Abgasskandal: Voraussetzungen einer Verletzung des Anspruchs des Fahrzeugkäufers auf rechtliches Gehör
Leitsatz
Zur Verletzung des Anspruchs der Partei auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG im Zusammenhang mit Vortrag über die Entbehrlichkeit der Fristsetzung zur Nacherfüllung (hier: gänzlich unberücksichtigt gebliebener Vortrag des Käufers zu einer weiteren im Fahrzeug verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung in Gestalt eines "Thermofensters" und zu einem unabhängig von einer Nachbesserung dem Fahrzeug anhaftenden merkantilen Minderwert wegen Betroffenheit vom sogenannten Abgasskandal).
Gesetze: § 323 Abs 1 BGB, § 323 Abs 2 BGB, § 326 Abs 5 BGB, § 437 Nr 2 BGB, § 439 Abs 1 BGB, § 440 BGB, Art 103 Abs 1 GG, § 544 Abs 9 ZPO
Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 12 U 128/19vorgehend LG Darmstadt Az: 11 O 219/18
Gründe
I.
1Der Kläger erwarb am von der Beklagten, einer Fahrzeughändlerin, einen Gebrauchtwagen Audi A 6 3.0 TDI für 68.990 € (brutto). Zwischen den Parteien ist streitig, ob das Fahrzeug mit dem Motorentyp EA 897 oder EA 896 Gen2 ausgestattet ist.
2Nach den vom Berufungsgericht unter Bezugnahme auf eine Verlautbarung des Kraftfahrt-Bundesamts getroffenen Feststellungen beanstandete dieses im Januar 2018 bei Fahrzeugen des vom Kläger erworbenen Typs, dass diese mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet seien, aufgrund derer die schadstoffmindernde, sogenannte schnelle Motoraufwärmfunktion nahezu lediglich im Prüfzyklus anspringe, während im realen Fahrbetrieb diese Stickoxidschadstoffminderung unterbleibe. Das Kraftfahrt-Bundesamt gab der Fahrzeugherstellerin auf, bis Anfang Februar 2018 ein Motorsoftware-Update vorzustellen, welches hinsichtlich des Stickoxidausstoßes einen vorschriftsgemäßen Zustand herstellt.
3Mit Anwaltsschreiben vom erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Begründung, das Fahrzeug sei von dem sogenannten Abgasskandal betroffen.
4Die Fahrzeugherstellerin entwickelte ein Software-Update, das vom Kraftfahrt-Bundesamt im November 2018 freigegeben wurde. Der Kläger ließ dieses nicht aufspielen, weil er negative Folgen für das Fahrzeug befürchtete.
5Die auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs, auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der er sein Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt.
II.
6Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
7Der Kläger könne sich gegenüber der Beklagten nicht erfolgreich auf Gewährleistungsansprüche gemäß § 437 Nr. 2, §§ 440, 323, 326 BGB berufen. Zwar dürfte ein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB - unabhängig davon, welcher der beiden zwischen den Parteien im Streit stehenden Motorentypen in dem Fahrzeug verbaut sei - darin liegen, dass im Motor des Fahrzeugs bei Übergabe unstreitig eine Abschaltautomatik installiert gewesen sei, die einen Rückruf seitens des Kraftfahrt-Bundesamts und die Notwendigkeit einer Umrüstung des Fahrzeugs zur Folge gehabt habe. Für den geltend gemachten Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags fehle es aber jedenfalls an einer Fristsetzung zur Nacherfüllung, die hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Mängel des Fahrzeugs nicht ausnahmsweise entbehrlich gewesen sei.
8So sei dem Kläger die Nacherfüllung - unter anderem - nicht wegen des von ihm geltend gemachten merkantilen Minderwerts eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Kraftfahrzeugs in Bezug auf den Verdacht von Update-Folgemängeln unzumutbar im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 3, § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB. Die bloße dahingehende Behauptung des Klägers sei nicht ausreichend. Es bedürfe konkreter Anhaltspunkte, die darauf hindeuteten, dass gerade Dieselfahrzeuge, bei denen eine unzulässige Abschalteinrichtung durch ein Software-Update entfernt worden sei, aus diesem Grund einen geringeren Wiederverkaufswert hätten. Zumindest sei nachvollziehbar darzulegen, dass sich der Preis des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps ungünstiger entwickelt habe als der Gesamtmarkt für Diesel-Pkw.
III.
9Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache Erfolg (§ 544 Abs. 9 ZPO), weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Es hat dessen für die Beurteilung des Streitfalls bedeutsames beweisbewehrtes Vorbringen zu einer im Fahrzeug verbauten weiteren, von ihm als "Thermofenster" bezeichneten unzulässigen Abschalteinrichtung gehörswidrig übergangen und den Vortrag zu einem dem Fahrzeug anhaftenden merkantilen Minderwert zu Unrecht als nicht hinreichend substantiiert angesehen. In der Folge hat es versäumt, den vom Kläger hierfür jeweils angebotenen Sachverständigenbeweis zu erheben.
101. Das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr.; siehe etwa BVerfG, NVwZ-RR 2021, 131 Rn. 26; Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 285/21, juris Rn. 12; vom - VIII ZR 429/21, juris Rn. 10; jeweils mwN). Als grundrechtsgleiches Recht soll es sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung auch die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr.; hierzu etwa , juris Rn. 45; Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 19/21, juris Rn. 12; vom - VIII ZR 429/21, aaO; jeweils mwN).
11Dies gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des betreffenden Sachvortrags sowie eines damit zusammenhängenden Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat. Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Tatrichters dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. , NJW 2009, 2598 Rn. 2; Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 134/20, NJW-RR 2021, 1093 Rn. 16; vom - VIII ZR 226/19, juris Rn. 12; vom - VIII ZR 19/21, juris Rn. 13).
122. Gemessen hieran ist dem Berufungsgericht eine Gehörsverletzung nach Art. 103 Abs. 1 GG anzulasten.
13a) Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht den beweisbewehrten Vortrag des Klägers zu einer weiteren im Fahrzeug verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung in Gestalt eines "Thermofensters" gänzlich unberücksichtigt gelassen und hierdurch das rechtliche Gehör des Klägers in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 544 Abs. 9 ZPO).
14aa) Der Kläger hat - wie die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend aufzeigt - unter Beweisantritt vorgetragen, dass die (zur Reduzierung des Stickoxid-ausstoßes erfolgende) Abgasrückführung bei kühleren Temperaturen zurückgefahren werde, wobei eine signifikante Reduktion jedenfalls bei einer Temperatur von fünf Grad Celsius und weniger erfolge. Diesen von ihm als "Thermofenster" bezeichneten Mechanismus hat der Kläger weiter dahingehend erläutert, dass das Fahrzeug (lediglich) innerhalb eines bestimmten Temperaturfensters - und insbesondere auch im Temperaturbereich, der bei der Abgasmessung auf dem Prüfstand maßgebend sei - weniger Stickoxide ausstoße. Zudem werde die für die Abgasreinigung erforderliche AdBlue-Zufuhr bei Temperaturen unter zehn Grad Celsius reduziert, obwohl nach den gesetzlichen Bestimmungen bis zu Temperaturen von minus 15 Grad Celsius Änderungen nicht vorgenommen werden dürften.
15Im Hinblick auf die Nachbesserung durch ein Software-Update hat der Kläger insoweit unter Beweisantritt ausgeführt, dass die Abgabemenge von AdBlue nicht in gesetzeskonformer Weise erhöht werden könne, da die im Fahrzeug verbauten Düsen zur Einspritzung ausreichender AdBlue-Mengen in das Abgassystem nicht geeignet seien. Der gesetzliche Grenzwert lasse sich vorliegend auch mit einem Update und maximalen AdBlue-Mengen nicht erreichen; die "illegalen Abschalteinrichtungen" blieben aktiv.
16bb) Mit diesem (im Berufungsverfahren zentralen) Vorbringen, mit dem der Kläger (auch) die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung vor dem von ihm erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag darlegen will, hat sich das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil nicht befasst. Das Schweigen des Berufungsgerichts in diesem Punkt lässt deshalb (nur) den Schluss zu, dass dieser Vortrag entgegen dem Gebot aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde (vgl. BVerfG, NJW-RR 2018, 694 Rn. 18 mwN; Senatsbeschluss vom - VIII ZR 386/20, juris Rn. 18). Die angefochtene Entscheidung erwähnt zwar an verschiedenen Stellen eine "unzulässige Abschalteinrichtung", bezieht sich hierbei aber offensichtlich lediglich auf die in der Pressemitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts erwähnte sogenannte schnelle Motoraufwärmfunktion. Eine Auseinandersetzung mit der Behauptung des Klägers zu einem "Thermofenster", wie von diesem beschrieben, lässt sie hingegen gänzlich vermissen.
17cc) Die darin liegende Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht die Frage der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung wegen Unzumutbarkeit jedenfalls der Nachbesserung in Gestalt des von der Fahrzeugherstellerin angebotenen Software-Updates im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 3, § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unter Berücksichtigung des übergangenen Vortrags anders beurteilt hätte.
18Erkennbar hat der Kläger hiermit eine - neben der von dem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts betroffenen, auf den Prüfstand bezogenen Abschalteinrichtung - (auch) beim regulären Fahrbetrieb temperaturabhängig einsetzende Steuerung der Abgasrückführung beziehungsweise der AdBlue-Zufuhr behauptet, die nach seiner Darstellung dazu führen soll, dass das Fahrzeug die vorgeschriebenen Abgaswerte nicht einhalte, und die er deshalb als weitere unzulässige Abschalteinrichtung ansieht. Träfe diese und die weitere unter Beweis gestellte Behauptung zu, dass das in Rede stehende Software-Update insoweit keine Abhilfe schaffen könne, was durch Sachverständigengutachten zu klären ist, wäre es dem Kläger nicht zuzumuten, sich auf eine solche unzureichende Nachbesserung einzulassen und der Beklagten zu dieser Form der Nachbesserung eine Frist zu setzen (vgl. auch Senatsurteil vom - VIII ZR 140/20, VersR 2022, 703 Rn. 29, 36). Denn eine Nachbesserung im Sinne von § 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB setzt voraus, dass der vorhandene Mangel hierdurch vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt wird (Senatsurteil vom - VIII ZR 140/20, aaO Rn. 30 mwN). Bei Fortbestehen weiterer unzulässiger Abschalteinrichtungen bliebe das Fahrzeug hingegen auch dann mangelbehaftet im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB in der bis zum maßgeblichen Fassung (Art. 229 § 58 EGBGB), wenn es über eine gültige EG-Typgenehmigung verfügt und daher im Straßenverkehr verwendet werden kann (vgl. hierzu und zur Bewertung eines sogenannten Thermofensters , RIW 2022, 604 Rn. 54 ff., 59 ff. - Porsche Inter Auto und Volkswagen; C-128/20, NJW 2022, 2605 Rn. 27 ff., 70 - GSMB Invest; siehe auch Senatsurteil vom - VIII ZR 190/19, BGHZ 232, 94 Rn. 69 ff.).
19b) Das Berufungsgericht hat ferner hinsichtlich des klägerischen Vortrags zu einem dem Fahrzeug infolge der Betroffenheit vom sogenannten Abgasskandal anhaftenden merkantilen Minderwert die Substantiierungsanforderungen überspannt und, indem es deshalb den hierfür vom Kläger angebotenen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erhoben hat, den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 544 Abs. 9 ZPO).
20aa) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom - VIII ZR 80/18, BGHZ 224, 302 Rn. 55; Senatsbeschluss vom - VIII ZR 19/21, juris Rn. 27; jeweils mwN). Das gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat (Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7; vom - VIII ZR 134/20, NJW-RR 2021, 1093 Rn. 33 mwN). Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 80/18, aaO Rn. 55; Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 226/19, juris Rn. 15; vom - VIII ZR 19/21, aaO Rn. 28 mwN).
21bb) Gemessen hieran hat der Kläger, wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht geltend macht, ausreichend substantiiert dargelegt, dass nach seiner Auffassung dem Fahrzeug - entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts auch unabhängig von der Durchführung des Software-Updates - ein merkantiler Minderwert anhafte. Bei seiner gegenteiligen Auffassung hat das Berufungsgericht die Anforderungen an einen substantiierten und schlüssigen Sachvortrag überspannt.
22(1) Der Kläger hat vorgetragen und unter Sachverständigenbeweis gestellt, dass das Fahrzeug aufgrund der Betroffenheit vom sogenannten Abgasskandal und des damit verbundenen Makels sowie wegen des Verdachts weiterer, aus dem Software-Update folgender Mängel auf dem freien Markt einen erheblichen Wertverlust erfahre, der sich - vor und nach einem Software-Update - mit 30 % bewerten lasse. Das Vertrauen in die Volkswagen AG und deren Tochterunternehmen sei nach dem sogenannten Abgasskandal gesunken. Dementsprechend sei die Nachfrage nach Dieselfahrzeugen dieser Hersteller zurückgegangen, während auf der Verkaufsseite ein Überangebot herrsche, weil viele Eigentümer eines solchen Fahrzeugs dieses "abstoßen" wollten. Das aus einem Überangebot einerseits und einer zurückgehenden Nachfrage andererseits resultierende "Preisdumping" sei bekannt. Sein Fahrzeug sei (deshalb) nahezu unverkäuflich.
23(2) Dieses Vorbringen erweist sich (jedenfalls derzeit) als ausreichend substantiiert, um einen allein aufgrund des Makels "vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug" bestehenden merkantilen Minderwert darzulegen. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, lässt sich bislang nicht allgemeingültig und abschließend beantworten, ob die Eigenschaft eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs in - dem Charakter eines Fahrzeugs als Unfallfahrzeug - vergleichbarer Weise einen (unbehebbaren) Sachmangel darstellt, weil sie ebenfalls einen merkantilen Minderwert zur Folge hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 226/19, juris Rn. 25; vom - VIII ZR 280/20, NJW 2022, 935 Rn. 26; vom - VIII ZR 386/20, juris Rn. 29; vom - VIII ZR 19/21, juris Rn. 33). Der Senat hat deshalb (jedenfalls derzeit) weitere, über den oben genannten Vortrag hinausgehende Darlegungen etwa - wie vom Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft angenommen - dahingehend, dass sich der Preis des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps ungünstiger entwickelt habe als der Gesamtmarkt für Diesel-Pkw, nicht für erforderlich gehalten, um in eine beantragte Beweisaufnahme einzutreten.
24cc) Die dem Berufungsgericht unterlaufene Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich (§ 544 Abs. 9 ZPO). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht, hätte es das oben wiedergegebene Vorbringen des Klägers in gebotener Weise zur Kenntnis genommen und zum merkantilen Minderwert des Fahrzeugs den angebotenen Sachverständigenbeweis erhoben, zu der Überzeugung gelangt wäre, einer Fristsetzung hätte es mit Blick auf die vom Kläger im Rücktrittsschreiben - was vorliegend ausreicht (vgl. , BGHZ 231, 149 Rn. 40; vom - VIII ZR 140/20, VersR 2022, 703 Rn. 21) - als maßgebliche Nacherfüllungsvariante gewählte Nachbesserung durch das Software-Update gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3, § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB ausnahmsweise nicht bedurft.
253. Die weiteren von der Nichtzulassungsbeschwerde erhobenen Rügen hat der Senat geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 6 Satz 2 ZPO).
IV.
26Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Entscheidung und Verhandlung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 9 ZPO).
27Für den weiteren Verfahrensgang weist der Senat auf folgende Gesichtspunkte hin:
281. Da der Kläger ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag auf die Behauptung mehrerer Sachmängel des Fahrzeugs stützt, wird - bevor die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts wegen Fehlens einer Fristsetzung zur Nacherfüllung (§ 437 Nr. 2, § 439 Abs. 1, § 323 Abs. 1 BGB) verneint werden können - im Hinblick auf jeden dieser Sachmängel zu prüfen sein, ob ein Nacherfüllungsverlangen ausnahmsweise gemäß § 323 Abs. 2, § 440, § 326 Abs. 5 BGB entbehrlich war (vgl. zum Erfordernis einer auf den jeweiligen Mangel bezogenen Fristsetzung zur Nacherfüllung Senatsurteil vom - VIII ZR 77/15, NJW 2016, 2493 Rn. 14 mwN; siehe auch Senatsurteil vom - VIII ZR 351/19, BGHZ 227, 15 Rn. 44).
292. Die Schlüssigkeit des bezogen auf die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung wegen Unzumutbarkeit einer Nachbesserung gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3, § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB erfolgten Vortrags des Klägers zu möglichen Folgemängeln infolge des von der Fahrzeugherstellerin angebotenen Software-Updates kann vorliegend nicht mit der Begründung verneint werden, es stehe nicht fest, auf welche Art und Weise die Beklagte eine Nacherfüllung im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung erbracht hätte. Der Kläger hat - was vorliegend ausreicht (vgl. , BGHZ 231, 149 Rn. 40; vom - VIII ZR 140/20, VersR 2022, 703 Rn. 21) - im Rücktrittsschreiben vom sein Wahlrecht im Sinne einer Nachbesserung ausgeübt.
30Sofern das Software-Update zu den vom Kläger behaupteten Folgeschäden am Fahrzeug führte, wäre diese zur Nachbesserung angebotene Maßnahme nicht auf die vollständige Beseitigung des Mangels gerichtet (vgl. Senatsbeschluss vom - VIII ZR 19/21, juris Rn. 21 mwN) und wäre es dem Kläger unzumutbar, der Beklagten zu dieser Form der Nachbesserung eine Frist (§ 323 Abs. 1 BGB) zu setzen (vgl. nur Senatsurteil vom - VIII ZR 140/20, aaO Rn. 29 f. mwN). Obgleich insoweit der bloße Verdacht einer unzureichenden Mangelbeseitigung nicht genügt, um das Interesse des Verkäufers an einer Nachbesserung zurücktreten zu lassen, ist ein entsprechender Vortrag des Käufers zu möglichen, durch das Software-Update hervorgerufenen Folgemängeln deshalb aber rechtlich nicht von vornherein unerheblich. Vielmehr bedarf es tatrichterlicher Feststellungen zu Umfang und Gewicht solcher Folgen (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 111/20, aaO Rn. 38). Hinsichtlich der an die Substantiierung des diesbezüglichen Vortrags zu stellenden Anforderungen wird das Berufungsgericht das Senatsurteil vom (VIII ZR 140/20, aaO Rn. 42 ff. mwN) zu beachten haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:051022BVIIIZR88.21.0
Fundstelle(n):
WM 2022 S. 2242 Nr. 46
UAAAJ-26019