BGH Beschluss v. - 3 StR 118/23

Instanzenzug: Az: 8 KLs 9/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften und „Erwerbs“ von jugendpornografischen Schriften in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit der Verbreitung pornografischer Schriften, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zum Wegfall einer tateinheitlich ausgeurteilten Verbreitung pornografischer Schriften und zur sprachlichen Änderung des Tenors. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. In Fall II.1 der Urteilsgründe ist in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO der Schuldspruch zu ändern. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Verbreitens pornografischer Schriften hat zu entfallen, weil dieses Delikt verjährt ist.

3a) Das Landgericht hat in diesem Fall festgestellt, dass der damals 36 Jahre alte Angeklagte im September 2015 über ein Internetportal als vermeintlich Jugendlicher eine 13-Jährige kontaktierte, die sich als 14-jährig ausgab, was er glaubte. Nachdem er ihr per WhatsApp Bilder seines entblößten und erigierten Penis geschickt hatte, bedrängte er das Mädchen beharrlich, ebenfalls Nacktfotos zu übersenden, die ihre primären Geschlechtsorgane zeigen, insbesondere die Scheide mit gespreizten Schamlippen. Daraufhin schickte es ihm entsprechende Aufnahmen.

4b) Die Strafkammer hat den Fall als „Erwerb“ jugendpornografischer Schriften gemäß § 184c Abs. 3 StGB aF in Tateinheit mit Verbreiten pornografischer Schriften gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF gewürdigt und eine Einzelfreiheitsstrafe von sieben Monaten verhängt. Dabei ist ihr aus dem Blick geraten, dass die Tat nach § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB, der eine Strafandrohung von Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vorsieht, der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB unterliegt. Die absolute Verfolgungsverjährung trat damit nach sechs Jahren und mithin im September 2021 ein (§ 78c Abs. 3 Satz 2 StGB). Bei einer tateinheitlichen Verurteilung läuft die Verjährungsfrist für jedes einzelne Delikt gesondert (st. Rspr.; s. etwa , juris Rn. 13 mwN), so dass die Übersendung der Penisbilder an die Minderjährige im Urteilszeitpunkt nicht mehr verfolgt werden durfte.

5c) Trotz des Wegfalls der entsprechenden tateinheitlichen Verurteilung kann die in Fall II.1 der Urteilsgründe verhängte Einzelfreiheitsstrafe bestehen bleiben. Zwar hat das Tatgericht straferschwerend gewertet, dass der Angeklagte zwei Delikte in Tateinheit verwirklichte. Angesichts der ebenfalls schärfend berücksichtigten Tatbegehung unter laufender Bewährung und der als besonders erniedrigend gewürdigten „Qualität“ der mehreren von der Geschädigten erst auf beharrliches Drängen übersandten Bilder ist jedoch auszuschließen, dass die Strafkammer für die hier deutlich schwerer wiegende Besitzverschaffung jugendpornografischer Bilder allein auf eine niedrigere Einzelfreiheitsstrafe erkannt hätte. Das ergibt sich auch aus einem Vergleich zu Fall II.5 der Urteilsgründe, in dem das Landgericht für die erfolglose Aufforderung einer 16-Jährigen, Nacktfotos zu übersenden, eine Einzelfreiheitsstrafe von fünf Monaten verhängt hat. Hinzu kommt, dass verjährte Taten - wenn auch mit geringerem Gewicht - straferschwerend berücksichtigt werden können (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 369/21, NStZ-RR 2022, 170 mwN; vom - 3 StR 386/16, juris Rn. 4 mwN; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 78 Rn. 2).

6d) Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe wird vom Wegfall des verjährten Delikts ebenfalls nicht berührt. Vor dem Hintergrund der trotz der Vielzahl der Taten nur moderaten Erhöhung der Einsatzstrafe und der verbleibenden unverjährten Verbreitung pornografischer Schriften in zwei Fällen ist auszuschließen, dass die Strafkammer bei Berücksichtigung der Verjährung auf eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

72. Soweit die Strafkammer den Angeklagten wegen „Erwerbs“ jugendpornografischer Schriften in vier Fällen verurteilt hat, ist die Tenorierung in „Besitzverschaffung“ zu ändern (vgl. , juris Rn. 15 mwN; vom - 3 StR 249/22, NJW 2023, 859 Rn. 16).

83. Angesichts des nur geringen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig, dem Angeklagten die gesamten Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen (§ 473 Abs. 4 StPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:130623B3STR118.23.0

Fundstelle(n):
ZAAAJ-45097