FG Münster Urteil v. - 11 K 4108/14 EFG 2017 S. 1673 Nr. 20

Lohnsteuer

Bereitstellung trockener Brötchen und Heißgetränke

Leitsatz

Die Bereitstellung trockener Brötchen und Heißgetränke durch den Arbeitgeber stellt keinen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug in Form eines „Frühstücks”, sondern einen Sachbezug in Gestalt von "Kost" dar, auf den die 44 Euro-Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 9 a.F. EStG angewendet werden kann.

Gesetze: EStG a.F. § 8 Abs 2 Satz 9 EStG § 8 Abs 2 Satz 6

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Streitig ist, ob und wenn ja, in welchem Umfang die unentgeltliche Gestellung von Heißgetränken und unbelegten Brötchen an die Arbeitnehmer der Klägerin einen Sachbezug darstellt, der dem Lohnsteuerabzug unterliegt.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in A. […]

Die Klägerin bestellte im Streitzeitraum arbeitstäglich … Brötchen (Laugenbrötchen, Käsebrötchen, Käse-Kürbis-Brötchen, Rosinenbrötchen, Schokobrötchen und Roggenbrötchen etc.) sowie Rosinenbrote (Kroamstuten), die in Körben auf einen Büfett in der Kantine den gesamten Tag für die Mitarbeiter sowie für Kunden und Gäste zum unentgeltlichen Verzehr zur Verfügung standen. Es wurden dabei lediglich die trockenen Brotwaren, jedoch nicht Aufschnitt oder sonstige Belege zur Verfügung gestellt. Weiterhin konnten die Mitarbeiter, sowie Kunden und Gäste sich ganztägig unentgeltlich aus einem Heißgetränkeautomaten bedienen.

Die Arbeitszeit bei der Klägerin beginnt morgens um 8:00 Uhr. Die Mitarbeiter haben ca. zwischen 9:30 Uhr und 11:00 Uhr eine etwa halbstündige Pause. Hier sollen die Mitarbeiter miteinander ins Gespräch kommen, Kontakte pflegen und stellenübergreifend Problemlösungen finden. Die Pause dient der Kommunikation und dem Austausch der einzelnen Abteilungen (Entwicklung, Vertrieb, Support). In dieser Zeit sind auch die Führungskräfte und der Vorstand zeitweilig zugegen, um sich im Gespräch mit den Mitarbeitern über Probleme im Unternehmen auszutauschen. Die halbe Stunde wird nicht als Pause, sondern als bezahlte Arbeitszeit bei der Klägerin behandelt. Während dieser Zeit wird der Großteil der durch die Klägerin unentgeltlich zur Verfügung gestellten Brötchen und Backwaren verzehrt.

In 2013 wurde durch die ZALST des Finanzamts B. eine Lohnsteueraußenprüfung für den Prüfungszeitraum bis zum bei der Klägerin durchgeführt. Dabei wurde zwischen der Klägerin und dem Prüfer die lohnsteuerliche Behandlung der Abgabe der Brötchen und Backwaren streitig. Der Lohnsteueraußenprüfung vertrat diesbezüglich die Auffassung, dass es sich bei der unentgeltlichen Überlassung der Brötchen und der Möglichkeit, Heißgetränke zu ziehen, um eine Mahlzeit, nämlich ein Frühstück handele, das mit den amtlichen Sachbezügen zu versteuern sei. Die Klägerin trat dieser Auffassung entgegen. Ein einfaches Brötchen und ein Getränk erfülle nicht den Tatbestand einer Mahlzeit. Üblicherweise würde mit dem Begriff des Frühstücks nicht ein einfaches Brötchen ohne Belag assoziiert. Ein Brötchen sei wie Gebäck steuerlich als Aufmerksamkeit zu behandeln und müsse daher nicht versteuert werden. Hinsichtlich des hier in Rede stehenden Sachverhalts und der hierauf gegebenenfalls anwendbaren Sachbezugswerte gingen die Klägerin und der Prüfer letztlich von folgenden Zahlen aus:


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Zeitraum
Anzahl Mitarbeiter
Sachbezug
Betrag
Dezember 2008
1,50 €
Jahr 2009
1,53 €
Jahr 2010
1,57 €
Jahr 2011
1,57 €
Summe

Unter Anwendung eines Pauschalsteuersatzes von 25 % ermittelte der Prüfer steuerlichen Auswirkungen in Höhe von insgesamt … €:


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Jahr
Betrag
LSt
SolZ
Ev. KiSt
Rk KiSt
Jd KiSt
Ak.KiSt
2008
2009
2010
2011
Summe

Wegen der weiteren Einzelheiten und der weiteren nicht im Streit stehenden Prüfungsfeststellungen wird auf den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung des Finanzamts B. vom verwiesen.

Der Beklagte, der für die Besteuerung der Klägerin zuständig ist, schloss sich der Auffassung der Lohnsteuer-Außenprüfung an und erließ am einen kombinierten Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheid in Höhe von insgesamt … €, nach dem die Klägerin die oben aufgeführten Beträge hinsichtlich des streitigen Sachbezugs „Frühstück” in Höhe von insgesamt … € schulde.

Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass die Heißgetränke und die trockenen Brötchen zur Verfügung gestellt würden, damit die Mitarbeiter und die „Führungsetage” sich zwischen 9:30 Uhr und 11:00 Uhr in der Kantine zum Austausch träfen. Zu den Mitarbeitern stießen zu dieser Zeit ebenfalls Gäste und Kunden, die sich vorwiegend wegen Produktschulungen im Hause befänden. Im erheblichen Maße profitierten davon die Produkte der Klägerin. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Kombination aus trockenem Brötchen und Kaffee nicht um eine Mahlzeit bzw. ein Frühstück handele. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klägerin im Einspruchsverfahren verwiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass es sich nach seiner Auffassung gleichwohl um eine Mahlzeit handele. Diese sei nur dann nicht als Arbeitslohn zu versteuern, wenn sie im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liege. Eine im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegende Mahlzeit werde nur bei Mahlzeiten im Rahmen herkömmlicher Betriebsveranstaltungen, Speisen während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes sowie bei der Beteiligung von Arbeitnehmern an einer gesellschaftlich veranlassten Bewirtung anerkannt. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor.

Somit sei die unentgeltlich zur Verfügung gestellte Mahlzeit mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung zu versteuern und bewerten (Hinweis auf § 8 Abs. 2 S. 6 EStG). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom verwiesen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befindet.

Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben. Sie weist darauf hin, dass die Begriffe „Mahlzeit” bzw. „Frühstück” weder im Einkommensteuergesetz noch in der Sozialversicherungsentgeltsverordnung oder der zuvor anzuwendenden Sachbezugsverordnung legaldefiniert seien. Unter Hinweis auf den allgemeinen Sprachgebrauch vertritt sie die Auffassung, dass es sich bei der Bereitstellung von trockenen Brötchen und Backwaren ohne jeglichen Aufstrich schon nicht um ein Frühstück handele. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin ein eigenbetriebliches Interesse daran habe, dass die Mitarbeiter und die Mitglieder des Vorstandes zum Austausch in der Kantine zusammenkämen. Die Förderung betrieblicher Prozesse, der Kontakt der Abteilungen untereinander zur Förderung interner Prozesse und die Einbindung von Kunden und Gästen der Klägerin stünden dabei im Vordergrund. Bei den bereitgestellten Heißgetränken wie auch bei den bereitgestellten Brötchen und Backwaren handele es sich allenfalls um Aufmerksamkeiten im Sinne von R 19.6 Abs. 2 Lohnsteuerrichtlinien (2008 – 2011). Für Aufmerksamkeiten gelte indes eine Obergrenze von 40 € monatlich, die nicht überschritten werde. Die Klägerin ist nunmehr zudem der Auffassung, dass auch die vom Beklagten in Ansatz gebrachten Sachbezugswerte fehlerhaft seien. Bei durchschnittlich 0,60 € pro Brötchen an 20 Arbeitstagen pro Monat ergäbe sich ein Vorteil von 12 € im Monat pro Mitarbeiter. Der vorgenannte Betrag liege unter der in § 8 Abs. 2 S. 11 EStG geregelten summenmäßigen Mindestgrenze von 44 €, bei deren Unterschreiten die zu bewertenden Sachbezüge außer Ansatz zu bleiben hätten. Sie seien somit lohnsteuerrechtlich nicht zu erfassen.

Die Klägerin beantragt,

den Lohnsteuernachforderungs- und Lohnsteuerhaftungsbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom insoweit zu ändern, dass die festgesetzte Lohnsteuer […] reduziert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist weiterhin der Ansicht, dass es sich bei der Kombination von trockenen Brötchen oder Brot und Heißgetränk um ein „Frühstück” und damit um eine „Mahlzeit” handele, die mit dem amtlichen Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltsordnung zu bewerten sei. Der Beklagte weist darauf hin, dass auch Teilmahlzeiten hierunter fielen.

Der Senat hat am in der Sache mündlich verhandelt; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Nachforderungs- und Haftungsbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl.§ 100 Abs 1 S. 1 FGO), als der Beklagte davon ausgegangen ist, dass die Gestellung von trockenen Brötchen oder Backwaren in Kombination mit Heißgetränken nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 S.6 EStG als lohnsteuerpflichtiger Sachbezug in Form eines Frühstücks zu erfassen ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 1 EStG sind Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Wie sich aus dem Klammerzusatz des § 8 Abs. 2 S. 1 EStG ergibt, rechnet zu den geldwerten Einnahmen unter anderem auch „Kost”. Nach § 8 Abs. 2 S. 9 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung bleiben Sachbezüge, die nach Satz 1 zu bewerten sind, und damit auch „Kost”, außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte verbleibenden Vorteile insgesamt 44 € im Kalendermonat nicht übersteigen.

Demgegenüber fallen gemäß § 8 Abs. 2 S. 6 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung Sachbezüge i.S. der auf § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch basierenden Rechtsverordnung nicht unter die Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 9 EStG. Darüber hinaus sind für diese Sachbezüge die durch Rechtsverordnung nach § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch bestimmten Werte der Besteuerung zugrunde zu legen. Entsprechende Regelungen enthält die Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung). Durch § 2 Abs. 1 S. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung wird dabei der Sachbezug erfasst, der sich auf die Gestellung von Verpflegung zurückführten lässt. Aus § 2 Abs. 1 S. 2 Sozialversicherungsentgeltverordnung folgt, dass die „Verpflegung” i.S. des Satzes 1 dieser Vorschrift die Gesamtheit von Frühstück, Mittagessen und Abendessen umfasst, jedenfalls die Voraussetzungen von einer dieser Teilverpflegungen erfüllt sein müssen. Nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 6 Sozialversicherungsentgeltverordnung ist der Wert für ein „Frühstück” in diesem Sinne in den Streitjahren pauschal mit einem Wert zwischen 1,50 € und 1,57 € täglich anzusetzten.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese durch den angefochtenen Lohnsteuer Arbeitnehmern aus ganz überwiegenden betrieblichen Interesse Mahlzeiten gewährt hat. Bei der hier in Rede stehenden Verpflegung handelt es um eine arbeitstägliche Zuwendung und nicht um eine Zuwendung aus Anlass einer Betriebsveranstaltung. Soweit ein Arbeitgeber seine eigenen Arbeitnehmer außerhalb von herkömmlichen Betriebsveranstaltungen bewirtet, liegt darin in der Regel die Zuwendung von Arbeitslohn, es sei denn, die Speisen und Getränke werden anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes aus durch den Arbeitsablauf bedingten Gründen unentgeltlich überlassen (vergleiche , Bundessteuerblatt II 1995,59). Ein derartiger Ausnahmefall liegt dem Streitfall nicht zu Grunde.

Der in Rede stehende Bescheid ist jedoch deshalb rechtswidrig, weil die Klägerin ihren Arbeitnehmern keine Vorteile zugewandt hat, die nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 9 EStG 44 € im Kalendermonat übersteigen.

Im Streitfall hat die Klägerin ihren Arbeitnehmern keine Verpflegung i.S. des § 8 Abs. 2 S. 6 i.V.m. § 2 Abs. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung zur Verfügung gestellt. Nach Auffassung des Senates handelte es sich bei den durch die Klägerin ihren Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Backwaren und Heißgetränken weder um ein Frühstück, noch um ein Mittagessen oder Abendessen. Da die zur Verfügung gestellte Verpflegung in den Vormittagsstunden eingenommen wurde, ist vorliegend entscheidungserheblich, ob die Voraussetzungen für die Annahme eines „Frühstücks” vorliegen.

Soweit ersichtlich, hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, welche Nahrungsmittel (z.B. Brot bzw. Brötchen mit oder ohne Belag oder sonstige Beilagen) und Getränke bzw. Genussmittel (z,B. Kaltgetränke, Kaffee oder Tee) von einem Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unentgeltlich oder teilentgeltlich zur Verfügung gestellt werden müssen, um von dem Vorliegen eines „Frühstücks” im obigen Sinne ausgehen zu können.

In dem hier in Rede stehenden Sachzusammenhang wird in der Literatur insbesondere die Frage erörtert, unter welchen Voraussetzungen die Voraussetzungen einer „Mahlzeit” vorliegen.

Dabei wird z.T die Auffassung vertreten, dass angesichts unterschiedlicher Ansprüche und Bedürfnisse des Einzelnen und im Hinblick auf ein bestehendes Interesse an der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens jede Speise, mit der ein Arbeitnehmer seinen Nahrungsbedarf für den Augenblick stille -unabhängig von ihrem tatsächlichen Wert-, als „Mahlzeit” anzusehen ist (vgl. Hartz/Meeßen/Wolf, ABC Führer Lohnsteuer unter den Begriff Mahlzeiten Rz. 18 ff).

Dem vergleichbar sieht Stier die Voraussetzung für das Vorliegen einer Mahlzeit dann als gegeben an, wenn Lebensmittel an Arbeitnehmer abgegeben werden, die unmittelbar zum Verzehr geeignet sind und zum direkten Verbrauch während der jeweiligen Pause bestimmt sind (Stier, Was es bei der Gestellung von Mahlzeiten durch den Arbeitgeber zu beachten, Beilage zu NWB 13/2017).

Demgegenüber sind Mihatsch/Stimpel der Auffassung, dass im Falle eines Imbisses, zu dem auch eine Frikadelle, Würstchen mit Brötchen oder Ähnliches zähle, nicht von einer Mahlzeit gesprochen werden könne (Mihatsch/Stimpel, Essenzuschüsse und Mahlzeiten an Arbeitnehmer NWB Nr. 27 vom , Fach 6, Seite 3775).

Als abstraktes Abgrenzungskriterium stellt Albert für das Vorliegen einer Mahlzeit darauf ab, ob der Gebrauch von Messer und Gabel erforderlich seien (Albert, Mahlzeiten im Lohn- und Einkommensteuerrecht, FR 2010, 267).

Nach Auffassung des Senates erfüllt das Gestellen von trockenen Brotwaren (Brötchen verschiedenster Art) mit der gleichzeitigen Möglichkeit, auf ein Heißgetränk zuzugreifen, nicht die Anforderungen, die nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1) an ein Frühstück zu stellen sind, da entscheidungserheblich auf die allgemeine Lebensauffassung von einem „Frühstück” abzustellen ist.

Beurteilt man die von der Klägerin ihren Arbeitnehmern unentgeltlich zur Verfügung gestellten Lebensmittel an die Arbeitnehmer zunächst getrennt, so handelt es sich nach R 19.6 Abs. 2 S. 1 Lohnsteuerrichtlinien (2008 – 2011) bei den Getränken um Aufmerksamkeiten, die nicht zum Arbeitslohn zählen. Trockene Brötchen oder Brotwaren für sich genommen stellen nach der allgemeinen Lebensauffassung ebenfalls lediglich eine Aufmerksamkeit in diesem Sinne und kein Frühstück dar. Sie sind vergleichbar mit dem Reichen von Plätzchen zum Kaffee, was ebenfalls als Aufmerksamkeit im Sinne der Lohnsteuerrichtlinien zu qualifizieren ist und nicht als Frühstück verstanden wird.

Zu diesem Ergebnis kommen jedenfalls die Stimmen in der Literatur, die die Bejahung einer „Mahlzeit”, die dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt wird, davon abhängig machen, ob hierfür der Gebrauch von Messer und Gabel erforderlich ist.

Der Senat ist weiter der Auffassung, dass es sich auch bei der Kombination von Heißgetränk und unbelegtem Brötchen oder Brot nicht um ein Frühstück i.S.d. § 2 Abs. 1 S. '2 Sozialversicherungsentgeltverordnung handelt. Wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat, ist im allgemeinen Sprachgebrauch davon auszugehen, dass zum Mindeststandard eines Frühstücks in Form von Brötchen oder Backwaren in Kombination mit Getränken auch ein entsprechender Brotaufstrich gehört. So läge bei einem Beherbergungsvertrag mit „Frühstück” ein zivilrechtlicher Mangel dann vor, wenn das Beherbergungsunternehmen sich auf die Gestellung eines Heizgetränks und trockenen Brötchen beschränken würde, ohne darüber hinaus einen entsprechenden Brotbelag zur Verfügung zu stellen.

Davon, dass ein Brotbelag integraler Bestandteil eines Frühstücks ist, geht offensichtlich auch das BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab dem , Bundessteuerblatt I 2014, 1412, aus. Nach dessen Randziffer 73 sind bei der Ermittlung der steuermindernd zu berücksichtigenden Reisekosten die einem Arbeitnehmer dem Grunde nach zu gewährenden Verpflegungspauschalen in den Fällen zu kürzen, in denen den Arbeitnehmern eine Mahlzeit gestellt wird. Hierzu bestimmt Rz. 74 des BMF Schreibens, dass ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Snack oder Imbiss (z.B. belegte Brötchen und Kuchen oder Obst), der während einer auswärtigen Tätigkeit gereicht wird, eine Mahlzeit sein kann. Das vorgenannte BMF-Schreiben geht in dem Klammerzusatz von Randziffer 74 jedoch davon aus, dass eine Mahlzeit (nur) dann zur Verfügung gestellt wird, wenn belegte Brötchen gereicht werden. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass nach dieser Verwaltungsauffassung unbelegte Brötchen nicht zu einer „Mahlzeit” und damit auch nicht zu einem „Frühstück” gehören.

Da es sich im Streitfall bei den Heißgetränken und unbelegten Brötchen bzw. Brotwaren nicht um ein „Frühstück” handelt, ist § 8 Abs. 2 S. 6 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltsverordnung mit dem dort genannten pauschalierten Wertansatz nicht anwendbar. Diese von der Klägerin ihren Arbeitnehmern gestellte Verpflegung unterfällt mithin dem allgemeinen Begriff der „Kost” in § 8 Abs. 2 S. 1 EStG. Nach § 8 Abs. 2 S. 9 EStG sind aber Sachbezüge, die nach Satz 1 zu bewerten sind, außer Ansatz zu lassen, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte verbleibenden Vorteile insgesamt 44 € im Kalendermonat nicht übersteigen.

Eben dies ist im Streitfall gegeben. Dabei greift der Senat auf die anlässlich der Lohnsteueraußenprüfung ermittelten Werte der unbelegten Brötchen bzw. des Brots und der Heißgetränke zurück. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen darüber, dass im Streitfall die Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 9 EStG in Höhe von insgesamt 44 € im Kalendermonat pro Arbeitnehmer nicht überschritten ist. Ob diese Werte, wie die Klägerin meint, noch weiter zu mindern sind, kann dahingestellt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, da die Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 2 S. 6 EStG im Hinblick auf das Vorliegen eines „Frühstück” bzw. einer „Mahlzeit” von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DB 2017 S. 18 Nr. 40
DStR 2018 S. 6 Nr. 25
DStRE 2018 S. 843 Nr. 14
EFG 2017 S. 1673 Nr. 20
EStB 2018 S. 75 Nr. 2
GStB 2017 S. 387 Nr. 11
KSR direkt 2017 S. 12 Nr. 11
KÖSDI 2017 S. 20511 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 43/2017 S. 3260
ZAAAG-61750