BGH Beschluss v. - II ZR 210/21

Instanzenzug: Az: I-12 U 24/21vorgehend Az: 40 O 54/20nachgehend Az: II ZR 210/21 Beschluss

Gründe

I.

1Der Beklagte wendet sich gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 116.911,73 € nebst Zinsen aufgrund seiner Haftung als GmbH-Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 3, § 64 GmbHG in der bis zum geltenden Fassung.

2Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Gegen den ihm am zugestellten Beschluss hat der Beklagte, vertreten durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt, am (Montag) Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Auf Antrag seines Prozessbevollmächtigten ist die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zuletzt bis zum verlängert worden. Mit am beim Bundesgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte das Mandat niedergelegt.

3Mit Telefax vom hat der Beklagte beantragt, ihm einen Notanwalt zur Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu bestellen.

II.

4Der Antrag des Beklagten auf Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78b ZPO ist abzulehnen.

5Nach § 78b Abs. 1 ZPO hat das Gericht, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag einen Notanwalt beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

61. Eine Beiordnung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagte die Beendigung des Mandatsverhältnisses zu vertreten hat.

7a) Hat die Partei zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dabei hat die Partei darzulegen, dass die Beendigung des Mandats nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen ist (, juris Rn. 8; Beschluss vom - II ZR 94/21, juris Rn. 3; beide mwN).

8Die Bestellung eines Notanwalts kann nicht deshalb verlangt werden, weil ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nicht willens war, eine Revisions- oder Beschwerdebegründung nach den Vorstellungen oder gar Vorgaben der Partei zu fertigen, oder weil er das Rechtsmittel für unzulässig oder unbegründet hält. Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof ist, die Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in Revisionssachen besonders qualifizierte Anwaltschaft zu stärken. Die Rechtsuchenden sollen kompetent beraten werden und im Vorfeld von aussichtslosen Rechtsmitteln Abstand nehmen können, was ihnen Kosten erspart. Zugleich soll der Bundesgerichtshof von solchen Rechtsmitteln entlastet werden. Dem liefe es zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (vgl. , FamRZ 2019, 550 Rn. 9; Beschluss vom - III ZB 126/18, juris Rn. 4; Beschluss vom - II ZB 7/20, juris Rn. 7; Beschluss vom - VIII ZR 280/19, juris Rn. 1; Beschluss vom - VI ZB 85/21, juris Rn. 4; Beschluss vom - II ZR 94/21, juris Rn. 5).

9b) Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat zur Begründung seiner Mandatsniederlegung im Schriftsatz vom mitgeteilt, dass die Sache bearbeitet sei, über ihre weitere Behandlung aber immer noch keine Einigkeit bestehe und er das Mandat deswegen niederlege, um dem Beklagten die Möglichkeit zu geben, sich eines anderen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts zu bedienen. Das entspricht dem Vorbringen des Beklagten in seinem Beiordnungsantrag und der von ihm dazu vorgelegten Korrespondenz mit dem Prozessbevollmächtigten. Danach hat der Prozessbevollmächtigte dem Beklagten am mitgeteilt, dass er der Nichtzulassungsbeschwerde nach Prüfung anhand der Gerichtsakten und der Ausführungen des Beklagten keine Aussicht auf Erfolg beimesse, und dies näher begründet. Bei dieser Beurteilung ist er auch nach mehreren E-Mails des Beklagten bzw. von dessen Vertreter K.    mit Rückfragen und Darlegung der ihrer Ansicht nach erfolgversprechenden Argumente geblieben und hat das Mandat letztlich niedergelegt, weil er nicht wie von ihm erbeten bis Ende März 2022 zur Rücknahme der Beschwerde ermächtigt worden war.

10Dagegen macht der Beklagte ohne Erfolg geltend, seinem Beiordnungsantrag sei gleichwohl stattzugeben, weil er nicht darauf ziele, seine Rechtsansicht gegen die seines Prozessbevollmächtigten durchzusetzen, sondern lediglich darauf, die Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde vollumfänglich mit einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu erörtern, da sein Prozessbevollmächtigter die Sache nicht mit der erforderlichen anwaltlichen Sorgfalt bearbeitet habe, indem er auf substantiierte Rückfragen und Argumente nur rudimentär oder gar nicht eingegangen sei. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Korrespondenz hat der Prozessbevollmächtigte die Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde im Einzelnen geprüft und sich insbesondere auch mit den weiteren Rückfragen und Argumenten in denE-Mails des Beklagten bzw. K.      auseinandergesetzt, sie aber für nicht durchgreifend befunden. Dass der Beklagte bzw. K.     der rechtlichen Beurteilung des Prozessbevollmächtigten nicht folgen wollten und K.     dies in weiteren E-Mails vertieft ausgeführt hat, ändert nichts daran, dass eine Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels durch einen auf das Revisionsrecht spezialisierten Rechtsanwalt erfolgt ist. Ein Anspruch auf Beiordnung eines Notanwalts zur nochmaligen Überprüfung seiner Einwände gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt steht dem Beklagten danach aus den oben genannten Gründen nicht zu.

112. Die Beiordnung eines Notanwalts scheidet ungeachtet dessen auch aus, weil die Nichtzulassungsbeschwerde aussichtslos ist. Aussichtslosigkeit im Sinne von § 78b Abs. 1 ZPO ist immer dann gegeben, wenn ein günstiges Ergebnis der beabsichtigten Rechtsverfolgung auch bei anwaltlicher Beratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann (, juris Rn. 9; Beschluss vom - II ZR 94/21, juris Rn. 6; jeweils mwN). Das ist hier der Fall.

12Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen ersichtlich nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

III.

13Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig und auf Kosten des Beklagten zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der zuletzt bis zum verlängerten Frist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden ist (§ 544 Abs. 4 i.V.m. § 551 Abs. 2 Satz 5, 6 ZPO).

14Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde kann gleichzeitig mit der Zurückweisung des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts erfolgen. Ein etwaiger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die versäumte Begründungsfrist nach Ablehnung des Beiordnungsantrags durch den Senat verspräche, selbst wenn er von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gestellt würde, keinen Erfolg. Zwar hat der Beklagte vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt, die Voraussetzungen hierfür aber - wie vorstehend ausgeführt - nicht dargelegt (vgl. , juris Rn. 7; Beschluss vom - III ZB 126/18, juris Rn. 7; Beschluss vom - II ZB 7/20, juris Rn. 11; Beschluss vom - VIII ZR 239/20, juris Rn. 7).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:181022BIIZR210.21.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-27316