer und Halter des den Unfall verursachenden Fahrzeugs und dessen Haftpflichtversicherer enthielt, wobei die Abtretung nicht nur die Ansprüche auf Erstattung von Gutachterkosten, sondern in bestimmten Fällen auch die Ansprüche auf Ersatz des Fahrzeugschadens erfassen sollte. Zeitlich nach der Unterzeichnung dieser Auftragsformulare durch die Unfallgeschädigten erklärte der Bundesgerichtshof eine Abtretungsklausel zugunsten eines Kfz-Sachverständigen für unwirksam, die ebenfalls nicht auf die Abtretung der Ansprüche des Geschädigten auf Erstattung von Gutachtenkosten beschränkt war (Urteil vom - VI ZR 475/15, VersR 2016, 1330). Daraufhin legte der Kläger allen seinen Auftraggebern neue Formulare vor, welche in den streitgegenständlichen Fällen von diesen entsprechend der Bitte des Klägers auch unterzeichnet wurden.

3Zehn Geschädigte unterzeichneten Formulare, die den folgenden Text enthielten:

Bei zwei Geschädigten enthielt das Formular folgende Regelung:

4Der Kläger verlangt - gestützt auf die oben angeführten neuen Abtretungserklärungen - von der Beklagten, deren volle Einstandspflicht als Haftpflichtversicherer des jeweiligen Unfallverursachers dem Grunde nach außer Streit steht, den Ausgleich der Differenz zwischen den von ihm seinen Auftraggebern jeweils in Rechnung gestellten Beträgen und den von der Beklagten zur Erstattung der geltend gemachten Sachverständigenkosten bereits geleisteten Zahlungen, insgesamt 6.931,92 €.

5Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Gründe

I.

6Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, weil die in den streitgegenständlichen Fällen jeweils erfolgte Abtretung der Ansprüche der Kunden des Klägers auf Schadensersatz wegen der angefallenen Kosten für die Erstellung der Schadensgutachten gegenüber der Beklagten gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam gewesen sei. Die nach der Erteilung der Gutachtensaufträge erfolgte Vorlage der Formulare mit der darin enthaltenen Sicherungsabtretung habe auf eine Änderung der zuvor abgeschlossenen Verträge zur Erstellung der Schadensgutachten inklusive der einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgezielt. Die in den verwendeten Formularen enthaltene Sicherungsabtretung stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB dar, insbesondere sei diese Klausel jeweils vom Kläger gegenüber seinen Kunden gestellt worden. Das "Stellen" durch den Unternehmer werde bei Verbraucherverträgen, wie sie hier vorlägen, fingiert. Selbst wenn die Vorschrift des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB nicht angewendet werden könnte, läge ein Stellen der Klausel durch den Kläger vor, da weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen sei, dass seine Kunden den Inhalt der Klausel in dem von ihm verwendeten und vorgelegten Vertragsformular hätten ändern oder eigene Textvorschläge einbringen können. Die verwendeten Klauseln über die Sicherungsabtretung seien gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie gegen das Transparenzgebot verstießen. Aus ihnen werde nicht hinreichend deutlich, welche Rechte dem Auftraggeber und Unfallgeschädigten gegenüber dem Sachverständigen zustünden, wenn der Sachverständige seine Ansprüche aus dem Gutachtensauftrag ihm gegenüber geltend mache bzw. welche Rechte dem Auftraggeber im Falle der Bezahlung des Honorars des Sachverständigen gegenüber dem Sachverständigen in Bezug auf die abgetretene Schadensersatzforderung zustünden.

II.

7Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger nicht aktivlegitimiert ist. Die nach der Auftragserteilung zwischen dem Kläger und den auftraggebenden Geschädigten formularmäßig vereinbarten Abtretungen der Ansprüche der Geschädigten gegen die Beklagte auf Erstattung von Gutachterkosten, auf die der Kläger seine Aktivlegitimation allein stützt und die der Senat als Allgemeine Geschäftsbedingungen selbst auslegen kann (vgl. nur Senatsurteil vom - VI ZR 137/22, VersR 2023, 596 Rn. 29 mwN), sind wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

81. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei den in den vom Kläger vorgelegten Formularen jeweils enthaltenen Klauseln "Sicherungsabtretung" bzw. "Gutachtenauftrag und Sicherungsabtretung" um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen.

9a) Die Revision tritt der Feststellung des Berufungsgerichts, wonach es sich bei den vom Kläger seinen Auftraggebern vorgelegten Abtretungsklauseln in beiden streitgegenständlichen Varianten um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB) handelt, nicht entgegen.

10b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger diese Vertragsbedingungen seinen Auftraggebern bei Vertragsschluss gestellt hat. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wurden die streitgegenständlichen Verträge jeweils zwischen dem Kläger in seiner Eigenschaft als Unternehmer (§ 14 BGB) und dem jeweiligen Kunden als Verbraucher (§ 13 BGB) geschlossen, wobei die streitgegenständlichen Klauseln nicht von diesen eingeführt wurden. Daher gelten die Vertragsbedingungen gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB als vom Kläger als Verwender gestellt.

11Fehl geht insoweit der Einwand des Klägers, die streitgegenständlichen Formulare seien von ihm erst nach der Auftragserteilung und Erbringung seiner Leistungen den Auftraggebern vorgelegt worden, weshalb er die vorformulierten Bedingungen nicht "bei Abschluss eines Vertrages" gestellt habe. Bei Vertragsschluss im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt der Verwender auch dann, wenn er den Versuch macht, Allgemeine Geschäftsbedingungen nachträglich - also nach Abschluss des Hauptvertrags - in den Vertrag einzubeziehen. Denn auch dann handelt der Verwender bei Vertragsschluss, nämlich in der Absicht, seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Änderungsvertrag noch zum Vertragsinhalt zu machen (vgl. Lehmann-Richter in BeckOGK BGB, Stand , § 305 Rn. 145; Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 13. Aufl., § 305 Rn. 28 mwN). Dementsprechend zielte die nachträgliche Vorlage der streitgegenständlichen Formulare durch den Kläger darauf ab, die Abtretung der Forderungen seiner Auftraggeber gegen die Beklagte auf Erstattung der Gutachterkosten rechtssicher in das bestehende Vertragsverhältnis einzubeziehen, wie schon aus den einleitenden Formulierungen deutlich wird ("Es gibt in diesem Fall bereits eine Sicherungsabtretung. Aufgrund von rechtlichen Änderungen in den letzten Jahren wurde die Sicherungsabtretung vom … durch diese neue Sicherungsabtretung ersetzt"; "Ich habe das o.g. Sachverständigenbüro mit der Erstellung eines Schadensgutachtens für mein o.g. Fahrzeug aus o.g. Schadensfall beauftragt"). Die Abtretungsklauseln betreffen also kein vom Gutachtenauftrag selbständiges "Grundgeschäft", wie die Revision meint. Sie beinhalten vielmehr Nebenabreden zu der werkvertraglichen Vereinbarung, die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfähig sind.

12c) Entgegen der Meinung der Revision handelt es sich bei den Abtretungsklauseln auch nicht um Individualvereinbarungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB.

13aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB). Aushandeln bedeutet mehr als bloßes Verhandeln. Von einem Aushandeln in diesem Sinne kann nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der effektiven Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären. Die entsprechenden Umstände hat der Verwender darzulegen. In der Regel schlägt sich das Aushandeln in Änderungen des vorformulierten Textes nieder (vgl. , NJW 2019, 2080 Rn. 14 mwN).

14bb) Ein Aushandeln der streitgegenständlichen Abtretungsklauseln zwischen dem Kläger und seinen Auftraggebern entsprechend diesen Grundsätzen hat der Kläger nicht dargetan. Dass der Kläger den Inhalt der von ihm vorgelegten Formulare ernsthaft zur Disposition gestellt hätte, insbesondere Änderungen des vorformulierten Textes erfolgt wären, ergibt sich weder aus den Feststellungen des Berufungsgerichts noch rügt der Kläger insoweit übergangenen Vortrag. Insoweit genügt es entgegen der Ansicht des Klägers nicht, dass die Auftraggeber "freiwillig" die ihnen vorgelegten Formulare unterzeichneten, mit denen nach dem vom Kläger vorgegebenen Text "aufgrund von rechtlichen Änderungen" die bereits als bestehend bezeichnete Sicherungsabtretung "ersetzt" werden sollte.

152. Die vom Kläger verwendeten Abtretungsklauseln benachteiligen den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben in unangemessener Weise. Sie sind daher gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

16a) Unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr. vgl. nur , juris Rn. 16; vom - IV ZR 144/21, BGHZ 232, 344 Rn. 43; vom - III ZR 179/20, BGHZ 230, 347 Rn. 54; jeweils mwN). So liegt es hier.

17aa) Zwar mag es nicht ungewöhnlich und grundsätzlich auch für beide Seiten interessengerecht sein, dass ein Geschädigter zur Sicherung des vertraglich vereinbarten Vergütungsanspruchs im Rahmen des Auftrages zur Erstellung des Gutachtens seinen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abtritt. Dies liegt zunächst im Interesse des Sachverständigen, der einen in der Regel zahlungsfähigen Schuldner, den Haftpflichtversicherer des Schädigers, erhält und diesem gegenüber seinen Vergütungsanspruch für seine eigene Leistung rechtfertigen kann. Die Abtretung entspricht - wenn sie erfüllungshalber oder an Erfüllungs statt erfolgt - regelmäßig auch dem Interesse des geschädigten Auftraggebers, der unter Beschränkung des eigenen Aufwandes möglichst schnell einen Ausgleich vom Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer erhalten will. Eröffnet sich ihm die Möglichkeit einer Stundung der Honorarforderung des Sachverständigen oder deren Erfüllung ohne eigene finanzielle Vorlage und eigenes Zutun, ist er bereit, seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abzutreten, damit dieser der Sache nach seine Honorarforderung selbst geltend machen kann (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 137/22, VersR 2023, 596 Rn. 33 mwN). Auch eine auf den Sicherungszweck beschränkte Abtretung kann insoweit im Interesse des Auftraggebers liegen, als durch sie das Bedürfnis für die Stellung sonstiger Sicherheiten zugunsten des im Rahmen des werkvertraglichen Gutachtenauftrags vorleistungspflichtigen und deshalb an einer Sicherung seiner Honorarforderung berechtigterweise interessierten Sachverständigen entfallen kann.

18bb) Sowohl im Hinblick auf den in Betracht kommenden Sicherungs- als auch den denkbaren Erfüllungszweck berücksichtigen die streitgegenständlichen Abtretungsklauseln aber die berechtigten Interessen des Zedenten nicht und sind einseitig zugunsten des Zessionars gestaltet.

19(1) Der Kläger macht geltend, es handele sich um reine Sicherungsabtretungen ohne Erfüllungszweck. Bei einer solchen Sicherungsabtretung darf der Zessionar bei interessengerechter Gestaltung grundsätzlich erst in zweiter Linie - im Wege der Verwertung - auf die abgetretene Forderung zur Deckung seiner Ansprüche zurückgreifen. In erster Linie ist eine Tilgung dieser Ansprüche durch den Schuldner vorgesehen (vgl. , NJW 1995, 2289, juris Rn. 8; Kieninger in MüKoBGB, 9. Aufl., § 398 Rn. 101). In den vom Kläger verwendeten Klauseln ist jedoch keine Regelung dazu enthalten, unter welchen Voraussetzungen der Sicherungsfall eintreten und der Kläger als Zessionar berechtigt sein soll, von der Abtretung Gebrauch zu machen (zum Erfordernis einer diesbezüglichen Regelung vgl. , NJW 1995, 2289, juris Rn. 9; vom - III ZR 72/88, BGHZ 108, 98, 106, juris Rn. 31). Dass der Sachverständige nach dem Wortlaut beider Formulare "berechtigt, jedoch nicht verpflichtet" sein soll, die Rechte aus der "Sicherungsabtretung" gegenüber den schadensersatzpflichtigen Dritten geltend zu machen, lässt dem Wortlaut nach vielmehr die Möglichkeit offen, dass die Geltendmachung der Abtretung unabhängig vom Eintritt eines Sicherungsfalls im Belieben des Sachverständigen liegen soll, was mit den berechtigten Interessen des Zedenten nicht zu vereinbaren ist.

20(2) Unterstellt man einen mit den Abtretungen (auch) verfolgten Erfüllungszweck, werden die berechtigten Interessen des Zedenten dadurch missachtet, dass nach dem Wortlaut der Klauseln eine Verpflichtung des Zessionars zu einer vorrangigen Inanspruchnahme des Drittschuldners und einer damit einhergehenden Stundung der Honorarforderung gerade nicht bestehen soll (zur vorrangigen Pflicht des Zessionars zur Einziehung der abgetretenen Forderung bei einer Abtretung erfüllungshalber, vgl. , NJW 2018, 3018 Rn. 14; vom - IX ZR 127/11, ZIP 2014, 231 Rn. 11).

21b) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (Transparenzgebot). Die eindeutige und durchschaubare Vermittlung der mit einem beabsichtigten Vertragsschluss verbundenen Rechte und Pflichten ist Voraussetzung für eine informierte Sachentscheidung. Der Verwender muss daher einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte und Pflichten feststellen können, damit er die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss hinreichend erfassen kann und nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Dagegen ist der Verwender nicht verpflichtet, aus dem Gesetz oder aus der Rechtsnatur eines Vertrages folgende Rechte ausdrücklich zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren; das Transparenzgebot will den Verwender nicht zwingen, jede AGB-Regelung gleichsam mit einem umfassenden Kommentar zu versehen. Der Vertragspartner soll aber davor geschützt werden, infolge falscher Vorstellungen über die angebotene Leistung zu einem unangemessenen Vertragsabschluss verleitet zu werden. Die Klausel muss deshalb nicht nur in ihrer Formulierung verständlich sein, sondern auch die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit wie möglich verdeutlichen (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 137/22, VersR 2023, 596 Rn. 30 mwN).

22Eine Intransparenz kann sich nicht nur bei einzelnen Klauseln aus ihrer inhaltlichen Unklarheit, mangelnden Verständlichkeit oder der unzureichenden Erkennbarkeit der Konsequenzen ergeben, sondern auch aus der Gesamtregelung. Abzustellen ist dabei auf die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden. Für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in erster Linie ihr Wortlaut relevant (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 137/22, VersR 2023, 596 Rn. 31 mwN).

23Diesen Anforderungen entsprechen die streitbefangenen Klauseln nicht.

24aa) Aus den vom Kläger verwendeten Klauseln geht bereits nicht hinreichend klar hervor, ob der Zweck der Abtretung allein in der Sicherung der Honorarforderung des Klägers liegen oder die Abtretung (auch) erfüllungshalber erfolgen soll.

25Die Abtretung wird zwar in beiden verwendeten Formularen als "Sicherungsabtretung" bezeichnet, in dem in zwei Fällen verwendeten Formular ist zusätzlich ausgeführt, dass sie der "wirtschaftlichen Absicherung" des beauftragten Sachverständigenbüros dienen soll. Auch soll der Zedent sich (grundsätzlich) um die Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche "selbst kümmern müssen" und der Zessionar nicht verpflichtet sein, den Drittschuldner in Anspruch zu nehmen. Nach dem Wortlaut des in der überwiegenden Zahl der streitgegenständlichen Fälle verwendeten Formulars soll der Sachverständige zudem jederzeit befugt sein, seine Honoraransprüche gegenüber dem Zedenten geltend zu machen. Diese in Richtung einer reinen Sicherungsabtretung ohne Erfüllungszweck deutenden Formulierungen werden aber bereits dadurch verunklart, dass die Klauseln - wie schon ausgeführt - keine Regelung dazu enthalten, unter welchen Voraussetzungen der Sicherungsfall eintreten und der Kläger als Zessionar berechtigt sein soll, von der Abtretung Gebrauch zu machen. Zudem enthalten die Formulare Bestimmungen, die geeignet sind, bei einem durchschnittlichen Unfallgeschädigten den Eindruck zu erwecken, der Sachverständige werde sich im Sinne einer Abtretung erfüllungshalber vorrangig nicht an ihn, sondern an die Drittschuldner zur Tilgung seiner Honorarforderung wenden, auch wenn insoweit eine Verpflichtung nicht bestehen sollte. Für ein solches Verständnis sprechen etwa die nach beiden Formularen vorgesehene Übersendung des Gutachtens mit der Rechnung über die Gutachterkosten im Original durch den Kläger unmittelbar "an einen der Anspruchsgegner (bevorzugt die Versicherung)" und die in dem in zwei Fällen verwendeten Formular enthaltene Verpflichtung des Sachverständigen, den Zedenten zu unterrichten, falls die Drittschuldner auf die Abtretung nicht oder nicht vollständig zahlen.

26bb) Einhergehend mit dem unklaren Zweck der Abtretung und der fehlenden Regelung zu den Voraussetzungen der Verwertungsbefugnis des Zessionars wird für den Zedenten auch nicht hinreichend deutlich, welche Rechte ihm hinsichtlich der abgetretenen Forderung verbleiben, wann und wie er sich also um die Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche "selbst kümmern" kann, wie es die Klauseln von ihm verlangen.

27Der Zedent hat in der vorliegenden Konstellation ein berechtigtes Interesse daran, von Anfang an auf eine Leistung des Drittschuldners an sich oder den Zessionar hinzuwirken, um hinsichtlich der Gutachterkosten nicht selbst in Vorlage treten zu müssen. Denn die Inanspruchnahme des Zedenten durch den Zessionar soll nach dem Inhalt der Klauseln nicht davon abhängig sein, dass dieser den Drittschuldner zunächst - erfolglos - in Anspruch genommen hat. Eine Ermächtigung, die abgetretene Forderung selbst gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen, wird dem Zedenten im Text der Formulare aber nicht eingeräumt.

28Allerdings kann im Falle der Sicherungszession dem Sicherungsgeber auch ohne ausdrückliche Regelung eine Einziehungsbefugnis hinsichtlich der abgetretenen Forderung zustehen. Die Befugnis, die Forderung im eigenen Namen geltend zu machen, verbleibt beim Zedenten, sofern nicht der Inhalt der Sicherungsabrede, welche der Zession zu Grunde liegt, entgegensteht. Bei einer stillen Zession ist der Zedent berechtigt, Leistung an sich selbst zu verlangen. Bei offener Abtretung muss er Leistung an den Zessionar verlangen (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 101/98, NJW 1999, 2110, 2111, juris Rn. 9, 12 mwN; , NJW 2002, 1568, 1569, juris Rn. 14 f.).

29Dies macht unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Transparenz einen Hinweis auf die fortbestehende Einziehungsbefugnis des Zedenten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch jedenfalls dann nicht entbehrlich, wenn - wie vorliegend - in den Klauseln schon nicht hinreichend klar geregelt ist, dass der Zweck der Abtretung auf die Sicherung des Zessionars beschränkt ist und unter welchen Voraussetzungen der Zessionar die Abtretung offenlegen und die abgetretene Forderung verwerten darf. Unter diesen Umständen kann der durchschnittliche Unfallgeschädigte ohne ausdrückliche Regelung nicht erkennen, welche Rechte ihm hinsichtlich der abgetretenen Forderung verbleiben.

30c) Die den Zedenten in dieser Weise unangemessen benachteiligende Ausgestaltung der Klauseln "Sicherungsabtretung" bzw. "Gutachtenauftrag und Sicherungsabtretung" steht in unmittelbarem inhaltlichen Zusammenhang mit der Regelung der Anspruchsabtretung selbst, weshalb diese in allen streitgegenständlichen Fällen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB unwirksam ist (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 274/17, NJW 2019, 51 Rn. 11; vgl. zur Unwirksamkeit der Abtretung insgesamt bei unwirksamer Verwertungsklausel , NJW-RR 2005, 1408 f., juris Rn. 16 ff.).

31Es kann daher dahinstehen, ob die vom Kläger verwendeten Formulare im Übrigen hinreichend klar und verständlich sind, insbesondere, ob sich die Unwirksamkeit aller streitgegenständlichen Abtretungen auch, wie das Berufungsgericht unter Heranziehung des Senatsurteils vom - VI ZR 274/17 (NJW 2019, 51) angenommen hat, aus der intransparenten Regelung der Frage ergibt, welche Rechte dem Zedenten gegenüber dem Zessionar zustehen, wenn dieser seine Honorarforderung gegenüber dem Zedenten geltend macht.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:101023UVIZR257.22.0

Fundstelle(n):
NJW 2024 S. 830 Nr. 12
NJW 2024 S. 834 Nr. 12
WM 2023 S. 2338 Nr. 50
ZIP 2024 S. 353 Nr. 7
ZIP 2024 S. 867 Nr. 16
ZIP 2024 S. 868 Nr. 16
IAAAJ-54354