BGH Beschluss v. - StB 51/22

Sofortige Beschwerde gegen die Bestellung des Pflichtverteidigers

Gesetze: § 140 Abs 1 Nr 1 StPO, § 140 Abs 1 Nr 4 StPO, § 141 Abs 2 S 1 Nr 1 StPO, § 142 Abs 3 StPO, § 169 Abs 1 StPO, Art 6 Abs 3 Buchst c MRK

Instanzenzug: Az: 3 BGs 712/22

Gründe

I.

1Der Ermittlungsrichter des der Beschuldigten für den Termin zur Verkündung eines Haftbefehls am selben Tage Rechtsanwalt A.       aus K.       gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 1 und 4, § 141 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 142 Abs. 3, § 169 Abs. 1 StPO zum Pflichtverteidiger bestellt.

2Dagegen wendet sich die Beschuldigte mit ihrer sofortigen Beschwerde vom . Sie hat vorgebracht, keinen Rechtsanwalt zu benötigen und sich selbst verteidigen zu wollen. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II.

3Die sofortige Beschwerde ist unzulässig.

4Denn durch die Bestellung eines Pflichtverteidigers als solche ist ein Beschuldigter im Regelfall nicht beschwert; er kann diese daher grundsätzlich nicht anfechten (vgl. , NJW 1998, 2205; OLG Celle, Beschluss vom - 3 Ws 239/87, NStZ 1988, 39; , StV 2004, 62; , juris Rn. 6; KK-StPO/Willnow, 8. Aufl., § 141 Rn. 13). Das in Art. 6 Abs. 3 Buchst. c EMRK gewährleistete Recht auf Selbstverteidigung wird durch eine Pflichtverteidigerbestellung in den Fällen der notwendigen Verteidigung nicht berührt (vgl. EGMR, Urteil vom - 13611/88, EuGRZ 1992, 542 Rn. 29 ff.; MüKoStPO/Gaede, Art. 6 EMRK Rn. 176 mwN; Karpenstein/Mayer/Meyer, EMRK, 3. Aufl., Art. 6 Rn. 204).

5Eine Beschwer durch eine - wie hier - von Rechts wegen erforderliche Pflichtverteidigerbestellung für einen bislang unverteidigten Beschuldigten kommt zwar ausnahmsweise in Betracht, wenn der bestellte Verteidiger wegen mangelnder Eignung oder wegen Interessengegensatzes unfähig erscheint, die Verteidigung ordnungsgemäß zu führen, oder der Beschuldigte in seinem Recht auf Bezeichnung des zu bestellenden Verteidigers und dessen Beiordnung aus § 142 Abs. 5 Satz 1 und 3 StPO betroffen ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom - 3 Ws 239/87, NStZ 1988, 39; , juris Rn. 6). Derartiges hat indes weder die Beschuldigte geltend gemacht noch gibt es hierfür Anhaltspunkte. Die mutmaßlich der sogenannten "Reichsbürgerszene" zugehörige Beschuldigte hat vielmehr im Vorfeld der Bestellung des Verteidigers erklärt, sie habe persönlich keine Einwände gegen Rechtsanwalt A.      , sei jedoch generell mit der Beiordnung eines Verteidigers nicht einverstanden und verzichte auf einen Anwalt. Ihre Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung ist ersichtlich getragen gewesen einerseits von dem Wunsch, sich bei der gemäß § 115 StPO erfolgten Vorführung ohne anwaltlichen Beistand selbst zu verteidigen, und andererseits von einer generellen Ablehnung von Maßnahmen der aus ihrer Sicht illegitimen deutschen Justiz.

Schäfer                    Berg                     Kreicker

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:151122BSTB51.22.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-27831