BGH Beschluss v. - 6 StR 325/23

Aufhebung eines Strafausspruchs bei unterlassener Prüfung eines minder schweren Falls

Gesetze: § 213 Alt 1 StGB, § 224 Abs 1 StGB

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: 5 Ks 107 Js 2029/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Strafausspruch hält revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.

3Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Halbsatz 1 StGB entnommen und einen minder schweren Fall nach Halbsatz 2 der Vorschrift verneint. Es hat zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass es „im zeitlichen Zusammenhang mit der Tat zu Bedrohungen und wenigstens einer Beleidigung durch den Geschädigten unmittelbar vor der Tat“ gegenüber dem Angeklagten kam. Diese Ausführungen lassen besorgen, dass die Strafkammer die Voraussetzungen der ersten Alternative des § 213 StGB nicht geprüft hat, bei deren Vorliegen auch im Rahmen von § 224 StGB die Annahme eines minderschweren Falls regelmäßig geboten erscheint (vgl. ; Beschlüsse vom – 2 StR 27/14; vom – 3 StR 206/12, NStZ-RR 2012, 308; vom – 5 StR 103/12, NStZ-RR 2012, 277; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1653). Denn das Landgericht hat dazu nicht erkennbar in den Blick genommen, dass der Geschädigte den Angeklagten nach den Feststellungen „wiederholt und (…) u.a. am Tag vor der Tat“ mit dem Tod bedrohte. Nach den Bekundungen des Zeugen T.        habe der Geschädigte bei dem von ihm begonnenen Streitgespräch unmittelbar vor der Tat gegenüber dem Angeklagten zudem geäußert „Ich stecke meinen Pimmel in dich rein, in deine Leiche und wer weiß dann, wer das noch anschaut.“

4Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler, weil der Senat nicht ausschließen kann, dass die Strafkammer bei Annahme eines minder schweren Falles auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte. Die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hat Bestand, weil insoweit ein Rechtsfehler nicht ersichtlich ist.

52. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück, weil eine Zuständigkeit der Schwurgerichtskammer nicht mehr besteht.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:080823B6STR325.23.0

Fundstelle(n):
LAAAJ-46668