Online-Nachricht - Donnerstag, 13.10.2022

Gewerbesteuer | Schachtelprivileg bei doppelt ansässigen Kapitalgesellschaften (BFH)

Zu den inländischen Kapitalgesellschaften i. S. des § 9 Nr. 2a GewStG gehören auch Kapitalgesellschaften, die ihren statutarischen Sitz im Ausland und ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die gewerbesteuerrechtliche Kürzung von Gewinnausschüttungen einer doppelt ansässigen Kapitalgesellschaft.

Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere der Erwerb und die Verwaltung eigenen Grundbesitzes sowie die Beteiligung an in- und ausländischen Gesellschaften, die Grundbesitz erwerben und verwalten.

Im Jahr 2009 (streitiger Erhebungszeitraum) war die Klägerin Alleingesellschafterin der B-BVBA, einer Gesellschaft mit Sitz in Belgien. Die B-BVBA ist nach den Grundsätzen des sog. Rechtstypenvergleichs als Kapitalgesellschaft einzuordnen.

Die B-BVBA war ihrerseits zu 14 % am Stammkapital einer mexikanischen Kapitalgesellschaft (M-CV) beteiligt, die im streitigen Erhebungszeitraum Gewinn an die B-BVBA ausschüttete. Die B-BVBA schüttete diesen Betrag noch im streitigen Erhebungszeitraum ohne Abschlag weiter an die Klägerin aus.

Das FA ermittelte den Gewerbeertrag und den vortragsfähigen Gewerbeverlust antragsgemäß unter Hinzurechnung von 95 % der Gewinnausschüttung der B-BVBA gem. § 8 Nr. 5 GewStG i. V. mit § 8b Abs. 1 und 5 KStG. Auf dieser Grundlage setzte das FA den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 und den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den fest. Die entsprechenden Bescheide standen gem. § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Den Antrag der Klägerin, diese Bescheide dahin zu ändern, dass die Hinzurechnung gem. § 9 Nr. 7 GewStG wieder gekürzt wird, lehnte das FA ab. Ein Einspruch blieb erfolglos.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt ().

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen:

  • Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG ist ausgeschlossen, soweit die Gewinnanteile die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen.

  • Das FG hat in den Senat bindender Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass die Geschäftsleitung der B-BVBA im streitigen Erhebungszeitraum in Deutschland lag, die B-BVBA keinen aktiven Tätigkeiten i. S. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG nachging und sie zu weniger als 15 % an der mexikanischen M-CV beteiligt war.

  • Auf Grundlage dieser Feststellungen hat das FG zutreffend entschieden, dass keine der Tatbestandsalternativen des § 9 Nr. 7 GewStG vorlag. Dies gilt auch für § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbsatz 2 GewStG, der tatbestandlich erfordert, dass Sitz und Geschäftsleitung der B-BVBA im anderen Mitgliedstaat belegen wären.

  • Die Entscheidung des FG, stattdessen § 9 Nr. 2a GewStG anzuwenden, ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern.

  • Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) liegen die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG grundsätzlich vor. Insbesondere ist die B-BVBA nach dem sog. Rechtstypenvergleich als Kapitalgesellschaft einzuordnen. Da die Klägerin im streitigen Erhebungszeitraum zu 100 % an der B-BVBA beteiligt war, ist auch die Mindestbeteiligungsquote überschritten.

  • Darüber hinaus erfüllte die B-BVBA als doppelt ansässige Gesellschaft mit Sitz in Belgien und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland die Voraussetzungen einer "inländischen" Kapitalgesellschaft i. S. des § 9 Nr. 2a GewStG. Die Einbeziehung doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften in den Anwendungsbereich des § 9 Nr. 2a GewStG ist umstritten. Während ein Teil der Literatur die Voraussetzung einer inländischen Kapitalgesellschaft zumindest bei denjenigen Gesellschaften bejaht, die - wie die B-BVBA - ihren statutarischen Sitz im Ausland und ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben, fordert ein anderer Teil der Literatur einen doppelten Inlandsbezug, d. h. Sitz und Ort der Geschäftsleitung müssen sich im Inland befinden. Das FG hat sich zu Recht der zuerst genannten Auffassung angeschlossen.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
MAAAJ-23862