Umsatzsteuer | Anwendung der Differenzbesteuerung im Fall des "Upcycling" (FG)
Die Differenzbesteuerung ist auch dann anwendbar, wenn ein Unternehmer antike Waschkommoden aus privater Hand ankauft, sie restauriert und zusammen mit einem individuell angepassten Waschbeckenaufsatzteil nebst Armatur (wieder-)verkauft. Die Verbindung des aufgearbeiteten Möbelstücks mit dem Neuteil lässt den Tatbestand eines Wiederverkaufs von Gebrauchtgegenständen im Sinne des § 25a UStG nicht entfallen (; Revision anhängig, BFH-Az. XI R 9/23).
Sachverhalt: Das Gericht hatte die Frage zu klären, ob die Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG auch dann noch zur Anwendung kommt, wenn ein Gebrauchtgegenstand nicht nur aufgearbeitet, sondern zugleich um ein Neuteil zum Zwecke seiner zeitgemäßen Nutzung ergänzt wird. Dies war vom FA verneint worden, weil die Klägerin im Ergebnis einen neuen (Verkaufs-)Gegenstand hergestellt habe, so dass von einem Wiederverkauf im Sinne des § 25a UStG keine Rede sein könne. Dem trat die Klägerin mit der Erwägung entgegen, dass die Funktion des Objekts als Waschkommode unverändert geblieben sei. Dem Neuteil sei in der Gesamtwürdigung der Restaurierungsarbeiten und auch mit Blick auf das Kaufmotiv ihrer Kunden nur eine untergeordnete Rolle beizumessen. Unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesfinanzhofs sei deshalb die Differenzbesteuerung zu gewähren.
Das Schleswig-Holsteinische FG ist dieser Sichtweise unter Fortentwicklung insbesondere der Entscheidungen des (Sjelle Autogenbrug) und des (BStBl II 2019, 452) im Ergebnis gefolgt:
Das in Rechtsprechung und Literatur für die Annahme eines Wiederverkaufs entwickelte Erfordernis der Nämlichkeit bzw. Identität zwischen Ankaufs- und Verkaufsobjekt ist mit Blick auf den Normzweck der Differenzbesteuerung, nämlich der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und Doppelbesteuerungen bei der Wiedereinführung von Gebrauchtgegenständen in den Wirtschaftskreislauf, nicht zu eng auszulegen.
Die Differenzbesteuerung ist deshalb nicht allein auf Recyclingfälle, wie das Ausschlachten von Einzelteilen aus Gebrauchtfahrzeugen, beschränkt, sondern kann auch in den Fällen der Verbindung eines aufgearbeiteten Gebrauchtgegenstandes mit einem Neuteil (Upcycling) zur Anwendung kommen.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn der aufgearbeitete Gebrauchtgegenstand dem (Wieder-)Verkaufsobjekt sein Gepräge gibt und aus Verbrauchersicht das entscheidende Kaufmotiv bildet.
Das FG hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen, das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. XI R 9/23 anhängig.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches FG, Newsletter II-III/2023 (il)
Fundstelle(n):
KAAAJ-49606