Online-Nachricht - Freitag, 23.09.2022

Umsatzsteuer | Änderung der Bemessungsgrundlage bei Insolvenz des Abrechnungsdienstleisters (FG)

Eine Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG kommt nicht in Betracht, wenn über das Vermögen eines Dritten, der das vom Leistungsempfänger geschuldete Entgelt für Rechnung des Leistenden eingezogen hat, das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, bevor der Dritte das Entgelt an den Leistenden weitergeleitet hat (; Revision anhängig, BFH-Az. XI R 15/22).

Sachverhalt: Der Kläger betreibt eine Apotheke, die gesetzlichen Krankenkassen Arznei- oder Heilmittel liefert, die die Versicherten als Sachleistungen erhalten. Er hat mit einer GmbH einen „Vertrag zur Übernahme der Abrechnungstätigkeit und des Einzugs von Rezeptforderungen“ vereinbart. Die GmbH rechnete daraufhin mit den Krankenkassen ab und zog die Forderungen in ihrem Namen auf Rechnung des Klägers ein. Die Krankenkassen zahlten für die Arzneimittellieferungen des Klägers an die GmbH. Die GmbH teilte dem Kläger den Zahlungseingang mit.

Der Kläger berechnete in seinen monatlichen Voranmeldungen die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten einschließlich der noch offenen Restzahlungen für August und September 2020 abzüglich der hierauf entfallenden Umsatzsteuer. Bevor die GmbH die Restzahlungen für August und September 2020 an den Kläger weitergeleitet hat, wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger beantragte sodann beim Beklagten, diese Restzahlungen nicht mehr als Umsatz zu erfassen. Die Restzahlungen seien uneinbringlich geworden. Eine Änderung lehnte der Beklagte ab. Habe der Kläger seine Ansprüche gegen die Krankenkasse abgetreten und diese deshalb an die GmbH gezahlt, sei das Entgelt dem Kläger zuzurechnen und nicht uneinbringlich geworden.

Die Richter des FG Baden-Württemberg wiesen die Klage ab:

  • Die Entgelte sind nicht als i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG uneinbringlich anzusehen.

  • Leistungsempfänger der Lieferungen des Klägers ist die jeweilige Krankenkasse. Diese hat jeweils die vereinbarte Gegenleistung vereinbarungsgemäß an die GmbH gezahlt.

  • Die Umsatzsteuer ist mit den Lieferungen für die Krankenkasse an deren Versicherte entstanden - auch soweit die GmbH noch die Weiterleitung des Kaufpreises schuldet.

  • Die Abtretung der Ansprüche an die GmbH ändert hieran nichts. Mit der Zahlung der Krankenkasse an die GmbH ist der Anspruch des Klägers auf seine Gegenleistung erloschen.

  • Der Kläger hat das vereinbarte Entgelt vereinnahmt. Die Leistungsverhältnisse zwischen dem Kläger und den Krankenkassen sowie dem Kläger und der GmbH sind getrennt zu betrachten.

Hinweis:

Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt. Diese ist beim BFH unter dem Az. XI R 15/22 anhängig.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
PAAAJ-22649