BGH Beschluss v. - 6 StR 379/22

Instanzenzug: LG Stade Az: 201 KLs 4/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Menschenhandels in Tateinheit mit dirigistischer Zuhälterei in zwei Fällen, in einem Fall zudem in Tateinheit mit ausbeuterischer Zuhälterei, wegen räuberischer Erpressung, wegen versuchter räuberischer Erpressung, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, wegen Anbaus von Betäubungsmitteln, wegen vorsätzlichen Besitzes eines verbotenen Gegenstandes und wegen Bedrohung unter Einbeziehung einer früher gegen ihn verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Schuldspruch wegen versuchter räuberischer Erpressung im Fall II.4 der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil das Landgericht einen Rücktritt vom Versuch (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB) nicht erkennbar geprüft hat.

3Nach den dazu getroffenen Feststellungen hatte sich die Zeugin H.    , die für den Angeklagten der Prostitution nachgegangen war, seinem Zugriff entzogen und Zuflucht bei der Zeugin N.     gefunden. Der Angeklagte verlangte daraufhin mittels einer Textnachricht von N.     , „als Strafe“ 10.000 Euro an ihn zu zahlen, und drohte ihr damit, anderenfalls „alles kaputtzumachen“, was sie sich „jemals aufgebaut“ habe. N.      kam der Zahlungsaufforderung jedoch nicht nach.

4Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (sog. Rücktrittshorizont, vgl. dazu , NStZ 2020,618, Rn. 9; Beschluss vom – 4 StR 394/19, NStZ 2020, 82, Rn. 6; jeweils mwN) hat das Landgericht nicht getroffen. Derer hätte es indes bedurft, zumal der Angeklagte im gleichen Zusammenhang gegenüber der Zeugin H.    für einen „Freikauf“ ebenfalls eine hohe Geldforderung erhoben hatte, davon jedoch ausdrücklich wieder abgerückt war.

5Der Senat spricht den Angeklagten insoweit gemäß § 354 Abs. 1 StPO frei. Er schließt aus, dass noch ergänzende Feststellungen getroffen werden können, zumal der Angeklagte seinen Angaben zufolge keine konkreten Erinnerungen an die Textnachrichten hatte. Eine Strafbarkeit wegen Bedrohung (§ 241 StGB a.F.) kommt im Hinblick auf die Unbestimmtheit des angedrohten Übels ebenfalls nicht in Betracht.

62. Der Freispruch im Fall II.4 der Urteilsgründe hat die Änderung des Schuldspruchs und den Wegfall der insoweit verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten zur Folge, lässt den Ausspruch über die Gesamtstrafe jedoch unberührt. Der Senat kann angesichts der Einsatzstrafe von sieben Jahren sowie der verbliebenen weiteren acht Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren und sechs Monaten ausschließen, dass die Strafkammer auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:181022B6STR379.22.1

Fundstelle(n):
BAAAJ-27314