Notfallpraxis kein häusliches Arbeitszimmer
Leitsatz
1. Eine ärztliche Notfallpraxis im selbst genutzten Wohnhaus unterliegt nicht der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG, wenn sie nach außen erkennbar dem Publikumsverkehr gewidmet ist. Die Bestimmung für den Publikumsverkehr setzt voraus, dass die Notfallpraxis über einen Eingangsbereich verfügt, der sich erkennbar von den privat genutzten Räumlichkeiten absetzt und keine unmittelbare räumliche Verbindung zu diesen aufweist (Fortführung der Senatsrechtsprechung, , BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463).
2. Nutzt ein Steuerpflichtiger mehrere in die häusliche Sphäre eingebundene Räume für berufliche oder betriebliche Zwecke, ist die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer regelmäßig für jeden Raum gesondert vorzunehmen. Eine gemeinsame Qualifizierung kommt nur in Betracht, wenn die Räume in Folge nahezu identischer Nutzung eine funktionale Einheit bilden (Hinweis auf , BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139).
Gesetze: EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird, übte im Streitjahr (1996) als Ärztin für Allgemeinmedizin eine selbständige Tätigkeit in den Räumen einer Gemeinschaftspraxis aus. Daneben nutzte sie für die von ihr zu leistenden Not- und Bereitschaftsdienste drei Kellerräume des selbst genutzten und im Miteigentum der Eheleute stehenden Wohnhauses als Notfallpraxis. Nach den Angaben der Klägerin dienten zwei der Kellerräume als Behandlungsräume und einer als Warteraum. Im Keller befindet sich des Weiteren eine Toilette. Die Kellerräume sind von der Garage oder über das Treppenhaus vom Erdgeschoss aus zugänglich. Im Erdgeschoss des Wohnhauses liegt ein weiterer Raum, den die Klägerin im Streitjahr als Büro nutzte.
Im Rahmen der Gewinnermittlung für die selbständige Tätigkeit als Ärztin machte die Klägerin anteilige Gebäudeaufwendungen, Absetzung für Abnutzung und Schuldzinsen für die im Erdgeschoss und Keller gelegenen und beruflich genutzten Räume einschließlich der Toilette als Betriebsausgaben geltend. Sie ging dabei davon aus, dass von der Gesamtwohnfläche von 363,8 m² auf die beruflich genutzten Räume 64,18 m² (17,64 %) entfielen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte die Aufwendungen nicht. Die Räumlichkeiten seien häusliche Arbeitszimmer und unterlägen der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen stehe entgegen, dass das Arbeitszimmer nicht zu mehr als 50 % beruflich genutzt werde und in der Gemeinschaftspraxis, in der der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit der Klägerin liege, ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.
Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit der daraufhin erhobenen Klage hielt die Klägerin an ihrem Begehren fest, die anteiligen Hausaufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben zum Abzug zuzulassen. Sowohl bei der Notarztpraxis im Keller, die zwei Behandlungsräume, einen Warteraum und eine Patiententoilette umfasse, als auch bei dem Büro im Erdgeschoss handele es sich um eine Betriebsstätte i.S. des § 12 der Abgabenordnung (AO 1977), für die die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG nicht gelte. Gegen die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers spreche auch der Umstand, dass die Notarztpraxis von den privat genutzten Räumlichkeiten getrennt sei. Das Büro im Erdgeschoss befinde sich zwar unmittelbar neben den privaten Wohnräumen, sei aber auf Grund seiner Nähe zu der Notarztpraxis dieser funktional zuzuordnen und stelle daher ebenfalls kein häusliches Arbeitszimmer dar.
Nach Klageerhebung nahm das FA im Wohnhaus der Klägerin eine Ortsbesichtigung vor. In dem darüber gefertigten Bericht führte das FA u.a. aus: Im Kellergeschoss seien zwei so genannte Behandlungsräume und ein so genanntes Patienten-WC vorhanden. Der Zugang zu den Räumen erfolge über die Garage und den Kellergang, von dem auch die privaten Kellerräume zu erreichen seien. Ein separater Zugang existiere nicht.
Während des Klageverfahrens erließ das FA wegen anderer, im vorliegenden Verfahren nicht mehr streitiger Tatbestände einen Änderungsbescheid, den die Klägerin gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens machte. Bezüglich der im vorliegenden Verfahren streitigen Aufwendungen teilte das FA der Klägerin mit, dass die zwei Behandlungsräume im Kellergeschoss des Wohnhauses aufgrund ihrer Lage und Ausstattung nicht als Betriebsstätte anerkannt werden könnten. Gleiches gelte für das ab dem Jahr 1996 (Streitjahr) in das Erdgeschoss verlegte Arbeitszimmer.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Verfahrensbeteiligten dahin übereingestimmt, dass sowohl im Keller als auch im Erdgeschoss Räume von der Klägerin beruflich genutzt worden seien und dass —für den Fall, dass die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG nicht eingreife— hinsichtlich der Aufwendungen für diese Räume von einer Bemessungsgrundlage von 550 000 DM sowie einem Prozentsatz der beruflichen Nutzung von 21,76 % auszugehen sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, soweit die Klägerin den Abzug der Aufwendungen für die Notarztpraxis und das Büro als Betriebsausgaben begehrte, in vollem Umfang ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Sowohl aus der Gesetzesbegründung als auch aus Sinn und Zweck der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG folge, dass Büro- und Praxisräume aus dem Anwendungsbereich der Norm nicht ausgenommen werden sollten. Ob ein Büro- oder Praxisraum der Abzugsbeschränkung unterfalle, sei auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden.
Bei Anwendung dieser Grundsätze stellten die von der Klägerin genutzten Räumlichkeiten häusliche Arbeitszimmer dar. Sie seien mangels separaten Zugangs und mangels räumlicher Abgeschlossenheit in den privaten Wohnbereich der Klägerin und ihrer Familie integriert. Dem stehe nicht entgegen, dass die Patienten die Praxis möglicherweise über die Garage ohne Kontakt zu den eigentlichen Wohnräumen betreten würden. Unterfielen die Räume damit dem Regelungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG, so seien die dafür getätigten Aufwendungen in vollem Umfang nicht abzugsfähig, da die Klägerin unstreitig den überwiegenden Teil ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis ausübe und ihr dort auch ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stünde.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Einkommensteuerbescheid 1996 in der geänderten Fassung vom insoweit abzuändern, als neben den von der Vorentscheidung zuerkannten Betriebsausgaben in Höhe von 2 969,75 DM zusätzlich weitere Betriebsausgaben in Höhe von 10 418,20 DM bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit der Klägerin zum Abzug zugelassen werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Die Feststellungen des FG ermöglichen keine Entscheidung dazu, ob die im Keller des selbst genutzten Wohnhauses gelegenen ärztlichen Behandlungsräume dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG unterfallen.
1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer den Gewinn nicht mindern. Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird nach Satz 3 der Vorschrift in der für das Streitjahr 1996 geltenden Fassung die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2 400 DM begrenzt. Die Begrenzung entfällt ganz, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
2. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zufolge erfasst die Abzugsbeschränkung das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer daher typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt (, BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139; vom XI R 89/00, BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185; vom VI R 164/00, BFHE 201, 86, BStBl II 2003, 350; vom IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43; jeweils mit Nachweisen zur früheren Rechtsprechung).
Ausgehend von dieser Definition sieht der erkennende Senat auch unter Geltung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG eine ärztliche Notfallpraxis nicht als häusliches Arbeitszimmer im Sinne dieser Vorschrift an, selbst wenn sie mit Wohnräumen des Arztes räumlich verbunden ist. Als Notfallpraxis sind dabei Räume zu verstehen, die erkennbar besonders für die Behandlung von Patienten eingerichtet und für jene leicht zugänglich sind. Solche Räumlichkeiten unterscheiden sich regelmäßig im Hinblick auf ihre Ausstattung und insbesondere im Hinblick auf ihre Widmung für den Publikumsverkehr von einem häuslichen Arbeitszimmer, für das der Gesetzgeber wegen der äußerlich nur schwer oder gar nicht erkennbaren Trennung der betrieblichen/beruflichen von der privaten Sphäre eine Abzugsbeschränkung schaffen wollte (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom IV R 7/01, BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463).
Der Senat verkennt nicht, dass im Einzelfall die Beurteilung schwierig sein kann, ob die Räumlichkeiten entsprechend einer Notfallpraxis eingerichtet sind. Denn auch in den für Notfälle vorgehaltenen Räumlichkeiten wird regelmäßig der Schreibtisch ein zentrales Möbelstück darstellen und die Einrichtung im Übrigen auf die medizinisch unbedingt notwendigen Einrichtungsgegenstände begrenzt sein. Regelmäßig werden die Räumlichkeiten deshalb dem medizinischen Standard einer herkömmlichen Arztpraxis nicht entsprechen; ganz abgesehen davon, dass die Ausstattung je nach Fachrichtung der ausgeübten fachärztlichen Tätigkeit stark differieren dürfte. Der Senat misst daher in diesen Fällen der leichten Zugänglichkeit der Räumlichkeiten für die Patienten eine ganz entscheidende Bedeutung für deren Beurteilung als Notfallpraxis zu. In diesem Sinne hat der Senat in der Entscheidung in BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463 das Vorliegen einer Notfallpraxis maßgeblich darauf gestützt, dass die im Untergeschoss des Wohnhauses als Notfallpraxis eingerichteten Räumlichkeiten für die Patienten durch einen besonderen Eingang zugänglich waren. Dabei hat der Senat entscheidend auf die durch den eigenen Eingang nach außen hin erkennbare Widmung der Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr abgestellt. Unabhängig von der bewertungsrechtlichen Einordnung eines bebauten Grundstücks sind Räumlichkeiten, die entsprechende notfallärztliche Einrichtung unterstellt, daher regelmäßig als Notfallpraxen einzustufen, soweit sie über einen von den Privaträumen separaten Eingang verfügen. Indes ist das Vorliegen eines separaten Eingangs nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme einer Notfallpraxis. Je nach baulicher Gestaltung im Einzelfall kann die nach außen erkennbare Widmung der Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr auch dann bejaht werden, wenn die Praxisräume und die Privaträume über einen gemeinsamen Eingangsbereich (etwa in Form eines Windfangs) verfügen. Der Eingangsbereich muss sich dann aber erkennbar von den ansonsten privat genutzten Räumlichkeiten absetzen und darf —abgesehen von einer Tür— keine räumliche Verbindung zu diesen aufweisen. Muss der Notfallpatient demgegenüber erst einen Flur oder eine Diele durchqueren, die dem Privatbereich unterfallen, fehlt es an der nach außen erkennbaren Widmung der Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr und damit an der für die Patienten leichten Zugänglichkeit. Die Räumlichkeiten unterliegen dann unabhängig von ihrer Einrichtung dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG.
3. Ob ein mit Wohnräumen des Arztes in räumlichem Zusammenhang stehender Raum als Notfallpraxis im vorstehenden Sinne anzusehen ist, muss im Einzelfall festgestellt werden. Dazu kann sich die Finanzbehörde und im Prozess das FG als Tatsachengericht aller verfahrensrechtlich zulässigen Beweismittel bedienen. Die Feststellungslast trägt der Steuerpflichtige, denn es handelt sich im Hinblick auf den begehrten unbeschränkten Abzug der durch die Nutzung als Notfallpraxis veranlassten Betriebsausgaben um eine steuermindernde Tatsache (Senatsurteil in BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463).
4. Wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Notfallpraxis erfüllt sind, sind die durch die betriebliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich unbeschränkt als Betriebsausgaben abziehbar. Nach allgemeinen Grundsätzen ist aber zusätzlich erforderlich, dass die betreffenden Räumlichkeiten nahezu ausschließlich betrieblich genutzt werden. Denn es gilt das von der Rechtsprechung aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG abgeleitete Aufteilungs- und Abzugsverbot für Aufwendungen, die nicht nur unerheblich privat mitveranlasst sind und bei denen sich private und betriebliche Veranlassung nicht leicht und zweifelsfrei trennen lassen (BFH-Beschlüsse vom GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17, und vom GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213). Von Finanzbehörde und Tatsachengericht sind auch hierzu die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Zeiten der Nichtnutzung dürfen dabei nicht der außerbetrieblichen Nutzung zugerechnet werden, denn das Bereithalten des Behandlungsraums für eine Notfallversorgung ist betrieblich veranlasst. Dementsprechend kommt —anders als bei Leerstandszeiten von Ferienwohnungen, die ständig zur Vermietung an Gäste bereitgehalten werden (vgl. , BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726)— auch keine anteilige Zurechnung solcher Zeiten zur außerbetrieblichen Nutzung in Betracht. Die Feststellungslast für eine mehr als unerhebliche außerbetriebliche Nutzung trägt insoweit die Finanzbehörde (Senatsurteil in BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463).
5. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif.
a) Das FG wird zunächst festzustellen haben, ob die Praxisräume im Kellergeschoss für die Patienten leicht zugänglich waren. Die Praxisräume sind ausweislich der eingereichten Baupläne, auf die das FG-Urteil ausdrücklich Bezug nimmt, zum einen über einen Treppenabgang, der von dem Eingangsflur/bzw. Eingangstreppenraum im Erdgeschoss in das Kellergeschoss führt, zugänglich. Den unvollständigen Plänen ist jedoch nicht eindeutig zu entnehmen, ob der Eingangsflur/bzw. Eingangstreppenraum im Erdgeschoss sich erkennbar von den privat genutzten Räumlichkeiten absetzt.
Zum anderen sind die Behandlungsräume über eine im Keller befindliche Haustür, über die man schließlich durch die Garage auf die Straße gelangen kann, zugänglich. Auch wenn dieser Zugang von den Patienten tatsächlich genutzt worden sein sollte, was das FG noch festzustellen hat, wäre die Widmung der Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr jedenfalls dann nicht hinreichend deutlich dokumentiert, wenn die Garage lediglich mit einem herkömmlichen Garagentor ohne zusätzliche Tür und entsprechend breiter Durchgangsmöglichkeit ausgestattet (gewesen) sein sollte. Das FG hat diesbezüglich keine Feststellungen getroffen. Vielmehr hat es lediglich ausgeführt, dass die Patienten die Praxis möglicherweise über die Garage erreichen konnten.
b) Sollte das FG die leichte Zugänglichkeit der Praxisräume bejahen, bedürfte es weiterer Feststellungen zu der Frage, mit welchem Betrag die streitigen Aufwendungen den Gewinn der Klägerin mindern dürfen. Das hängt maßgeblich davon ab, welche Räume im Streitjahr zu der Notfallpraxis gehörten und inwieweit die Räume auch zu außerbetrieblichen Zwecken genutzt wurden.
aa) Zunächst ist zu prüfen, ob der als Wartezimmer bezeichnete weitere Raum im Kellergeschoss im Streitjahr überhaupt entsprechend ausgestattet und genutzt worden ist. Entsprechende Feststellungen des FG fehlen. Auch dem Bericht über die Ortsbesichtigung des FA sind keine Feststellungen bezüglich des Vorhandenseins eines Wartezimmers zu entnehmen. Gegen die berufliche Nutzung des Raumes spricht indes das Vorbringen der Klägerin im Klageverfahren, wonach zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung durch das FA das Wartezimmer nicht existiert habe und wonach die von ihr eingereichten Fotoaufnahmen des Wartezimmers, auf die die Vorentscheidung ausdrücklich Bezug nimmt, die Einrichtung zu einem späteren Zeitpunkt wiedergäben.
bb) Ob die sog. Patiententoilette im Kellergeschoss ausschließlich der Notfallpraxis zuzuordnen ist, kann nach den Feststellungen des FG ebenso wenig beurteilt werden.
Der erforderliche enge Zusammenhang mit den Behandlungsräumen könnte nur dann bejaht werden, wenn sämtliche im Keller gelegenen Räumlichkeiten —mit Ausnahme bloßer Nebenräume, wie Waschküche, Hausanschluss- und Heizungskeller— im Zusammenhang mit der Notfallpraxis genutzt würden. Insoweit kommt es maßgeblich darauf an, ob der als Wartezimmer bezeichnete Raum im Streitjahr bereits als solcher genutzt worden ist. Sollte sich demgegenüber herausstellen, dass der Raum im Streitjahr privat genutzt worden ist, fehlt es an dem erforderlichen engen Zusammenhang. In diesem Fall kann eine private Mitbenutzung der Toilette durch die im Haus wohnenden Personen grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen stünde dann das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entgegen.
cc) Aufgrund seiner abweichenden Auffassung hatte das FG zudem keine Veranlassung, Feststellungen zu der Frage zu treffen, ob und ggf. in welchem Umfang die zur Notfallpraxis gehörenden Räumlichkeiten auch zu außerbetrieblichen Zwecken genutzt worden sind. Soweit das FG ausführt, dass keine Indizien auf eine private Nutzung des Raumes (gemeint sind offensichtlich die drei Kellerräume sowie das Büro im Erdgeschoss) schließen ließen, fehlt es an Feststellungen, die eine derartige Schlussfolgerung tatsächlicher Art rechtfertigen könnten. Dies gilt insbesondere für die Nutzung des Wartezimmers, da, wie ausgeführt, bereits dessen Einrichtung im Streitjahr nicht festgestellt worden ist. Zweifel an der grundsätzlichen beruflichen Nutzung der Räumlichkeiten als Notfallpraxis sind aber auch deshalb angezeigt, weil die Gemeinschaftspraxis, in der die Klägerin praktiziert, lediglich 300 Meter von dem Wohnhaus entfernt liegt. Es erscheint daher keineswegs ausgeschlossen, dass die Klägerin die Gemeinschaftspraxis auch im Rahmen ihrer Bereitschafts- und Notfalldienste aufsucht und sie die häuslichen Räume dazu weder benötigt noch tatsächlich nutzt.
c) Das FG erhält Gelegenheit, die erforderlichen Feststellungen zu diesen nach der Rechtsauffassung des erkennenden Senats entscheidungserheblichen Fragen nachzuholen. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass auf Grund der vorliegenden Baupläne der von der Klägerin ermittelte Anteil der beruflich genutzten Räume im Keller (zwei Behandlungsräume, ein Warteraum und die Toilette) an der Gesamtwohnfläche nicht nachvollziehbar ist. Der Anteil soll 17,64 % (siehe auch die Revisionsbegründung) betragen. Ausgehend von einer Gesamtwohnfläche von 363,80 m², über die das Wohnhaus insgesamt verfügen soll, müsste die Notfallpraxis ca. 64,18 m² umfassen. Nach den Bauplänen entfallen auf diese Räumlichkeiten jedoch nur insgesamt 43,46 m² (zwei Behandlungsräume je 12,01 m², Warteraum 16,02 m² und Toilette 3,42 m²). Im Verhältnis zu der Gesamtwohnfläche von 363,80 m² entspräche dies einem Anteil der beruflich genutzten Kellerräume (einschließlich der Toilette) von 11,95 %. Weitere Zweifel und Unklarheiten ergeben sich auch deshalb, weil die Klägerin in ihrer Klageschrift die Größe der Notarztpraxis incl. Toilette sogar nur mit 35,94 m² angegeben hat.
6. Zutreffend hat das FG indes die anteiligen Aufwendungen für das im Erdgeschoss des Wohnhauses liegende Büro nicht zum Abzug zugelassen, da es sich dabei um ein häusliches Arbeitszimmer i.S. der Abzugsbeschränkung gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG handelt.
a) Wie oben unter 2. bereits ausgeführt, erfasst die Abzugsbeschränkung das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Für seine Qualifizierung ist es ohne Bedeutung, ob der Raum eine Betriebsstätte i.S. des § 12 AO 1977 darstellt (BFH-Urteil in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185).
b) In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein Arbeitszimmer regelmäßig dann, wenn es sich in einem Raum befindet, der zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehört (, BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7; in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185; in BFHE 201, 86, BStBl II 2003, 350, und in BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43). Ein Arbeitszimmer, das sich in einem selbst genutzten Einfamilienhaus befindet, ist danach grundsätzlich ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG (, BFHE 202, 116, BStBl II 2004, 75).
c) Im Streitfall hat das FG zutreffend das Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers bejaht. Nach eigenem Vorbringen nutzt die Klägerin das Büro im Erdgeschoss ausschließlich für Arbeiten, die mit der ärztlichen Tätigkeit in der Notfallpraxis zusammenhängen, wie z.B. Abrechnungsarbeiten, Rechnungslegung und Aufbewahrung von Patientenakten. Das Büro entspricht daher, ohne dass es der Feststellung der Ausstattung im Einzelnen bedarf, exakt dem Raum-Typus, der nach der vorgenannten Rechtsprechung als Arbeitszimmer anzusehen ist. Ebenso ist das im Erdgeschoss des selbst genutzten Wohnhauses gelegene Büro in die häusliche Sphäre eingebunden. Auch eine u.U. gegebene (s. oben Nr. 5 a) räumliche Trennung zwischen Büro- und Wohnbereich würde diese Einbindung nicht aufheben.
d) Dem Einwand der Klägerin, das Büro im Erdgeschoss stünde im funktionalen Zusammenhang mit der Betriebsstätte im Keller —der Notfallpraxis—, weshalb die Aufwendungen auf Grund dieses Zusammenhangs ebenso abzugsfähig seien, vermag der Senat nicht zu folgen.
aa) Wie oben unter 6. a ausgeführt ist die Betriebsstätteneigenschaft für die Qualifizierung eines Raumes als Arbeitszimmer ohne Bedeutung. Ob ein in die häusliche Sphäre eingebundener Raum dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG unterfällt, ist ausschließlich danach zu beurteilen, ob er dem von der Rechtsprechung gebildeten Raum-Typus (dazu unter 2.) entspricht. Begehrt der Steuerpflichtige den Betriebsausgabenabzug für mehrere in seine häusliche Sphäre eingebundene Räume, ist die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich für jeden Raum gesondert vorzunehmen. Eine gemeinsame Qualifizierung kommt nur dann in Betracht, wenn die Räume eine funktionale Einheit bilden. Diese liegt aber nur vor, wenn verschiedene Räume nahezu identisch genutzt werden. Insoweit kann es keinen Unterschied machen, ob aufgrund der räumlichen Situation ein oder mehrere Räume genutzt werden. So hat der BFH in BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139 entschieden, dass ein als Archiv genutzter Raum unter Berücksichtigung seiner Ausstattung, Lage und Funktion als Teil des häuslichen Arbeitszimmers anzusehen und damit diesem Typus zuzuordnen sein kann. Der Entscheidung lag die Annahme zu Grunde, dass in einem Archiv Tätigkeiten durchgeführt werden, die wie das Einordnen, Sichten und Heraussuchen von Unterlagen Tätigkeiten sind, die häufig auch in einem häuslichen Arbeitszimmer verrichtet werden und die (ggf. vorbereitend und unterstützend) der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dienen. Eine derartige funktionale Einheit bildet das im Erdgeschoss gelegene Büro mit der im Kellergeschoss gelegenen Notfallpraxis, deren Bestehen unterstellt, nicht. Die Notfallpraxis dient der Klägerin nach ihrem Vorbringen zur Behandlung der Patienten, während in dem Büro nach den Feststellungen des FG nur verwaltungstechnische Arbeiten durchgeführt werden. Allein aus der Tatsache, dass die im Büro durchgeführten Verwaltungsarbeiten ausschließlich im Zusammenhang mit der Notfallpraxis stehen, wie die Klägerin behauptet, kann angesichts der unterschiedlichen Nutzung der Räumlichkeiten nicht gefolgert werden, dass Büro und Praxis steuerrechtlich einheitlich zu beurteilen sind. Anderenfalls würde die funktionale Einheit ausschließlich durch die Nähe der einzelnen Räumlichkeiten zueinander bestimmt, was zu willkürlichen Ergebnissen führen könnte. Dies wird insbesondere deutlich durch den Vergleich mit demjenigen Steuerpflichtigen, der anders als die Klägerin seiner ärztlichen Behandlungstätigkeit nur in Räumen nachgeht, die außerhalb der häuslichen Sphäre liegen. Erledigt dieser Steuerpflichtige ebenfalls die in der Arztpraxis anfallenden Verwaltungsarbeiten in einem in seine häusliche Sphäre eingebundenen Büroraum, unterläge dieser Raum zweifelsohne als häusliches Arbeitszimmer dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG.
bb) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob im Einzelfall ein Büroraum auf Grund seiner besonderen räumlichen Nähe zu anderen Betriebsräumen nicht als häusliches Arbeitszimmer anzusehen ist. Denn —wenn überhaupt— kann ein im (auch) selbst genutzten Wohnhaus gelegenes Büro allenfalls dann aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG ausscheiden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre aufgehoben oder überlagert wird. Derartige Umstände könnten etwa zu bejahen sein, wenn das Büro (auch) von dritten, nicht familienangehörigen Personen genutzt wird oder das Büro räumlich in andere ausschließlich betrieblich genutzte Räumlichkeiten integriert ist und diese dem Büro ein anderes Gepräge geben (so wohl das /98, BStBl I 1998, 863, für das Büro eines Bäckers, welches in einem Geschäftshaus gelegen ist, in dem sich zusätzlich die Wohnung, die Backstube, der Verkaufsraum und ein Aufenthaltsraum für das Verkaufspersonal befinden).
Im Streitfall wird das im Erdgeschoss liegende Arbeitszimmer daher auch dann nicht aus der häuslichen Sphäre gelöst, wenn die im Keller des Wohnhauses befindlichen Räumlichkeiten als Notfallpraxis anzusehen wären. Das Arbeitszimmer ist weder direkt mit der Notfallpraxis räumlich verbunden, noch wird es von familienfremden Dritten genutzt.
e) Da nach den weiteren Feststellungen des FG die Klägerin den überwiegenden Teil ihrer Tätigkeit in den Räumen der Gemeinschaftspraxis erbracht und ihr dort auch ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden hat, hat das FG die anteiligen Aufwendungen für das Büro im Erdgeschoss zu Recht in vollem Umfang nicht zum Abzug zugelassen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BStBl 2005 II Seite 203
BB 2004 S. 1210 Nr. 22
BFH/NV 2004 S. 1016
BFH/NV 2004 S. 1016 Nr. 7
BStBl II 2005 S. 203 Nr. 6
DB 2004 S. 1346 Nr. 25
DStRE 2004 S. 676 Nr. 12
FR 2004 S. 842 Nr. 14
INF 2004 S. 482 Nr. 13
KÖSDI 2004 S. 14243 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2006 S. 2669
StB 2004 S. 242 Nr. 7
ZAAAB-22100