BGH Beschluss v. - 1 StR 358/22

Instanzenzug: LG Ingolstadt Az: 1 KLs 34 Js 17163/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Es hat den Anrechnungsmaßstab für die in Polen erlittene Auslieferungshaft mit 1 : 1 bestimmt sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 52.711,99 Euro angeordnet.

2Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat auf die Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Auf die in der Sache nicht weiterreichende Verfahrensrüge kommt es daneben nicht an. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

31. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Strafausspruch hält jedoch insgesamt sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4a) Auch eingedenk des nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsmaßstabs erweisen sich die Feststellungen des Landgerichts zur Strafzumessung als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Zwar hat die Strafkammer zur Bestimmung des Erfolgsunwerts der Diebstahlstaten für sich genommen rechtsfehlerfrei auf den Wert der entwendeten Fahrräder abgestellt. Hierbei hat sie aber außer Betracht gelassen, dass allein der objektive Verkehrswert der gestohlenen Sache zum Zeitpunkt der Tat ein taugliches Strafzumessungskriterium darstellt (vgl. mwN). Danach war das Landgericht gehindert, der Wertbemessung die in der Vergangenheit gezahlten Ankaufpreise zugrunde zu legen, ohne Feststellungen dazu zu treffen, ob der – unter anderem von Alter und Zustand abhängige – Verkehrswert der Fahrräder im Entwendungszeitpunkt deren Neuwert entsprach. Soweit die Strafkammer daneben teilweise Schadensbeträge ansetzt, die sich aus den im Selbstleseverfahren eingeführten Rechnungen in einem Fall (Geschädigter K.    ) in Gänze nicht und in weiteren Fällen zumindest nicht in der angenommenen Höhe ergeben, ist der jeweilige Bewertungsansatz nicht nachvollziehbar; er entzieht sich damit einer Überprüfung durch den Senat.

5b) Die ausdrücklich an die jeweilige Schadenshöhe angelehnte Strafzumessung des Landgerichts beruht auf dem dargelegten Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Dies gilt auch für die Einzelstrafe für die Tat 6. Soweit der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift die in dem Urteil angesetzten Werte der zur Tat 6 entwendeten Fahrräder von 300 Euro bis 500 Euro angesichts eines von dem (geständigen) Angeklagten „auch bei der letzten Tat […] erwarteten Verkaufserlöses von mindestens 500 Euro pro Fahrrad“ für gerechtfertigt und angemessen erachtet, hat die Strafkammer eine entsprechende Erwartungshaltung des Angeklagten nicht festgestellt. Ohnehin ist den Urteilsgründen eine entsprechende Wertbemessung durch das Landgericht nicht zweifelsfrei zu entnehmen, addieren sich doch die angegebenen Einzelwerte von 300 Euro, 350 Euro und 500 Euro nicht auf den angesetzten „Gesamtschaden in Höhe von 6.500 EUR“ (UA S. 14). Die Aufhebung aller Einzelstrafen bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe.

62. Die rechtsfehlerhafte Bestimmung der Werte der entwendeten Fahrräder zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Einziehung nach sich.

73. Der Senat hebt die dem Strafausspruch und dem Ausspruch über die Einziehung zugehörigen Feststellungen auf (§ 353 Abs. 2 StPO). Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Das neue Tatgericht hat ergänzende Feststellungen zu treffen, die zu den bisherigen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen dürfen.

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ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:100123B1STR358.22.0

Fundstelle(n):
JAAAJ-35793