Online-Nachricht - Mittwoch, 15.11.2023

Haushaltsrecht | Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2021 ist nichtig (BVerfG)

Das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 ist mit Art. 109 Abs. 3, Art. 110 Abs. 2 und Art. 115 Abs. 2 GG unvereinbar und nichtig ().

Sachverhalt: Die antragstellenden Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion wenden sich gegen die rückwirkende Änderung des Haushaltsgesetzes und des Bundeshaushaltsplans 2021 durch das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021. Mit diesem sollte eine im Bundeshaushalt 2021 als Reaktion auf die Corona-Pandemie vorgesehene, jedoch im Haushaltsjahr 2021 nicht unmittelbar benötigte Kreditermächtigung in Höhe von 60 Milliarden Euro durch eine Zuführung an den „Energie- und Klimafonds“ (EKF), ein unselbständiges Sondervermögen des Bundes, für künftige Haushaltsjahre nutzbar gemacht werden. Die Zuführung erfolgte im Februar 2022 – also rückwirkend – für das abgeschlossene Haushaltsjahr 2021. Der EKF wurde zwischenzeitlich in „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) umbenannt.

Die Richter des BVerfG erklärten das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz für nichtig:

  • Das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an notlagenbedingte Kreditaufnahmen.

  • Erstens hat der Gesetzgeber den notwendigen Veranlassungszusammenhang zwischen der festgestellten Notsituation und den ergriffenen Krisenbewältigungsmaßnahmen nicht ausreichend dargelegt.

  • Zweitens widerspricht die zeitliche Entkoppelung der Feststellung einer Notlage gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG vom tatsächlichen Einsatz der Kreditermächtigungen den Verfassungsgeboten der Jährlichkeit und Jährigkeit. Die faktisch unbegrenzte Weiternutzung von notlagenbedingten Kreditermächtigungen in nachfolgenden Haushaltsjahren ohne Anrechnung auf die „Schuldenbremse“ bei gleichzeitiger Anrechnung als „Schulden“ im Haushaltsjahr 2021 ist demzufolge unzulässig.

  • Drittens verstößt die Verabschiedung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 nach Ablauf des Haushaltsjahres 2021 gegen den Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit aus Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG.

Hinweis:

Die Entscheidung hat zur Folge, dass sich der Umfang des KTF um 60 Milliarden Euro reduziert. Soweit hierdurch bereits eingegangene Verpflichtungen nicht mehr bedient werden können, muss der Haushaltsgesetzgeber dies anderweitig kompensieren. Weitere Informationen zu der Entscheidung können Sie der Pressemitteilung des BVerfG v. 15.11.2023 entnehmen. Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB KAAAJ-52473