Körperschaftsteuer | Nebeneinander von Versorgungszahlung und Geschäftsführergehalt als vGA (BFH)
Wird nach dem Eintritt des Versorgungsfalles neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, liegt nach der Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs dann keine gesellschaftliche Veranlassung vor, wenn die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet (Fortentwicklung der bisherigen Senatsrechtsprechung: ; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei einer Kapitalgesellschaft Vermögensminderungen (verhinderte Vermögensmehrungen) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirken und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung stehen. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Zudem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.
Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es an einer klaren und eindeutigen, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (sog. formeller Fremdvergleich). In diesen Fällen indiziert das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten der Kapitalgesellschaft und ihres Gesellschafters oder der diesem nahestehenden Person die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis (ständige Rechtsprechung, z.B. , m.w.N.).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob die an den beherrschenden Gesellschafter einer GmbH gezahlte Altersversorgung bei Wiederaufnahme der Geschäftsführertätigkeit als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) einkommenserhöhend zu berücksichtigen ist: Der Alleingesellschafter K der Klägerin, einer GmbH, war bis zum Jahr 2010 zu deren Geschäftsführer bestellt. Nach seiner Abberufung aus Altersgründen erhielt er auf Grundlage einer Pensionszusage von der Klägerin monatliche Pensionszahlungen. Im Jahr 2011 wurde K erneut zum Geschäftsführer bestellt. Als Vergütung erhielt er monatliche Zahlungen, die weniger als 10 % seiner früheren Geschäftsführervergütung betrugen. Die Pension zahlte die Klägerin ebenfalls weiter.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Pensionszahlungen als vGA zu qualifizieren seien und änderte den Körperschaftsteuerbescheid entsprechend. Im Rahmen ihrer hiergegen erhobenen Klage machte die Klägerin u.a. geltend, dass die Wiedereinstellung des K aus betrieblichen Gründen erfolgt sei. Die Tätigkeit seiner Nachfolgerin als Geschäftsführerin habe zu Konflikten mit den Auftraggebern geführt und es habe die Gefahr des Verlustes von Aufträgen bestanden. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg ( s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 16.9.2019).
Die Richter des BFH nahmen ebenfalls keine vGA an:
Die Zahlung der Altersrente hält unter den besonderen Umständen des Streitfalls - auch für die Zeit nach Abschluss des neuen Geschäftsführeranstellungsvertrags - einem allgemeinen Fremdvergleich stand.
Nach der Rechtsprechung des Senats (, BStBl II 2015, 409 sowie , BStBl II 2015, 413) verträgt sich die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unter gleichzeitigem Bezug einer Versorgung einerseits und laufendem Geschäftsführergehalt andererseits nur bedingt mit den Anforderungen, die für das Handeln des gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Kapitalgesellschaft maßgeblich sind.
Ein solcher Geschäftsleiter hätte verlangt, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit - ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs - aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat (Bestätigung der , BStBl II 2015, 409, und v. I R 60/12, BStBl II 2015, 413).
Im Fall der Weiterbeschäftigung schließen sich deshalb wechselseitig uneingeschränkte Zahlungen von Versorgung und laufendem Gehalt aus der hierfür maßgeblichen Sicht des Leistenden grundsätzlich aus; die möglicherweise entgegenstehende Interessenlage des Begünstigten ist insoweit unbeachtlich.
Diese Grundsätze beziehen sich in erster Linie auf Fälle von wechselseitig "uneingeschränkten" Zahlungen von Versorgung und laufendem Gehalt. Wird für die Weiterbeschäftigung - wie im Streitfall - lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, sind im Rahmen des hypothetischen Fremdvergleichs weitere Überlegungen erforderlich.
Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde zwar nicht gleichzeitig sowohl die volle Versorgung als auch ein volles Gehalt für die Tätigkeit (Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer) zahlen. Er würde aber auch nicht erwarten, dass ein "pensionierter" Geschäftsführer "umsonst" weiterarbeitet.
Vielmehr würde er grundsätzlich bereit sein, neben der Versorgung, die (nur) für die angemessene Versorgung im Ruhestand gezahlt wird, für die (zusätzlichen) Dienste aufgrund der fortgeführten oder wieder aufgenommenen Tätigkeit als Geschäftsführer ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten Aktivbezügen zu zahlen (gl.A. Otto, GmbH-Rundschau 2014, 617, 621; im Grundsatz übereinstimmend Brandis/Heuermann/Rengers, § 8 KStG Rz 744 [allerdings beschränkt auf diejenigen Fälle, in denen Versorgung und Gehalt in der Summe nicht mehr als 75 % der letzten Aktivbezüge betragen]).
Der Versorgungscharakter der Versorgungszahlungen bleibt unter diesen Voraussetzungen grundsätzlich erhalten.
Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte für eine Reduzierung der Arbeitszeiten/Aufgabenbereiche des K, die eine Kürzung rechtfertigen, zumal er nach Abschluss des neuen Anstellungsvertrags wieder alleiniger Geschäftsführer war. Im Übrigen betrug die Summe von Versorgung und neuem Gehalt bei K lediglich 26 % seiner letzten Aktivbezüge. Damit ist die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen, die grundsätzlich für die Zahlung eines Gehalts ohne vGA-Folgen zur Verfügung steht, bei Weitem nicht ausgeschöpft.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
NWB AAAAJ-41566