Instanzenzug: Az: 109 KLs 5/21
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und wegen Unterschlagung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.384.000 €, davon in Höhe von 750.000 € als Gesamtschuldnerin, angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2I. Die Einziehungsanordnung bedarf hinsichtlich der gesamtschuldnerischen Haftung der Korrektur, weist im Übrigen aber keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
3Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt:
„1. Die Angeklagte hat , durch‘ die Unterschlagung im Fall B.lll. der Urteilsgründe Geld und Edelmetall im Umfang von 1.340.000 Euro erlangt. Dieser Betrag ergibt sich aus einer zugunsten der Beteiligten vorgenommenen Berechnung (UA S. 141); dass der vom Mitangeklagten C. tatsächlich erhaltene Anteil - ausgehend von dessen dezidierter Angabe - etwas über dem rechnerischen Teilungsverhältnis liegt, ist nicht zu beanstanden. Danach wurde zu Recht die Einziehung des Wertes dieser Taterträge angeordnet (§§ 73, 73c StGB).
a) Dabei belegt oder begründet alleine eine mittäterschaftliche Tatbeteiligung für sich betrachtet keine tatsächliche Verfügungsgewalt im Sinne von § 73 StGB. Einem Tatbeteiligten kann die Gesamtheit des aus der Tat Erlangten mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll, und er diese auch tatsächlich hatte. Dabei genügt es, dass der Tatbeteiligte zumindest faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand erlangte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff darauf nehmen konnte (, juris Rn. 3). Dies kann selbst dann zu bejahen sein, wenn die unmittelbare Tatausführung und Inbesitznahme der Beute nur einem Tatbeteiligten obliegt, sich jedoch alle Tatbeteiligten schon zu Beginn der Taten darüber einig sind, dass jedem der Mittäter die Mitverfügungsgewalt über die Beute zukommen soll. Eine faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand bei mehreren Beteiligten kann nämlich - jedenfalls bei dem vor Ort anwesenden, die Beute oder Teile davon in den Händen haltenden Mittäter - auch dann vorliegen, wenn sich diese in einer Abrede über die Beuteteilung widerspiegelt. Denn damit , verfügt‘ der Mittäter zu seinen oder der anderen Beteiligten Gunsten über die Beute, indem er in Absprache mit diesen Teile des gemeinsam Erlangten sich selbst oder den anderen zuordnet (, juris Rn. 11).
Gegenstände die als Mittel für die Tatausführung oder gelegentlich der Tatausführung kurzfristig in Besitz genommen werden (sog. transitorischer Besitz) gelten indes noch nicht als im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt, weil es insoweit an einem rechtserheblichen Vermögenszufluss fehlt. Auch aus der Überlassung von Tatbeute zum Transport und einer zeitlich nicht näher eingegrenzten Aufbewahrung folgt noch nicht ohne weiteres, dass der Täter deshalb auch schon faktische Mitverfügungsgewalt hat (vgl. , juris Rn. 22).
b) Gemessen daran kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die Anordnung allein davon getragen wird, dass die Angeklagte , über ihren Sohn D. tatsächliche Verfügungsgewalt über die gesamte Tatbeute in Höhe von 1.340.000,00 EUR‘ hatte (UA S. 178). Insoweit ist fraglich, ob im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt womöglich bereits eingetretene materielle Beendigung der Tat (vgl. zur Frage der materiellen Beendigung bei § 246 StGB Lotz/Reschke, JR 2013, 59 ff.) die Erlangung noch ,in irgendeiner Phase des Tatablaufs‘ (s. , juris Rn. 14) erfolgt ist (vgl. , juris Rn. 11; aber auch Beschluss vom - 3 StR 428/20, juris Rn. 1 f.; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 669 sowie Schönke/Schröder/Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl. 2019, § 73 Rn. 11, wonach eine derartige Beschränkung in zeitlicher Hinsicht zu eng erscheint). Indes wurde bereits während der Tatbegehung der Angeklagten Mitverfügungsgewalt vermittelt, indem der Mitangeklagte De. die Gegenstände aufgrund des zuvor gefassten gemeinsamen Tatplanes (UA S. 46) in Empfang genommen hat (UA S. 46 f.). Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob der gesondert verfolgte S. im Zuge der anschließenden Verbringung mehr als lediglich , transitorischen Besitz‘ hatte.
c) Nach alledem bedarf der Ausspruch der Ergänzung dahin, dass die Angeklagte im Umfang von 1.340.000,00 Euro als Gesamtschuldnerin haftet, wobei die individuelle Benennung weiterer Gesamtschuldner nicht erforderlich ist (vgl. , Rn. 11). Dem steht nicht entgegen, dass beim Mitangeklagten De. keine entsprechende Einziehungsanordnung ergangen ist (vgl. , juris Rn. 4). Ohnehin soll der Innenausgleich den Betroffenen überlassen werden (vgl. SSW-StGB/Heine, 5. Aufl. 2021, § 73 Rn. 57), zumal die gegen die Angeklagte ergangene Anordnung nicht auf deren ‚Anteil‘ beschränkt wurde (vgl. dazu , juris). Überdies erscheint nicht ausgeschlossen, dass in gesonderten Strafverfahren Mitverfügungsgewalt des Ehemannes der Angeklagten - oder deren Sohnes - festgestellt wird (vgl. auch , juris Rn. 11; Beschluss vom - 2 StR 245/18, juris Rn. 10). Um eine doppelte Inanspruchnahme zu vermeiden, ist daher die gesamtschuldnerische Haftung in der Entscheidungsformel zu kennzeichnen (vgl. , juris Rn. 2).
2. Bei dem rechtsfehlerfrei errechneten Tatlohn in Höhe von 44.000,00 Euro (UA S. 31) handelt es sich um ‚für‘ die Tat Erlangtes im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB. Eine gesamtschuldnerische Haftung war insoweit nicht anzuordnen (vgl. SSW-StGB/Heine, 5. Aufl. 2021, § 73 Rn. 57).“
4Dem schließt sich der Senat an.
5II. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung des Urteils keinen der Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben.
6III. Angesichts des nur geringen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig, die Angeklagte mit den gesamten durch ihr Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:010623B3STR414.22.0
Fundstelle(n):
PStR 2023 S. 223 Nr. 10
PStR 2023 S. 223 Nr. 10
wistra 2023 S. 4 Nr. 9
TAAAJ-44600