Instanzenzug: Az: GSSt 4/17 Beschlussvorgehend Az: 3 StR 236/15 Vorlagebeschlussvorgehend Az: 4 ARs 21/15 Beschlussvorgehend Az: 2 ARs 403/15 Beschlussvorgehend Az: 5 ARs 60/15 Beschlussvorgehend Az: 3 StR 236/15 Urteilvorgehend Az: 3 StR 236/15 Beschlussvorgehend Az: 3 StR 236/15 Beschlussvorgehend LG Stade Az: 10e KLs 1/13
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten des "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen sowie des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier Fällen, davon in einem Fall im Versuch" schuldig gesprochen und deshalb eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten gegen ihn verhängt. Daneben hat es sichergestellte Betäubungsmittel, Mobiltelefone und ein Fahrzeug des Angeklagten eingezogen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen sowie die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I.
2Die Verfahrensrügen haben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.
II.
31. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch in den Fällen 9. bis 12. (drei Mal gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern und einmal versuchtes gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern) sowie im Fall 13. der Urteilsgründe (Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
42. In den Fällen 3. bis 8. der Urteilsgründe bedarf der Schuldspruch hingegen der Änderung. Hierzu gilt:
5a) Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte in sechs Fällen von derselben Person jeweils mindestens 100 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 30 %, um dieses gewinnbringend weiter zu veräußern. Er fuhr deswegen zwischen Mitte August 2011 und Mitte Mai 2012 insgesamt sechs Mal nach vorheriger telefonischer Absprache mit dem Lieferanten in seinem Auto nach Bremen, erwarb dort das Rauschgift "auf Kommission" und bezahlte es jeweils nach gewinnbringendem Weiterverkauf bei Abholung der neuen, zuvor bestellten Betäubungsmittelmenge. Auf welche Weise das Entgelt für die sechste Betäubungsmittelmenge entrichtet wurde, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
6Das Landgericht hat dieses Geschehen ohne weitere Erörterungen als sechs rechtlich selbständige Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge abgeurteilt.
7b) Diese konkurrenzrechtliche Beurteilung erweist sich als nicht rechtsfehlerfrei.
8Der Senat hat - nach Anfrage bei den übrigen Strafsenaten des Bundesgerichtshofs (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) - dem Großen Senat für Strafsachen die Frage zu Entscheidung vorgelegt, ob das sowohl dem Transport des Kaufgeldes als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten oder die Bezahlung einer zuvor "auf Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinne verbindet (vgl. im Einzelnen den Vorlagebeschluss vom - 3 StR 236/15, juris). Der Große Senat hat mit Beschluss vom (GSSt 4/17) wie folgt entschieden:
"Das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für den Erwerb einer früheren als auch der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten verbindet als natürliche Handlung die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiell-rechtlichen Sinne.
Im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung verbindet die Bezahlung einer zuvor 'auf Kommission' erhaltenen Betäubungsmittelmenge aus Anlass der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit."
9Danach war hier, weil der Angeklagte ab der zweiten Fahrt seinen Lieferanten jeweils aufsuchte, um zuvor erhaltene Betäubungsmittel zu bezahlen und eine neue Menge abzuholen, von einer einheitlichen Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auszugehen. Es liegt insoweit freilich keine Bewertungseinheit vor, sondern eine Tat in sechs rechtlich zusammentreffenden Fällen; die teilidentische Ausführungshandlung begründet jeweils gleichartige Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB (vgl. , NStZ-RR 2017, 218).
103. In den Fällen 3. bis 8. der Urteilsgründe bedingt schon die Änderung des Schuldspruchs die Aufhebung der jeweiligen Einzelstrafen und damit auch des Gesamtstrafenausspruchs. Der Strafausspruch - und in der Folge die Einziehungsentscheidung betreffend den Pkw Audi A 6 - hat aber auch darüber hinausgehend keinen Bestand; die Einziehungsentscheidung betreffend die sichergestellten Betäubungsmittel bedarf der Konkretisierung. Der Generalbundesanwalt hat insoweit in seiner Antragsschrift ausgeführt:
"a) Das Landgericht hat die Einziehung des in den Fällen 7 und 8 der Anklage verwendeten und dem Angeklagten A. gehörenden Fahrzeugs Audi A 6 mit dem amtlichen Kennzeichen (UA S. 6) rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützt. Es hat indes nicht bedacht, dass eine Maßnahme nach dieser Vorschrift den Charakter einer Nebenstrafe hat und damit eine Strafzumessungsentscheidung darstellt. Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unbeträchtlichem Wert entzogen, ist dies als bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr.; Senat, Beschluss vom - 3 StR 137/14 und Beschluss vom - 3 StR 53/15, jeweils mwN). Eine solche Gesamtbetrachtung hat das Landgericht nicht vorgenommen; zu dem Wert des Pkw hat es keine Feststellungen getroffen. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze die von dem Angeklagten verwirkte Freiheitsstrafe milder bemessen hätte.
b) Der Wegfall des Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung über den PKW, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe wie beschrieben in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH aaO mwN).
Im Übrigen ist der Ausspruch über die Einziehung des Heroingemischs um Angaben zu dessen genauer Beschaffenheit und Menge zu ergänzen; die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis oder andere Aktenfundstellen genügt insoweit nicht; der Senat kann den Tenor entsprechend den Feststellungen (UA S. 25 f.) ergänzen (vgl. nur mwN). Die Bezeichnung der übrigen Gegenstände ist dagegen noch hinreichend bestimmt und die Bezugnahme auf das Asservatenverzeichnis daher insoweit unschädlich.
c) Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb bestehen bleiben."
11Dem schließt sich der Senat an und bemerkt ergänzend, dass neue Feststellungen getroffen werden können, wenn und soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Zum Wert des Pkw Audi A 6 erscheinen weitere Feststellungen zudem geboten.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:240718B3STR236.15.0
Fundstelle(n):
FAAAJ-42600