Körperschaft-/Gewerbesteuer | Organschaft - "finanzielle Eingliederung" bei unterjähriger Verschmelzung auf eine Kapitalgesellschaft (BFH)
Erlischt der Gewinnabführungsvertrag vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG) durch sog. Konfusion (hier: Verschmelzung der Organgesellschaft mit dem Organträger), ist dies ein "wichtiger Grund", so dass die Nichteinhaltung der Mindestvertragslaufzeit die steuerrechtliche Anerkennung nicht hindert (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Streitig ist die Anerkennung einer körperschaft- und gewerbesteuerrechtlichen Organschaft: Die A-GmbH (A) gründete im Jahr 2014 u.a. die B-GmbH (B) als Tochtergesellschaft, an der sie zu 100 % beteiligt war; B hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.9. bis 31.8. A und B schlossen 2015 einen Ergebnisabführungsvertrag, und zwar rückwirkend auf den Beginn des Geschäftsjahres der B. In 2015 verschmolz die A auf die Klägerin, eine AG, zum Stichtag . In 2017 verschmolz auch die B auf die Klägerin.
In ihren Steuererklärungen für das Streitjahr 2015 hatte die B ein Organschaftsverhältnis zur Klägerin geltend gemacht, das das FA nicht anerkannte. Die erforderliche finanzielle Eingliederung müsse zu Beginn des Wirtschaftsjahres gegeben sein und dann ununterbrochen fortbestehen. Hieran fehle es im Streitfall, weil die Organgesellschaft B ein abweichendes Wirtschaftsjahr gehabt habe. Im Klageverfahren u.a. gegen den Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheid machte die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der B geltend, dass ihr die Besitzzeiten der A an der B aufgrund der Verschmelzung zuzurechnen seien. Des Weiteren stellte das FA das Nichtbestehen der Organschaft zwischen der Klägerin und der Klägerin als Rechtnachfolgerin der B für den Zeitraum bis mit Bescheid fest. Beide Verfahren sind miteinander verbunden worden. Das FG Hamburg dagegen ging in seinem (EFG 2021, 55) von dem Bestehen einer Organschaft aus (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 22.12.2020).
Die Richter des BFH bejahten die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG, wiesen die Sache jedoch mangels Spruchreife an das FG zurück:
Im Fall der Verschmelzung von zwei Kapitalgesellschaften tritt der übernehmende Rechtsträger (Organträger) hinsichtlich des Merkmals der finanziellen Eingliederung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG) auch dann nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers ein, wenn der umwandlungssteuerliche Übertragungsstichtag nicht auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zurückbezogen wird.
Dies gilt auch für das Merkmal der Zuordnung der Beteiligung an der Organgesellschaft zu einer inländischen Betriebsstätte des Organträgers nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG (Bestätigung und Fortentwicklung der , BStBl II 2011, 528 und I R 111/09, BFH/NV 2011, 67, sog. Fußstapfentheorie).
Erlischt der Gewinnabführungsvertrag vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG) durch sog. Konfusion (hier: Verschmelzung der Organgesellschaft mit dem Organträger), ist dies ein "wichtiger Grund", so dass die Nichteinhaltung der Mindestvertragslaufzeit die steuerrechtliche Anerkennung nicht hindert.
Gegenstand der gesonderten und einheitlichen Feststellung des § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG sind das dem Organträger zuzurechnende Einkommen und "damit zusammenhängende andere Besteuerungsgrundlagen". Dies umfasst auch die Höhe der Minderabführungen aus organschaftlicher Zeit (§ 14 Abs. 4 KStG) sowie - zumindest "incidenter"- die Statusfrage (Bestehen/Nichtbestehen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft).
Der Gewerbesteuermessbescheid ist im Verhältnis zum Feststellungsbescheid des § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG kein Folgebescheid.
Die Entscheidung ist teilweise inhaltsgleich mit den BFH-Urteilen v. - R 21/20, I R 40/20, I R 45/20 (s. hierzu unsere Online-Nachrichten v. ).
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
CAAAJ-53089