BGH Beschluss v. - VI ZB 82/20

Rechtsweg beim Rückgriff des Unfallversicherungsträgers gegen einen für ihn tätigen Durchgangsarzt

Leitsatz

Zum Rechtsweg beim Rückgriff des Unfallversicherungsträgers gegen den für ihn tätigen Durchgangsarzt bezüglich einer fehlerhaften Behandlung im Rahmen eines Arbeitsunfalls.

Gesetze: § 280 Abs 1 BGB, § 839 BGB, Art 34 S 3 GG, § 13 GVG, § 51 Abs 1 Nr 3 SGG

Instanzenzug: OLG Bamberg Az: 4 W 46/20vorgehend LG Aschaffenburg Az: 33 O 9/18

Gründe

I.

1Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten.

2Die Klägerin ist Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, der Beklagte ein für sie tätiger Durchgangsarzt. Zwischen den Parteien gilt ein gemäß § 34 Abs. 3 SGB VII geschlossener Vertrag über die Behandlung von bei der Klägerin versicherten Patienten.

3Am erlitt ein Versicherter der Klägerin einen Arbeitsunfall. Die durchgangsärztliche Behandlung des Versicherten erfolgte auf Veranlassung des Beklagten durch einen Assistenzarzt. Der Versicherte erhob den Vorwurf ärztlicher Fehlbehandlung und verlangte in einem Vorprozess Schadensersatz und Schmerzensgeld von der hiesigen Klägerin. Mit rechtskräftigem Urteil vom verurteilte das Landgericht Aschaffenburg, das von einem Befunderhebungsfehler ausging, die Klägerin zur Zahlung von 40.120,72 € (40.000 € Schmerzensgeld und 120,72 € Attestkosten) nebst Zinsen an den Versicherten und zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 € nebst Zinsen. Zudem stellte es die Ersatzpflicht der Klägerin für alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden des Versicherten aus der fehlerhaften Behandlung vom fest.

4Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin geltend, dem Beklagten, dem sie im Vorprozess den Streit verkündet hatte, sei das Verschulden des Assistenzarztes zuzurechnen. Sie begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 133.956,55 € (Klageanträge zu I bis III) sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle weiteren aus dem Behandlungsfehler vom resultierenden Aufwendungen (Klageantrag zu IV). Mit den Klageanträgen zu I und II verlangt die Klägerin dabei Ersatz für Zahlungen, die sie aufgrund des Urteils vom an den Versicherten geleistet habe, mit dem Klageantrag zu III Ersatz für Mehraufwendungen in Höhe von insgesamt 78.984,07 €, die ihr aufgrund der fehlerhaften Behandlung entstanden seien (13.440,11 € Heilbehandlungsmehrkosten, 33.616,27 € Verletztengeld, 31.927,69 € Verletztenrente bis zur Klageeinreichung).

5Das Landgericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Würzburg verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der diese die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses begehrt hat, hat das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht den Beschluss des Landgerichts abgeändert. Es hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nur hinsichtlich des Klageantrags zu III für unzulässig erklärt, den Rechtsstreit insoweit an das Sozialgericht Würzburg verwiesen und ausgesprochen, dass im Übrigen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Die weitergehende sofortige Beschwerde hat es zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die Klägerin, den Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, und den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten auch hinsichtlich des Klageantrags zu III für zulässig zu erklären.

II.

6Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

71. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, hinsichtlich der Klageanträge zu I und II (Erstattung von Zahlungen an den Versicherten aufgrund des Urteils vom ) sei gemäß Art. 34 Satz 3 GG der ordentliche Rechtsweg eröffnet, da die Klägerin insoweit einen Regress aus Amtshaftung gemäß § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG verfolge. Entsprechendes gelte für den Klageantrag zu IV (Feststellungsantrag), da dieser auch etwaige künftige Aufwendungen aus Amtshaftung erfasse. Hingegen seien gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG die Sozialgerichte für die Entscheidung über den mit dem Klageantrag zu III verfolgten Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres "Eigenschadens" in Höhe von 78.984,07 € zuständig. Dieser Schaden sei der Klägerin ausschließlich aufgrund sozialrechtlicher Bestimmungen entstanden. Art. 34 Satz 3 GG sei aber nur für Schadensersatzansprüche unmittelbar aus und wegen Amtshaftung einschlägig. Die resultierende Aufspaltung des Rechtswegs sei der Klägerin zuzumuten. § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG stehe der Aufspaltung nicht entgegen.

82. Das hält der rechtlichen Prüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zutreffend entschieden, dass nicht die ordentlichen Gerichte, sondern die Sozialgerichte für die Entscheidung über die mit dem Klageantrag zu III begehrte Erstattung von Heilbehandlungsmehrkosten, Verletztengeld und Verletztenrente zuständig sind und insoweit eine Verweisung gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG zu erfolgen hat.

9a) Die Klage betrifft insoweit keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit gemäß § 13 GVG, sondern eine grundsätzlich den Sozialgerichten zugewiesene öffentlich-rechtliche Streitigkeit in einer Angelegenheit der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG.

10aa) Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Art ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dieser Frage fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (st. Rspr.; etwa GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, 313 f., juris Rn. 10; Senatsbeschluss vom - VI ZB 50/14, BGHZ 204, 378 Rn. 12; , NVwZ 2021, 660 Rn. 17; jeweils mwN). Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG als auch von § 51 Abs. 1 SGG ( GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, 314, juris Rn. 10; , juris Rn. 9). Es kommt nicht auf die Bewertung durch die klagende Partei, sondern darauf an, ob sich das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung aus einem Sachverhalt herleitet, der von Rechtssätzen des Zivil- oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (Senatsbeschluss vom - VI ZB 50/14, BGHZ 204, 378 Rn. 12; , NVwZ 2021, 660 Rn. 17; jeweils mwN).

11bb) Die Klägerin macht keine gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X vermeintlich auf sie übergegangenen privatrechtlichen Ansprüche ihres Versicherten gegen den Beklagten geltend. Vielmehr leitet sie den mit dem Klageantrag zu III verfolgten Anspruch aus dem zwischen ihr als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung und dem Beklagten als Durchgangsarzt bestehenden, gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 SGB VII vertraglich geregelten Rechtsverhältnis her. Dieses Rechtsverhältnis ist öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 153/93, BGHZ 126, 297, 299, juris Rn. 9; BSGE 97, 47 Rn. 22; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 51 Rn. 8; Gutzeit in BeckOGK-SGG, Stand: , § 51 Rn. 57; Wolff-Dellen in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl., § 51 Rn. 72). Dementsprechend handelt es sich bei dem gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 SGB VII geschlossenen Vertrag um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X (sog. Normsetzungsvertrag, BSGE 97, 47 Rn. 25; OLG Dresden, Beschluss vom - 4 W 497/19, juris Rn. 9; Feddern in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: , § 34 SGB VII Rn. 23; Schmitt, SGB VII, 4. Aufl., § 34 Rn. 11; allgemein zur Abgrenzung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen etwa , NVwZ 2021, 660 Rn. 41 mwN).

12Dass die Klägerin ihre Ansprüche auf § 280 Abs. 1 BGB stützt, also auf eine Norm des bürgerlichen Rechts, ist unerheblich. Ob es sich um eine bürgerliche Rechtstreitigkeit handelt, hängt nicht von der geltend gemachten Anspruchsgrundlage ab, sondern - wie bereits dargelegt - von der Rechtsnatur der Pflichten, aus deren Verletzung der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl. BSGE 105, 210 Rn. 9 mwN). Im Übrigen gelten für öffentlich-rechtliche Verträge aus dem Bereich des Sozialrechts die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und damit auch § 280 BGB entsprechend (§ 61 SGB X); es bleibt damit aber auch bei Anwendung des § 280 BGB bei dem Charakter einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit.

13cc) Es handelt sich um eine Angelegenheit der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG (vgl. Wagner, NZS 2020, 410, 415; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 51 Rn. 28a; Groß in Berchtold, SGG, 6. Aufl., § 51 Rn. 9 a.E.). Das Durchgangsarztverfahren gehört gemäß § 34 SGB VII zu den Maßnahmen, mit denen die Unfallversicherungsträger die ihnen übertragenen Aufgaben auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung erfüllen (vgl. BSGE 37, 267, 268, juris Rn. 17). Streitigkeiten im Verhältnis des Unfallversicherungsträgers zum Durchgangsarzt fallen daher grundsätzlich unter die umfassende (Wenner in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Sozialrecht, 7. Aufl., § 51 SGG Rn. 9) Zuständigkeitsregel des § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG (Gutzeit in BeckOGK-SGG, Stand: , § 51 Rn. 57 mwN).

14b) Die ordentlichen Gerichte sind auch nicht kraft einer Sonderzuweisung gemäß Art. 34 Satz 3 GG für die Entscheidung über den Klageantrag zu III zuständig. Denn die Klage stellt sich insoweit nicht als Rückgriff der Klägerin gegen den Beklagten im Sinne von Art. 34 Satz 3 GG dar.

15aa) Gemäß Art. 34 Satz 3 GG darf der ordentliche Rechtsweg für den Anspruch auf Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung und für den Rückgriff nicht ausgeschlossen werden. Ein Rückgriff im Sinne von Art. 34 Satz 3 GG ist dabei nur dann anzunehmen, wenn der klagende öffentlich-rechtliche Dienstherr die von ihm geltend gemachten Regressansprüche darauf stützt, dass er aufgrund eines aus § 839 BGB hergeleiteten Schadensersatzanspruchs Leistungen an einen Dritten erbracht und dadurch einen - mittelbaren - Schaden (Haftungsschaden) erlitten hat (vgl. BVerwG, NJW 1963, 69, 70; Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, 97. EL, Art. 34 Rn. 301; Burth in BeckOK BeamtenR Bund, Stand: , § 75 BBG Rn. 26; Lemhöfer in Plog/Wiedow, BBG, Werkstand: Juli 2022, § 75 Rn. 123 f.). Nicht erfasst werden Ansprüche des Dienstherrn gegen den Amtsträger wegen anderer Schäden, mögen diese auch auf eine Amtspflichtverletzung zurückzuführen sein.

16bb) Im Streitfall ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin mit dem Klageantrag zu III den Ersatz ihres aus einem etwaigen Amtshaftungsanspruch des Versicherten resultierenden Haftungsschadens geltend macht. Die Klägerin beruft sich hierauf nicht und Entsprechendes ergibt sich auch nicht eindeutig aus dem Gegenstand der hier in Rede stehenden von ihr erbrachten Leistungen, so dass es eines ausdrücklichen Sich-Berufens nicht bedürfte. Bei den Heilbehandlungskosten, dem Verletztengeld und der Verletztenrente handelt es sich um Zahlungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß §§ 26 ff. SGB VII. Zu den vom Unfallversicherungsträger zu entschädigenden Folgen eines Versicherungsfalls zählen auch Gesundheitsschäden, die durch die Durchführung einer Heilbehandlung oder der zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung wesentlich verursacht wurden (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGB VII; BSGE 122, 162 Rn. 19; BSGE 108, 274 Rn. 33), so dass auch eine (gegebenenfalls fehlerhafte) ärztliche Maßnahme Unfallversicherungsleistungen erforderlich machen kann, wenn die Maßnahme - wie hier - der Feststellung oder Behandlung von Unfallfolgen diente.

17cc) Dass der Versicherte die Klägerin möglicherweise hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu III regressierten Leistungen aus Amtshaftung hätte in Anspruch nehmen können (vgl. zur Haftung des Unfallversicherungsträgers für Behandlungsfehler des Durchgangsarztes , BGHZ 213, 120 Rn. 7 ff.; vom - VI ZR 395/15, VersR 2017, 495 Rn. 11 f., 14), eröffnet den ordentlichen Rechtsweg nach Art. 34 Satz 3 GG nicht. Wie oben ausgeführt, ist allein maßgeblich, ob die Klägerin tatsächlich einen Haftungsschaden geltend macht, weil der Verfassungsgeber nur derartige Ansprüche ausnahmsweise den ordentlichen Gerichten zugewiesen hat.

18dd) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde findet Art. 34 Satz 3 GG auf den Klageantrag zu III auch nicht wegen des Sachzusammenhangs mit den im Übrigen von der Klägerin verfolgten und vom Beschwerdegericht unter dem Gesichtspunkt des Amtshaftungsrückgriffs dem ordentlichen Rechtsweg zugeordneten Ansprüchen Anwendung.

19Die von der Rechtsbeschwerde zur Untermauerung ihrer Ansicht angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts (, BGHZ 43, 34; vom - III ZR 60/84, NJW 1986, 1109; BVerwGE 37, 231; BVerwG NJW 2002, 2894) sind nicht auf den Streitfall übertragbar. Zum einen betrafen sie jeweils nicht den Rückgriff des Dienstherrn gegen den Amtsträger, sondern die Inanspruchnahme der öffentlichen Hand durch einen Dritten. Zum anderen ging es jeweils um die Frage, ob Ansprüche aus der Verletzung bestimmter, insbesondere vorvertraglicher öffentlich-rechtlicher Pflichten im ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen sind, während der Streitfall die Frage aufwirft, hinsichtlich welcher Schäden - bei identischer Pflichtverletzung - der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist.

20Im Streitfall besteht kein Grund, den Klageantrag zu III aufgrund eines Sachzusammenhangs zur Amtshaftung, der darin besteht, dass der gesamte Schaden auf einer fehlerhaften durchgangsärztlichen Behandlung beruhen soll, den ordentlichen Gerichten zuzuweisen. Der mit dem Antrag geltend gemachte, durch die Erbringung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung entstandene Schaden lässt sich ohne Weiteres von dem auf dem Zivilrechtsweg zu regressierenden Schaden aus der Erfüllung der Amtshaftungsansprüche des Versicherten trennen. Nicht jeder Sachzusammenhang zur Amtshaftung rechtfertigt eine Ausdehnung der auf der Sonderzuweisung des Art. 34 Satz 3 GG beruhenden Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte (vgl. , NJW 1986, 1109 f., juris Rn. 16).

21c) Die Teilverweisung des Rechtsstreits widerspricht auch nicht § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG.

22Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommen Gesichtspunkten. Die hierdurch begründete rechtswegüberschreitende Sach- und Entscheidungskompetenz setzt voraus, dass Gegenstand des Verfahrens ein einheitlicher Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozessualen Anspruchs ist. Liegt hingegen eine Mehrheit prozessualer Ansprüche vor, ist für jeden dieser Ansprüche die Rechtswegzuständigkeit gesondert zu prüfen, da andernfalls eine Rechtswegmanipulation durch beliebige Klagehäufungen möglich wäre (, BGHZ 225, 59 Rn. 23; Beschluss vom - III ZB 59/13, BGHZ 199, 159 Rn. 13 f. mwN; Urteil vom - III ZR 53/90, BGHZ 114, 1, 2, juris Rn. 6). Ist der beschrittene Rechtsweg für einen der prozessualen Ansprüche nicht eröffnet, hat eine Prozesstrennung gemäß § 145 Abs. 1 ZPO mit anschließender Teilverweisung gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG zu erfolgen (vgl. , BGHZ 183, 35 Rn. 17; Lückemann in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 17 GVG Rn. 6; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 17 GVG Rn. 39; Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 17 GVG Rn. 16).

23Im Streitfall bilden die mit dem Klageantrag zu III geltend gemachten Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und die auf das Urteil vom an den Versicherten gezahlten Beträge in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eigenständige Schadenspositionen und damit entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347, juris Rn. 16 f.; Vollkommer in Zöller, ZPO, 34. Aufl., Einl. Rn. 73). Dass sämtliche Schäden nach dem Vortrag der Klägerin auf demselben schädigenden Ereignis beruhen, begründet noch keinen einheitlichen Streitgegenstand (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347, juris Rn. 17; , NJW 1993, 2173, juris Rn. 8).

24Dass die Teilverweisung zu einer Rechtswegspaltung führt und die Gefahr begründet, dass die durchgangsärztliche Behandlung des Versicherten von den Gerichten unterschiedlich beurteilt wird, ist als Konsequenz der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung hinzunehmen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde setzt eine Teilverweisung gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG nicht voraus, dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Die Möglichkeit, dass ein und derselbe Sachverhalt auseinandergerissen und in den sich aus ihm ergebenden Ansprüchen auf verschiedene Rechtswege verteilt wird, ist durch Art. 34 Satz 3 GG verfassungsrechtlich vorgegeben (vgl. BVerwGE 37, 231, 237, juris Rn. 22; Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, 97. EL, Art. 34 Rn. 307 ff.).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:090123BVIZB82.20.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-33956