Erbenfeststellungsklage: Bestellung eines Notanwalts nach Mandatsniederlegung durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt
Gesetze: § 78b Abs 1 ZPO
Instanzenzug: Az: 19 U 45/21vorgehend LG Rottweil Az: 3 O 530/19nachgehend Az: IV ZR 48/22 Beschluss
Gründe
1I. Die Parteien sind Geschwister und streiten um die Erbfolge nach der 2016 verstorbenen Erblasserin. Der Kläger macht geltend, Miterbe zu 1/3 nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge zu sein. Die Beklagten berufen sich auf ein notarielles Testament der Erblasserin vom , in dem sie die Beklagten als ihre Erben zu je 1/2 einsetzte. Das Landgericht hat die Klage im Hauptantrag hinsichtlich der Feststellung der Erbenstellung des Klägers abgewiesen und der auf Feststellung ihrer Erbenstellung gerichteten Widerklage der Beklagten stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers im Verfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger fristgerecht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Auf dessen Antrag ist die Beschwerdebegründungsfrist bis zum verlängert worden. Nach umfangreichem Schriftwechsel zwischen dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde hat letzterer mit Schriftsatz vom angezeigt, dass er sein Mandat niederlege. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom beantragt, ihm einen Notanwalt beizuordnen, und diesen Antrag mit weiterem Schriftsatz vom ergänzend begründet.
2II. Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts ist nicht begründet.
31. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht nach § 78b Abs. 1 ZPO einer Partei auf ihren Antrag einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
4Die erstgenannte Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Partei zumutbare Anstrengungen unternommen und ihre vergeblichen Bemühungen, einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden, dem Gericht substantiiert dargelegt sowie gegebenenfalls nachgewiesen hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom - IV ZR 213/21, r+s 2022, 119 [juris Rn. 7]; vom - IV ZR 206/20 juris Rn. 8; vom - IV ZR 161/18 juris Rn. 3; vom - IV ZR 391/16 juris Rn. 6; vom - IV ZB 3/15 juris Rn. 6). Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt mandatiert, kommt im Fall der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Das hat die Partei gegebenenfalls darzulegen (Senatsbeschlüsse vom - IV ZR 213/21, r+s 2022, 119 [juris Rn. 8]; vom - IV ZR 206/20 juris Rn. 8; vom - IV ZR 391/16 juris Rn. 6; vom - IV ZB 3/15 juris Rn. 6).
52. Diesen Anforderungen werden die Angaben des Klägers nicht gerecht. Er hat hierzu lediglich vorgetragen, der bisher eingeschaltete Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof habe die Akte unvollständig und damit mangelhaft bearbeitet. Aus dem von ihm zu den Akten gereichten Schriftwechsel mit seinem bisherigen Prozessbevollmächtigten ergibt sich indessen, dass dieser ihm mehrfach dringend und mit detaillierter Begründung geraten hat, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzunehmen, weil diese aussichtslos sei. Dieser Beurteilung wollte sich der Kläger nicht anschließen und bestand auf der Durchführung des Verfahrens. Die Bestellung eines Notanwalts kann indessen nicht allein deshalb verlangt werden, weil ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nicht willens war, eine Revisions- oder Beschwerdebegründung nach den Vorstellungen oder gar Vorgaben der Partei zu fertigen, oder weil er das Rechtsmittel für unzulässig oder unbegründet hält. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (Senatsbeschlüsse vom - IV ZR 213/21, r+s 2022, 119 Rn. 10; vom - IV ZR 206/20 juris Rn. 9; vom - IV ZR 161/18 juris Rn. 4).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:250522BIVZR48.22.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-27306