BVerwG Beschluss v. - 2 B 18/22

Berechnung des anteiligen Anspruchs auf die Verwendungszulage gemäß § 46 Abs. 2 BBesG

Gesetze: § 46 Abs 2 S 1 BBesG vom , § 46 Abs 2 BBesG vom , § 79 BesG BR, Art 33 Abs 5 GG

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Az: 2 LB 358/21 Urteilvorgehend Az: 6 K 251/15 Urteil

Gründe

11. Der Kläger begehrt (noch) die Gewährung einer Verwendungszulage für den Zeitraum von Dezember 2012 bis April 2019.

2Der Kläger steht im Dienst der Beklagten. Er wurde mit Wirkung vom zum Kriminaloberkommissar (Besoldungsgruppe A 10) und mit Wirkung vom zum Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11) befördert. Seit Juli 2007 wurde er auf mit der Besoldungsgruppe A 11 bewerteten Dienstposten eingesetzt. Im Mai 2011 beantragte der Kläger die Zahlung einer Verwendungszulage. Die Beklagte lehnte den Antrag ab; das Vorverfahren blieb erfolglos.

3Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, an den Kläger eine Verwendungszulage für die Zeit von Dezember 2012 bis April 2019 in Höhe von 1 249,91 € nebst Prozesszinsen zu zahlen, und im Übrigen die Klage für davorliegende Zeiträume abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung des Klägers, soweit sie zugelassen worden war, das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte verpflichtet, an den Kläger eine Verwendungszulage für die Zeit von Dezember 2012 bis April 2019 in Höhe von 1 285,96 € nebst Prozesszinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

4Dem Kläger stehe nur ein anteiliger Anspruch auf Gewährung einer Verwendungszulage zu. Der Zahl der A 11-Planstellen im etatisierten Bereich der Polizei, die bei der von der Beklagten praktizierten "Topfwirtschaft" im jeweiligen Monat unstreitig frei gewesen seien, stehe eine größere Zahl an Anspruchsberechtigten gegenüber. Die für die Anspruchshöhe zu ermittelnde Zahl der Anspruchsberechtigten sei durch Schätzung gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 287 Abs. 2 ZPO festzustellen. Die von der Beklagten vorgelegten Berechnungsunterlagen stellten eine tragfähige Schätzungsgrundlage dar. In etwa 76 Prozent der überprüften Fälle habe die Beklagte richtig gerechnet. Die festgestellten Berechnungsfehler wiesen eine Systematik auf, die eine verlässliche Schätzung erlaubten. Soweit bei wenigen Fehlern keine Systematik erkennbar sei, sei zugunsten des Klägers ein Korrekturwert von 15 Prozent in Ansatz zu bringen.

52. Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

6Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5, vom - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom - 2 B 84.16 - juris Rn. 9).

7a) Die von der Beschwerde zur Gewährung der Verwendungszulage aufgeworfene Frage betrifft ausgelaufenes Recht. Der Bundesgesetzgeber hat die vormals in § 46 BBesG geregelte Verwendungszulage durch das Siebte Besoldungsänderungsgesetz vom (BGBl. I S. 2163) mit Wirkung vom aufgehoben. Die Fortgeltung des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG in der bis zum geltenden Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 3020, BBesG a. F.) auf bremische Beamte ist mit dem Inkrafttreten des Bremischen Besoldungsgesetzes vom (BremBesG, Brem. GBl. 2016 S. 924) am entfallen. Die Übergangsvorschrift aus Anlass des Wegfalls der Zulage in § 79 BremBesG ist am außer Kraft getreten. Entsprechend dem Zweck der Grundsatzrevision, eine für die Zukunft richtungsweisende Klärung herbeizuführen, rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsfragen zu ausgelaufenem Recht sowie zu Übergangsrecht regelmäßig nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Eine Revisionszulassung wegen solcher Fragen kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Beantwortung der Fragen für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Diese besonderen Voraussetzungen müssen in der Beschwerdebegründung gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt werden (stRspr, vgl. nur 2 B 38.18 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 11 Rn. 12 m. w. N.). Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegend gegeben ist, kann dahinstehen, weil die Zulassung der Revision wegen der von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen ohnehin nicht in Betracht kommt.

8b) Die von der Beschwerde gestellte Frage,

"bei welchem Ausmaß einer nur anteiligen Gewährung erfüllt eine Verwendungszulage die ihr zugedachte Anreiz- und Honorierungsfunktion nicht mehr und führt der Wegfall der Erfüllung dieser Funktion dazu, dass die Verwendungszulage ungekürzt zu zahlen ist",

lässt sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne der Berufungsentscheidung eindeutig beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

9Der Senat hat im Urteil vom - 2 C 16.13 - (BVerwGE 150, 216 Rn. 20 ff.) das Verfahren zur Berechnung der Höhe der Verwendungszulage nach § 46 Abs. 2 BBesG a. F. abschließend beschrieben, das in Fällen der haushaltsrechtlichen Topfwirtschaft bei einer höheren Anzahl von Anspruchsberechtigten als besetzbaren Planstellen anzuwenden ist (vgl. auch 2 B 43.19 - Buchholz 240 § 46 Nr. 15 Rn. 10 f.). Der sich aus § 46 Abs. 2 BBesG a. F. ergebende Differenzbetrag zwischen dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe des betroffenen Beamten und dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe des höherwertigen Amtes definiert die Obergrenze der zu gewährenden Zulage. Der volle Zulagenbetrag für alle Anspruchsinhaber kann nur im gesetzlich angenommenen Normalfall der identischen Zahl von Anspruchsberechtigten einerseits und besetzbaren Planstellen andererseits gezahlt werden. Übersteigt die Anzahl der Anspruchsberechtigten die Anzahl der besetzbaren Planstellen der entsprechenden Wertigkeit, kann der sich aus § 46 Abs. 2 BBesG a. F. ergebende Differenzbetrag nur anteilig gezahlt werden. Zur Berechnung der Höhe des Anteils ist für den Anspruchszeitraum und den etatisierten Behördenbereich monatlich die Anzahl der Anspruchsberechtigten zu ermitteln und zur Anzahl der freien besetzbaren Planstellen der entsprechenden Wertigkeit ins Verhältnis zu setzen. Eine Untergrenze in dem Sinne, dass ein bestimmter prozentualer Mindestanteil des vollen Zulagenbetrages von dem rechnerischen Ergebnis nicht unterschritten werden darf und in jedem Fall als Mindestzulage zu gewähren ist, besteht nicht (vgl. 2 B 27.22 - juris Rn. 10 zur Veröffentlichung vorgesehen).

10Zu einem anderen als dem dargestellten Anspruchsumfang kann die mit § 46 BBesG a. F. u. a. verfolgte Anreiz- und Honorierungsfunktion nicht führen. Jede Erhöhung des Anteils der Verwendungszulage über das rechnerische Ergebnis hinaus würde gegen die Vorgaben des Haushaltsgesetzgebers verstoßen. Es käme zu einer Überschreitung der im "Topf" befindlichen Haushaltsmittel, die zur Verteilung auf die Anspruchsberechtigten zur Verfügung stehen.

11Entgegen der Annahme der Beschwerde rechtfertigt der aus Art. 33 Abs. 5 GG folgende Anspruch auf amtsangemessene Besoldung nichts Anderes. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Prüfung der Amtsangemessenheit der Alimentation eines Beamten an dessen Amt im statusrechtlichen Sinne anzuknüpfen hat und nicht an den von ihm besetzten Dienstposten, mag dieser auch höher bewertet sein als das von ihm innegehabte Statusamt ( - BVerfGE 117, 372 <382 m. w. N.> und - BVerfGE 139, 64 Rn. 93; 2 C 2.15 - BVerwGE 154, 253 Rn. 14 sowie Beschlüsse vom - 2 B 103.15 - juris Rn. 14 und vom - 2 B 51.18 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 13 Rn. 10). Die - selbst langfristige - Wahrnehmung eines höherwertigen Dienstpostens ist deshalb kein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip und begründet auch keinen Anspruch auf Besoldung entsprechend der Wertigkeit des wahrgenommenen Dienstpostens. Danach berührt die Gewährung einer Zulage für die Wahrnehmung der Aufgaben eines höherwertigen Amtes oder die Streichung dieser Zulage durch den Gesetzgeber nicht die amtsangemessene Alimentation eines Beamten i. S. v. Art. 33 Abs. 5 GG.

12c) Auch die weitere von der Beschwerde bezeichnete Frage,

"entspricht eine Prozesspartei der ihr obliegenden materiellen Beweislast auch dann, wenn nach gerichtlicher Aufforderung und Fristsetzung entscheidungserhebliche Tatsachen und Unterlagen innerhalb der gesetzten Frist mit einer Fehlerquote von 24 % vorgelegt werden",

ist nicht rechtsgrundsätzlich bedeutsam. Die Frage, ob der beweispflichtige Beteiligte mit der Angabe von Tatsachen und der Vorlage von Unterlagen die vom Gericht auferlegte Aufforderung nach § 87b VwGO erfüllt und damit der ihm obliegenden materiellen Beweislast genügt, betrifft die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung im Einzelfall, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

133. Die Kostenentscheidung folgt auch § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3 sowie § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:260123B2B18.22.0

Fundstelle(n):
UAAAJ-36932