Einkommensteuer | Erste Tätigkeitsstätte eines Lokführers (FG)
Das Einsatzgebiet eines Lokführers stellt seine "erste Tätigkeitsstätte" dar. Ein Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen scheidet daher aus (; Revision anhängig, BFH-Az. VI R 36/18).
Hintergrund: Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist, § 9 Abs. 4 EStG.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über den Abzug von Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen aus einer Tätigkeit als Lokführer für die X AG als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Streitjahr ist das Jahr 2015. Das FA vertrat die Ansicht, dass der Kläger keiner Auswärtstätigkeit nachgehe, sodass Verpflegungsmehraufwendungen nicht berücksichtigt werden könnten.
Hierzu führten die Richter des FG Köln weiter aus:
Das FA hat im Streitfall zu Recht lediglich die Entfernungspauschale für die Wege des Klägers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte anerkannt. Eine "erste Tätigkeitsstätte" ist vorhanden, sodass die Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG greift.
Nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH zum Recht vor der Reisekostenreform kann auch ein Werksgelände, ein Waldgebiet, ein Bergwerk oder ein Lotsenrevier eine großräumige (regelmäßige) Arbeitsstätte bzw. einen Tätigkeitsmittelpunkt darstellen (vgl. u.a. ).
In diesem Zusammenhang hat zunächst das FG Düsseldorf und im Anschluss daran auch der BFH bestätigt, dass das firmeneigenen Schienennetz, das ein Lokomotiv-Rangierführer mit der firmeneigenen Eisenbahn ("Werksbahn") seines Arbeitgebers befährt, eine "regelmäßige Arbeitsstätte" sein kann ( sowie ).
Für den Fall des Fahrers einer Werksbahn hat der BFH im o.g. Urteil klargestellt, dass das Schienennetz des Arbeitgebers als dauerhafte, betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers anzusehen ist. Hierbei steht die konkrete flächenmäßige Ausdehnung des firmeneigenen Schienennetzes der Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte bzw. eines Tätigkeitsmittelpunktes nicht entgegen.
Nach diesen Grundsätzen stellt das Einsatzgebiet des Klägers bei der X AG seine "erste Tätigkeitsstätte" dar: Das Schienennetz ist eine dauerhafte, betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers. Unerheblich ist an dieser Stelle, ob das Schienennetz selbst dem Arbeitgeber des Klägers gehört. Denn es kommt nicht auf die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse an, sondern lediglich auf die tatsächliche Sachherrschaft über das Schienennetz (), die hier seitens des Arbeitgebers des Klägers unstreitig gegeben war.
Der Einwand des Klägers, das Schienennetz verbinde lediglich die betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers, greift nicht: Vielmehr reiht sich zwischen den beiden betrieblichen Einrichtungen das Schienennetz als weitere betriebliche Einrichtung ein, so dass sich insgesamt gleichsam einer Perlenkette eine zusammenhängende betriebliche Fläche erschließt.
Ebenfalls unerheblich ist, dass sich das von der X AG genutzte Gebiet über mehrere Kilometer erstreckt. Aus der zitierten Rechtsprechung des BFH ergibt sich, dass eine flächenmäßige Ausdehnung eines Schienennetzes über mehrere Stadtteile der Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte bzw. eines Tätigkeitsmittelpunktes nicht entgegensteht.
Gegen die weite Auslegung des Merkmals der "ersten Tätigkeitsstätte" spricht schließlich auch nicht die Neufassung des § 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 4a S. 3 EStG. Normiert der Gesetzgeber dort nunmehr, dass die Entfernungspauschale auch dann gelten soll, wenn eine "erste Tätigkeitsstätte" nicht vorhanden ist, der Arbeitnehmer aber nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat, so kann daraus nicht zwingend der Schluss gezogen werden, in allen Fällen einer weiträumigen Tätigkeitsstätte sei keine "erste Tätigkeitsstätte" gegeben.
Die Revision gegen das Urteil ist beim BFH unter dem Az. VI R 36/18 anhängig. Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des FG Köln veröffentlicht.
Quelle: FG Köln online (il)
Fundstelle(n):
ZAAAG-96986