Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Revision
Gesetze: § 32d StPO, § 45 Abs 2 StPO
Instanzenzug: LG Neubrandenburg Az: 23 Ks 2/22nachgehend Az: 6 StR 413/22 Beschluss
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit schwerer und gefährlicher Körperverletzung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Gegen das am in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte mit einem am beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz seiner Verteidiger, der Rechtsanwälte K. und F. , vom Revision eingelegt. Mit einem am über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) übermittelten Dokument hat Rechtsanwalt K. erneut – nunmehr formgerecht – Revision eingelegt. Mit einem weiteren Schriftsatz vom selben Tage hat er beantragt, dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision zu gewähren. Zur Begründung hat er anwaltlich versichert, dass er am im Anschluss an die Urteilsverkündung in einer anderen Strafsache beim Landgericht Neubrandenburg beiläufig einen kollegialen Hinweis auf § 32d StPO und das zum geänderte Formerfordernis für Revisionen und ihre Begründung erhalten habe. Dadurch sei ihm sofort klargeworden, dass die Revision mit dem Schriftsatz vom nicht formgerecht eingelegt worden sei; beide Verteidiger hätten sich seinerzeit nicht bewusst gemacht, dass das Formerfordernis zum geändert worden sei; daraufhin habe er sofort seinen Kollegen F. informiert.
2Der Wiedereinsetzungsantrag hat Erfolg. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift vom ausgeführt:
„Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig. Nach § 45 Abs. 2 StPO bedarf es der Darlegung und Glaubhaftmachung der Tatsachen, die ein Verschulden des Verurteilten an der Versäumung der Frist ausschließen. Die Begründung des Antrags erfordert daher grundsätzlich eine genaue Darlegung und Glaubhaftmachung aller zwischen dem Beginn und Ende der versäumten Frist liegenden Umstände, die für die Frage bedeutsam sind, wie und gegebenenfalls durch wessen Verschulden es zur Säumnis gekommen ist (vgl. KK-StPO/Maul, 8. Aufl. 2019, § 45 Rn. 6 m. w. N.).
Der Verteidiger hat zwar nur für seine eigene Person eine Verhinderung zur form- und mithin fristgerechten Einlegung des Rechtsmittels dargetan. Auf den Kenntnisstand des Angeklagten kam es vorliegend ausnahmsweise nicht an, weil das Fristversäumnis allein auf der rechtlichen Unwissenheit und damit auf einem Verschulden der Verteidiger beruhte. Dieses ist dem Angeklagten nicht zuzurechnen (vgl. BeckOK StPO/Cirener, 43. Ed., Stand , § 44 Rn. 29).
(…)
Für die Wiedereinsetzung in die Revisionseinlegungsfrist hat der Verteidiger binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses, nämlich der Unkenntnis von der Geltung des § 32d StPO auch für die Revisionseinlegung, beseitigt durch einen kollegialen Hinweis am im Rahmen eines anderen Strafverfahrens, die versäumte Handlung nachgeholt.“
3Dem schließt sich der Senat an.
4Die Frist zur Begründung der Revision beginnt mit der Zustellung dieses Beschlusses zu laufen (vgl. , BGHSt 30, 335, 337 ff.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:021122B6STR413.22.0
Fundstelle(n):
ZAAAJ-27238