Online-Nachricht - Donnerstag, 15.06.2023

Einkommensteuer | Kein gewerblicher Grundstückshandel bei Veräußerung von 13 Objekten nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums (FG)

Die Grenze zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels bei der Veräußerung von 13 Objekten ca. sechs Monate nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums ist nicht überschritten, wenn keine besonderen Umstände für eine Verlängerung hinzutreten (; Revision anhängig, BFH-Az. III R 14/23).

Sachverhalt: Die Klägerin war die Rechtsnachfolgerin einer GmbH, welche mit einem notariellen Vertrag insgesamt 13 Objekte an eine einzige Erwerberin veräußerte. Der Fünfjahreszeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf war bei einem Objekt um 5 Monate, bei sieben Objekten um 6 Monate, bei vier Objekten um 6 ½ Monate und bei einem Objekt um 7 ½ Monate überschritten. Das Finanzamt versagte die beantragte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags für Grundstücksunternehmen gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG mit der Begründung, dass die Tätigkeit der GmbH über eine reine Vermögensverwaltung hinausgegangen sei. Die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel sei überschritten worden.

Im Rahmen des Klageverfahrens berief sich die Klägerin darauf, dass ursprünglich keine Veräußerungsabsicht bestanden habe. Der Verkauf der Immobilien sei durch das überraschende Ableben eines der Geschäftsführer der GmbH, der zugleich mittelbar an dieser beteiligt war, veranlasst worden. Da die Alleinerbin Bankbürgschaften des mit 55 Jahren verstorbenen Gesellschafter-Geschäftsführers nicht habe übernehmen wollen und eine Haftungsfreistellung von den Banken abgelehnt worden sei, seien die Immobilien zur Ablösung der Darlehen veräußert worden.

Das FG Münster gab der Klage statt:

  • Die GmbH hat die Grenze der Vermögensverwaltung nicht überschritten.

  • Von einem gewerblichen Grundstückshandel kann im Regelfall ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung und Verkauf, d.h. von etwa fünf Jahren, mindestens vier Objekte veräußert werden. Nach der Rechtsprechung des BFH kommt dem Fünfjahreszeitraum nur eine indizielle Bedeutung zu, sodass sich dieser Zeitraum bei Hinzutreten besonderer Umstände verlängern kann.

  • Im Streitfall haben keine derartigen Umstände vorgelegen. So hat die GmbH mit dem Unternehmensgegenstand Vermietung und Verpachtung keinen „branchennahen“ Hauptberuf ausgeübt.

  • Die (branchenüblichen) Tätigkeiten weiterer Gesellschaften, die derselben Unternehmensgruppe wie die GmbH angehören, sind der GmbH aufgrund des körperschaftsteuerlichen Trennungsprinzips nicht zuzurechnen.

  • Weder der Zeitraum, um den die Fünfjahresfrist überschritten worden ist, ist mit ca. 6 Monaten als geringfügig einzustufen, noch hat eine vollumfängliche Fremdfinanzierung vorgelegen.

  • Als Indiz gegen eine im Erwerbszeitpunkt bereits bestehende Verkaufsabsicht spricht vielmehr, dass für 80 % der aufgenommenen Darlehensbeträge eine längerfristige Laufzeit vereinbart worden und daher eine Vorfälligkeitsentschädigung angefallen ist.

  • Die hohe Anzahl der Verkäufe rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme einer im Erwerbszeitpunkt bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht, da die Veräußerung auf das überraschende Versterben des Gesellschafter-Geschäftsführers und somit auf ein unvorhersehbares Ereignis zurückzuführen ist.

Hinweis:

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Diese ist beim BFH unter dem Az. III R 14/23 anhängig. Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW veröffentlicht.

Quelle: FG Münster, Newsletter Juni 2023 (il)

Fundstelle(n):
RAAAJ-41997