Instanzenzug: LG Chemnitz Az: 4 KLs 353 Js 19706/07
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:
- den Angeklagten H. H. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 145 Fällen, versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in zwei Fällen sowie gewerbs- und bandenmäßigen Subventionsbetruges in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten,
- die Angeklagte S. H. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 22 Fällen sowie versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten,
- den Angeklagten R. H. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 34 Fällen sowie gewerbs- und bandenmäßigen Subventionsbetruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten,
- die Angeklagte K. H. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 22 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten,
- den Angeklagten P. D. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 113 Fällen, versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in zwei Fällen sowie gewerbs- und bandenmäßigen Subventionsbetruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren,
- den Angeklagten U. D. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 19 Fällen sowie gewerbs- und bandenmäßigen Subventionsbetruges in einem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten,
- den Angeklagten P. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 21 Fällen sowie gewerbs- und bandenmäßigen Subventionsbetruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten,
- den Angeklagten G. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 38 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten.
2Die Gesamtfreiheitsstrafen der Angeklagten S. H. , R. H. , K. H. , P. D. , U. D. , P. und G. hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt. Zur Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hat es bei allen Angeklagten jeweils sechs Monate der Strafe als vollstreckt erklärt.
3Daneben hat das Landgericht „die Einziehung“ folgender Beträge angeordnet:
- 18.154,48 Euro bei dem Angeklagten H. H. ,
- 54.731,73 Euro bei der Angeklagten S. H. ,
- 54.035,70 Euro bei dem Angeklagten R. H. ,
- 28.688,58 Euro bei der Angeklagten K. H. ,
- 282.528,04 Euro bei dem Angeklagten P. D. ,
- 18.534,60 Euro bei dem Angeklagten U. D. ,
- 81.128,16 Euro bei dem Angeklagten P. und
- 31.635,29 Euro bei dem Angeklagten G. .
4Die Revisionen der Angeklagten H. H. und P. sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Revisionen der Angeklagten S. H. , R. H. , K. H. , P. D. , U. D. und G. erzielen mit der Sachrüge den jeweils aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind auch diese Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Bei allen Angeklagten war eine Klarstellung der Einziehungsanordnung veranlasst.
I.
5Hinsichtlich der Angeklagten H. H. und P. hat die Nachprüfung des Urteils keinen sie benachteiligenden Rechtsfehler ergeben. Die Verfahrensrügen des Angeklagten H. H. dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch.
II.
6Die Revisionen der Angeklagten R. H. und U. D. geben lediglich Anlass zu einer geringfügigen Teileinstellung der gegen sie geführten Verfahren.
71. Der Senat hat das Verfahren gegen den Angeklagten R. H. in den Fällen III.120 bis 123 der Urteilsgründe und gegen den Angeklagten U. D. im Fall III.123 der Urteilsgründe auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen eingestellt. Bei diesen Fällen ist den bislang getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen, durch welche Handlungen sich die Angeklagten an den jeweiligen Betrugstaten beteiligt haben sollen.
8Die Teileinstellung des Verfahrens zieht eine entsprechende Korrektur der Schuldsprüche nach sich: Diese reduzieren sich beim Angeklagten R. H. um vier Fälle und beim Angeklagten U. D. um einen Fall des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges. Zugleich entfallen die jeweils verhängten Einzelstrafen. Die gegen die beiden Angeklagten festgesetzten Gesamtstrafen bleiben hiervon unberührt. Angesichts der jeweils verbleibenden Einzelstrafen schließt der Senat aus, dass das Landgericht die Gesamtfreiheitsstrafe ohne die weggefallenen Sanktionen milder bemessen hätte. So hat der Angeklagte R. H. weiterhin allein für vier Taten jeweils die Einsatzstrafe von neun Monaten Freiheitsstrafe verwirkt sowie für weitere 25 Taten Freiheitsstrafen von je sieben Monaten, das heißt in gleicher Höhe wie die entfallenen Strafen. Beim Angeklagten U. D. verbleiben neben der Einsatzstrafe von elf Monaten eine Freiheitsstrafe von neun Monaten und weitere 14 Freiheitsstrafen in der Höhe der weggefallenen Sanktion von sieben Monaten.
92. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten bleiben ohne Erfolg. Die sachlich-rechtliche Prüfung des Urteils fördert keinen sie beschwerenden Rechtsfehler zutage. Den Verfahrensrügen beider Angeklagter bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen der Erfolg versagt.
III.
10Hinsichtlich der Angeklagten S. H. , der Angeklagten K. H. und des Angeklagten G. hat die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils ergeben, dass das Landgericht bei einzelnen Fällen von einer unzutreffenden konkurrenzrechtlichen Einordnung ausgegangen ist. Aus deren Korrektur resultieren jeweils eine Änderung des Schuldspruchs und der Wegfall von Einzelstrafen. Im Übrigen hat die Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen lassen; auch die von der Angeklagten K. H. erhobenen Verfahrensrügen haben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.
111. Nach den Feststellungen verschafften sich die Angeklagten unter Leitung und Koordination des Angeklagten H. H. über einen längeren Zeitraum regelmäßige Einkünfte, indem sie zum Schein in wechselnden Rollen untereinander Arbeitsverhältnisse begründeten und auf dieser Basis Sozialleistungen verschiedener Sozialleistungsträger in Anspruch nahmen, etwa Krankengeld, Arbeitslosengeld oder die Erstattung von in Wahrheit nicht oder nur zum Schein vorgenommenen Lohnfortzahlungen.
12a) Für die Angeklagte S. H. ist zu den Fällen III.58 und 59, 62 und 63 sowie 142 bis 145 der Urteilsgründe Folgendes festgestellt:
13Bei den Fällen III.58 und 59 der Urteilsgründe vereinnahmte der Angeklagte P. D. aufgrund der Anträge vom (Fall III.58) und vom (Fall III.59) von der geschädigten I. jeweils Zahlungen zur Erstattung von Aufwendungen des Arbeitgebers bei Krankheit. Die Angeklagte S. H. fungierte als angebliche Arbeitnehmerin (Baggerführerin), wobei ihre Tathandlung allein darin bestand, sich ab dem krankschreiben zu lassen.
14Bei den Fällen III.62 und 63 der Urteilsgründe erlangte der Angeklagte P. D. von derselben Geschädigten erneut Erstattungen für Aufwendungen des Arbeitgebers bei Krankheit aufgrund seiner Anträge vom (Fall III.62) und vom (Fall III.63). Auch hier übernahm die Angeklagte S. H. die Rolle der Arbeitnehmerin, nun als vorgebliche Bürokauffrau, wobei ihre Tathandlung allein darin bestand, sich ab dem krankschreiben zu lassen.
15In den Fällen III.142 und 143 der Urteilsgründe stellte der Angeklagte P. D. bei der geschädigten I. unter dem Datum des (Fall III.142) und des (Fall III.143) – letztlich erfolglos – Anträge auf Erstattung angeblicher Arbeitgeberaufwendungen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz bei Mutterschaft. Der Angeklagten S. H. kam wiederum die Rolle der Arbeitnehmerin zu, diesmal als „Managerin und Beraterin im Auslandsdienst“, wobei ihre Tathandlung allein darin bestand, eine Erklärung zu unterschreiben, in der sie und der Angeklagte P. D. den Abschluss eines entsprechenden Arbeitsvertrags bestätigten.
16In den Fällen III.144 und 145 der Urteilsgründe reichte der Angeklagte P. D. entsprechende Anträge vom (Fall III.144) und vom (Fall III.145) bei der Geschädigten A. ein, nachdem die Angeklagte S. H. wegen des Misserfolgs der in den Fällen III.142 und 143 der Urteilsgründe gestellten Anträge nunmehr bei dieser Krankenkasse versichert worden war. Die Tathandlung der Angeklagten bestand hierbei allein darin, dass sie mit den Angeklagten H. H. und P. D. übereinkam, diese Anmeldung vorzunehmen.
17b) Für die Angeklagte K. H. ist zu den Fällen III.87 und 88 der Urteilsgründe festgestellt, dass der Angeklagte G. von der geschädigten S. aufgrund seiner Anträge vom (Fall III.87) und vom (Fall III.88) jeweils Zahlungen zur Erstattung von Aufwendungen des Arbeitgebers bei Mutterschaft erhielt. Die Angeklagte K. H. fungierte als angebliche Arbeitnehmerin, wobei ihre Tathandlung allein darin bestand, gemeinsam mit dem Angeklagten G. am bzw. am einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu einer Tätigkeit als Managerin zu fertigen.
18c) Für den Angeklagten G. ist zu den Fällen III.29 bis 32, 50 und 51 sowie 76 und 77 der Urteilsgründe Folgendes festgestellt:
19In den Fällen III.29 bis 32 der Urteilsgründe vereinnahmte der Angeklagte P. D. aufgrund der Anträge vom (Fall III.29), vom (Fall III.30), vom (Fall III.31) und vom (Fall III.32) von der geschädigten D. R. K. jeweils Zahlungen zur Erstattung von Aufwendungen des Arbeitgebers bei Krankheit. Der Angeklagte G. fungierte als angeblicher Arbeitnehmer (Manager bzw. Meister), wobei seine Tathandlung allein darin bestand, sich ab 2006 bei der Geschädigten zu versichern.
20In den Fällen III.50 und 51 der Urteilsgründe erhielt der Angeklagte H. H. Arbeitslosengeld von der geschädigten Agentur für Arbeit A. aufgrund seiner Anträge vom (Fall III.50) und vom (Fall III.51), wobei er zwecks Nachweises der nach § 123 SGB III aF erforderlichen zwölfmonatigen Anwartschaftszeit das frühere Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Angeklagten G. behauptete. Dessen Tathandlung bestand allein darin, eine auf den datierte Arbeitsbescheinigung zu unterzeichnen.
21In den Fällen III.76 und 77 der Urteilsgründe wurde dem Angeklagten P. D. von der Geschädigten BK. aufgrund entsprechender Anträge für die Zeiträume vom 25. Januar bis (Fall III.76) sowie vom bis (Fall III.77) Krankengeld gezahlt, wobei er ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Angeklagten G. behauptete. Dessen Tathandlung bestand allein darin, am eine Arbeitsbescheinigung zu unterschreiben.
222. Das Landgericht hat alle genannten Fälle als selbständige, durch die betreffenden Angeklagten jeweils in Tatmehrheit (§ 53 StGB) begangene Taten angesehen. Diese konkurrenzrechtliche Bewertung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
23Sind an einer Deliktserie mehrere Personen beteiligt, kommt es nicht darauf an, wie sich die Taten für andere Tatbeteiligte konkurrenzrechtlich darstellen; vielmehr ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. nur ; Urteil vom – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.). Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 130/19, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Wohnungseinbruchdiebstahl 1; vom – 3 StR 231/21).
24Danach erweist sich das Verhalten der Angeklagten innerhalb der genannten Gruppen von Fällen jeweils als einheitliches Tun im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit (vgl. zu deren Voraussetzungen , NStZ 1997, 276; Beschluss vom – 4 StR 235/17; Fischer, StGB, 69. Aufl., Vor § 52 Rn. 3 ff. mwN).
253. Der Senat hat deshalb bei den betroffenen Angeklagten den Schuldspruch wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich geändert. Dieser reduziert sich bei der Angeklagten S. H. um drei Fälle, bei der Angeklagten K. H. um einen Fall und beim Angeklagten G. um fünf Fälle des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges, bei der Angeklagten S. H. zudem um einen Fall des versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Betruges. Die Regelung des § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, weil sich die Angeklagten jeweils nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
264. Die Änderung des Schuldspruchs führt bei jedem der drei Angeklagten in den betroffenen Gruppen von Fällen zum Wegfall von Einzelstrafen und zur Festsetzung jeweils einer neuen Einzelstrafe in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO.
27a) Bei der Angeklagten S. H. entfallen die für die Fälle III.59, 63, 143 und 145 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen. Der Senat setzt für das Geschehen der Fälle III.58 und 59 die für Fall III.58 verhängte Strafe, für dasjenige der Fälle III.62 und 63 die für Fall III.62 verhängte Strafe, für dasjenige der Fälle III.142 und 143 die für Fall III.142 verhängte Strafe und für dasjenige der Fälle III.144 und 145 die für Fall III.144 verhängte Strafe jeweils als neue Einzelstrafe fest.
28b) Bei der Angeklagten K. H. entfällt die für Fall III.88 der Urteilsgründe verhängte und im Urteil in der Tabelle zur Bestimmung der Strafhöhen offenbar versehentlich nicht erwähnte Einzelstrafe. Der Senat setzt für das Geschehen der Fälle III.87 und 88 die für Fall III.87 verhängte Strafe als neue Einzelstrafe fest.
29c) Bei dem Angeklagten G. entfallen die für die Fälle III.30 bis 32, 51 und 77 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen. Der Senat setzt für das Geschehen der Fälle III.29 bis 32 die für Fall III.29 verhängte Strafe, für dasjenige der Fälle III.50 und 51 die für Fall III.50 verhängte Strafe und für dasjenige der Fälle III.76 und 77 die für Fall III.76 verhängte Strafe jeweils als neue Einzelstrafe fest.
30In allen Fällen ist auszuschließen, dass das Landgericht für die jeweiligen Geschehnisse bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung niedrigere Einzelstrafen bestimmt hätte.
315. Der Gesamtstrafausspruch wird hierdurch bei keinem der Angeklagten berührt. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen jeweils ausschließen, dass das Landgericht allein aufgrund der geänderten Konkurrenzverhältnisse und des Wegfalls einiger Einzelstrafen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte, zumal eine unterschiedliche konkurrenzrechtliche Beurteilung bei – wie hier – unverändertem Schuldumfang regelmäßig kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (st. Rspr.; vgl. Rn. 9 mwN). Bei der Angeklagten S. H. verbleiben die beiden Einsatzstrafen von je zehn Monaten Freiheitsstrafe, zwei Freiheitsstrafen von je acht Monaten und u.a. elf Freiheitsstrafen von je sechs Monaten, bei der Angeklagten K. H. die Einsatzstrafe von neun Monaten Freiheitsstrafe und u.a. neun Freiheitsstrafen von je sieben Monaten sowie bei dem Angeklagten G. die Einsatzstrafe von neun Monaten Freiheitsstrafe und u.a. 25 Freiheitsstrafen von je sieben Monaten.
IV.
32Auch für den Angeklagten P. D. führt die Sachrüge zu einer Korrektur des Schuldspruchs und zum Wegfall von Einzelstrafen aufgrund einer unzutreffenden konkurrenzrechtlichen Einordnung durch das Landgericht. Eine weitere Änderung des Schuldspruchs resultiert aus einer teilweisen Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO; auch sie lässt weitere Einzelstrafen entfallen. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lassen. Die erhobene Verfahrensrüge, für deren Anbringung dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einzuräumen war, hat aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.
331. Dem Angeklagten war ausnahmsweise auf seine Kosten von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Anbringung der Verfahrensrüge aus dem Revisionsbegründungsschriftsatz vom zu gewähren (vgl. Antragsschrift des Generalbundesanwalts).
342. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat ergeben, dass das Landgericht bei einzelnen Fällen von einer unzutreffenden konkurrenzrechtlichen Einordnung ausgegangen ist. Deren Korrektur gebietet eine Änderung des Schuldspruchs und führt zum Wegfall von Einzelstrafen.
35a) Nach den Feststellungen verschaffte auch der Angeklagte P. D. unter Leitung und Koordination des Angeklagten H. H. über einen längeren Zeitraum sich und anderen Mitangeklagten regelmäßige Einkünfte, indem er gemeinsam mit Mitangeklagten zum Schein in wechselnden Rollen Arbeitsverhältnisse einging und auf dieser Basis Sozialleistungen verschiedener Sozialleistungsträger in Anspruch nahm oder deren Inanspruchnahme durch Mitangeklagte ermöglichte.
36In den Fällen III.2 bis 20 der Urteilsgründe erhielt der vormalige Mitangeklagte Ha. von der Geschädigten AO. jeweils Krankengeldzahlungen aufgrund seiner zwischen September 2003 und Dezember 2004 sukzessive an insgesamt 19 verschiedenen Tagen gestellten Anträge, wobei er jeweils wahrheitswidrig behauptete, beim Angeklagten P. D. als Bauleiter versicherungspflichtig beschäftigt zu sein. Dessen Tathandlung bestand für alle Fälle allein darin, einmalig die Meldung des Ha. zur Sozialversicherung zu veranlassen.
37In den Fällen III.50 und 51 der Urteilsgründe erhielt der Angeklagte H. H. Arbeitslosengeld von der Geschädigten Agentur für Arbeit A. aufgrund seiner Anträge vom (Fall III.50) und vom (Fall III.51), wobei er zwecks Nachweises der nach § 123 SGB III aF erforderlichen zwölfmonatigen Anwartschaftszeit u.a. das frühere Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Angeklagten P. D. behauptete. Dessen Tathandlung bestand allein darin, eine auf den datierte Arbeitsbescheinigung zu unterzeichnen.
38b) Das Landgericht hat alle genannten Fälle als selbständige, durch den Angeklagten jeweils in Tatmehrheit (§ 53 StGB) begangene Taten angesehen. Diese konkurrenzrechtliche Bewertung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand, da sich nach den bereits oben unter Ziffer III.2 dargestellten Grundsätzen das Verhalten des Angeklagten innerhalb der Fälle III.2 bis 20 sowie der Fälle III.50 und 51 jeweils als einheitliches Tun im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit erweist.
39c) Der Schuldspruch gegen den Angeklagten war daher zu ändern; er reduziert sich in Ansehung der genannten Fälle um insgesamt 19 Fälle des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges. Die Regelung des § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
40d) Die Änderung des Schuldspruchs führt in den beiden Gruppen von Fällen zum Wegfall von Einzelstrafen und zur Festsetzung jeweils einer neuen Einzelstrafe in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO. Es entfallen die für die Fälle III.3 bis 20 sowie III.51 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen. Der Senat setzt für das Geschehen der Fälle III.2 bis 20 die für Fall III.2 verhängte Strafe, für dasjenige der Fälle III.50 und 51 die für Fall III.50 verhängte Strafe jeweils als neue Einzelstrafe fest.
413. Der Senat hat das Verfahren gegen den Angeklagten P. D. in den Fällen III.53 bis 57 der Urteilsgründe auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen eingestellt. In diesen Fällen ist den bislang getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen, durch welche Handlungen sich der Angeklagte an den jeweiligen Betrugstaten beteiligt haben soll.
42Die Teileinstellung des Verfahrens zieht eine weitere Korrektur des Schuldspruchs nach sich. Dieser reduziert sich nochmals um fünf Fälle des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges. Zugleich entfallen die in den jeweiligen Fällen verhängten Einzelstrafen.
434. Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt vom Wegfall der – unter Berücksichtigung der Verfahrenseinstellung – insgesamt 24 Einzelstrafen unberührt. Der Senat kann angesichts der verbleibenden 89 Einzelstrafen ausschließen, dass das Landgericht allein aufgrund der geänderten Konkurrenzverhältnisse und des Wegfalls einiger Einzelstrafen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Es verbleiben die beiden Einsatzstrafen von je einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe, sieben weitere Freiheitsstrafen von elf Monaten und zahlreiche Freiheitsstrafen in Höhe von – wie bei den weggefallenen – sieben oder neun Monaten. Hinsichtlich des Wegfalls der Strafen für die Fälle III.3 bis 20 sowie III.51 der Urteilsgründe kommt auch hier hinzu, dass eine unterschiedliche konkurrenzrechtliche Beurteilung bei unverändertem Schuldumfang regelmäßig kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist.
V.
44Die Einziehungsentscheidungen waren bei allen Angeklagten dahingehend klarzustellen, dass jeweils die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73a StGB) angeordnet ist (vgl. Antragsschrift des Generalbundesanwalts).
VI.
45Der nur geringfügige Erfolg der Rechtsmittel der Angeklagten S. H. , R. H. , K. H. , P. D. , U. D. und G. rechtfertigt jeweils keine Kostenermäßigung (§ 473 Abs. 4 StPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:061222B5STR155.22.0
Fundstelle(n):
NAAAJ-31992