Einkommensteuer | Jahr des Rentenbeginns bei aufgeschobener Altersrente (BFH)
Das - für die Höhe des
Besteuerungsanteils maßgebliche - "Jahr des Rentenbeginns" (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst.
a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG) ist das Jahr, in dem der
Rentenanspruch entstanden ist, also seine Voraussetzungen erfüllt sind
(; veröffentlicht am
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Hintergrund: Leibrenten, die u.a. aus den berufsständischen Versorgungswerken erbracht werden, gehören zu den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 1 EStG). Der Anteil, der der Besteuerung unterliegt, ist nach dem "Jahr des Rentenbeginns" und dem für dieses Jahr maßgebenden Prozentsatz aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG enthaltenen Tabelle zu entnehmen.
Sachverhalt: Der Kläger ist Rechtsanwalt, der aufgrund seiner Beiträge zum Versorgungswerk einen Rentenanspruch erworben hatte. Er vollendete im Oktober 2009 das 65. Lebensjahr. Nach der Satzung des Versorgungswerks haben Mitglieder, die - wie der Kläger - bis zum in das Versorgungswerk eingetreten und bis einschließlich 1950 geboren sind, mit Vollendung des 65. Lebensjahres (Altersgrenze) Anspruch auf lebenslange Altersrente. Auf Antrag des Berechtigten konnte die Rentenzahlung bis zu drei Jahre hinausgeschoben werden, mit der Folge einer Erhöhung der Rente. Hiervon hatte der Kläger Gebrauch gemacht.
Das Finanzamt legte bei der Besteuerung der Rente als „Jahr des Rentenbeginns“ im Sinne der Tabelle des § 22 EStG das Jahr 2012 mit einem Besteuerungsanteil von 64 % zugrunde. Der Kläger begehrt demgegenüber, als "Jahr des Rentenbeginns" das in der Satzung des Versorgungswerks grundsätzlich als Rentenbeginn festgelegte Jahr der Vollendung des 65. Lebensjahres anzusetzen (hier 2009 mit einem Besteuerungsanteil von 58 %).
Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: , s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 2.2.2021).
Das - für die Höhe des Besteuerungsanteils maßgebliche - "Jahr des Rentenbeginns" (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG) ist das Jahr, in dem der Rentenanspruch entstanden ist, also seine Voraussetzungen erfüllt sind.
Wird der Beginn des Renteneintritts auf Antrag des Rentenberechtigten zur Erlangung eines höheren Rentenanspruchs über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus aufgeschoben, ist der Zeitpunkt maßgeblich, den der Rentenberechtigte in Übereinstimmung mit den entsprechenden Rechtsgrundlagen des für ihn geltenden Versorgungssystems als Beginn seiner aufgeschobenen Altersrente bestimmt.
Der erstmals für das Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, zu ermittelnde steuerfreie Teilbetrag der Rente hat für Folgejahre keine Bindungswirkung.
Ein eventueller Fehler, der dem FA in einem bestandskräftig veranlagten Vorjahr bei der Ermittlung des steuerfreien Rententeilbetrags unterlaufen ist, ist daher nicht in die Folgejahre zu übernehmen.
Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker, Richter im X. Senat des BFH:
Alterseinkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, also auch die Leibrenten der berufsständischen Versorgungswerke, werden aktuell erst dann zu 100 % besteuert, wenn 2040 das Jahr des Rentenbeginns ist. Liegt das Jahr des Rentenbeginns früher, so ist der Besteuerungsanteil geringer. Im Besprechungsfall hat der Kläger deshalb lediglich 64 % seiner Rentenbezüge anzusetzen, so das Finanzamt, welches zu Recht von 2012 als dem Jahr des Rentenbeginns ausging. Dem Kläger war dies nicht genug – er wollte lediglich 58 % seiner Altersrente versteuern, da er auf den regulären Rentenbeginn im Jahr 2009 abstellte. Dieser hätte gegolten, wenn er nicht auf Antrag mit Zustimmung des Versorgungswerks den Erstbezug seiner Altersrente um drei Jahre hinausgeschoben hätte.
Insoweit stellt der BFH jedoch (erneut) klar, dass auch dann der Zeitpunkt maßgeblich ist, der als Beginn der Altersrente entsprechend den relevanten Rechtsgrundlagen bestimmt ist. Hiervon ausgehend ermittelt man nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 5 EStG im Folgejahr den steuerfreien Teil der Rente, der ein Leben lang gilt.
"In Stein gemeißelt" ist der steuerfreie Teil der Rente jedoch nicht, da nicht gesondert festgestellt. Folglich kann er in späteren Jahren geändert werden, sollte er fehlerhaft sein. Letzteres gilt auch dann, wenn sich später herausstellt, dass die Alterseinkünfte aufgrund einer sog. doppelten Besteuerung zu hoch versteuert werden. Deshalb kann der Berater in der aktuellen Diskussion rund um diese Problematik weiter abwarten, ergeht doch die Steuerfestsetzung in Bezug auf die Altersrenten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG nur vorläufig (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO, , BStBl I 2022, 131, unter II.).
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
WAAAJ-27787