BAG Beschluss v. - 7 ABR 17/21

Schwerbehindertenvertretung - vorzeitiges Amtszeitende - Beendigung der auf einem Verselbständigungsbeschluss beruhenden Dienststellenfiktion

Leitsatz

Der Wegfall der bundespersonalvertretungsrechtlichen Fiktion eines Dienststellenteils als Dienststelle bewirkt die Beendigung der Amtszeit der dort gewählten Schwerbehindertenvertretung.

Gesetze: § 170 Abs 1 S 2 SGB 9 2018, § 177 Abs 1 S 1 SGB 9 2018, § 177 Abs 5 S 2 Nr 1 SGB 9 2018, § 177 Abs 7 S 3 SGB 9 2018, § 177 Abs 7 S 4 SGB 9 2018, § 177 Abs 8 SGB 9 2018, § 179 Abs 4 S 1 SGB 9 2018, § 179 Abs 9 SGB 9 2018, § 182 Abs 1 SGB 9 2018, § 6 Abs 1 BPersVG, § 6 Abs 3 BPersVG, § 7 S 1 BPersVG 2021, § 8 S 1 BPersVG 2021, § 29 BPersVG 2021, § 21a BetrVG, Art 6 Abs 1 UAbs 4 EGRL 23/2001, § 83 Abs 3 ArbGG, § 256 Abs 1 ZPO, § 7 S 2 BPersVG 2021

Instanzenzug: ArbG Frankfurt (Oder) Az: 3 BV 17/20 Beschlussvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 12 TaBV 402/21 Beschluss

Gründe

1A. Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob die Amtszeit der antragstellenden Schwerbehindertenvertretung vorzeitig geendet hat.

2Das Bundesverwaltungsamt, dessen Präsident im Rechtsbeschwerdeverfahren als zu 2. Beteiligter gehört worden ist, ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI). Es hat seinen Hauptsitz mit der Dienststelle in Köln und unterhält weitere 22 Standorte mit insgesamt ca. 6.000 Beschäftigten, ua. den Standort im brandenburgischen Strausberg. In letzterem war auf der Grundlage eines Verselbständigungsbeschlusses der wahlberechtigten Beschäftigten nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG in der bis zum geltenden Fassung (aF, nunmehr § 7 Satz 1 BPersVG in der seit dem geltenden Fassung) ein Personalrat gebildet, dessen Amtszeit am endete. Im Jahr 2018 wurde für den nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG aF als selbständige Dienststelle geltenden Standort des Bundesverwaltungsamts in Strausberg die antragstellende, zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung - konkret die Beteiligte zu 4. zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen - gewählt. Die zu 4. beteiligte Vertrauensperson war nach § 179 Abs. 4 SGB IX im Umfang von 10 % der Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten für die Wahrnehmung der Mandatsaufgaben von der beruflichen Tätigkeit freigestellt. Für die Dienststelle des Bundesverwaltungsamts in Köln wurde im Jahr 2018 die zu 3. beteiligte Schwerbehindertenvertretung gewählt.

3Nachdem auf einer Personalversammlung am am Standort Strausberg ein erneuter Verselbständigungsbeschluss nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG aF nicht zustande kam, nahmen die Beschäftigten dieses Standorts im Frühjahr 2020 an der Wahl des Personalrats für die Dienststelle des Bundesverwaltungsamts in Köln teil.

4Mit Schreiben vom teilte der Beteiligte zu 2. der zu 4. beteiligten Vertrauensperson mit, dass die Funktion der am Standort Strausberg gebildeten Schwerbehindertenvertretung erloschen sei, nachdem der Standort durch die Neuwahl des Personalrats seine Dienststelleneigenschaft verloren habe. Der Standort Strausberg werde durch die zu 3. beteiligte Schwerbehindertenvertretung in Köln vertreten. Die Freistellung der zu 4. beteiligten Vertrauensperson werde zum aufgehoben.

5Die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung hat daraufhin das vorliegende Verfahren eingeleitet und die Auffassung vertreten, ihre Amtszeit sei nicht vorzeitig beendet. Es liege keiner der das vorzeitige Erlöschen ihres Amts in § 177 Abs. 7 SGB IX abschließend geregelten Fälle vor. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass das Nichtzustandekommen eines erneuten Verselbständigungsbeschlusses zum vorzeitigen Ende der Amtszeit der Vertrauensperson bzw. der Schwerbehindertenvertretung führe. Die Dienststelleneigenschaft müsse nur im Zeitpunkt der Wahl gegeben sein. Die Schutzbedürftigkeit der von der Antragstellerin vertretenen Beschäftigten habe nicht dadurch geendet, dass die Voraussetzungen für die Neuwahl des örtlichen Personalrats entfallen seien. Insbesondere müssten diese nicht hinnehmen, durch die Schwerbehindertenvertretung des Bundesverwaltungsamts in Köln vertreten zu werden, ohne an deren Wahl teilgenommen zu haben. Auch aus unionsrechtlichen Gründen sei die Kontinuität der Amtsführung der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung sicherzustellen. Zudem sei im Hinblick auf die Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes die analoge Anwendung der Regelungen zum Übergangs- bzw. Restmandat auf die Schwerbehindertenvertretung geboten. Danach entstehe aus dem Standort Strausberg und der Hauptdienststelle Köln und allen zugeordneten Außenstellen eine neue Dienststelle, für die Neuwahlen zu initiieren seien. Bis zur Konstituierung der neuen Vertretung bleibe die Antragstellerin im Amt. Da die Amtszeit nicht geendet habe, sei auch die Freistellung der Vertrauensperson weiter zu gewähren.

6Die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung hat sinngemäß beantragt

7Die Beteiligten zu 2. und 3. haben beantragt, die Anträge abzuweisen.

8Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt diese ihre Anträge weiter. Der Beteiligte zu 2. beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

9B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung zu Recht abgewiesen.

10I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin rechtsbeschwerdebefugt.

111. Die Rechtsmittelbefugnis im Beschlussverfahren folgt der Beteiligungsbefugnis. Daher ist rechtsbeschwerdebefugt nur derjenige, der nach § 83 Abs. 3 ArbGG am Verfahren beteiligt ist.

12a) Verfahrensbeteiligt ist eine Person oder Stelle, die durch die zu erwartende Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen bzw. schwerbehindertenvertretungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen wird (für ein Beschlussverfahren unter Beteiligung des Betriebsrats  - Rn. 12 mwN). In einem Beschlussverfahren kann nach § 83 Abs. 3 ArbGG nur eine Person, Vereinigung oder Stelle zu hören sein, die nach § 10 ArbGG partei- und damit beteiligtenfähig ist ( - Rn. 12). Einem nicht (mehr) existenten Gremium kommen keine kollektivrechtlichen Rechtspositionen (mehr) zu. Die Beteiligtenbefugnis ist vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens - auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz - von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen. Fehlt die Rechtsmittelbefugnis, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen ( - aaO).

13b) Ist das Amt einer an einem Beschlussverfahren beteiligten Schwerbehindertenvertretung erloschen, ohne dass eine neue Schwerbehindertenvertretung gewählt wurde, endet damit deren Beteiligtenfähigkeit. Ein unstreitiger Verlust der Beteiligtenfähigkeit der Schwerbehindertenvertretung führt grundsätzlich zur Unzulässigkeit eines von ihr eingelegten Rechtsmittels (vgl. zu einem vom Betriebsrat eingelegten Rechtsmittel  - Rn. 13 mwN). Ist die Beteiligtenfähigkeit des Gremiums hingegen streitig, wird sie hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtsmittels unterstellt. Es entspricht einem allgemeinen prozessualen Grundsatz, dass eine Partei, deren Parteifähigkeit oder gar rechtliche Existenz überhaupt im Streit steht, wirksam ein Rechtsmittel mit dem Ziel einlegen kann, hierüber eine Sachentscheidung zu erlangen ( - Rn. 17). Das gilt auch in einem Verfahren, dessen Gegenstand nicht die Existenz des rechtsmittelführenden Gremiums ist (vgl.  - Rn. 14; - 7 ABR 42/12 - Rn. 12; - 7 ABR 61/98 - zu B I der Gründe mwN).

142. Unter Anwendung dieser Grundsätze fehlt der antragstellenden Schwerbehindertenvertretung nicht die Rechtsmittelbefugnis. Die Beteiligten streiten im Rahmen beider im vorliegenden Verfahren gestellter Anträge darüber, ob deren Amt über den hinaus fortbesteht. Für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ist hiervon auszugehen.

15II. Neben der Antragstellerin ist im Verfahren nach § 83 Abs. 3 ArbGG die für die Dienststelle des Bundesverwaltungsamts in Köln gebildete Schwerbehindertenvertretung zu hören, da die Reichweite deren Zuständigkeitsbereichs vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens betroffen ist. Die Beteiligte zu 4. ist als Vertrauensperson schon deshalb zu hören, weil die Schwerbehindertenvertretung geltend macht, sie sei Inhaberin eines Freistellungsanspruchs nach § 179 Abs. 4 Satz 1 SGB IX. Damit ist die Beteiligte zu 4. wegen ihres von der Schwerbehindertenvertretung abgeleiteten Rechts unmittelbar von der begehrten Entscheidung in ihrer mandatsbezogenen Rechtsposition betroffen (vgl.  - Rn. 17). Daneben ist vorliegend nicht - wie jedenfalls förmlich in den Vorinstanzen - die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BMI, dieses vertreten durch das Bundesverwaltungsamt, sondern der Präsident des Bundesverwaltungsamts als der die Dienststelle Bundesverwaltungsamt nach § 8 Satz 1 BPersVG vertretende Dienststellenleiter zu hören. Beteiligter Arbeitgeber iSv. § 83 Abs. 3 ArbGG ist in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren über die Amtszeit einer Schwerbehindertenvertretung nach § 177 SGB IX im Anwendungsbereich des BPersVG der Leiter der Dienststelle, bei der die Schwerbehindertenvertretung gebildet ist (vgl. zur Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung  - Rn. 14, BAGE 133, 114; vgl. zum Personalvertretungsrecht  5 P 2.15 - Rn. 11). Gegen die insoweit erfolgte und im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich mögliche Klarstellung der Beteiligung hat in der Anhörung vor dem Senat keiner der Beteiligten Einwendungen erhoben. Es wurden dadurch auch nicht etwa Rechte der Beteiligten, insbesondere etwa des bis dahin nicht förmlich beteiligten Präsidenten des Bundesverwaltungsamts, verletzt, zumal das Bundesverwaltungsamt bereits in den Vorinstanzen als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Verfahren aufgetreten war und im Einzelnen Kenntnis von diesem hatte.

16III. Die Rechtsbeschwerde der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung ist unbegründet.

171. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 1. zu Recht abgewiesen.

18a) Der Antrag ist zulässig.

19aa) Mit ihm begehrt die Antragstellerin die Feststellung ihres Bestehens über den hinaus bis zur Gegenwart und damit bis zum Schluss der Anhörung der Beteiligten in der Tatsacheninstanz. Dieses Verständnis berücksichtigt, dass einem allein auf die Vergangenheit bezogenen Feststellungsantrag das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse fehlen könnte (vgl.  - Rn. 39). Dem Antragswortlaut „bis zum “ kommt keine eigenständige Bedeutung im Sinne einer begehrten künftigen Feststellung zu. Da die Beteiligten allein darüber streiten, ob die Amtszeit der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung durch Verlust der Dienststelleneigenschaft des Standorts Strausberg zum beendet wurde, ist mit diesem Antragsteil lediglich der Umstand beschrieben, dass auch nach Ansicht der Antragstellerin ihre Amtszeit spätestens mit Ablauf des endet. Die interessengerechte Auslegung des Antrags ergibt zudem, dass die Antragstellerin die Feststellung des Fortbestands ihrer Amtszeit als solche begehrt und das von ihr angeführte Restmandat dabei lediglich als Begründungselement versteht. Erstreckte man das Antragsverständnis im Streitfall dahin, dass auch die Feststellung des Bestehens eines Restmandats zur Wahrnehmung von Beteiligungsrechten im Zusammenhang mit einer Auflösung der Dienststelle Strausberg als eigenständige Dienststelle geltend gemacht ist, erfüllte der Antrag nicht die Voraussetzungen des auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO, weil der Streit der Beteiligten nicht abschließend geklärt würde (vgl. zu einem entsprechenden Antrag eines Betriebsrats  - Rn. 20). Gegen dieses Antragsverständnis hat die Antragstellerin in der Anhörung vor dem Senat keine Einwendungen erhoben.

20bb) Die so verstandene begehrte Feststellung ist auf ein Rechtsverhältnis gerichtet. An ihr hat die Antragstellerin auch ein rechtliches Interesse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO, da der Beteiligte zu 2. das Fortbestehen der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung über den hinaus in Abrede stellt.

21b) Der Antrag ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass das Amt der Antragstellerin mit Ablauf des geendet hat.

22aa) Grundsätzlich endet die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung nach § 177 Abs. 7 Satz 1 SGB IX mit Ablauf von vier Jahren.

23(1) Vor Ablauf der regelmäßigen Amtszeit endet das Amt der Schwerbehindertenvertretung, wenn diese als Organ der Verfassung des Betriebs oder der Dienststelle (vgl.  - zu I 2 der Gründe, BAGE 62, 382; Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 178 Rn. 141) aufhört zu bestehen. Die Schwerbehindertenvertretung ist nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX als Zusammenfassung von Vertrauensperson und stellvertretenden Mitgliedern zu einem besonderen kollektiven Vertretungskörper definiert (Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 177 Rn. 6). Damit besteht sie nicht mehr, wenn die Vertrauensperson wegen eines in § 177 Abs. 7 Satz 3 SGB IX geregelten Sachverhalts ihr Amt verliert und kein gewähltes stellvertretendes Mitglied mehr vorhanden ist, das nach §  177 Abs.  7 Satz 4 SGB IX nachrücken kann (vgl. Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 177 Rn. 11; vgl. für den Betriebsrat  - Rn. 21; - 1 ABR 52/00 - zu B II b der Gründe mwN). Das folgt im Übrigen auch daraus, dass § 177 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 SGB IX für diesen Fall vorzeitige Neuwahlen anordnet.

24(2) Das Amt der Vertrauensperson erlischt nach § 177 Abs. 7 Satz 3 SGB IX vorzeitig, wenn diese es niederlegt, aus dem Arbeits-, Dienst- oder Richterverhältnis ausscheidet oder die Wählbarkeit verliert. Scheidet die Vertrauensperson vorzeitig aus dem Amt aus, rückt nach § 177 Abs. 7 Satz 4 Halbs. 1 SGB IX das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied für den Rest der Amtszeit nach; nach § 177 Abs. 7 Satz 4 Halbs. 2 SGB IX gilt dies für das stellvertretende Mitglied entsprechend. Das Erlöschen des Amts durch Verlust der Wählbarkeit nach § 177 Abs. 7 Satz 3 SGB IX tritt nicht lediglich dann ein, wenn die persönlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen der gewählten Vertrauensperson (bzw. des stellvertretenden Mitglieds) nachträglich entfallen, zB weil diese wegen einer Beförderung zur Dienststellenleiterin dem Personalrat kraft Gesetzes nicht (mehr) angehören kann (vgl. im Bereich des Bundespersonalvertretungsrechts § 177 Abs. 3 Satz 2 SGB IX iVm. § 14 Abs. 3, § 7 BPersVG aF bzw. nunmehr § 15 Abs. 2 Nr. 4, § 8 Satz 1 BPersVG). Ein durch Verlust der Wählbarkeit bedingter Amtsverlust iSv. § 177 Abs. 7 Satz 3 SGB IX kann entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch dadurch bewirkt sein, dass die Dienststelle, in der die Vertrauensperson gewählt ist, ihre Dienststelleneigenschaft verliert und damit „als Dienststelle“ aufhört zu existieren. Zur Vertrauensperson wählbar sind nach § 177 Abs. 3 SGB IX alle „in der Dienststelle nicht nur vorübergehend Beschäftigten“, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben und der Dienststelle seit grundsätzlich sechs Monaten angehören. Die Wählbarkeit knüpft demnach an eine Beschäftigung („Beschäftigte“) und an die Zugehörigkeit zu einer Organisationseinheit („in der Dienststelle“) an. Daraus folgt, dass das Amt einer Vertrauensperson grundsätzlich vor Ablauf der Amtszeit erlischt, wenn diese aus der Dienststelle ausscheidet. Ein Ausscheiden aus der Dienststelle ist auch dann anzunehmen, wenn die Dienststelle, bei der eine Personalvertretung gebildet ist, endgültig aufgelöst wurde oder wenn durch organisatorische Maßnahmen der Teil der Dienststelle ausgegliedert wird, in dem die Vertrauensperson beschäftigt ist (ebenso Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 177 Rn. 104).

25bb) Danach hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass die Amtszeit der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung aufgrund des Ausscheidens sowohl der Beteiligten zu 4. als gewählter Vertrauensperson als auch sämtlicher etwaig nachrückender stellvertretender Mitglieder aus der bisherigen Dienststelle Strausberg nach § 177 Abs. 7 Satz 3 SGB IX vorzeitig mit Ablauf des geendet hat. Weder war der Standort Strausberg des Bundesverwaltungsamts seither eine Dienststelle noch galt er als eine solche.

26(1) Der Begriff der Dienststelle im Sinne des gesamten „Teil 3“ des SGB IX (Neumann in Neumann/Pahlen/Greiner/Winkler/Jabben SGB IX 14. Aufl. § 170 Rn. 3) bestimmt sich gemäß § 170 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nach dem Personalvertretungsrecht. Damit gilt der personalvertretungsrechtliche Dienststellenbegriff auch in Fragen der Wahl und der Amtszeit der Vertrauensperson nach § 177 SGB IX; das Schwerbehindertenrecht kennt keinen eigenständigen Dienststellenbegriff. Dienststellen sind nach § 6 Abs. 1 BPersVG aF (vgl. nunmehr § 4 Abs. 1 Nr. 6 BPersVG) die einzelnen Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der in § 1 BPersVG genannten Verwaltungen sowie die einzelnen Gerichte. Behörde in diesem Sinne ist das Bundesverwaltungsamt (vgl. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Errichtung des Bundesverwaltungsamts). Der Standort Strausberg des Bundesverwaltungsamts ist daher „originär“ keine Dienststelle iSv. § 6 Abs. 1 BPersVG aF (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 BPersVG). Darüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

27(2) Der Standort Strausberg des Bundesverwaltungsamts galt zwar nach § 6 Abs. 3 BPersVG aF bis zum als selbständige Dienststelle. Diese Fiktion endete allerdings nach § 6 Abs. 3 Satz 2 BPersVG aF mit Ablauf der Amtszeit des aus der auf den Verselbständigungsbeschluss folgenden Wahl hervorgegangenen Personalrats und damit am .

28(a) Nebenstellen und Teile einer Dienststelle sind nach § 6 Abs. 3 BPersVG aF (nunmehr § 7 Satz 1 BPersVG) als selbständige Dienststellen zu behandeln, wenn sie von der Hauptdienststelle räumlich weit entfernt liegen und die Mehrheit ihrer wahlberechtigten Beschäftigten die Selbständigkeit in geheimer Abstimmung beschließt. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 BPersVG aF (nunmehr § 7 Satz 2 BPersVG) ist der Verselbständigungsbeschluss für die folgende Wahl und die Amtszeit der aus ihr hervorgehenden Personalvertretung wirksam. Damit hat das Bundespersonalvertretungsgesetz die durch einen Verselbständigungsbeschluss bewirkte Dienststellenfiktion von Nebenstellen und Dienststellenteilen an die Amtszeit des für die verselbständigte Organisationseinheit gewählten Personalrats gekoppelt. Die Fortführung der gesetzlichen Fiktion der Dienststelleneigenschaft darüber hinaus setzt einen erneuten Mehrheitsbeschluss der wahlberechtigten Beschäftigten voraus. Unterbleibt eine für die erneute Verselbständigung votierende Beschlussfassung, geht mit Beendigung des Personalratsamts die bis dahin als selbständig geltende Dienststelle unter und wird Teil der Hauptdienststelle (vgl. Benecke in Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 5. Aufl. § 6 Rn. 31).

29(b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kam, nachdem der Standort Strausberg für die Amtsperiode des 2018 gewählten Personalrats auf Grundlage eines Verselbständigungsbeschlusses nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG aF als selbständige Dienststelle galt, in der Personalversammlung am ein erneuter Beschluss über die personalvertretungsrechtliche Verselbständigung des Standorts Strausberg nicht mit der dafür gemäß § 6 Abs. 3 BPersVG aF erforderlichen Mehrheit zustande. Damit hat die als solche gesetzlich fingierte Dienststelle Standort Strausberg des Bundesverwaltungsamts mit dem Ablauf der Amtsperiode des gewählten Personalrats am aufgehört zu bestehen. In der Folge gehörte die Beteiligte zu 4. als gewählte Vertrauensperson einer Dienststelle Strausberg nicht mehr an, wodurch sie ihre Wählbarkeit in dieser Dienststelle verloren hat. Gleiches gilt für etwaige nachrückende stellvertretende Mitglieder. Damit hat die Amtszeit der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung zum selben Zeitpunkt geendet.

30(3) Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, die in § 170 Abs. 1 Satz 2 SGB IX geregelte Übertragung des personalvertretungsrechtlichen Dienststellenbegriffs auf das Recht der Schwerbehindertenvertretung bewirke, dass die Dauer der laufenden Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung ebenso wie die des Personalrats nach § 6 Abs. 3 Satz 2 BPersVG aF (nunmehr § 7 Satz 2 BPersVG) von dem Wegfall der Fiktion der Dienststelleneigenschaft mangels erneuten Verselbständigungsbeschlusses unberührt bleibe. Mit dieser Argumentation verkennt die Rechtsbeschwerde, dass § 6 Abs. 3 Satz 2 BPersVG aF (nunmehr § 7 Satz 2 BPersVG) weder die Amtszeit des Personalrats noch die der Schwerbehindertenvertretung festlegt, sondern vielmehr die Fiktion der Dienststelleneigenschaft an die Amtszeit des Personalrats bindet. Dessen Amtszeit setzt die Regelung gerade voraus. Auch die Annahme der Rechtsbeschwerde, der Verselbständigungsbeschluss fingiere einen eigenen schwerbehindertenvertretungsrechtlichen Dienststellenbegriff für die Dauer der Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung, findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr ist die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung bei Beendigung der Dienststellenfiktion nach § 170 Abs. 1 Satz 2, § 177 Abs. 7 Satz 3 SGB IX iVm. § 6 Abs. 3 Satz 2 BPersVG aF (nunmehr § 7 Satz 2 BPersVG) an die Amtszeit des Personalrats gekoppelt. Diese Regelungssystematik berücksichtigt die zB in § 178 Abs. 4, § 179 Abs. 9 und § 182 Abs. 1 SGB IX angelegte organisatorische und räumliche Verknüpfung der Amtsgeschäfte zwischen Personalrat und Schwerbehindertenvertretung. Dem Gesetz kann entnommen werden, dass Betriebs- bzw. Personalrat und Schwerbehindertenvertretung in der Regel in der identischen, als Betrieb iSd. BetrVG oder Dienststelle iSd. BPersVG geltenden Organisationseinheit gewählt werden sollen (vgl. zur Schwerbehindertenvertretung im Anwendungsbereich des BetrVG  - Rn. 22).

31(4) Den Belangen der schwerbehinderten Menschen am Standort Strausberg wird dadurch Rechnung getragen, dass sie mit Verlust der Dienststelleneigenschaft des Standorts von der für den Bereich der Dienststelle des Bundesverwaltungsamts gebildeten Schwerbehindertenvertretung vertreten werden. Zwar haben an deren Wahl 2018 nicht die am Standort Strausberg beschäftigten Wahlberechtigten iSv. § 177 Abs. 2 SGB IX teilgenommen. Dieses von der Rechtsbeschwerde beanstandete - vorübergehende - Fehlen der unmittelbaren demokratischen Legitimation ist jedoch ebenso hinzunehmen wie in anderen Fällen, in denen Arbeitnehmer erst nach der Wahl des Betriebsrats oder der Schwerbehindertenvertretung Belegschaftsmitglieder geworden sind und das Gremium deshalb nicht wählen konnten (vgl. zum Betriebsrat  - Rn. 52, BAGE 174, 269).

32cc) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung auch nicht im Rahmen eines zeitlich begrenzten Übergangsmandats über den hinaus im Amt stand.

33(1) Nach § 177 Abs. 8 SGB IX, der dem durch das Bundesteilhabegesetz zum neu eingefügten § 94 Abs. 8 SGB IX in der bis zum geltenden Fassung entspricht, gilt „in Betrieben“ § 21a BetrVG entsprechend. Durch die Anordnung der entsprechenden Anwendung von § 21a BetrVG ist zwar ein Übergangsmandat auch für Schwerbehindertenvertretungen eingeführt worden, weshalb es unter den Voraussetzungen von § 21a BetrVG in Betrieben mit einem Übergangsmandat des Betriebsrats auch zu einem solchen der Schwerbehindertenvertretung kommen kann. Allerdings gilt dies nach dem Gesetzeswortlaut und dem ausdrücklichen Regelungswillen des Gesetzgebers nicht für Arbeitgeber, die nicht dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes unterfallen, insbesondere im Bereich des Öffentlichen Dienstes (vgl. BT-Drs. 18/9522 S. 315; BR-Drs. 428/16 S. 322). Eine entsprechende Anwendung von § 177 Abs. 8 SGB IX bzw. § 21a BetrVG auf Schwerbehindertenvertretungen im Bereich des Öffentlichen Dienstes (vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie  - Rn. 20, BAGE 168, 204) scheidet angesichts der gesetzgeberisch ausdrücklich beabsichtigten Beschränkung der Einführung für private Betriebe mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke aus (Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 177 Rn. 117).

34(2) Im Übrigen bliebe der Antrag selbst dann ohne Erfolg, wenn eine entsprechende Anwendung von § 21a BetrVG auf Schwerbehindertenvertretungen im Bereich des Öffentlichen Dienstes angezeigt wäre. Das in § 21a BetrVG geregelte Übergangsmandat stellt sicher, dass bei betrieblichen Organisationsänderungen in der Übergangsphase keine betriebsratslosen Zeiten entstehen (BT-Drs. 14/5741 S. 39;  - Rn. 26, BAGE 161, 101). Demgemäß kommt § 21a Abs. 2 Satz 1 BetrVG bei der Zusammenfassung von Betrieben nicht zur Anwendung, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil in einen anderen Betrieb eingegliedert wird und es in dem aufnehmenden Betrieb einen Betriebsrat gibt (vgl.  - Rn. 51, BAGE 174, 269; - 1 ABR 9/02 - zu B I der Gründe). Vorliegend bestünde für die Vermeidung einer schwerbehindertenvertretungslosen Zeit gleichermaßen kein Bedürfnis, weil die Aufgaben der Antragstellerin mit Ablauf des von der Beteiligten zu 3. wahrgenommen und die am Standort Strausberg beschäftigten schwerbehinderten Menschen seither von dieser repräsentiert werden. Zudem hätte ein ggf. entstandenes Übergangsmandat jedenfalls spätestens nach Ablauf von sechs Monaten, mithin mit Ablauf des und damit noch vor der letzten Anhörung beim Landesarbeitsgericht, geendet (§ 21a Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Auf die von der Rechtsbeschwerde andeutungsweise aufgeworfene Frage, ob § 177 Abs. 8 SGB IX Schwerbehindertenvertretungen im Bereich des Öffentlichen Dienstes gegenüber solchen im Bereich der Privatwirtschaft unzulässig benachteiligt (vgl. dazu Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 177 Rn. 117), kommt es mithin nicht an.

35(3) Schließlich kommt auch auf Grundlage des mit Geltung ab in das Bundespersonalvertretungsgesetz eingeführten § 29 BPersVG, mit dem für dienststellenbezogene Ausgliederungen und Aufspaltungen nunmehr bestimmt ist, dass der Personalrat „die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Dienststellenteile weiterführt (Übergangsmandat)“, kein Entstehen eines Übergangsmandats für die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung in Betracht. Das gilt im Streitfall - ungeachtet des Fehlens einer auf § 177 Abs. 8 SGB IX bezogenen planwidrigen Regelungslücke - schon deshalb, weil eine rückwirkende (mittelbare) Anwendung der erst zum in Kraft getretenen personalvertretungsrechtlichen Regelung ausscheidet.

36dd) Die von der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung erstrebte Feststellung, sie sei nach wie vor „im Amt“, kann auch nicht mit dem Entstehen eines Restmandats begründet werden. Ungeachtet dessen, ob angesichts des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung und der auf Schwerbehindertenvertretungen in privaten Betrieben beschränkten Einführung lediglich eines Übergangsmandats in § 177 Abs. 8 SGB IX der Schwerbehindertenvertretung überhaupt ein Restmandat zukommen kann (ablehnend: Esser/Isenhardt in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB IX 3. Aufl. § 177 SGB IX Rn. 52; Mushoff in Hauck/Noftz SGB IX 2. Aufl. § 177 SGB IX Rn. 76; bejahend HaKo-BetrVG/Düwell 6. Aufl. § 32 Rn. 17; zweifelnd Schnelle NZA 2017, 880, 883), könnte ein solches für sich genommen keinen „Fortbestand der Amtszeit“ bewirken. Das Restmandat ist kein Vollmandat, sondern setzt einen funktionalen Bezug zu den durch die Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung ausgelösten Aufgaben des Gremiums voraus (vgl. zu § 21b BetrVG - 1 ABR 10/14 - Rn. 31, BAGE 154, 322; - 1 ABR 41/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 132, 324). In ihm ist angelegt, dass im originären Vollmandat bestehende Beteiligungsrechte, die in keinem funktionalen Bezug zur Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung stehen, nicht mehr ausgefüllt werden können ( - Rn. 11). Gerade das Ende der Amtszeit und der Mitgliedschaft im Gremium bewirkt überhaupt erst ein Regelungsbedürfnis für ein Restmandat (vgl. zum Betriebsrat Fitting 31. Aufl. § 21b Rn. 1). Die Annahme eines etwaigen Restmandats trägt damit von vornherein nicht die vorliegend begehrte einschränkungslose Feststellung des Fortbestands des Amts der Antragstellerin.

37ee) Die von der Rechtsbeschwerde angeführte „unionsrechtliche Vorgabe der Kontinuität der Interessenvertretung“ vermag an dem gefundenen Ergebnis nichts zu ändern. Soweit nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (Richtlinie 2001/23/EG) die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer, die vor dem Übergang vertreten wurden, während des Zeitraums, der für die Neubildung oder Neubenennung der Arbeitnehmervertretung erforderlich ist, im Einklang mit dem Recht oder der Praxis der Mitgliedstaaten weiterhin angemessen vertreten werden, wäre diesem Gebot hier - die Anwendbarkeit der Richtlinie 2001/23/EG unterstellt - schon durch die nahtlose Vertretung der schwerbehinderten Menschen durch die in der Dienststelle des Bundesverwaltungsamts gebildete Schwerbehindertenvertretung genügt. Ungeachtet dessen ist der Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/23/EG bereits nicht einschlägig. Sie ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar (vgl.  - Rn. 21), was den Wechsel der juristischen oder natürlichen Person voraussetzt (vgl. zur Vorgängerrichtlinie  - Rn. 33). Dem dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/23/EG zufolge „sind Bestimmungen notwendig, die die Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel schützen und insbesondere die Wahrung ihrer Ansprüche gewährleisten“. Ein solcher Inhaberwechsel hat vorliegend nicht stattgefunden.

382. Auch der Antrag zu 2. ist unbegründet.

39a) Dieser Antrag, mit dem die Antragstellerin die Fortgewährung der teilweisen Freistellung der zu 4. beteiligten gewählten Vertrauensperson geltend macht, ist - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - zulässig.

40aa) Die Antragstellerin ist auch insoweit beteiligtenfähig. Zwar ist im Streit, ob sie überhaupt existiert und ihr damit das reklamierte Recht zusteht. Wäre dies aber zu bejahen, stünde damit zugleich ihre Beteiligtenfähigkeit fest. In einem solchen Fall der Doppelrelevanz rechtlich bedeutsamer Umstände sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit eines Antrags ist es gerechtfertigt, das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen anzunehmen, um eine der Rechtskraft fähige Sachentscheidung zu ermöglichen ( - Rn. 19, BAGE 119, 279). Das gilt auch für einen Antrag, dessen Gegenstand nicht die Existenz des Gremiums ist (vgl. zur im Zusammenhang mit der Rechtsmittelbefugnis zu prüfenden Beteiligtenfähigkeit  - Rn. 14 mwN).

41bb) Die zu 1. beteiligte Schwerbehindertenvertretung ist antragsbefugt. Die begehrte Verpflichtung, die zu 4. beteiligte Vertrauensperson im Umfang von 10 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für die Wahrnehmung der Aufgaben gemäß § 179 Abs. 4 SGB IX bis zum Ende der Amtszeit freizustellen, betrifft sie in eigener Rechtsposition. Es erscheint auch nicht „auf der Hand liegend“ ausgeschlossen, dass sie die begehrte Freistellung gestützt auf § 179 Abs. 4 SGB IX verlangen kann (vgl. zu dieser Anforderung  - Rn. 10, BAGE 158, 19).

42cc) Der Antrag bedarf als Leistungsantrag grundsätzlich nicht der Darlegung eines besonderen Rechtsschutzinteresses (vgl.  - Rn. 37, BAGE 163, 1).

43b) Der Antrag zu 2. ist unbegründet. Nach dem Erlöschen des Amts der zu 4. beteiligten Vertrauensperson (sowie des/der stellvertretenden Mitglieds/Mitglieder) und damit auch der Beendigung der Amtszeit der zu 1. beteiligten Schwerbehindertenvertretung besteht der geltend gemachte Anspruch auf teilweise Freistellung der Beteiligten zu 4. von der beruflichen Tätigkeit nicht.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2022:140922.B.7ABR17.21.0

Fundstelle(n):
DB 2023 S. 1163 Nr. 19
DB 2023 S. 1163 Nr. 19
KAAAJ-31205