BAG Beschluss v. - 7 ABR 10/22

Betriebsrat - Freistellungsanspruch - Rechtsanwaltskosten

Leitsatz

Die Freistellung des Betriebsrats von Rechtsanwaltskosten für die Vertretung in einem Einigungsstellenverfahren setzt keine an ihn adressierte Rechnung voraus.

Gesetze: § 40 Abs 1 BetrVG, § 2 Abs 1 BetrVG, § 195 BGB, § 199 Abs 1 BGB, § 204 Abs 1 Nr 1 BGB, § 214 Abs 1 BGB, § 209 BGB, § 213 BGB, § 257 S 1 BGB, § 398 BGB, § 10 Abs 1 S 1 RVG, § 1 Abs 1 S 1 RVG, § 2 Abs 2 RVG, § 4b RVG, § 8 Abs 1 S 1 RVG, § 167 ZPO, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 322 ZPO, § 561 ZPO, § 83 Abs 3 ArbGG, § 92 Abs 2 S 1 ArbGG

Instanzenzug: ArbG Oberhausen Az: 2 BV 14/20 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 6 TaBV 32/21 Beschluss

Gründe

1A. Die Beteiligten streiten über die Freistellung des Betriebsrats von Rechtsanwaltskosten.

2Die Arbeitgeberin betreibt den öffentlichen Personennahverkehr im Gebiet der Stadt O. In ihrem Betrieb ist der antragstellende Betriebsrat errichtet. Am 14. November und tagte eine von den Beteiligten gebildete Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Dienstplangestaltung“. Vor deren Tätigwerden hatte der Betriebsrat in seiner Sitzung am - wörtlich wiedergegeben - beschlossen,

3Eine vom Vorsitzenden und einem Mitglied des Betriebsrats sowie von H unterzeichnete und in ihrem Rubrum als Vertragspartner den Betriebsrat und die „C UG“ ausweisende Honorarvereinbarung vom lautet auszugsweise:

4Die C Agentur UG ist eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft, deren Geschäftsführer und (Mit-)Gesellschafter H ist. Dieser war im Jahr 2017 Rechtsanwalt in einer Sozietät und ist seit 2019 Einzelanwalt. Gegenüber dem Vorsitzenden der Einigungsstelle teilte er per E-Mail vom mit, der Betriebsrat habe ihn zum Verfahrensbevollmächtigten bestimmt. Die Einigungsstelle tagte unter seiner Mitwirkung; in den Sitzungsprotokollen ist er jeweils als Verfahrensbevollmächtigter des Betriebsrats aufgeführt.

5Unter dem stellte die „C Agentur“ eine an die Arbeitgeberin adressierte Rechnung iHv. 8.446,45 Euro „für die Tätigkeit von RA H als Prozessbevollmächtigter des Betriebsrats in der Einigungsstelle“. Nachdem die Arbeitgeberin die Begleichung dieser Rechnung abgelehnt hatte, begehrte der Betriebsrat in einem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren von der Arbeitgeberin die Freistellung von den Kosten. Sein dahingehender Antrag wurde mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom - 4 TaBV 56/18 - rechtskräftig abgewiesen. Mit Datum vom stellte Rechtsanwalt H für seine Vertretung des Betriebsrats in der Einigungsstelle eine an die Arbeitgeberin adressierte und ua. ein Honorar iHv. 70 % des Einigungsstellenvorsitzendenhonorars beinhaltende Rechnung iHv. insgesamt 8.530,45 Euro, die die Arbeitgeberin gleichfalls nicht beglich.

6Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Arbeitgeberin am zugestellten Antragsschrift hat der Betriebsrat einen auf diese Rechtsanwaltskosten bezogenen Freistellungsanspruch geltend gemacht. Er hat die Ansicht vertreten, Rechtsanwalt H sei mit der Vertretung des Betriebsrats vor der Einigungsstelle beauftragt und damit zur Rechnungsstellung berechtigt gewesen. Grundlage für die Beauftragung sei der Betriebsratsbeschluss vom und nicht die mit der C Agentur UG getroffene - ohnehin nur die Vergütungshöhe betreffende - Honorarvereinbarung. Die dem Freistellungsbegehren zugrundeliegende Forderung sei schon deshalb nicht verjährt, weil der Betriebsrat gegenüber dem Rechtsanwalt keine entsprechende Einrede erhoben habe.

7Der Betriebsrat hat zuletzt - nach Korrektur eines Rechnungspostens - beantragt,

8Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, der Freistellungsanspruch bestehe schon deshalb nicht, weil der Betriebsrat nicht Rechtsanwalt H, sondern die C Agentur UG mit der Vertretung im Einigungsstellenverfahren beauftragt habe. Jedenfalls sei die vom Betriebsrat behauptete Verbindlichkeit mit der Einrede der Verjährung behaftet; das schließe einen Freistellungsanspruch von vornherein aus.

9Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.

10B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Beschwerde des Betriebsrats gegen die das Kostenfreistellungsbegehren abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Dieses ist zwar zulässig, aber unbegründet.

11I. Dem Antrag begegnen in seiner gebotenen Auslegung keine Zulässigkeitsbedenken.

121. Der Betriebsrat macht seine Freistellung von Kosten einer anwaltlichen Vertretung in einem Einigungsstellenverfahren auf der Grundlage einer näher bezeichneten Rechnungsstellung geltend. Das umfasst - in der konkret bezifferten Höhe - neben dem der Forderung zugrundeliegenden (behaupteten) Honorar auch einen etwaigen Vergütungsanspruch in Höhe der gesetzlichen Anwaltsgebühren. Hierbei handelt es sich nicht um verschiedene Ansprüche (vgl.  - Rn. 36 ff.; vgl. auch  - Rn. 25, BGHZ 201, 334 und - IX ZR 270/02 - zu II 4 b bb der Gründe). Das folgt schon daraus, dass im Bereich einer anwaltlichen Tätigkeit die fehlerhafte Vergütungsvereinbarung nach § 4b RVG nicht zu deren Nichtigkeit, sondern zu einer Begrenzung der geschuldeten Vergütung auf die gesetzlichen Gebühren und Auslagen führt (vgl.  - Rn. 26, aaO).

132. In diesem Verständnis ist der Antrag zulässig und insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die rechtskräftige Abweisung des Freistellungsbegehrens in dem beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf unter dem Az. - 4 TaBV 56/18 - geführten Verfahren, welches die von der C Agentur UG in Rechnung gestellten Kosten betraf, bildet mangels Identität der Verfahrensgegenstände keinen der Zulässigkeit entgegenstehenden Einwand anderweitiger Rechtskraft (§ 322 ZPO). Der Betriebsrat ist auch antragsbefugt. Er macht ein eigenes Recht auf Freistellung von einer Verbindlichkeit geltend.

143. Rechtsanwalt H ist nicht als Beteiligter iSd. § 83 Abs. 3 ArbGG zu hören. Er steht in keinem betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zum Betriebsrat und der Arbeitgeberin (vgl.  - zu II 3 b aa der Gründe, BAGE 31, 93; ErfK/Koch 23. Aufl. BetrVG § 40 Rn. 19).

15II. Der Antrag ist unbegründet. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, den Betriebsrat gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG von der mit Rechnung des Rechtsanwalts H vom erhobenen Forderung - in der zuletzt geltend gemachten Höhe - freizustellen.

161. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehört auch die Vergütung für einen Rechtsanwalt, dessen Hinzuziehung in einem Einigungsstellenverfahren der Betriebsrat - auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Beschlusses - für erforderlich halten durfte (vgl.  - Rn. 11 mwN). Ein entsprechender Freistellungsanspruch setzt neben der Erforderlichkeit der Hinzuziehung voraus, dass der Betriebsrat eine entsprechende Verbindlichkeit gegenüber dem Rechtsanwalt überhaupt begründet - diesen also mit der Vertretung im Einigungsstellenverfahren beauftragt - hat; Entsprechendes gilt für eine Honorarzusage.

172. Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht zunächst rechtsfehlerfrei angenommen, dass der streitbefangene Kostenfreistellungsanspruch nicht auf die Honorarvereinbarung vom gestützt werden kann. Das folgt ungeachtet der Erforderlichkeit der dieser Vereinbarung zugrundeliegenden Vertretung im Einigungsstellenverfahren und der Erforderlichkeit der Erteilung einer Honorarzusage (ausf. hierzu  - Rn. 19, 30) bereits aus dem Umstand, dass der Betriebsrat das Honorar nicht mit Rechtsanwalt H, sondern mit der C Agentur UG verabredet hat. Die Vereinbarung vom benennt - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - unmissverständlich die „C UG“ als Vertragspartnerin und ist im Übrigen von „H“ ohne dessen Bezeichnung als Rechtsanwalt unterzeichnet. Die Rechtsbeschwerde greift die Entscheidung des Beschwerdegerichts in diesem Punkt auch nicht an.

183. Hingegen erweisen sich die weiteren Annahmen des Landesarbeitsgerichts, für die Freistellung von der anwaltlichen Vergütungsforderung in Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen fehle es an der Inanspruchnahme des Betriebsrats mittels einer an diesen adressierten Rechnung und zudem sei die Vergütungsforderung mit der Einrede der Verjährung behaftet, als rechtsfehlerhaft.

19a) Anders als das Landesarbeitsgericht - allerdings unter zutreffender Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom (- 7 ABR 42/02 - zu B II der Gründe, BAGE 106, 233 zu einem Freistellungsanspruch des Betriebsrats von Seminarkosten; vgl. für die Schwerbehindertenvertretung auch  - Rn. 35) - angenommen hat, steht dem Freistellungsanspruch nicht entgegen, dass Rechtsanwalt H seine Rechnung nicht an den Betriebsrat adressiert hat. Eine solche Rechnungsstellung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung für den Freistellungsanspruch. Vielmehr entsteht der Anspruch des Betriebsrats auf Freistellung von den durch die Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten vor der Einigungsstelle verursachten erforderlichen Kosten prinzipiell mit der Beauftragung durch den Betriebsrat (vgl. für die durch die Beauftragung eines Beraters verursachten erforderlichen Kosten  - Rn. 47 mwN, BAGE 173, 46).

20aa) Der Kostenfreistellungsanspruch eines Betriebsrats gegen den Arbeitgeber nach § 40 Abs. 1 BetrVG entsteht - soweit er erforderliche Kosten betrifft - als Befreiungsanspruch iSv. § 257 Satz 1 BGB (vgl. dazu  - Rn. 15; Weber GK-BetrVG 12. Aufl. § 40 Rn. 20) grundsätzlich mit Eingehen der Verbindlichkeit, von der freizustellen ist. Er ist demnach regelmäßig nicht daran gebunden, dass der Betriebsrat im Wege einer an ihn adressierten Rechnung in Anspruch genommen wird. Zwar mag das Fehlen einer derartigen Inanspruchnahme - ggf. auch unter Hinzuziehung weiterer Einzelfallumstände - darauf schließen lassen, dass der Gläubiger von seiner Zahlungsforderung Abstand genommen hat. In solch einem Fall kommt dem Betriebsrat aber schon mangels angefallener Kosten kein Freistellungsanspruch zu. Von einer solchen Sachlage kann aber gerade nicht - etwa im Sinne der Regelannahme eines Verzichts oder Erlasses - ausgegangen werden, wenn ein vom Betriebsrat beauftragter Gläubiger seine Forderung nicht an diesen richtet, sondern mittels einer an den Arbeitgeber adressierten Rechnung erhebt. Auch der Umstand, dass der Arbeitgeber die Leistung verweigern kann, wenn der Betriebsrat die Kosten, von denen er Freistellung erstrebt, nicht ausreichend nachweist (vgl. für Schulungskosten  - Rn. 30), gebietet es nicht, eine an den Betriebsrat gerichtete Kostennote als eigenständiges anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal des Befreiungsanspruchs zu verlangen. Zwar vermag der Betriebsrat der Obliegenheit eines Nachweises der erstattungsfähigen Kosten typischerweise nur nachzukommen, wenn ihm eine Rechnung gestellt worden ist, die im Zweifel auch nur er valide überprüfen kann. Entsprechend bietet sich eine Rechnungsstellung an den Betriebsrat schon aus Praktikabilitätsgründen an. Das Fehlen einer an ihn gerichteten Rechnung zu diesem Zweck führte aber nur zu einem Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers und beträfe nicht die Entstehung des Kostenfreistellungsanspruchs „an sich“. Sollte der einzelfallbezogenen (und im Übrigen die dortige Anspruchsabweisung nicht allein tragenden) Aussage einer früheren Senatsentscheidung Gegenteiliges zu entnehmen sein (vgl.  - zu B II der Gründe, BAGE 106, 233; insoweit fortgeführt von  - Rn. 35; in diesem Sinne ebenso zB Richardi/Thüsing BetrVG 17. Aufl. § 40 Rn. 45), wird hieran nicht festgehalten.

21bb) Im Fall einer - wie vorliegend - Freistellung von Kosten einer rechtsanwaltlichen Unterstützung des Betriebsrats folgt nichts Anderes aus gebührenrechtlichen Gründen. Vorbehaltlich der betriebsverfassungsrechtlichen Erforderlichkeit solcher Kosten und ungeachtet eventueller Honoraransprüche aufgrund einer gesonderten Vereinbarung bemessen sich die Gebühren und Auslagen für eine anwaltliche Tätigkeit nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - RVG - (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 RVG) und insbesondere nach dem Vergütungsverzeichnis zu § 2 Abs. 2 RVG. Die Gebühr erwächst bereits, sobald der Rechtsanwalt eine Tätigkeit ausführt, die durch die Gebühr entgolten wird (BeckOK RVG/v. Seltmann Stand RVG § 8 Rn. 1; Gierl in Mayer/Kroiß RVG 8. Aufl. § 8 Rn. 1).

22(1) Die Vergütung des Anwalts in Zusammenhang mit einer Tätigkeit vor der Einigungsstelle entsteht, sobald er nach Erteilung des Auftrags die ersten Tätigkeiten in diesem Zusammenhang ausübt, dh. also regelmäßig mit dem Beginn der Aufnahme von Informationen. Die Geschäftsgebühr VV 2300, die auch Gegenstand der vom erstrebten Freistellungsanspruch umfassten Forderung ist, entsteht demnach mit der Annahme des Mandats zur außergerichtlichen Vertretung und dem Beginn der Aufnahme der Information (BeckOK RVG/v. Seltmann Stand RVG § 8 Rn. 1.1; Winkler/Teubel in Mayer/Kroiß RVG 8. Aufl. Nr. 2300 VV Rn. 1 ff.).

23(2) Aus § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG, wonach der Rechtsanwalt die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern kann, folgt nichts Gegenteiliges.

24(a) Entsprechend § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG hat der vom Betriebsrat mandatierte Rechtsanwalt dem Betriebsrat die Berechnung seiner Kosten mitzuteilen. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde vermag hieran die vorgebrachte Interessenlage von „drei beteiligten Akteuren“ bei einem betriebsverfassungsrechtlichen Freistellungsanspruch nichts zu ändern. Ebenso wenig ist ersichtlich, inwieweit der Rechtsanwalt dadurch „verleitet“ werden sollte, „Anstiftung zur Beihilfe beim Vorsteuerbetrug“ zu leisten, wie der Betriebsrat meint.

25(b) § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG berührt aber nicht das Entstehen des anwaltlichen Vergütungsanspruchs. Es ist zu unterscheiden zwischen der Entstehung der Gebühren, ihrer Fälligkeit und ihrer Durchsetzbarkeit. § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG betrifft allein die Frage, wann eine mit der Verwirklichung eines Tatbestands entstandene und nach § 8 Abs. 1 Satz 1 RVG mit Erledigung des Auftrags oder Beendigung der Angelegenheit fällige Gebühr eingefordert werden kann (vgl.  - Rn. 60, BGHZ 233, 70;  - Rn. 17). Entsprechend bewirkte das Fehlen einer an den Betriebsrat adressierten Mitteilung der Berechnung anwaltlicher Kosten nicht, dass dessen Freistellungsanspruch nicht entstünde, sondern ggf. nur, dass die ihm zugrundeliegende anwaltliche Forderung „derzeit“ nicht durchsetzbar wäre.

26b) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist der geltend gemachte Anspruch auch nicht deshalb unbegründet, weil die ihm zugrundeliegende anwaltliche Vergütungsforderung mit der Einrede der Verjährung behaftet ist.

27aa) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landesarbeitsgericht zwischen dem Freistellungsanspruch des Betriebsrats und dem Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts differenziert. Hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Freistellungsanspruchs greift keine Verjährung. Insoweit hat die Arbeitgeberin bereits keine entsprechende Einrede erhoben (vgl. zur Notwendigkeit der Einrede zB  (A) - Rn. 32, BAGE 172, 337). Zudem ist die Verjährung nach §§ 209, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.

28(1) Für den Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber auf Freistellung von Kosten nach § 40 Abs. 1 BetrVG gilt die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB. Sie beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB - und entsprechend den gesetzesimmanenten Maßgaben beim Befreiungsanspruch des § 257 BGB (vgl. hierzu ausf.  - BGHZ 216, 234 und zuletzt  - Rn. 3) - frühestens mit dem Schluss des Jahres, in dem die Forderung, von der zu befreien ist, gegenüber dem Betriebsrat fällig wird (vgl. für die durch die Beauftragung eines Beraters verursachten erforderlichen Kosten  - Rn. 42 ff., BAGE 173, 46).

29(2) Danach endete die dreijährige Verjährungsfrist für den Befreiungsanspruch des Betriebsrats mit Ablauf des . Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 RVG wird die anwaltliche Vergütung grundsätzlich fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Die Einigungsstelle, in der Rechtsanwalt H für den Betriebsrat als Vertreter aufgetreten ist, war am abgeschlossen.

30(3) Die Verjährung wurde durch den der Arbeitgeberin am zugestellten, das vorliegende Beschlussverfahren einleitenden Antrag des Betriebsrats vom entsprechend §§ 209204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.

31(a) Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung eines Anspruchs durch die Erhebung einer Leistungsklage oder Klage auf Feststellung des Anspruchs gehemmt. Erhoben ist eine Klage mit Zustellung (§ 253 Abs. 1 ZPO). Nach § 167 ZPO treten die Wirkung der Zustellung und damit die Hemmung der Verjährung bereits mit Eingang des Antrags ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt ( - Rn. 19). Diese Maßgaben gelten auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren.

32(b) Der Antrag ist der Arbeitgeberin am und damit demnächst iSd. § 167 ZPO zugestellt worden, so dass die Wirkung der Zustellung mit Eingang des Antrags am und damit vor Ablauf der Verjährungsfrist eingetreten ist.

33bb) Ob demgegenüber der Vergütungsanspruch von Rechtsanwalt H nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des (und damit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht) verjährt ist - was unterstellte, dass die Verjährung durch die Antragserhebung im vorliegenden Beschlussverfahren weder nach §§ 209204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (mangels Streitgegenstandsidentität) noch nach § 213 BGB (mangels Schuldneridentität) gehemmt ist -, kann letztlich offenbleiben. Eine solche Annahme stünde dem streitbefangenen Freistellungsanspruch nicht entgegen.

34(1) Es ist unmaßgeblich, dass die Arbeitgeberin die Verjährung der Forderung einwendet, von der der Betriebsrat die Freistellung erstrebt. Nach allgemeinen privatrechtlichen Grundsätzen ist prinzipiell nur der Schuldner nach Eintritt der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB), wobei es in seinem Ermessen steht, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch macht (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby [2019] § 214 Rn. 5). Der Betriebsrat hat sich gegenüber Rechtsanwalt H nicht auf eine nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB frühestens mit Ablauf des eingetretene Verjährung des anwaltlichen Vergütungsanspruchs berufen.

35(2) Hierzu war er auch nicht aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen gehalten.

36(a) Allerdings steht die Pflicht des Arbeitgebers zur Kostentragung nach § 40 Abs. 1 BetrVG unter dem in § 2 Abs. 1 BetrVG normierten Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit (vgl.  - Rn. 12;  - 7 ABR 103/08 - Rn. 18, BAGE 135, 48). Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet den Betriebsrat, auf die Kostenbelastung des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Entsprechend kann eine gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßende Ausübung einer formalen Rechtsstellung missbräuchlich und damit unzulässig sein. Dies kommt wegen der Besonderheiten des durch die Wahrnehmung strukturell gegensätzlicher Interessen gekennzeichneten Rechtsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat aber nur in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht (vgl.  - Rn. 30).

37(b) Voraussetzung für die - dem Kostenfreistellungsanspruch des Betriebsrats zugrundeliegende - Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 40 Abs. 1 BetrVG ist neben einer Beschlussfassung des Betriebsrats die Erforderlichkeit der Kosten für die Erfüllung seiner Aufgaben. Bei der Frage, welche Kosten der Betriebsrat für angemessen bzw. erforderlich halten darf (vgl.  - Rn. 12), ist auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats abzustellen (vgl. - auch zu den Ausnahmen -  - Rn. 23). Durfte der Betriebsrat im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung entstehende Kosten für die Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich halten, entfällt ein entsprechend entstandener Kostenfreistellungsanspruch nicht ohne weiteres. Vielmehr bedürfte es eines besonderen Erlöschenstatbestands, der sich nicht in einem Verschonungsinteresse des Arbeitgebers als Freistellungsschuldner erschöpft (ähnlich - für den Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren für die Vertretung in einem sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren iSv. § 63 SGB X -  - Rn. 28). Insoweit stehen Kosten (und Sachaufwand) des Betriebsrats nach § 40 BetrVG selbst unter Berücksichtigung von § 2 Abs. 1 BetrVG unter keinem „Abwendungsvorbehalt“, wie dies bei der Freistellung von Schadensersatzansprüchen im Rahmen der Schadensminderungspflicht - wonach der Freistellungsgläubiger regelhaft die Verjährungseinrede hinsichtlich der Drittforderung zu erheben hat (vgl. hierzu zB  - Rn. 32, BGHZ 208, 372) - der Fall ist. Einer Obliegenheit des Betriebsrats zur Erhebung der Verjährungseinrede steht zudem entgegen, dass sich Umfang und Grenzen der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers gerade nicht danach bestimmen, inwieweit der Betriebsrat vom Gläubiger einer Forderung auf tatsächliche Erfüllung dieser Forderung in Anspruch genommen werden kann.

38(c) Es begegnete zudem teleologischen Bedenken, allein aus der Möglichkeit der Erhebung der Verjährungseinrede gegen die Forderung, von der der Betriebsrat freizustellen ist, die Schlussfolgerung zu ziehen, diese beträfe keine erforderlichen Kosten (mehr). Die Forderung erlischt nicht, wenn sie verjährt; vielmehr bleibt sie erfüllbar. Der Einredecharakter der Verjährung zeigt die Dispositionsfreiheit desjenigen, dem die Einrede zusteht. Nichts Anderes folgt für den Kostenfreistellungsanspruch des Betriebsrats aus dem Schutzzweck des Rechtsinstituts der Verjährung. Dieses dient der Vermeidung einer Inanspruchnahme aus unbekannten oder unerwarteten sowie dem Schutz vor unbegründeten Forderungen (vgl. hierzu zB  (A) - Rn. 48, BAGE 172, 337). Im Fall einer vom Betriebsrat beanspruchten Freistellung von einer verjährungseinredebehafteten Forderung eines Dritten werden aber keine Rechte des Arbeitgebers verkürzt. Nach der betriebsverfassungrechtlichen Konzeption ist der Arbeitgeber jedenfalls mit der verjährungshemmenden (arbeits-)gerichtlichen Erhebung des Befreiungsanspruchs hinreichend von seiner Inanspruchnahme in Kenntnis gesetzt. Daher ist dem Betriebsrat auch nicht, wie die Arbeitgeberin meint, entgegenzuhalten, er könne zur Vermeidung der Verjährung der Forderung, von der er Freistellung begehrt, seinen Freistellungsanspruch an den Forderungsgläubiger abtreten mit der Folge, dass dieser einen Anspruch auf Zahlung aus abgetretenem Recht gemäß § 398 BGB iVm. § 40 Abs. 1 BetrVG geltend machen kann. Denn auch die Verjährung dieses Anspruchs würde mit Erhebung des - dann entsprechenden - Zahlungsantrags gehemmt.

39(d) Überdies bewirkte die Annahme einer Verpflichtung des Betriebsrat zur Erhebung der Verjährungseinrede im Zusammenhang mit der Forderung aus einer von ihm eingegangenen Verbindlichkeit vor allem in Streitfällen das praktisch kaum handhabbare Ergebnis, dass er in einem Beschlussverfahren zu dem von ihm erhobenen Freistellungsanspruch den gesamten Instanzenzug hinweg - und damit auch während eines Zeitraums, den er kaum beeinflussen kann - im Blick behalten müsste, ob die Forderung, von der er Freistellung beansprucht, (nunmehr) verjährt ist. Eine solche Kostenschonungspflicht obliegt ihm schon aus Zumutbarkeitsgründen nicht. Auch wäre es ggf. von der - für den Arbeitgeber günstigenfalls langen - Dauer des gerichtlichen Verfahrens abhängig, ob der Betriebsrat einen Freistellungsanspruch hat oder nicht. Ob die Sachlage anders zu beurteilen ist, wenn der Betriebsrat Freistellung von einer bereits vor gerichtlicher Anbringung seines Befreiungsanspruchs verjährten Forderung verlangt, muss nicht entschieden werden. Im vorliegenden Fall war die demnächst zugestellte Antragsschrift des Betriebsrats noch vor dem - also noch vor frühestem Eintritt der Verjährung der anwaltlichen Vergütungsforderung - beim Arbeitsgericht eingegangen. Im Übrigen dürfte dem Arbeitgeber bei einem von vornherein auf eine verjährte Forderung gerichteten Freistellungsverlangen des Betriebsrats wegen des weitgehenden Gleichlaufs der Verjährungsfristen die Verjährungseinrede (auch) gegen den Freistellungsanspruch zustehen.

404. Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts führt nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Dieser stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar (§ 92 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 561 ZPO). Der (auch) streitbefangene Freistellungsanspruch hinsichtlich gesetzlicher Anwaltsgebühren und -auslagen besteht schon deshalb nicht, weil der Betriebsrat nicht Rechtsanwalt H, sondern die C Agentur UG mit der Vertretung vor der Einigungsstelle beauftragt hat. Das hat das Beschwerdegericht zwar offengelassen; eine entsprechende Wertung konnte der Senat aber selbst vornehmen, weil alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind.

41a) Der Freistellungsanspruch von der Vergütungsforderung eines Rechtsanwalts setzt das Bestehen einer entsprechenden, gegenüber dem Rechtsanwalt begründeten Verbindlichkeit voraus (vgl. auch  - Rn. 13, 16, BGHZ 195, 174). Der Arbeitgeber hat nur diejenigen Kosten einer anwaltlichen Tätigkeit zu tragen, die auf eine Beauftragung aufgrund eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses zurückgeht. Der Betriebsrat trifft seine Entscheidungen durch Beschlüsse, in denen sich seine Willensbildung vollzieht und welche Voraussetzungen seiner Handlungen und Erklärungen sind. Dagegen genügt es nicht, wenn der Anwalt für den Betriebsrat tatsächlich tätig geworden ist (vgl. bereits  - zu B II 4 der Gründe).

42b) Vorliegend hat der Betriebsrat die der verlangten Freistellung zugrunde gelegte Verbindlichkeit nicht begründet. Er hat mit seiner Vertretung vor der Einigungsstelle die C Agentur UG - und nicht Rechtsanwalt H - mandatiert.

43aa) Für eine Mandatierung (ausschließlich) der C Agentur UG spricht schon die Honorarvereinbarung vom . Diese ist - wie die Benennung der Vertragspartner im Vertragsrubrum ausdrücklich ausweist - zwischen Betriebsrat und C Agentur UG (und nicht Rechtsanwalt H) geschlossen. Zudem heißt es an ihrem Ende, dass „[d]er Vertrag … ein verbindliches Angebot der C UG“ enthält. Einem solchen Verständnis steht nicht entgegen, dass in der Honorarvereinbarung Rechtsanwalt H persönlich genannt wird. Mit dem Landesarbeitsgericht kann davon ausgegangen werden, dass der Betriebsrat darauf Wert gelegt hat, seine Interessen ausschließlich durch den benannten Anwalt wahrnehmen zu lassen. Entsprechend hat sich die C Agentur UG verpflichtet, ihre Dienstleistung ausschließlich durch den benannten Rechtsanwalt zu erbringen. Zudem ist die Honorarvereinbarung seitens H ohne den Zusatz Rechtsanwalt unterzeichnet. Dass sie der Sache nach nur die Höhe der Vergütung betrifft, ist unerheblich. Mit ihr ist zugleich die Mandatierung verbunden. Es erscheint lebensfremd anzunehmen, dass mit Rechtsanwalt H zwar eine Vertretung in der Einigungsstelle, ein hierfür geschuldetes Honorar aber mit der C Agentur UG verabredet worden ist.

44bb) Für das Verständnis, dass eine Vertretung vor der Einigungsstelle nicht mit Rechtsanwalt H, sondern mit der C Agentur UG vereinbart worden ist, spricht zudem, dass ausschließlich letztere Gesellschaft zunächst eine - von „H“ unterzeichnete - Rechnung für ihre Tätigkeit gestellt hat. Die Nichtbegleichung dieser Rechnung war Anlass für die vom Betriebsrat im Vorverfahren verlangte Freistellung von einer Forderung der C Agentur UG; auch er ging also davon aus, dass seine entsprechende Verpflichtung gegenüber der C Agentur UG besteht.

45cc) In dem Beschluss des Betriebsrats vom liegt keine Beauftragung, die die erstrebte Freistellung begründet.

46(1) Zum einen gibt dieser Beschluss deutlich den auf die Zusage eines Honorars gerichteten Willen des Betriebsrats und der Vertretung in der entsprechenden Erklärung wieder, indem der Betriebsratsvorsitzende ermächtigt wird, „mit H den vorgelegten Honorarvertrag für den Betriebsrat abzuschließen“. Diese Honorarvereinbarung, in der zugleich eine Mandatierung liegt, ist - noch am selben Tag - mit der C Agentur UG geschlossen und ua. vom Betriebsratsvorsitzenden unterzeichnet worden. Ausgehend von dem Grundsatz, dass dem Betriebsratsvorsitzenden eine Vertretungsbefugnis nur im Rahmen der vom Betriebsrat gefassten Beschlüsse zukommt (vgl. hierzu ausf. zuletzt  - Rn. 24 ff.) und der Betriebsrat selbst nicht geltend gemacht hat, der Vorsitzende hätte Erklärungen außerhalb dieser Befugnis abgegeben, lässt dies den Schluss zu, die Mandatierung der C Agentur UG entspreche der beschlossenen Verfahrensbevollmächtigung in der Einigungsstelle.

47(2) Zum anderen ist im Beschluss die C Agentur UG ausdrücklich aufgeführt. Diese Erwähnung bliebe sinnentleert, wenn die Gesellschaft im Rahmen der Vertretung vor der Einigungsstelle keine Rolle spielen sollte. Hätte Rechtsanwalt H - welcher im Zeitpunkt der Beschlussfassung keine Einzelanwaltskanzlei führte - persönlich beauftragt werden sollen, hätte die Nennung der Gesellschaft schlicht unterbleiben können. Die im Beschluss dargestellte besondere Kompetenz von H als Autor eines Fachkommentars besagt allein etwas über die vom Betriebsrat beurteilte Erforderlichkeit der ausgelösten Kosten iSd. § 40 Abs. 1 BetrVG, nichts aber darüber, dass zwar mit der C Agentur UG das Honorar, unabhängig davon aber mit Rechtsanwalt H das Verfahrensmandat verabredet werden soll. Demgegenüber wird der Honorarvertrag im Beschluss ausdrücklich erwähnt; dieser weist als Vertragspartner die C Agentur UG aus. Damit hat der Betriebsrat beschlossen, dass ihn die C Agentur UG in der Einigungsstelle vertritt.

485. Auf die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats in der Einigungsstelle „Dienstplangestaltung“ kommt es nach alldem nicht mehr an.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2023:080323.B.7ABR10.22.0

Fundstelle(n):
BB 2023 S. 2036 Nr. 36
BB 2023 S. 2359 Nr. 41
BB 2023 S. 2364 Nr. 41
YAAAJ-44111