Änderungsbefugnis nach § 175b Abs. 1 AO bei versehentlicher Nichtberücksichtigung des Arbeitslohns aus einem zweiten Arbeitsverhältnis
in einem aufgrund eines Einspruchs geänderten Einkommensteuerbescheid
Leitsatz
1. Hat das Finanzamt im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid zutreffend den Arbeitslohn aufgrund vorliegender elektronischer
Lohnsteuerbescheinigungen aus zwei Arbeitsverhältnissen des Steuerpflichtigen in dem Veranlagungszeitraum und in einem aufgrund
eines Einspruchs geänderten Einkommensteuerbescheid entsprechend der im Einspruchsverfahren nachgereichten (unrichtigen) Steuererklärung
nur noch den Arbeitslohn aus einem Arbeitsverhältnis berücksichtigt, so kann der geänderte, bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheid
zur Erfassung des zutreffenden Arbeitslohns nach § 175b Abs. 1 AO geändert werden.
2. § 175b AO gilt für alle Fälle, in denen sich die Datenübermittlung nach § 93c Abs. 1 AO richtet. Es kommt nicht darauf
an, ob den Steuerpflichtigen bei der Erstellung ihrer Steuererklärung ein Schreib- oder Rechenfehler im Sinne des § 173a AO
oder dem Finanzamt bei Erlass des Steuerbescheids ein mechanisches Versehen im Sinne des § 129 AO, ein Fehler bei der Tatsachenwürdigung
oder bei der Rechtsanwendung unterlaufen ist oder ob dem Finanzamt oder den Steuerpflichtigen ein Verschulden zur Last fällt;
entscheidend ist, dass der Steuerbescheid materiell-rechtlich falsch war.
3. Der Regelungsbereich des § 93c AO erfasst nach dem Wortlaut des Eingangssatzes seines Absatzes 1 alle steuerlichen Daten
eines Steuerpflichtigen, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften von einer mitteilungspflichtigen Stelle an Finanzbehörden
elektronisch zu übermitteln sind. Hierzu gehören auch diejenigen Daten, deren Übermittlung an die Finanzbehörde erst in einem
Einzelsteuergesetz („aufgrund gesetzlicher Vorschriften”) angeordnet wird. Auch die weiteren Absätze des § 93c AO erfassen
erkennbar nicht lediglich die Mindestinhalte des „Datensatzes” nach § 93c Abs. 1 Nr. 2 AO, sondern sämtliche übermittlungspflichtige
„Daten” im Sinne des Eingangssatzes des § 93c Abs. 1 AO in Verbindung mit den Einzelsteuergesetzen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): DStR-Aktuell 2023 S. 10 Nr. 34 DStRE 2023 S. 1141 Nr. 18 ZAAAJ-29435
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FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 19.10.2022 - 7 K 7153/21
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