Elektrofahrzeuge: Neues zum geldwerten Vorteil
Geplante Steueränderungen durch das sog. JStG 2018
Das Bundeskabinett hat am den Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften verabschiedet. [1] Dieses Gesetzgebungsverfahren nannte sich im Referentenentwurf noch Jahressteuergesetz 2018. Das vorgenannte Gesetzgebungsverfahren enthält neben vornehmlich umsatzsteuerlicher Änderungen auch Veränderungen, die die Lohnsteuer in Bezug auf Elektrofahrzeuge betreffen. Hierauf wird nachfolgend eingegangen.
Adrian/Fey/Yilmaz, Entwurf des Jahressteuergesetzes 2018, StuB 16/2018 S. 569 NWB SAAAG-91887
Im Koalitionsvertrag ist die Förderung der Elektromobilität festgelegt. Daher soll die Besteuerung der privaten Nutzung von Elektro- und Hybridelektrodienst- bzw. -geschäftswagen künftig begünstigt werden, indem der Listenpreis dieser Fahrzeuge nur zur Hälfte angesetzt wird (Halbierung der Bemessungsgrundlage).
Diese vorgesehene Neuregelung soll für Anschaffungen nach dem und vor dem gelten. Entscheidend ist der Anschaffungszeitpunkt, nicht der Bestellungszeitpunkt.
Umsatzsteuerrechtlich wird die Kürzungsregelung bislang nicht berücksichtigt.
I. Zur Abrechnung von Elektrofahrzeugen
1. Aktuelle Regelung
[i]Hörster, Kabinett beschließt „Jahressteuergesetz 2018“ unter neuem Namen - Teil 1: Änderungen des Einkommensteuergesetzes, NWB 33/2018 S. 2393 NWB NAAAG-90467Schmidt/Wiebecke, Firmenwagen: Besteuerung der Gestellung an Arbeitnehmer, Grundlagen NWB MAAAE-60557Schönfeld/Plenker, Firmenwagen zur privaten Nutzung, Lexikon Lohnbüro NWB ZAAAD-15258Wenning, Sachbezüge, infoCenter NWB BAAAB-05698Seifert, Dienstwagen und geldwerter Vorteil – Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 4.4.2018, StuB 14/2018 S. 489 NWB TAAAG-89056Seifert, Gesetz zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr, StuB 4/2017 S. 140 NWB HAAAG-37913Hubert, Umsatzsteuerliche Behandlung der Verwendung von (Hybrid-) Elektrofahrzeugen durch Unternehmer, StuB 6/2015 S. 211 NWB XAAAE-86742 Olbertz, Dienstfahrzeugüberlassungsvertrag, Arbeitshilfe NWB HAAAF-89572 Der Sachbezug aus der Gestellung eines Dienstwagens an einen Arbeitnehmer kann entweder nach der
pauschalen (sog. 1 %-Regelung, § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG) oder
individuellen (sog. Fahrtenbuchregelung, § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG)
Wertermittlungsmethode bewertet werden.
Kommt die sog. 1 %-Regelung zur Anwendung, ist der inländische Bruttolistenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung des Fahrzeugs zuzüglich der Sonderausstattungskosten als Bemessungsgrundlage maßgebend (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und auch R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 LStR 2015).
Nach der gegenwärtig geltenden Rechtslage wird bei Elektro-, Hybridelektrofahrzeugen [2] und Brennstoffzellenfahrzeugen [3] von dem maßgeblichen inländischen Listenpreis ein pauschaler Abzug gewährt, sofern der Listenpreis Kosten für ein Batteriesystem enthält. Der für die Kürzung maßgebliche kWh-Wert kann der Zulassungsbescheinigung entnommen werden. S. 616
Gegenwärtig sind die inländischen Listenpreise für die vorgenannten Fahrzeuge höher als die Listenpreise von Kfz, die ausschließlich durch herkömmliche Antriebe (Verbrennungsmotoren) angetrieben werden. Um die Markteinführung von Elektrofahrzeugen nicht zu behindern, hat der Gesetzgeber bislang einen pauschalen Abschlag für das im Fahrzeug enthaltene Batteriesystem vorgesehen. [4]
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Übersicht: Minderungs- und Höchstbetrag | ||
Anschaffungsjahr/Jahr der Erstzulassung | Minderungsbetrag in €/kWh der Batteriekapazität | Höchstbetrag in € |
2013 und früher | 500 | 10.000 |
2014 | 450 | 9.500 |
2015 | 400 | 9.000 |
2016 | 350 | 8.500 |
2017 | 300 | 8.000 |
2018 | 250 | 7.500 |
2019 | 200 | 7.000 |
2020 | 150 | 6.500 |
2021 | 100 | 6.000 |
2022 | 50 | 5.500 |
Ein Arbeitgeber hat im Januar 2018 ein Elektroneufahrzeug mit einer Batteriekapazität von 16,3 kWh erworben und einem Arbeitnehmer zur Privatnutzung überlassen. Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind nicht zu erfassen. Der Bruttolistenpreis des Elektrofahrzeugs beträgt 45.360 €. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch wird nicht geführt.
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Berechnung | |
Bruttolistenpreis | 45.360,00 € |
abzüglich 16,3 kWh • 250 €= | -4.075,00 € |
verbleiben | 41.285,00 € |
abgerundet auf volle hundert Euro | 41.200,00 € |
monatlicher geldwerter Vorteil (1 % v. 41.200 €) = | 412,00 € |
• 12 Monate | 4.944,00 € |
2. Geplante Neuregelung
Durch den vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ist der inländische Listenpreis von Elektro- und Hybridelektrodienstwagen im Zeitpunkt der Erstzulassung nunmehr nur noch zur Hälfte anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG-E).
Wie Beispiel zuvor, der Arbeitgeber hat das Elektroneufahrzeug im Januar 2019 erworben. Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind nicht zu erfassen. Der Bruttolistenpreis des Elektrofahrzeugs beträgt 45.360 €. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch wird nicht geführt.
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Berechnung | |
Bruttolistenpreis | 45.360,00 € |
abgerundet auf volle hundert Euro | 45.300,00 € |
monatlicher geldwerter Vorteil (45.300 € • 0,5 %) = | 226,50 € |
• 12 Monate | 2.718,00 € |
Die vorgesehene Neuregelung soll für Anschaffungen nach dem und vor dem gelten. D. h. für die Anschaffungen bis zum und für die Anschaffungen in 2022 soll die bislang geltende Kürzungsregelung weiterhin gelten. Entscheidend für die Frage, welche Regelung zur Anwendung kommt, ist der Anschaffungszeitpunkt. Unerheblich ist hingegen der Bestellungszeitpunkt.
Ein Arbeitgeber bestellt Ende September 2018 ein Elektrofahrzeug. Dieses soll dem Arbeitnehmer H zur Verfügung gestellt werden. Die Auslieferung erfolgt im Dezember 2018.
Der geldwerte Vorteil aus der Dienstwagengestellung ist unter Berücksichtigung der bislang geltenden Kürzungsregelung für den gesamten Nutzungszeitraum zu berechnen.
Wie Beispiel zuvor, die Auslieferung des Elektrofahrzeugs erfolgt jedoch erst im Januar 2019.
Der geldwerte Vorteil aus der Dienstwagengestellung ist aufgrund der Anschaffung in 2019 nach der Neuregelung (0,5 %-Regelung) für den gesamten Nutzungsüberlassungszeitraum zu berechnen.
Ob die bis Ende 2018 geltende Regelung in 2022 wiederum gelten wird, bleibt jedoch abzuwarten. Denn bei der neuen Maßnahme zur Förderung der Elektromobilität soll vor Auslaufen des dreijährigen Begünstigungszeitraums die Förderwürdigkeit der Maßnahme unter Berücksichtigung der Markt- und Preisentwicklung sowie der Inanspruchnahme der Regelung evaluiert werden.
Vermutlich wird die vorgesehene Neuregelung zur Steigerung der Nachfrage nach Elektrofahrzeugen führen. Ob eine solche Investition wirtschaftlich sinnvoll ist, entscheidet letztendlich aber der Fahrzeugpreis.
Sofern für Wege zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte geldwerte Vorteile nach der 0,03 %-Regelung zu erfassen sind, halbiert sich dieser monatliche Vorteil ab 2019 bei Elektrofahrzeugen auf (0,03 % : 2 =) 0,015 %. S. 617
Die Anwendung der monatlichen 0,03 %-Regelung kann zugunsten einer Einzelbewertung mit 0,002 % je tatsächlich durchgeführter Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abgewählt werden. [5] Wird für solche Fahrten ein Elektrofahrzeug eingesetzt und kommt die Dienstwagen-Neuregelung hierauf zur Anwendung, dürfte vieles dafür sprechen, auch den 0,002 %-Wert um die Hälfte auf dann (0,002 % : 2 =) 0,001 % zu vermindern. Mit Ergänzungen zu dem gerade erst bekanntgegebenen [6] ist nach der Gesetzesverabschiedung zu rechnen.
Ein Arbeitgeber hat im Januar 2019 ein Elektroneufahrzeug angeschafft und es dem Arbeitnehmer zur Privatnutzung überlassen. Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind zu erfassen (15 Entfernungskilometer). Der Bruttolistenpreis des Elektrofahrzeugs beträgt 45.360 €. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch wird nicht geführt.
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Berechnung (monatlicher geldwerter Vorteil) | |
Bruttolistenpreis | 45.360,00 € |
abgerundet auf volle hundert Euro | 45.300,00 € |
Privatnutzungsvorteil | |
(1 % : 2 =) 0,5 % • 45.300 € = | 226,50 € |
Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte | |
(0,03 % : 2 =) 0,015 % v. 45.300 € = 6,80 € [7] • 15 Entfernungskilometer | 102,00 € |
Summe | 328,50 € |
davon pauschalierbar nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG mit 15 % 15 Entfernungskilometer • 15 Fahrten • 0,30 € | 67,50 € |
Die Lohnsteuerpauschalierung ist nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG grundsätzlich in Höhe des sonst möglichen Werbungskostenabzugs zulässig. Nach Verwaltungsauffassung wird die Pauschalierungshöhe aber auch auf den zuvor erfassten geldwerten Vorteil für die Fahrstrecke zur ersten Tätigkeitsstätte (hier maximal pauschalierbar: 102 €) beschränkt. [8] Diese Deckelung dürfte bei Anwendung der 0,001 %-Regelung häufiger als bislang Bedeutung gewinnen – gerade bei niedrigpreisigen Fahrzeugen.
II. Folgewirkungen durch die Neuregelung für Elektrofahrzeuge
Durch die vorgesehene Gesetzesänderung für Elektrofahrzeuge ergeben sich insbesondere auch die folgenden Auswirkungen:
Wird der geldwerte Vorteil nach der sog. Fahrtenbuchregelung ermittelt, müssen den Nutzungsverhältnissen laut ordnungsgemäßem Fahrtenbuch die Fahrzeuggesamtkosten gegenübergestellt werden. Bei Anschaffungen von Elektrofahrzeugen in den Jahren 2019 bis 2021 wirkt sich die Halbierungsregelung auch auf die sog. Fahrtenbuchfälle aus, da nur die Hälfte der Gesamtkosten zu berücksichtigen sind.
Der pauschale Nutzungswert kann die dem Arbeitgeber für das Kfz insgesamt entstandenen Kosten übersteigen. Dies ist bei Anwendung der bisherigen Regelung oftmals bei Elektrofahrzeugen anzutreffen. Der pauschale Nutzungswert wird dann höchstens mit den Gesamtkosten angesetzt (Kostendeckelung). [9] Durch die Halbierung des geldwerten Vorteils bei gleichzeitigem Wegfall der bisherigen Kürzungsregelung dürfte sich oftmals ein geringerer geldwerter Vorteil als bislang ergeben und demzufolge die Kostendeckelung seltener zur Anwendung kommen. Offen ist die Frage, ob bei Anwendung der Kostendeckelung die Gesamtkosten nur zur Hälfte berücksichtigt werden, wie dies auch bei der sog. Fahrtenbuchregelung vorgesehen ist.
Umsatzsteuerrechtlich wird die Kürzungsregelung bislang nicht berücksichtigt. [10] Es gilt zu klären, ob die vorgesehene Halbierungsregelung auch von der Umsatzsteuer übernommen wird. Aus praktischen Erwägungen ist dies zu befürworten.
Nach dem [11] werden Elektrofahrräder lohnsteuerlich wie ein Dienstwagen eingeordnet, wenn sie verkehrsrechtlich als Kfz einzuordnen sind. Offen ist die Frage, ob die Halbierung des pauschalen Nutzungswerts auch in diesen Fällen zur Anwendung kommen wird. Hierfür dürfte vieles sprechen.
Fundstelle(n):
StuB 17/2018 Seite 615
ZAAAG-93619
1Vgl. zu einem Überblick Adrian/Fey/Yilmaz, StuB 2018 S. 569 NWB SAAAG-91887.
2Vgl. NWB NAAAE-67090, BStBl 2014 I S. 835 = Kurzinfo StuB 2014 S. 542 NWB QAAAE-69461.
3Vgl. NWB GAAAG-72055, BStBl 2018 I S. 272 = StuB 2018 S. 150 NWB FAAAG-72949.
4Vgl. im Detail: NWB NAAAE-67090, BStBl 2014 I S. 835.
5Vgl. hierzu auch NWB CAAAG-81069, BStBl 2018 I S. 592 = Kurzinfo StuB 2018 S. 343 NWB CAAAG-82294, Rz. 6 ff.; vgl. ausführlich Seifert, StuB 2018 S. 486 NWB TAAAG-89056.
6Vgl. NWB CAAAG-81069, BStBl 2018 I S. 592.
7Mathematisch gerundet.
8Vgl. NWB HAAAA-85193, DB 1996 S. 708.
9Vgl. NWB CAAAG-81069, BStBl 2018 I S. 592, Rz. 4.
10Vgl. NWB IAAAE-66315, BStBl 2014 I S. 896 = Kurzinfo StuB 2014 S. 469 NWB RAAAE-67550.
11Vgl. NWB AAAAG-62778, BStBl 2017 I S. 1546 = StuB 2017 S. 928 NWB OAAAG-63887, i. V. mit gleich lautendem Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder v. NWB KAAAE-24076, BStBl 2012 I S. 1224 = StuB 2012 S. 923 NWB ZAAAE-24246.