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Online-Nachricht - Donnerstag, 08.12.2022

Einkommensteuer | Avalprovisionen als Schuldzinsen (BFH)

Provisionen und Gebühren für ein Aval (eine Bürgschaft) zählen jedenfalls dann zu den Schuldzinsen i. S. von § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG, wenn hierdurch die Rückzahlung von Fremdkapital, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde, gesichert wird (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger führt als Einzelunternehmer eine Tankstelle, die er von einem Mineralölunternehmen gepachtet hat. Dieses verpflichtete den Kläger, zur Sicherung aller Forderungen aus der Geschäftsverbindung und der Beistellung des Agenturbestands eine Bankbürgschaft zu stellen. Aufgrund dessen schloss der Kläger mit einer Bank einen "Kreditvertrag für Avalkredite" in entsprechender Höhe ab. Zur Sicherung etwaiger Rückgriffsforderungen stellte der Kläger der Bank eine Ausfallbürgschaft eines weiteren Kreditinstituts. Für den Avalkredit der Bank hatte der Kläger Provisionen und Kontoführungsgebühren zu zahlen, ebenso für die Ausfallbürgschaft. Die gewinnmindernd erfassten Aufwendungen hierfür betrugen in den Streitjahren 2.026,54 € (2014) sowie jeweils 1.824 € (2015 und 2016).

Nach den vom FG übernommenen Berechnungen des Klägers betrugen die kumulierten Überentnahmen i. S. von § 4 Abs. 4a Sätze 2 und 3 EStG in den Streitjahren 25.681,30 € (2014), 26.563,45 € (2015) und 16.542,88 € (2016).

Der Kläger nahm in seinen Gewinnfeststellungserklärungen keine Hinzurechnung von Schuldzinsen gem. § 4 Abs. 4a EStG vor. Dem folgte das FA zunächst und erließ für die Streitjahre erklärungsgemäße Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuermessbescheide. Später änderte das FA die Bescheide und erhöhte den Gewinn aus Gewerbebetrieb um nicht abziehbare Schuldzinsen von 1.540,88 € (2014), 1.295,33 € (2015) und 465,08 € (2016). Es vertrat die Ansicht, neben den Zinsaufwendungen für kurzfristige Verbindlichkeiten seien auch die vorgenannten Provisionen und Kontoführungsgebühren als Schuldzinsen i. S. von § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG anzusehen. Durch deren Einbeziehung werde der Freibetrag nach Satz 4 der Vorschrift von 2.050 € überschritten.

Die Klage blieb ohne Erfolg ().

Der BFH hat die Revision als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Die Entscheidung des FG, die streitgegenständlichen Provisionen und Gebühren seien Aufwendungen, die entsprechend der Regelung des § 4 Abs. 4a EStG als Schuldzinsen zu qualifizieren seien, beruht nicht auf ausreichenden tatsächlichen Feststellungen.

  • Schuldzinsen gem. § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG sind nach Maßgabe eines ertragsteuerrechtlich weiten Begriffsverständnisses alle Leistungen, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an den Gläubiger zu erbringen hat, und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits, mithin Kosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können (in diesem Sinne bereits , Rz. 19).

  • Maßgebend ist die Zweckbestimmung der Aufwendungen, ein Darlehen zu erlangen oder zu sichern, sodass es unerheblich ist, ob diese dem Geldgeber oder einer dritten Person zufließen.

  • Provisionen und Gebühren für ein Aval (eine Bürgschaft) zählen jedenfalls dann zu den Schuldzinsen i. S. von § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG, wenn hierdurch die Rückzahlung von Fremdkapital, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde, gesichert wird.

  • Der rechtlichen Würdigung der Vorinstanz, die an die Bank gezahlten Avalprovisionen nebst Kontoführungsgebühren seien als Schuldzinsen gem. § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG zu qualifizieren, liegen keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zugrunde.

Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker, Richter im X. Senat des BFH:

Schuldzinsen im einkommensteuerlichen Sinne sind wirtschaftlich gesehen alle Leistungen in Geld oder Geldeswert zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits. Dies gilt auch für § 4 Abs. 4a EStG. Im Fall von Avalprovisionen ist zu unterscheiden. Dienen diese Provisionen lediglich der Sicherung einer Verbindlichkeit, ohne dass dem Steuerpflichtige Kapital zur Nutzung überlassen wird, liegen keine Schuldzinsen vor. Der klassische Fall ist die Mietbürgschaft - oder die Bürgschaft für den Verkaufserlös von Agenturwaren, im Fall einer Tankstelle der Einnahmen für die gelieferten Mineralöle. In diesen Fällen sichert die Bürgschaft nur die frist- und formgerechte Bezahlung durch den Steuerpflichtigen.

Dagegen liegen Schuldzinsen im wirtschaftlichen Sinne vor, wenn die Bankbürgschaft einen Warenkredit sichert, der zur Folge hat, dass dem Steuerpflichtigen (Waren-)Kapital zur Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Gleiches gilt, wenn er berechtigt ist, den aus dem Verkauf der Agenturware erzielten Erlös bis zur Abführung an das Mineralölunternehmen für eigene Zwecke zu verwenden und so einen geringeren Betriebsmittelkredit in Anspruch nehmen kann.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
UAAAJ-28657