BGH Beschluss v. - II ZR 50/20

Prozesskostensicherheit: Ausnahme bei völkerrechtlichen Verträgen; Sicherheitsverlangen gegenüber koreanischem Kläger

Gesetze: § 110 Abs 2 Nr 1 ZPO, FrHAbkEU/KOR

Instanzenzug: OLG Oldenburg (Oldenburg) Az: 6 U 235/14vorgehend LG Oldenburg (Oldenburg) Az: 15 O 472/14nachgehend Az: II ZR 50/20 Urteilnachgehend Az: II ZR 50/20 Beschluss

Gründe

I.

1Der Kläger, der in Südkorea wohnt, ist Gesellschafter der G.            GmbH i.L., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1 war. Er macht gegen ihn Schadensersatzansprüche der Gesellschaft aus Geschäftsführerhaftung geltend.

2Mit und Zwischenurteil des Berufungsgerichts vom ist dem Kläger antragsgemäß die Erbringung einer Prozesskostensicherheit für die Prozesskosten des ersten und zweiten Rechtszugs aufgegeben worden.

3Die Klage hatte im zweiten Rechtszug teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil ist rechtskräftig, soweit der Beklagte zu 1 gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 2 zur Zahlung von 233.000 € nebst Zinsen an die G.              GmbH i.L. verurteilt worden ist. Auf die Beschwerde des Beklagten zu 1 hat der Senat die Revision zugelassen, soweit dieser weiterhin zur Zahlung von 963.780,40 € nebst Zinsen an die Gesellschaft verurteilt worden ist.

4Nunmehr begehrt der Beklagte zu 1 die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit für das Revisionsverfahren.

II.

5Die Voraussetzungen für die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit liegen vor (§§ 110, 112 Abs. 3 ZPO). Die Anordnung kann der Senat im Beschlusswege treffen, da der Kläger dem Sicherheitsverlangen nicht entgegen getreten ist, es nach Grund und Höhe unstreitig ist und ein Zwischenstreit im Sinne von § 303 ZPO mithin nicht vorliegt (, juris Rn. 1; RGZ 104, 189, 190).

61. Der Beklagte zu 1 ist mit dem Verlangen nach weiterer Sicherheitsleistung nicht nach §§ 565, 532 Satz 2 ZPO ausgeschlossen. Die Rüge der mangelnden Sicherheitsleistung für die Prozesskosten gehört zu den die Zulässigkeit der Klage betreffenden verzichtbaren Rügen, die gemäß § 282 Abs. 3 ZPO grundsätzlich vor der ersten Verhandlung zur Hauptsache, und zwar für alle Rechtszüge, erhoben werden müssen. Da das erstinstanzliche Verlangen des Beklagten zu 1 nach Sicherheitsleistung nicht eingeschränkt war, gilt es für die Kosten des gesamten Rechtsstreits einschließlich etwaiger Rechtsmittelzüge (vgl. , juris Rn. 6 mwN).

72. Der Kläger ist prozesskostensicherungspflichtig.

8a) Der Kläger hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (§ 110 Abs. 1 ZPO). Wer Kläger ist, bestimmt sich nach der Parteirolle in erster Instanz; dabei bleibt es auch für den Fall eines Rechtsmittelverfahrens, bei dem der Kläger Rechtsmittelbeklagter ist (, BGHZ 37, 264, 266; Beschluss vom - VIII ZR 198/80, ZIP 1982, 113, 114).

9b) Die Verpflichtung des Klägers zur Leistung weiterer Prozesskostensicherheit ist nicht gemäß § 110 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

10Der Ausnahmetatbestand des § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dass aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann, greift im Verhältnis zur Republik Korea nicht ein. Das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits vom (BGBl. 2012 II, S. 1483) und das zwischen denselben Vertragsparteien geschlossene Rahmenabkommen vom (BGBl. II 2013, S. 19) enthalten keine entsprechenden Regelungen (, juris Rn. 17). Auch würde die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten nicht aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags vollstreckt werden können (§ 110 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; Muthorst in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 110 Rn. 44 "Korea, Republik").

11c) Es ist auch nicht ein zur Deckung der Prozesskosten ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten, da die vom Kläger im Wege der Gesellschafterklage für die G.                GmbH i.L. erstrittene Forderung über 233.000 € dem Kostenerstattungsanspruch des Beklagten zu 1 nicht aufrechenbar gegenübersteht (§ 387 BGB).

123. Die Höhe der weiteren Sicherheit bemisst der Senat auf Grundlage eines Streitwerts von bis zu 963.780,40 € nach den möglichen Anwaltskosten für die dritte Instanz (vgl. , juris Rn. 2; Beschluss vom - XI ZR 549/17, WM 2018, 2242 Rn. 16; Beschluss vom - II ZR 33/20, juris Rn. 8) auf insgesamt 23.488,46 € (2,3 Verfahrensgebühr in Höhe von 11.934,70 €, 1,5 Terminsgebühr in Höhe von 7.783,50 €, Auslagenpauschale in Höhe von 20 €, zzgl. 19 % Umsatzsteuer auf 19.738,20 € in Höhe von 3.750,26 €).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:021121BIIZR50.20.0

Fundstelle(n):
OAAAJ-47840