BVerfG Urteil v. - 2 BvR 872/22

Ablehnung eines isoliert gestellten PKH-Antrags - keine PKH-Gewährung ohne gleichzeitige Anwaltsbeiordnung - Beiordnung eines "Notanwalts" entsprechend § 121 Abs 5 ZPO setzt fristgerechte substantiierte Darlegung von Bemühungen, einen Anwalt zu finden, voraus

Gesetze: § 34 Abs 1 BVerfGG, § 90 BVerfGG, § 93 Abs 1 BVerfGG, § 78b ZPO, § 114 Abs 1 S 1 ZPO, § 121 Abs 2 ZPO, § 121 Abs 5 ZPO

Instanzenzug: Hessischer Verwaltungsgerichtshof Az: 1 A 2018/17.Z Beschlussvorgehend VG Frankfurt Az: 9 K 2478/15.F Urteil

Gründe

1Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist im Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde entsprechend §§ 114 ff. ZPO zulässig (vgl. BVerfGE 1, 109 <110 ff.>; 27, 57; 92, 122 <123>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 336/16 -, Rn. 2). Auch die isolierte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde ist nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2014/16 -, Rn. 3).

2Prozesskostenhilfe ist allerdings nur zu bewilligen, wenn dies unbedingt erforderlich erscheint (vgl. BVerfGE 27, 57; 92, 122 <123>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2014/16 -, Rn. 2; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 336/16 -). Das ist der Fall, wenn der Betroffene gehindert ist, seine Rechte selbst und ohne anwaltliche Hilfe angemessen wahrzunehmen, er die Kosten der Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2258/09 -, juris, Rn. 6 f.).

3Ungeachtet der Frage, ob die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegend erforderlich erscheint, ist der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe schon deshalb abzulehnen, weil der Antragsteller mit seinem Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts keinen Erfolg haben kann. Aufgrund der Kostenfreiheit des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht (§ 34 Abs. 1 BVerfGG) kommt eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO ohne die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht. Einen nach § 121 Abs. 2 ZPO beizuordnenden Anwalt seiner Wahl hat der Antragsteller auch auf Nachfrage nicht benannt.

4Es kann dahinstehen, ob eine entsprechende Anwendung des § 121 Abs. 5 ZPO überhaupt in Betracht kommt, da der Antrag des Antragstellers die Voraussetzungen für die Beiordnung nach § 121 Abs. 5 ZPO nicht erfüllt. Vom Antragsteller sind zumutbare Anstrengungen hinsichtlich der Suche nach einem Anwalt zu erwarten. Insoweit sind dieselben Anforderungen wie bei § 78b ZPO zu stellen (vgl. u.a. Schultzky, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 121 Rn. 34). Die Bemühungen, einen Anwalt zu finden, sind substantiiert aufzuzeigen (vgl. u.a. -, juris, Rn. 4; -, juris, Rn. 2). Der Nachweis der Bemühungen hat - ebenso wie die Vorlage der für das Prozesskostenhilfegesuch wesentlichen Angaben und Unterlagen (vgl. u.a. Schenk, in: Burkiczak/Dol-linger/Schorkopf, Kommentar zum BVerfGG, 2. Aufl. 2022, I. Verfahren der Verfassungsbeschwerde, Rn. 74 m.w.N.) - innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG zu erfolgen, welche vorliegend am ablief.

5Im Rahmen des Prozesskostenhilfeantrags vom hat der Antragsteller sich nicht zu seinen Bemühungen um eine anwaltliche Vertretung geäußert. Auch nachdem er mit Berichterstatterschreiben vom auf das Erfordernis der fristgebundenen Einreichung der Nachweise bezüglich der vergeblichen Anwaltssuche hingewiesen worden war, hat er keine entsprechenden Nachweise vorgelegt, so dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG bereits aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.

6Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2023:rk20230207.2bvr087222

Fundstelle(n):
CAAAJ-34258