Abändernde Wiederholung einer einstweiligen Anordnung: Außervollzugsetzung eines Haftbefehls ohne Bedingungen und Weisungen
Gesetze: § 32 Abs 1 BVerfGG, § 32 Abs 6 S 2 BVerfGG
Instanzenzug: OLG Celle Az: 2 Ws 62/22 Beschlussvorgehend LG Verden Az: 1 Ks 148 Js 1066/22 (102/22) Beschlussvorgehend Az: 2 BvR 900/22 Einstweilige Anordnungvorgehend Az: 2 BvR 900/22 Einstweilige Anordnungnachgehend Az: 2 BvR 900/22 Urteil
Gründe
I.
1Das Bundesverfassungsgericht hat durch einstweilige Anordnung vom den Vollzug des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Haftbefehls des Landgerichts Verden vom - 1 Ks 148 Js 1066/22 (102/22) - unter der Bedingung ausgesetzt, dass der Beschwerdeführer vorhandene Ausweispapiere (Personalausweis und Reisepass) zu den Akten des Landgerichts gibt. Zudem ist der Beschwerdeführer angewiesen worden, sich zweimal wöchentlich bei der von der Staatsanwaltschaft Verden (Aller) zu bestimmenden Dienststelle nach näherer zeitlicher Festlegung durch diese zu melden. Ferner ist es ihm untersagt worden, das Gebiet seines Wohnortes ohne Erlaubnis der Staatsanwaltschaft zu verlassen.
2Diese einstweilige Anordnung hat das gemäß § 32 Abs. 6 Satz 2 BVerfGG wiederholt.
I.
3Eine einstweilige Anordnung kann durch das Bundesverfassungsgericht dann wiederholt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für den erstmaligen Erlass einer solchen Anordnung noch gegeben sind (vgl. m.w.N. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom - 2 BvR 900/22 -, Rn. 2). Die Sicherungsfunktion der einstweiligen Anordnung kann es rechtfertigen, dass das Bundesverfassungsgericht ohne einen entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers eine einstweilige Anordnung von Amts wegen erlässt (vgl. BVerfGE 140, 211 <224 Rn. 22>). Dementsprechend kann auch eine bereits erlassene einstweilige Anordnung jederzeit vom Bundesverfassungsgericht abgeändert werden, wenn dies in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht geboten ist (vgl. BVerfGE 4, 110 <113>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1750/21 -, Rn. 7).
4Die mit Beschluss vom vom Senat erlassene und durch Beschluss vom wiederholte einstweilige Anordnung war danach unter Maßgabe der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderungen zu wiederholen. Sie erweist sich im Hinblick auf die ausgesprochene Bedingung und die dem Beschwerdeführer auferlegten Weisungen nicht mehr als verhältnismäßig. Der Beschwerdeführer ist den angeordneten Maßnahmen seit knapp einem Jahr beanstandungsfrei nachgekommen. Vor diesem Hintergrund ist das verbleibende Risiko, dass er sich einer etwaigen Strafverfolgung gleichwohl entzieht, nunmehr hinnehmbar.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2023:rs20230616.2bvr090022
Fundstelle(n):
NJW 2023 S. 3683 Nr. 51
NJW 2023 S. 3719 Nr. 51
YAAAJ-42355