Finanzgericht Düsseldorf  Urteil v. - 7 K 3168/13 E EFG 2014 S. 1487 Nr. 17

Abzug von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung – Aufteilung bei mehreren Verpflichteten

Leitsatz

  1. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die zur Verfügung stehenden Mittel unter in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Personen gleichmäßig verteilt werden (vgl. BStBl II 2009, 363).

  2. Lebt der von den Eltern mit einer regelmäßigen monatlichen Überweisung von 200 € unterstützte unterhaltsberechtigte Sohn in einer Haushaltsgemeinschaft mit seiner über regelmäßige Einkünfte (ca. 32.000 € p.a.) verfügenden Lebensgefährtin, so kann ungeachtet unregelmäßiger Barzahlungen der Eltern in unterschiedlicher Höhe ohne detaillierte Nachweise zu den Abrechnungsmodalitäten der Lebensgemeinschaft nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Lebenspartner für seine Lebenshaltungskosten jeweils selbst aufgekommen sei.

  3. Es ist nicht zu beanstanden, dass in diesem Fall der Anteil der Lebensgefährtin am Gesamtbetrag der Leistungen mit 8.004 € geschätzt und der Aufteilung des nach § 33 a Abs. 1 S. 1 EStG berücksichtigungsfähigen Betrages bei mehreren Verpflichteten nach Maßgabe des § 33 a Abs. 1 S. 7 EStG zugrunde gelegt wird.

Gesetze: EStG § 33 a Abs. 1 Satz 1, EStG § 33 a Abs. 1 Satz 3, EStG § 33 a Abs. 1 Satz 7

Tatbestand

Die Kläger machten in der Einkommensteuererklärung 2011 Aufwendungen für die Unterstützung ihres am geborenen Sohnes A geltend, der sich in Berufsausbildung befand. Der Steuererklärung war eine Bestätigung des Sohnes beigefügt, dass er 8.351,65 € bar oder unbar von den Eltern erhalten habe.

Die von den Klägern erklärten Aufwendungen setzten sich wie folgt zusammen:

Monatlich PKV 20,69 € (248,28 € p.a.)

KFZ-Vers. 4 x 68,13 € (272,52 € p.a.)

KFZ-Steuer 81,-- €

Kranken/Pflegevers. 64,66 + 66,81 + 66,81 +66,81 +77,90 +77,90 +77,90 + 77,90 +77,90 +77,90 ,+77,90 + 77,90 (Summe 888,29 €)

Mtl. Taschengeld Dauerauftrag 200,-- € (2.400,-- € p.a.)

Jahresbeitrag HSV 138,-- €

Universitätskasse 500,-- + 232,90 + 225,66 (gesamt 958,56 €)

Verwarnungsgeld 15,-- €

Bar: 400,-- + 200,-- +300,-- +200,-- +100,-- + 150,-- +300,-- + 100,-- +300,-- + 150,-- + 150,-- 800,-- + 200,-- = 3.350,-- €.

Der Sohn der Kläger lebt gemeinsam mit B in einer von dieser angemieteten Wohnung in C. B ist als Erzieherin nichtselbständig tätig.

Im Einkommensteuerbescheid 2011 vom wurden die Unterstützungsaufwendungen der Kläger nicht anerkannt mit der Begründung, es sei davon auszugehen, dass der Sohn durch die Lebenspartnerin mit unterstützt werde.

Gegen den Bescheid legten die Kläger Einspruch ein. Sie reichten eine Bescheinigung von B ein, dass ihr Freund A sich regelmäßig mit der Hälfte der entstehenden Kosten der Bedarfsgemeinschaft beteiligt habe. Er erhalte keine Unterstützung von ihr.

Nach den Feststellungen des Beklagten betrug der Bruttoarbeitslohn von B in 2011 32.301,57 €.

Der Beklagte erkannte in der Einspruchsentscheidung vom Unterstützungsaufwendungen iHv 4.088 € an. Die Höhe der Aufwendungen werde nicht bestritten. Neben den Klägern sei aber auch die Unterstützung durch die Lebensgefährtin zu berücksichtigen. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Sohn ausschließlich von den Eltern unterstützt worden sei. Das Vorbringen von B, dass der Sohn sich regelmäßig mit der Hälfte der entstehenden Kosten an der Bedarfsgemeinschaft beteiligt habe, überzeuge nicht. Der Sohn habe nur regelmäßige Zahlungen von 200 € von den Klägern erhalten. Dies erscheine für die Übernahme der hälftigen Miete, Nebenkosten und Lebenshaltungskosten zu niedrig. Die übrigen Zahlungen der Eltern seien unregelmäßig teilweise mit Abstand von zwei Monaten erfolgt.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Kläger tragen vor:

B habe eine Unterstützung ihres Lebensgefährten bestritten und darauf verwiesen, dass er sich mit der Hälfte der Kosten an der Bedarfsgemeinschaft beteilige. Andernfalls hätte sie Unterstützungsleistungen steuerlich geltend machen können. Die Kläger seien gesetzlich zum Unterhalt des Sohnes verpflichtet. Nach dem Mietvertrag schulde der Sohn der Kläger eine hälftige Miete von 144,52 € monatlich.

Schriftliche Abrechnungen zwischen dem Sohn und B gebe es nicht, da die Aufwendungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit immer halbiert worden seien. Barbeträge seien von den Klägern an den Sohn nicht regelmäßig monatlich geflossen, sondern immer dann, wenn hälftige Beträge zur gemeinsamen Kostentragung angefordert worden seien. Es sei erstaunlich, dass für B eine Unterstützung von 8.004 € unterstellt werde, obwohl keine Unterstützung erfolgt sei, und dass insoweit kein Nachweis von Unterstützungsleistungen gefordert werde, wohl dagegen von den Klägern.

Die Kläger reichten eine Bestätigung von B vom ein, wonach ihr Lebenspartner die Miet- und Nebenkosten zu 50 % getragen habe und jeder für seine Lebenshaltungskosten jeweils selbst aufgekommen sei. Nach dem eingereichten Mietvertrag aus dem Jahr 2006 über die Wohnung D zwischen B und dem Vermieter betrug die Miete 194,04 € zuz. Nebenkosten-VZ von 95 €.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2011 vom dahingehend zu ändern, dass 8.004 € Unterstützungsaufwendungen anerkannt werden.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

Der Beklagte trägt vor:

Regelmäßig habe der Sohn monatlich nur 200 € erhalten, die Zahlungen seien ansonsten nicht monatlich erfolgt. Es sei nicht ersichtlich, ob die Mietkosten gestiegen seien. Detaillierte Nachweise zu den Abrechnungsmodalitäten der Lebensgemeinschaft und den Lebenshaltungskosten lägen nicht vor. Auch Kontoauszüge zur Abhebung der Barzahlungen der Kläger seien nicht eingereicht worden.

Die Unterstützung durch die Eltern habe 8.351 € betragen, zuz. Unterstützung durch die Freundin von 8.004 € ergebe 16.356 €, hiervon entfielen auf die Kläger 51,06 %, so dass der Höchstbetrag von 8.004 € bei ihnen mit 51,06 % anzusetzen sei. Für Kranken- und Pflegeversicherung seien nach der Aufstellung 888,29 € gezahlt worden. Als Sonderausgaben seien Beiträge für den Sohn zur Basisversicherung iHv 374 € und 79 € geltend gemacht worden. Eine Erhöhung des Höchstbetrages nach § 33 a Abs. 1 S. 2 EStG sei ausgeschlossen, wenn die Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzusetzen seien. Dies scheine hier der Fall zu sein.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 8.004 Euro im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.

Werden die Aufwendungen für eine unterhaltene Person von mehreren Steuerpflichtigen getragen, so wird bei jedem der Teil des sich hiernach ergebenden Betrags abgezogen, der seinem Anteil am Gesamtbetrag der Leistungen entspricht. § 33 a Abs. 1 S. 7 EStG.

Maßgeblich für die Anwendung des § 33 a Abs. 1 S. 7 EStG ist nur ein Steuerpflichtiger, der Unterhalt gegenüber einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person leistet. Der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist nach § 33 a Abs. 1 S. 3 EStG eine Person, wenn bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden. Hierfür ist weder erforderlich, dass Sozialleistungen beantragt wurden noch dass beantragte Sozialleistungen gekürzt oder abgelehnt worden sind; es reicht aus, dass die unterhaltene Person wegen der Unterhaltsleistungen keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat ( BStBl II 2009,363 m.w.N.; Schmidt/Loschelder, EStG, 32. Aufl., § 33a Rz 21). Gegenüber den nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG gleichgestellten Personen besteht zwar keine gesetzliche Unterhaltspflicht. Der gesetzgeberische Grund der Gleichstellung liegt aber darin, dass der den Unterhalt Leistende sich in einer vergleichbaren Zwangslage wie der gesetzlich zum Unterhalt Verpflichtete befindet, wenn der Unterhaltsbedürftige durch Versagung von Sozialleistungen praktisch auf das Einkommen seines Lebenspartners verwiesen wird. Die gleichmäßige Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel unter in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Personen wird daher von der Rechtsprechung als Erfahrungssatz angesehen ( aaO.).

Dieser Erfahrungssatz greift auch im Streitfall ein. Die Kläger überweisen ihrem Sohn monatlich 200 €; dieser Betrag reicht aus, um seinen Anteil an der monatlichen Miete und der Nebenkostenvorauszahlung von rund 145 € zu zahlen. Für seinen Lebensunterhalt verbleiben ihm davon lediglich 55 €. Die Barzahlungen an den Sohn erfolgten unregelmäßig und in unterschiedlicher Höhe. Der Sohn hat am 400 €, am 200 €, dann erst wieder am 300 €, am 200 € erhalten; am 100 €, am 150 €, dann wieder am 300 € und am 100 €, am 300 €, am 150 €, am 800 € und am 200 €. Angesichts dessen ist das Vorbringen der Kläger, Barleistungen seien nur erfolgt, wenn diese zur gemeinsamen Kostentragung angefordert worden seien, ebenso wenig schlüssig wie die Bescheinigung von B, jeder sei für seine Lebenshaltungskosten jeweils selbst aufgekommen, obwohl Abrechnungen hierüber nicht vorgelegt werden konnten. Für den Zeitraum bis (rund 10 Wochen) hatte der Sohn 600 € zur Verfügung, wovon er seine Lebenshaltungskosten einschließlich Kosten für Bekleidung, Freizeitgestaltung usw. insgesamt hätte bestreiten müssen. Dass er insoweit keine Zuwendungen seiner Lebensgefährtin erhalten hat, die über regelmäßige Einkünfte verfügte, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Nicht plausibel ist auch, dass im April und August nur 100 € „zur gemeinsamen Kostentragung angefordert” worden sein sollen, während im Oktober 800 € erforderlich waren und gezahlt wurden.

Der Beklagte hat mangels jeglicher Nachweise die Unterstützungsaufwendungen der Lebensgefährtin zutreffend mit dem nach § 33 a Abs. 1 S. 1 EStG berücksichtigungsfähigen Betrag von 8.004 € geschätzt und aufgrund der von den Klägern geltend gemachten Beträge für diese abzugsfähige Unterstützungsleistungen von 4.088 € errechnet. Dabei hat er zwar zu Unrecht die Versicherungsleistungen, die die Kläger für den Sohn gezahlt haben, einbezogen, obwohl Beiträge zur Basisversicherung bereits als Sonderausgaben berücksichtigt wurden. Eine Verböserung kommt insoweit jedoch im Klageverfahren nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
EFG 2014 S. 1487 Nr. 17
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2014 S. 2387
ZAAAE-69591