BGH Beschluss v. - 1 StR 185/22

Nichtberücksichtigung des straffreien Vorlebens des Angeklagten bei der Strafzumessung

Gesetze: § 46 StGB, § 267 Abs 3 S 1 StPO

Instanzenzug: LG München II Az: 4 KLs 386 Js 101451/19

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und zugleich - jeweils bezogen auf eine andere Betäubungsmittelmenge - mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge einer Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs und bleibt im Übrigen ohne Erfolg.

2a) Der Strafausspruch hält der auf die Sachrüge veranlassten Nachprüfung nicht stand.

3Die Strafzumessung erweist sich als lückenhaft, weil das Landgericht bei der Bemessung der Einzelstrafen nicht erkennbar berücksichtigt hat, dass der zur Tatzeit etwa 60jährige Angeklagte nicht vorbestraft ist. Dies ist indes ein gewichtiger Strafzumessungsgrund (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO), dessen Berücksichtigung es regelmäßig bedarf (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - 6 StR 61/22 Rn. 2; vom - 1 StR 148/20 Rn. 9 und vom - 2 StR 63/16 Rn. 15). Der Umstand, dass beim ebenfalls nicht mehr ganz jungen Mitangeklagten ausdrücklich in der ihn betreffenden Strafzumessung genannt wurde, nicht vorbestraft zu sein, beim Angeklagten aber nicht, gibt besonderen Anlass zur Besorgnis, dass dem Landgericht dieser Strafzumessungsgesichtspunkt bei der Bemessung der Einzelstrafen aus dem Blick geraten ist.

4Nicht gänzlich bedenkenfrei ist daneben auch, dass es an ausdrücklichen Feststellungen und einer konkreten Beweiswürdigung hinsichtlich der vom Landgericht in die Strafzumessung eingestellten Verwendung einer besonderen Verschlüsselungssoftware für das Mobiltelefon durch den Angeklagten fehlt und das Landgericht zudem ohne diesbezügliche Beweiswürdigung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er in der Untersuchungshaft unter Verstoß gegen die geltenden Regeln ein Mobiltelefon besaß und für Telefonate mit Familienangehörigen nutzte.

5b) Wegen dieser Bedenken hebt der Senat hier die zugehörigen Feststellungen vorsorglich auf, um dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Tatgericht eine in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:300622B1STR185.22.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-28828