FG Düsseldorf Urteil v. - 10 K 2717/17 G, Zerl

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mietzinsen: Gemietete Messestandflächen als fiktive Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens – Berücksichtigung des Geschäftsgegenstands des Unternehmens – Erfordernis der ständigen Vorhaltung entsprechender Flächen

Leitsatz

  1. Die von einem Unternehmen, dessen Geschäftsgegenstand die Herstellung, der Vertrieb und die Montage von Markisen sowie von Bauelementen aller Art ist, anlässlich der Teilnahme an einer Fachmesse für die Standfläche entrichtete Miete ist nicht als Entgelt für die Überlassung unbeweglicher Wirtschaftsgüter dem Gewinn bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzuzurechnen.

  2. Gemietete Messestandflächen stellen keine fiktiven unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dar, wenn der Geschäftsgegenstand des Ausstellers es nicht gebietet, ein derartiges Wirtschaftsgut ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb vorzuhalten (vgl. , BFH/NV 2017, 388).

  3. Dieses Erfordernis besteht jedenfalls dann nicht, wenn durch eine Nichtteilnahme an der Messe die gewerbliche Tätigkeit eines Unternehmens nicht maßgeblich beeinflusst wird.

Gesetze: GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. E; HGB § 247 Abs. 2

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

Tatbestand

Streitig ist, ob die für die Anmietung von Messestandflächen gezahlten Entgelte unter § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG fallen.

Die Klägerin, eine GmbH, produziert …anlagen, insbesondere …anlagen für die Montage an Privathäusern. Alle drei Jahre findet in Z-Stadt die Fachmesse („…”) statt, an der auch die Klägerin teilnimmt, um dort ihr Produktsortiment zu präsentieren. Weitere Messen besucht die Klägerin nicht als Ausstellerin.

Für die vom 24. bis dauernde Messe … meldete sich die Klägerin im Mai 2013 bei der B GmbH an. Sie gab dabei an, dass sie eine Standfläche von … qm (… x … m), belegen als sog. Kopfstand, begehre. Mit Standbestätigung vom wurde der Klägerin von der B GmbH der Kopfstand Nr. A1 (… qm) zugewiesen. Mit Schreiben vom wurde die vorgenannte Standbestätigung für ungültig erklärt und der Klägerin nunmehr der Blockstand Nr. B1 (. qm à 190 €/qm) zugewiesen. Für den Blockstand wurden der Klägerin von der B GmbH … € netto in Rechnung gestellt, und zwar … € netto Miete zzgl. … € netto AUMA-Beitrag und … € netto Medienpauschale. Eine weitere Rechnung der B GmbH über … € netto betraf die über dem Messestand errichtete Seilabhängung. In dem Rechnungsbetrag sind auch Arbeitslohn (… € netto) sowie Kosten für die Anmietung einer Arbeitsbühne und eines Kettenzuges (… netto) enthalten.

Der Gewerbesteuermessbetrag 2015 wurde mit Bescheid vom zunächst erklärungsgemäß auf 13.692 € festgesetzt.

Im Rahmen einer u.a. das Jahr 2015 betreffenden Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Messekosten um Miet-/Pachtzinsen i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchstabe d bzw. Nr. 1 Buchstabe e GewStG handele und der gewerbesteuerliche Gewinn daher wie folgt zu erhöhen sei:

bewegliche Wirtschaftsgüter (§ 8 Nr. 1 Buchstabe d GewStG):


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Gabelstapler
     … €
Scherenbühne
  …. €
Messestand
… €
… €
1/5
… €

davon ¼ = … €

unbewegliche Wirtschaftsgüter (§ 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG):


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B GmbH
Seilabhängung
… €
B GmbH
Blockstand
… €
… €
1/2
…0 €

davon ¼ = … €

Der Prüfer verwies auf Rz. 29 der gleichlautenden Ländererlasse vom zu Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom (BGBl. I S. 1912, BStBl I S. 630), wonach eine lediglich kurzzeitige Anmietung kein Ausschlusskriterium für eine Hinzurechnung sei.

Am erging ein Änderungsbescheid, mit dem der Gewerbesteuermessbetrag auf … € festgesetzt wurde. Zudem erging am ein geänderter Zerlegungsbescheid.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Nichtanwendung des § 8 Abs. 1 Buchstabe e GewStG auf die Kosten für die Standmiete und die Seilabhängung. Die im Gewerbesteuermessbescheid angesetzten Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter im Eigentum eines anderen seien um … € zu kürzen und der Gewerbesteuermessbetrag infolgedessen auf … € festzusetzen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die angemieteten Messestandflächen aufgrund der lediglich nur kurzen und sporadischen Anmietung nicht als Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens anzusehen seien. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seiner Entscheidung I R 57/15 vom ausgeführt, dass Entgelte für die Überlassung von Ausstellungsflächen in Messehallen nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Mietzinsen gemäß § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG unterliegen würden. Dass es in dem dortigen Urteilsfall um eine Gesellschaft gegangen sei, deren alleiniger Geschäftszweck die An- und Weitervermietung von Ausstellungsflächen gewesen sei, sei unerheblich. Wenn die Messeflächen schon bei einer solchen Gesellschaft nicht zum Anlagevermögen gehören würden, da sie diese nicht ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorhalten müsse, müsse das für sie - die Klägerin - erst recht gelten, da sie nur in einem mehrjährigen Turnus überhaupt an einer Messe als Ausstellerin teilnehme. Der BFH führe in seiner Entscheidung aus, dass der Geschäftsgegenstand des Unternehmens auch im Rahmen der gebotenen Fiktion bei der Prüfung der Annahme von Anlagevermögen zu berücksichtigen sei. Dabei müsse sich die Annahme so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren. Geschäftsgegenstand der Klägerin sei die Herstellung, der Vertrieb und die Montage von Markisen sowie von Bauelementen aller Art. Ein Bezug zum Anlagevermögen der Klägerin durch die sporadische Anmietung von Messeflächen im Abstand von mehreren Jahren sei nicht im Geringsten erkennbar.

Zu beachten sei auch, dass es ausschließlich im Ermessen der Messegesellschaft liege, welche Standfläche sie – die Klägerin – nutzen dürfe. So sei ihr z.B. im Jahr 2015 der zunächst zugesagte Kopfstand von der Messegesellschaft nachträglich wieder entzogen und lediglich ein Blockstand zugewiesen worden. Auch dies stütze die Argumentation, dass kein Anlagevermögen anzunehmen sei. Bei einer allein im Ermessen der Messegesellschaft liegenden Platzzuteilung und einer nur im mehrjährigen Turnus stattfindenden Veranstaltung sei das Merkmal „dauerhaft dem Betrieb dienen” eindeutig nicht gegeben.

Die Klägerin beantragt,

den Gewerbesteuermessbescheid 2015 vom und den Gewerbesteuerzerlegungsbescheid vom , beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom , dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2015 unter Berücksichtigung von um … € niedrigeren Miet-/Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter neu festgesetzt wird und der Zerlegungsbescheid entsprechend geändert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass an der Hinzurechnung der betreffenden Miet-/ Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter festzuhalten sei.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem von der Klägerin zitierten BFH-Urteil I R 57/15. Denn dieses betreffe lediglich die Vermittler von Messestandflächen, nicht aber die Endnutzer. Gegenstand des vorgenannten Urteils sei die Frage gewesen, ob ein Unternehmen, welches im Zuge seiner Geschäftstätigkeit bei Vorliegen entsprechender Kundenaufträge diesen Kunden die Teilnahme an Messen Dritter ermöglicht habe, den Aufwand für die Anmietung von Messeflächen nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG hinzuzurechnen habe. Dies habe der BFH letztlich deshalb verneint, weil das Tatbestandsmerkmal des fiktiven Anlagevermögens nicht erfüllt sei, da in einem derartigen Sonderfall allein aufgrund auftragsbezogener Weisung eines Auftraggebers bestimmte (Messe-)Flächen angemietet würden.

Für die Endnutzer der Messestandflächen verbleibe es dagegen bei der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG. Der BFH habe mit Urteil vom – IV R 24/11, das die kurzfristige Anmietung verschiedener Veranstaltungsstätten betroffen habe, entschieden, dass für die Zuordnung eines gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsguts zum fiktiven Anlage- oder Umlaufvermögen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung das Eigentum des Mieters oder Pächters voraussetzungslos fingiert werde. Die Kurzfristigkeit der Anmietung einer Immobilie oder ein häufiger Wechsel angemieteter Immobilien und deren unterschiedliche Größe und Nutzbarkeit stünden der Annahme fiktiven Anlagevermögens bei dem Mieter nicht entgegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.

Gründe

Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO-).

1. Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Gewerbesteuermessbescheid vom ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung). Die von der Klägerin für die Messestandfläche und die Seilabhängung entrichtete Miete i.H.v. … € ist nicht nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG dem Gewinn bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzuzurechnen.

Nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet ein Viertel der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der Beträge i.S. von § 8 Nr. 1 Buchstabe a bis f GewStG 100.000 € übersteigt.

Diese durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 eingeführte Hinzurechnungsnorm verlangt --wie schon die in § 8 Nr. 7 GewStG a.F. geregelte, bis zum Erhebungszeitraum 2007 geltende Hinzurechnung von Mieten und Pachten für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens-- eine fiktive Zuordnung zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters, da die Gegenstände mangels Eigentums seinem Betriebsvermögen nicht zugeordnet werden können. Es ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre.

§ 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG begründet insoweit eine voraussetzungslose Fiktion der Eigentümerstellung. Darauf, ob vergleichbare Eigentümerbetriebe bestehen, kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob es eine Wahlmöglichkeit zwischen Miete/Pacht einerseits und Erwerb andererseits gibt (, BFHE 256, 526, BFH/NV 2017, 985).

Ob das Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen gehören würde, ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen.

Anlagevermögen sind demnach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Hierunter fallen die zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter. Die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (wie z.B. der Art des Wirtschaftsguts, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, der Art des Betriebs, ggf. auch der Art der Bilanzierung). Ein Gegenstand, der etwa zum Verkauf bestimmt ist, gehört danach auch dann zum Umlaufvermögen, wenn er bei fehlender Verkaufsmöglichkeit übergangsweise vermietet oder in anderer Weise für den Betrieb genutzt wird. Demgegenüber gehört ein Gegenstand, der zur Vermietung bestimmt ist, zum Anlagevermögen, es sei denn, die Vermietung dient nur dem Zweck, den Gegenstand anschließend dem Mieter zu verkaufen.

Bei der Prüfung, ob nach diesen Grundsätzen fiktives Anlagevermögen gegeben ist, muss der Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigt werden. Diese Prüfung muss sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren. Es ist zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt. Dabei kann ein Gegenstand grundsätzlich auch dann fiktives Anlagevermögen sein, wenn er nur kurzfristig – wie z.B. für wenige Tage oder auch nur Stunden - gemietet oder gepachtet wird. Denn für die Zuordnung beweglicher Wirtschaftsgüter zum fiktiven Anlagevermögen ist nicht die Dauer der tatsächlichen Benutzung, sondern der Umstand maßgeblich, ob der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen (vgl. zu allem , BFHE 256, 526, BFH/NV 2017, 985 ).

b) Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ist für die an die B GmbH gezahlten Entgelte keine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG vorzunehmen.

aa) Bezüglich des Entgelts für die „Messefläche” ist zunächst zu beachten, dass das Entgelt von … € netto auch einen sog. AUMA-Beitrag (… € netto) und eine Medienpauschale (… € netto) beinhaltet. Bezüglich der beiden zuletzt genannten Positionen ist bereits nicht erkennbar, inwiefern es sich hierbei um das Entgelt für die Überlassung unbeweglicher Wirtschaftsgüter und damit um Mietzinsen handeln soll.

Das übrige Entgelt für die Messefläche ( qm x 190 €  = … € netto) ist dagegen unzweifelhaft als Mietzins einzustufen, denn es wurde für die Überlassung von Stand- bzw. Ausstellungsflächen für die Dauer der Messe entrichtet.

Die angemietete Fläche gehörte jedoch nicht zum fiktiven Anlagevermögen der Klägerin, da es der Gegenstand ihres Unternehmens nicht gebot, ein derartiges Wirtschaftsgut ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorzuhalten. Der Geschäftszweck der Klägerin bestand – worauf diese zu Recht hinweist – in der Herstellung, dem Vertrieb und der Montage von … sowie von Bauelementen aller Art. Dieser Geschäftszweck erforderte es nicht, an Messen teilzunehmen. Vielmehr war es die freie und alle drei Jahre neu vorzunehmende Entscheidung der Klägerin, ob sie aus Werbezwecken an der Messe … teilnehmen wollte oder nicht. Durch eine Nichtteilnahme an der Messe wäre die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin nicht maßgeblich beeinflusst worden, zumal die Messe ohnehin nur alle drei Jahre stattfand und schon aus diesem Grund ausgeschlossen werden kann, dass die Klägerin ausschließlich dort Kunden zu gewinnen vermochte. Dass die Standfläche für das Unternehmen der Klägerin dennoch von einer derartigen Bedeutung gewesen sein könnte, dass sie eine solche Fläche ständig hätte vorhalten müssen, ist nicht einmal ansatzweise ersichtlich.

Das (BFH/NV 2017, 388) steht dem nicht entgegen. Insbesondere findet die Schlussfolgerung des Beklagten, dass lediglich die Vermittler von Messeflächen – nicht jedoch die (End)Aussteller - von einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG ausgenommen seien, in der Entscheidung keine Stütze. Der BFH hat vielmehr nochmals betont, dass sich die Annahme von Anlagevermögen nicht bereits aus der Fiktion des Eigentums ergibt, sondern der Geschäftsgegenstand des Unternehmens zu berücksichtigen ist, d.h. es auf die konkreten betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen ankommt. Bezogen auf die reine Vermittlung von Messeflächen ist er sodann zu dem Schluss gekommen, dass angesichts der Zufälligkeit der konkreten Auswahlentscheidung der Auftraggeber nicht davon auszugehen sei, dass der Vermittler entsprechende Flächen ständig vorzuhalten habe. Eine Entscheidung dahingehend, dass die Anmietung von Messeflächen in anderen Konstellationen stets (d.h. unabhängig vom Geschäftszweck und sonstigen Besonderheiten des Einzelfalls, wie z.B. der Häufigkeit der Messebesuche oder der praktizierten Vertriebswege) zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG führt, ist damit nicht verbunden.

Der Streitfall unterscheidet sich auch wesentlich von der Sachlage, die dem vom Beklagten zitierten (BFH/NV 2017, 985) zu Grunde lag. Es ging dort um eine Gesellschaft, deren Geschäftszweck die Veranstaltung von Konzerten war und die hierfür im Streitjahr 160 Mietverträge über verschiedene Immobilien wie Theater, Konzertsäle, Stadien und Arenen mit einer Mietdauer von 1 bis 8 Tagen abgeschlossen hatte. Der BFH hat die Zugehörigkeit der angemieteten Immobilien zum fiktiven Anlagevermögen bejaht und dabei darauf abgestellt, dass die dortige Klägerin nach ihrem Geschäftszweck - nämlich für die Veranstaltung von Konzerten - auf die Verfügbarkeit von Veranstaltungsimmobilien angewiesen sei und sie deshalb derartige Immobilien ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb habe vorhalten müssen. Die lediglich alle drei Jahre erfolgende Anmietung einer Messestandfläche ist damit weder von der Häufigkeit noch von der Bedeutung für den Geschäftszweck her auch nur ansatzweise vergleichbar.

Der Streitfall ähnelt vielmehr der Anmietung von Hotelzimmern. Zwar mag es der Geschäftszweck in Sonderfällen gebieten, an einem bestimmten Ort (wie z.B. dem Sitz des ständig aufzusuchenden Hauptauftraggebers) eigene Übernachtungsmöglichkeiten vorzuhalten. Von einem Unternehmer kann jedoch schlechterdings nicht verlangt werden, an allen Orten, zu denen bereits geschäftliche Kontakte bestehen oder die aus sonstigen geschäftlichen Anlässen potentiell aufzusuchen sein könnten - d.h. letztlich überall -, eigene Räumlichkeiten für eventuelle Geschäftsreisen vorzuhalten. Hotelzimmer gehören daher - jedenfalls im Regelfall - nicht zum fiktiven Anlagevermögen. Dass derartige Mietzinsen nicht der Regelung des § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG unterliegen sollen, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/4841, Seite 80), wo es heißt, dass eine Hinzurechnung bei Verträgen über kurzfristige Hotelnutzungen regelmäßig ausscheiden werde.

bb) Für die Seilabhängung gilt im Ergebnis das Gleiche.

Insoweit ist zunächst zu beachten, dass in dem Gesamtentgelt von … € netto auch Arbeitslohn i.H.v. … € netto enthalten ist, bei dem es sich schon dem Grunde nach nicht um Mietzins handelt. Zudem sind im Gesamtentgelt … € netto für die Anmietung einer Arbeitsbühne und … € netto für die Anmietung eines Kettenzugs enthalten, welche – da bewegliche Wirtschaftsgüter angemietet wurden – allenfalls einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe d GewStG unterliegen könnten. Überhaupt stellt sich die Frage, ob nicht auch die Seilabhängung als solche den beweglichen Wirtschaftsgütern zuzurechnen ist, da diese nicht dauerhaft mit dem Gebäude verbunden wird, sondern der Sinn und Zweck auf kurzzeitige Einsätze und damit auch eine einfache Lösbarkeit von der Decke angelegt ist.

Die Frage kann jedoch dahinstehen, da auch § 8 Nr. 1 Buchstabe d GewStG nur für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gilt und die Ausführungen bezüglich der Zugehörigkeit der angemieteten Messefläche zum Anlagevermögen in gleichem Maße für die Seilabhängung gelten. Ebenso wenig wie es der Geschäftszweck der Klägerin gebot, Messeflächen ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorzuhalten, war es geboten, die zwecks Aufhängung von Werbeschildern über dem Messestand benötigten Seilaufhängungen einschließlich der zur Aufhängung benötigten Arbeitsgeräte dauerhaft vorzuhalten. Damit scheidet eine Zurechnung sowohl nach § 8 Nr. 1 Buchstabe d GewStG als auch nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG aus.

2. Die Entscheidung betreffend die Übertragung der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrags und der betragsmäßigen Änderungen bei der Gewerbesteuerzerlegung beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zwecks Fortbildung des Rechts zugelassen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:FGD:2019:0129.10K2717.17G.ZERL.00

Fundstelle(n):
DStR 2019 S. 1682 Nr. 32
DStR 2019 S. 7 Nr. 25
NWB-Eilnachricht Nr. 18/2019 S. 1274
YAAAH-08795