Substanzkonsum des Täters als ausschlaggebendes Motiv für verfahrensgegenständliche Tat
Gesetze: § 64 S 1 StGB
Instanzenzug: Az: 510 KLs 1/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten in jeweils drei Fällen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge hin zur Aufhebung der Unterbringungsentscheidung; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2Der Senat hat seiner Entscheidung gemäß § 354a StPO die zum in Kraft getretene Neufassung des § 64 StGB (BGBl. 2023 I Nr. 203) zugrunde zu legen. Die dort normierten und nach § 2 Abs. 6 StGB auch für Altfälle geltenden Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt werden durch das Urteil nicht hinreichend belegt. Das gilt namentlich für den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Substanzkonsum des Täters und der Begehung von Straftaten – die Anlasstat muss nun „überwiegend“ auf den Hang zurückgehen, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers reicht eine bloße Mitursächlichkeit des Hangs für die Tat nur noch dann aus, wenn sie andere Ursachen quantitativ überwiegt. Das Vorliegen dieses Kausalzusammenhangs ist durch das Tatgericht – gegebenenfalls unter sachverständiger Beratung – positiv festzustellen (BT-Drucks. 20/5913, S. 69 f.; vgl. hierzu bereits ).
3Bei seiner vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens getroffenen Entscheidung hat das Landgericht diesen strengeren Anordnungsmaßstab nicht anwenden können. Es hat festgestellt, dass der Angeklagte die Betäubungsmittelgeschäfte „auch“ begangen hat, um seine Sucht zu finanzieren. Nach der Wertung des Landgerichts war dies „mitbestimmender Auslöser“ der Taten. Damit ist zwar eine – zum Urteilszeitpunkt für die Unterbringung nach § 64 Satz 1 StGB aF ausreichende – Mitursächlichkeit seines erheblichen Konsums für die Straftaten des Angeklagten belegt, jedoch fehlt eine Aussage zu der nunmehr entscheidenden Frage, inwieweit letzterer das ausschlaggebende („überwiegende“) Motiv für die verfahrensgegenständlichen Taten war.
4Die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bedarf somit erneuter Prüfung und Entscheidung. Der Senat hebt die zugehörigen Feststellungen auf, um dem Tatgericht widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:201123B5STR407.23.0
Fundstelle(n):
KAAAJ-54255