Leasingbilanzierung nach IFRS 16
Anwendung und kritische Würdigung anhand eines Praxisbeispiels
Mit der Veröffentlichung des IFRS 16 „Leases“ [1] am beendet der IASB nach einem Jahrzehnt der Diskussion das Leasing-Projekt und stellt die Leasingbilanzierung in der internationalen Rechnungslegung auf eine neue Grundlage. [2] Nach IFRS bilanzierende Unternehmen haben den neuen Standard für Berichtsperioden anzuwenden, die nach dem beginnen. Für Unternehmen, die IFRS 15 „Revenue from Contracts with Customers“ bereits anwenden, ist eine frühere Einführung erlaubt. Im folgenden Beitrag soll die neue Leasingbilanzierung nach IFRS 16 dargestellt und anhand eines Beispiels erläutert werden. Anschließend werden die Neuregelungen einer kritischen Würdigung unterzogen.
Grünberger, IFRS 2016, 13. Aufl., Herne 2015, Kap. III.8., S. 58 ff. NWB RAAAF-09476
Mit IFRS 16 ist eine Off-Balance-Darstellung von Leasingverhältnissen in der Bilanz des Leasingnehmers kaum noch möglich.
Beim Leasingnehmer ergeben sich bilanzpolitische Spielräume bei der Bewertung des zu aktivierenden Nutzungsrechts am Leasinggut.
Die Beibehaltung der zweigeteilten Bilanzierungskonzeption beim Leasinggeber kann vom IASB nicht hinreichend begründet werden.
I. Einleitung
[i]Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 13. Aufl., Freiburg 2015, § 15 NWB TAAAE-89814 Fischer, Neue Leasingbilanzierung: IFRS 16 – Leases, PiR 2/2016 S. 57 NWB GAAAF-49466 Kirsch, Leasing (IFRS), infoCenter NWB TAAAC-45538 Wesentliche Auswirkungen hat IFRS 16 vor allem für den Leasingnehmer, der künftig infolge der Anwendung des Right of Use-Modells ein Nutzungsrecht an dem Leasinggut zu bilanzieren hat. Damit wird bei ihm die Off-Balance-Darstellung von Leasingtransaktionen nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Die Bilanzierung beim Leasinggeber bleibt hingegen im Vergleich zum bisherigen Standard IAS 17 fast unverändert, so dass bei ihm die Bilanzierung des Leasingguts weiterhin von der Einstufung als Finanzierungsleasing oder Operating Leasing abhängig ist.
Der Fokus der folgenden Ausführungen liegt auf Ansatz, Bewertung und Ausweis des Leasingverhältnisses in den Abschlüssen des Leasingnehmers und Leasinggebers. Auf die nach IFRS 16 geforderten Anhangangaben sowie auf spezielle Leasingverhältnisse wie sale and lease back-Transaktionen oder mehrstufige Leasingverhältnisse wird nicht näher eingegangen.
II. Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16
1. Anwendungsbereich und Ausnahmen
IFRS 16 formuliert die Grundsätze für Ansatz, Bewertung und Ausweis von Leasingverhältnissen im Jahresabschluss von Leasingnehmer und Leasinggeber. Die Jahresabschlussadressaten sollen gem. IFRS 16.1 über die Auswirkungen der Leasingtransaktionen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der beteiligten Unternehmen informiert werden. Der Standard umfasst alle Leasing- und Subleasingverhältnisse, die nicht in den speziellen Anwendungsbereich eines anderen Standards fallen (IFRS 16.3). Für Leasingverhältnisse von immateriellen Wirtschaftsgütern, die nicht von IAS 38 erfasst werden, ist die Anwendung nach IFRS 16.4 freiwillig. Grundsätzlich ist jedes Leasingverhältnis einzeln zu beurteilen und zu bilanzieren. Aus Vereinfachungsgründen ist jedoch auch ein Portfolioansatz möglich, sofern die Abbildung des Portfolios nicht wesentlich von der Abbildung der einzelnen Leasingverhältnisse abweicht (IFRS 16.B1). S. 76
Leasingnehmer können nach IFRS 16.5 f. auf den Ansatz von kurzfristigen Leasingverhältnissen und von Leasingverhältnissen über geringwertige Leasinggüter verzichten und die Leasingraten als laufenden Aufwand erfassen. Ein Leasingverhältnis ist kurzfristiger Natur, wenn die Laufzeit weniger als ein Jahr beträgt und keine Kaufoption eingeräumt wird. [3] In die Laufzeit sind neben der Grundmietzeit auch Zeiträume einer Verlängerungsoption einzubeziehen, wenn die Ausübung durch den Leasingnehmer hinreichend sicher ist. [4] Die Beurteilung hat nach IFRS 16.7 mit Beginn der Leasingzeit und bei Vertragsveränderungen oder Anpassungen der Leasinglaufzeit zu erfolgen. Die Ausnahmeregelung ist gem. IFRS 16.8 einheitlich für eine Klasse von Vermögenswerten anzuwenden.
Ob Leasinggüter einen geringen Wert haben, wird nicht relativ (bspw. anhand der Unternehmensgröße des Leasingnehmers), sondern absolut gemessen (IFRS 16.B4). Dabei ist nach IFRS 16.B3 der Wert eines neuwertigen Leasingguts heranzuziehen. Liegt dieser unter 5.000 US-Dollar (IFRS 16.BC100), so kann auf den Ansatz des Leasingverhältnisses beim Leasingnehmer verzichtet werden. Da die Schwelle von 5.000 US-Dollar in den Basis for Conclusions aufgenommen wurde und somit keinen verpflichtenden Charakter hat, können Unternehmen, die nicht in US-Dollar bilanzieren, eine eigene Grenze in ihrer Heimatwährung, bspw. 4.500 € für Unternehmen im Euro-Raum, definieren. [5] Weitere Voraussetzung für die Einstufung als asset of low value ist, dass das Leasinggut
vom Leasingnehmer für sich allein oder mit Ressourcen, die ihm schon zur Verfügung stehen, genutzt werden kann und
nicht in einem starken Nutzungs- oder Funktionszusammenhang mit anderen Vermögenswerten steht (IFRS 16.B5).
Die Einstufung, ob das Leasinggut von geringem Wert ist, ist getrennt für jedes einzelne Leasingverhältnis durchzuführen. Die Ausnahmeregel ist folglich im Gegensatz zur Ausübung des Wahlrechts für kurzfristige Leasingverhältnisse nicht einheitlich für eine Klasse von Vermögenswerten anzuwenden.
2. Leasingdefinition und Leasingdauer
Leasingverhältnisse sind nach IFRS 16 Appendix A definiert als Verträge oder Vertragsbestandteile, in denen eine Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts über einen Zeitraum gegen Entgelt vereinbart wird. Dem Leasingnehmer muss hierfür entweder das Recht, die wirtschaftlichen Vorteile aus der Nutzung des Vermögenswerts zu ziehen, oder das Recht, über die Nutzung des Vermögenswerts zu bestimmen, eingeräumt werden (IFRS 16.B9).
Enthält ein Vertrag mehrere Komponenten, so hat der Leasingnehmer gem. IFRS 16.12 grundsätzlich jede Leasingkomponente einzeln und getrennt von Komponenten, die kein Leasingverhältnis darstellen, zu bilanzieren. Als Erleichterung können für einzelne Klassen von Vermögenswerten auch Leasingkomponenten mit anderen Leistungskomponenten zusammengefasst und einheitlich der Leasingbilanzierung unterworfen werden (IFRS 16.15). Die zu leistenden Entgelte sind beim Leasingnehmer nach den relativen Einzelveräußerungspreisen auf die einzelnen Komponenten aufzuteilen (IFRS 16.13). Beim Leasinggeber kommt IFRS 16.17 zufolge die analoge Regelung des IFRS 15.73-90 zur Anwendung.
I. S. des IFRS 16.18 wird bei der Ermittlung des Leasingzeitraums nicht nur die unkündbare Grundmietzeit zugrunde gelegt, sondern auch Zeiträume
einer Verlängerungsoption, wenn sich der Leasingnehmer hinreichend sicher ist, diese auszuüben und/oder
einer Kündigungsoption, wenn sich der Leasingnehmer hinreichend sicher ist, diese nicht auszuüben.
Die Einschätzungen über die Ausübung derartiger Optionen kann nach IFRS 16.20 nur geändert werden, wenn wesentliche Ereignisse oder wesentliche Veränderungen der Umstände innerhalb des Einflussbereichs des Leasingnehmers eingetreten sind, die die Ausübung der Option durch den Leasingnehmer beeinflussen. Der Leasingzeitraum ist darüber hinaus anzupassen, wenn der Leasingnehmer Optionen ausgeübt hat oder ausüben muss, die vorher bei der Bestimmung der Leasingperiode nicht berücksichtigt wurden, oder Optionen nicht ausgeübt hat oder nicht ausüben darf, die vorher bei der Bestimmung der Leasingperiode berücksichtigt wurden (IFRS 16.21).
3. Bilanzierung beim Leasingnehmer
3.1 Ansatz und Erstbewertung
Zu Laufzeitbeginn hat der Leasingnehmer gem. IFRS 16.22 ein Nutzungsrecht am Leasingobjekt zu aktivieren und eine Leasingverbindlichkeit zu passivieren.
Das Nutzungsrecht ist entsprechend IFRS 16.23 zu Laufzeitbeginn zu Anschaffungskosten zu bewerten. Hierzu zählen nach IFRS 16.24:
der Zugangswert der Leasingverbindlichkeit,
alle Leasingzahlungen, die zu oder vor Laufzeitbeginn zu leisten sind, abzüglich der als Anreiz für den Vertragsabschluss erhaltenen Zahlungen,
alle zu Leasingbeginn anfallenden direkten Kosten des Leasingnehmers sowie
die geschätzten Kosten des Rückbaus des Leasinggegenstands bei Beendigung des Leasinggegenstands.
Die Leasingverbindlichkeit ist zu Laufzeitbeginn zum Barwert der noch nicht gezahlten Leasingraten zu bewerten. Die Diskontierung hat zum Zinssatz, der der Leasingvereinbarung inne wohnt, zu erfolgen. Ist dieser Zinssatz nicht zuverlässig zu ermitteln, so hat die Diskontierung nach IFRS 16.26 zum Sollzinssatz des Leasingnehmers zu erfolgen. Bei der Ermittlung der Leasingverbindlichkeit sind die folgenden Zahlungen, die noch nicht zu Laufzeitbeginn bezahlt worden sind, zu berücksichtigen (IFRS 16.27):
fixe Leasingraten abzüglich gegenläufiger Erstattungen,
variable Leasingraten, die auf einem Index oder einem Kurs beruhen, bewertet zum Index oder Kurs zu Laufzeitbeginn,S. 77
Beträge, die voraussichtlich im Rahmen einer Restwertgarantie zu zahlen sind,
der Ausübungspreis einer Kaufoption, sofern der Leasingnehmer nachvollziehbar davon ausgeht, diese auszuüben,
Strafzahlungen für die vorzeitige Auflösung des Leasingverhältnisses, sofern der Leasingnehmer nachvollziehbar davon ausgeht, das Leasingverhältnis vorzeitig aufzulösen.
Der Softwareentwickler S benötigt für die weitere Expansion neue Büroräume. Bis zur Fertigstellung eines neuen Bürogebäudes werden über eine Grundmietzeit von vier Jahren ( bis ) zehn Bürocontainer vom Leasingunternehmen L geleast. Es wird eine jährliche Leasingrate von 150.000 € für alle zehn Container vereinbart, die nachschüssig zu leisten ist. Der Leasingvertrag kann vom Leasingnehmer zu gleichen Konditionen jeweils um ein Jahr verlängert werden. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Bürocontainer beträgt laut AfA-Tabellen der Finanzverwaltung zehn Jahre. Das Leasingunternehmen L erwirbt die Bürocontainer für je 100.000 € beim Produzenten. Die Errichtung des Containerdorfs auf dem Gelände des Softwareentwicklers im Dezember 2015 wird von einer Drittfirma durchgeführt und dem Leasinggeber zu einem Betrag von 120.000 € in Rechnung gestellt. Die voraussichtlichen Rückbaukosten von 60.000 € trägt ebenfalls der Leasinggeber. Dem steht ein erwarteter, nicht garantierter Restwert der Bürocontainer i. H. von 600.000 € gegenüber. Der Softwareentwickler hat die Möglichkeit, Fremdkapital zu einem Sollzinssatz von 5 % p. a. aufzunehmen. Die Refinanzierungskosten des Leasinggebers liegen hingegen nur bei 3 % p. a.
Der Leasingnehmer muss zum das Nutzungsrecht an den Bürocontainern aktivieren. Dies geschieht zum Zugangswert der Leasingverbindlichkeit, da der Leasingnehmer keine eigenen direkten Kosten und keine Leasingzahlungen zu Laufzeitbeginn hat. Die Leasingverbindlichkeit ist zum Barwert der noch nicht gezahlten Leasingraten zu bewerten. Da der Leasingnehmer nicht den der Leasingvereinbarung innewohnenden Zinssatz ermitteln kann, verwendet er seinen Sollzinssatz zur Abzinsung der Leasingraten. Unter Zuhilfenahme des Rentenbarwertfaktors ergibt sich folgender Barwert der Leasingraten:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1,05
4-1 | ||||
150.000 | • | 1,05 4 •
0,05 | = | 531.893 € |
In der Bilanz des Leasingnehmers ist folglich zu Laufzeitbeginn ein Nutzungsrecht an den Bürocontainern und eine Leasingverbindlichkeit i. H. von 531.893 € anzusetzen. In dieser Höhe führt die Leasingvereinbarung zu einer Bilanzverlängerung beim Leasingnehmer.
3.2 Folgebewertung
Die Folgebewertung des Nutzungsrechts am Leasinggut ist gem. IFRS 16.29 grundsätzlich zu fortgeführten Anschaffungskosten vorzunehmen. [6] Von den Anschaffungskosten sind die kumulierten planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen abzuziehen. Darüber hinaus hat laut IFRS 16.30 eine Anpassung bei einer Bewertungsänderung der Leasingverbindlichkeit zu erfolgen. Die planmäßigen Abschreibungen haben über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstands zu erfolgen, wenn zum Ende des Leasingzeitraums das Eigentum am Leasinggegenstand auf den Leasingnehmer übertragen wird oder davon auszugehen ist, dass der Leasingnehmer eine Kaufoption ausüben wird. Ist beides nicht der Fall, so ist das Nutzungsrecht bis zum Ende des Leasingzeitraums oder, sofern dies früher ist, bis zum Ende der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer planmäßig abzuschreiben (IFRS 16.32). Nach IFRS 16.33 ist bei außerplanmäßigen Abschreibungen auf das Nutzungsrecht IAS 36 anzuwenden.
Der Softwareentwickler schreibt das Nutzungsrecht an den Bürocontainern linear über den Leasingzeitraum von vier Jahren ab. Folglich hat er jedes Jahr einen Abschreibungsaufwand i. H. von 132.973,20 € zu verbuchen.
Bei der Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Erhöhung der Leasingverbindlichkeit aufgrund des geringeren Abzinsungszeitraums, um den Zinsanteil der Leasingverbindlichkeit abzubilden,
Verringerung der Leasingverbindlichkeit aufgrund geleisteter Leasingraten sowie
Bewertungsanpassungen aufgrund von Neueinschätzungen oder Veränderung der Leasingbedingungen (IFRS 16.36).
Die Zinsaufwendungen auf die Leasingverbindlichkeit sind in jeder Periode innerhalb des Leasingzeitraums in der Höhe zu bemessen, so dass der jährliche Zinssatz konstant bleibt. IFRS 16.37 regelt, dass der bei der Erstbewertung angewandte Zinssatz folglich beizubehalten ist. Während des Leasingzeitraums sind nach IFRS 16.38 in der Gewinn- und Verlustrechnung die Zinsaufwendungen auf die Leasingverbindlichkeit und alle variablen Leasingzahlungen, die nicht in die Bewertung der Leasingverbindlichkeit eingeflossen sind, zu erfassen.
Jedes Jahr leistet der Leasingnehmer eine Rate von 150.000 € an den Leasinggeber. Am Ende des ersten Jahres sind folglich noch drei Leasingraten i. H. von 150.000 € mit dem Zinssatz von 5 % abzuzinsen. Der Bilanzwert der Leasingverbindlichkeit zum errechnet sich mithin wie folgt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1,05
3-1 | ||||
150.000 | • | 1,05 2• 0,05
| = | 408.487 € |
Folgendem Berechnungsschema kann die Fortführung der Leasingverbindlichkeit entnommen werden:S. 78
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Leasingverbindlichkeit zu Laufzeitbeginn ():
| 531.893 € | |
Tilgung durch Zahlung der ersten Leasingrate | -150.000 € | |
Aufzinsung der verbleibenden
Leasingverbindlichkeit (= Zinsaufwand) | +26.594 € | |
= | Leasingverbindlichkeit am : | 408.487 € |
Für die Neubewertung der Leasingverbindlichkeit aufgrund von Vertragsmodifikationen, Veränderungen in der Leasinglaufzeit oder in der Einschätzung über die Ausübung von Optionen werden in IFRS 16.39-46 spezielle Regelungen definiert.
3.3 Ausweis
Bzgl. des Ausweises des Leasingverhältnisses in der Bilanz sieht IFRS 16.47 ein Wahlrecht vor, entweder separate Bilanzpositionen für die aktivierten Nutzungsrechte und die passivierten Leasingverbindlichkeiten aufzunehmen oder im Anhang anzugeben, in welchen Bilanzpositionen die Nutzungsrechte und Leasingverbindlichkeiten aufgenommen wurden.
In der Gesamtergebnisrechnung sind Abschreibungen auf das Nutzungsrecht und Zinszahlungen auf die Leasingverbindlichkeit zu trennen. Die Zinszahlungen sind den Finanzierungsaufwendungen zuzuordnen, die nach IAS 1.82(b) separat anzugeben sind (IFRS 16.49).
Im Statement of Cashflows sind laut IFRS 16.50
die Zahlungen für den Tilgungsanteil der Leasingverbindlichkeit im Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit,
die Zahlungen für den Zinsanteil der Leasingverbindlichkeit unter Anwendung der Regelungen des IAS 7 zu gezahlten Zinsen und
Zahlungen auf kurzfristige Leasingverhältnisse und auf Leasingverhältnisse mit geringem Wert sowie variable Leasingzahlungen, die nicht in die Bewertung der Leasingverbindlichkeit eingeflossen sind, als Cashflow aus der betrieblichen Tätigkeit
auszuweisen.
4. Bilanzierung beim Leasinggeber
4.1 Klassifizierung als Finanzierungsleasing oder Operating Leasing
Beim Leasinggeber werden die Bilanzierungsprinzipien des IAS 17 beibehalten. Der Leasinggeber muss gem. IFRS 16.61 das Leasingverhältnis in Operating Leasing oder Finanzierungsleasing klassifizieren.
Die Abgrenzung von Operating Leasing und Finanzierungsleasing bleibt gegenüber IAS 17 unverändert. Finanzierungsleasing liegt vor, wenn im Wesentlichen alle Chancen und Risiken im Zusammenhang mit dem Eigentum am Leasingobjekt auf den Leasingnehmer übertragen werden. Eine Klassifizierung als Operating Leasing wird vorgenommen, wenn es nicht zur Übertragung der wesentlichen Chancen und Risiken am Leasingobjekt auf den Leasingnehmer kommt (IFRS 16.62). Bei dieser Beurteilung ist der Grundsatz „substance over form“ zu beachten. Nach IFRS 16.63(a) bis (e) führen folgende vertragliche Regelungen i. d. R. zur Einstufung des Leasingverhältnisses als Finanzierungsleasing:
der Leasingnehmer erhält am Ende der Laufzeit das Eigentum am Leasinggut,
dem Leasinggeber wird eine Kaufoption gewährt, bei der der Ausübungspreis deutlich unter dem zu erwartenden Zeitwert des Leasingguts zum Ausübungszeitpunkt liegt,
die Leasingzeit umfasst den überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer,
mit dem Barwert der Mindestleasingraten wird der beizulegende Zeitwert des Leasingguts zu Beginn des Leasingverhältnisses im Wesentlichen gedeckt,
das Leasinggut hat eine spezielle Beschaffenheit, so dass es ohne wesentliche Veränderungen nur vom Leasingnehmer genutzt werden kann.
IFRS 16.64(a) bis (c) regelt weitere vertragliche Gestaltungen, bei denen Chancen und Risiken des Leasingguts auf den Leasingnehmer übertragen werden und die Indizien für eine Gestaltung als Finanzierungsleasing sein können. Auch hier hat es keine wesentlichen Änderungen zu IAS 17 gegeben. Gem. IFRS 16.66 kann eine einmal vorgenommene Klassifizierung als Finanzierungsleasing oder Operating Leasing nur geändert werden, wenn das Leasingverhältnis modifiziert wird.
Der Leasinggeber muss zu Laufzeitbeginn eine Einstufung als Finanzierungsleasing oder Operating Leasing vornehmen. Die Leasinglaufzeit, die in diesem Fall nur die Grundmietzeit von vier Jahren ausmacht, da nicht davon auszugehen ist, dass der Leasingnehmer die Verlängerungsoption zieht, macht lediglich 40 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer aus. Da auch die anderen Kriterien des IFRS 16.63 bzw. Indizien des IFRS 16.64 nicht einschlägig sind, liegt ein Operating Leasing vor.
4.2 Bilanzierung beim Operating Leasing
Beim Operating Leasing verbleibt das Leasinggut in der Bilanz des Leasinggebers zu fortgeführten Anschaffungskosten. Es ist gem. IFRS 16.88 in der Position des Anlagevermögens aufzuführen, zu dem es nach seiner Wesensart gehört. Die zu Laufzeitbeginn angefallenen direkten Kosten der Leasingtransaktion sind nach IFRS 16.83 in den Buchwert des Leasingguts aufzunehmen.
Da es sich beim Leasingverhältnis um Operating Leasing handelt, sind die Bürocontainer zu Beginn des Leasingverhältnisses zu Anschaffungskosten zzgl. der Kosten für die Errichtung der Bürocontainer auf dem Gelände des Leasingnehmers i. H. von insgesamt 1.120.000 € anzusetzen.
Die Leasingraten sind vom Leasinggeber grundsätzlich linear über die Leasingdauer als Ertrag zu erfassen. Eine andere systematische Verteilung der Erträge ist nach IFRS 16.81 nur zu verwenden, wenn sie den Nutzentransfer an den Leasingnehmer besser widerspiegelt. Dem stehen die durch das Leasinggut verursachten Kosten, einschließlich der Abschreibungen, als Aufwendungen gegenüber (IFRS 16.82). Die zu Laufzeitbeginn angefallenen direkten Kosten der Leasingtransaktion werden nach IFRS 16.83 über die Laufzeit des Leasingverhältnisses in der gleichen Weise wie die Erträge als S. 79Aufwendungen erfasst. Die Abschreibungen des Leasingguts richten sich nach den normalen Abschreibungsgrundsätzen des Leasinggebers für ähnliche Vermögensgegenstände und sind nach IAS 16 und IAS 38 zu berechnen (IFRS 16.84).
Der Leasinggeber hat die jährlichen Leasingraten i. H. von 150.000 € als Umsatzerlöse zu erfassen. Die Anschaffungskosten i. H. von 1 Mio € sind linear über die Nutzungsdauer von zehn Jahren abzuschreiben. Die Kosten für die Errichtung der Bürocontainer, die ebenfalls in den Buchwert des Leasingguts aufgenommen wurden, sind hingegen über die Leasingzeit von vier Jahren abzuschreiben. In der Gesamtergebnisrechnung des Leasinggebers sind also jährlich folgende Beträge enthalten:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatzerlöse | +150.000 € |
Abschreibungen Anschaffungskosten | -100.000 € |
Abschreibungen Errichtungskosten | -30.000 € |
Gewinn aus dem Leasingverhältnis vor Finanzierungskosten:
| +20.000 € |
Vertragsveränderungen beim Operating Leasing sind gem. IFRS 16.87 beim Leasinggeber wie ein neues Leasingverhältnis zu bilanzieren, wobei im Voraus gezahlte oder angefallene Leasingraten des ursprünglichen Leasingvertrags als Teil der Leasingraten des neuen Leasingverhältnisses einbezogen werden.
4.3 Ansatz und Bewertung beim Finanzierungsleasing
Analog zu IAS 17 hat der Leasinggeber nach IFRS 16.67 den Vermögenswert aus einem Finanzierungsleasing zu Laufzeitbeginn als Leasingforderung i. H. des Nettoinvestitionswerts in das Leasingverhältnis anzusetzen. Zur Ermittlung dieses Werts wird der Bruttoinvestitionswert in das Leasingverhältnis, also die erwarteten Leasingzahlungen des Leasingnehmers [7] zzgl. des geschätzten nicht garantierten Restwerts, der dem Leasinggeber zusteht, [8] mit dem Zinssatz, der dem Leasingverhältnis innewohnt, diskontiert. Dieser Zinssatz ist so zu wählen, dass der sich ergebene Barwert dem fair value des Leasingguts zzgl. der zu Laufzeitbeginn anfallenden direkten Kosten des Leasinggebers entspricht. [9]
Der Leasingvertrag über die Bürocontainer wird nicht über vier Jahre, sondern über neun Jahre abgeschlossen. Der nicht garantierte Restwert der Bürocontainer beträgt nach neun Jahren noch geschätzte 200.000 €. Der Leasinggeber überprüft zu Laufzeitbeginn das Leasingverhältnis auf Qualifikation als Operating Leasing oder Finanzierungsleasing. Da die Leasingzeit mit 90 % den überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer umfasst, liegt Finanzierungsleasing vor. Folglich muss der Leasinggeber eine Leasingforderung i. H. des Nettoinvestitionswerts in das Leasingverhältnis ansetzen, also zum fair value des Leasingguts zzgl. der zu Laufzeitbeginn anfallenden direkten Kosten des Leasinggebers. Entspricht der Anschaffungspreis des Leasinggebers dem fair value des Leasingguts, so ist die Leasingforderung i. H. von 1.120.000 € anzusetzen.
In der Folgebewertung erfasst der Leasinggeber Finanzerträge, die eine konstante periodische Verzinsung des Nettoinvestitionswerts widerspiegeln (IFRS 16.75). Der Nettoinvestitionswert und insbesondere der darin enthaltene nicht garantierte Restwert des Leasingguts ist nach IFRS 16.77 regelmäßig einem impairment-Test nach IFRS 9 zu unterwerfen. Für Vertragsveränderungen sehen IFRS 16.79-80 spezielle Ansatz- und Bewertungsregelungen vor.
Zunächst ist der Zinssatz, der dem Leasingverhältnis innewohnt, zu ermitteln. Hierfür sind in einem ersten Schritt die Bestandteile des Bruttoinvestitionswerts in das Leasingverhältnis zu erfassen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Periode | 0 | 1...9
| 10 |
Leasingraten | +150.000 | +150.000 | |
Geschätzter nicht garantierter Restwert | +200.000 | ||
Rückbaukosten des Leasinggebers | -60.000 | ||
Summe | +150.000 | +290.000 |
Der interne Zinssatz des Leasingverhältnisses ist der Zinssatz, bei dem der abgezinste Bruttoinvestitionswert dem fair value des Leasingobjekts zzgl. der zu Laufzeitbeginn anfallenden direkten Kosten des Leasinggebers, also 1.120.000 €, entspricht. Der interne Zins des Leasingverhältnisses ist 7,09 %.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Periode | 0 | 1...9
| 10 |
Bruttoinvestitionswerte | +150.000 | +290.000 | |
Rentenbarwertfaktor bzw. Abzinsungsfaktor | (1,0709 9-1)
| 1,07090
-10 | |
(1,0709 9
• 0,0709) | |||
Nettoinvestitionswerte | 973.749 | 146.251 | |
Summe Nettoinvestitionswerte = fair
value des Leasingguts zu Leasingbeginn | 1.120.000 |
Nach einem Jahr Laufzeit sind die noch verbleibenden Bruttoinvestitionswerte, also neun Leasingraten i. H. von 150.000 € und der nicht garantierte Restwert abzgl. der Rückbaukosten i. H. von 140.000 €, mit dem internen Zins abzuzinsen, um die Höhe der verbleibenden Leasingforderung zu ermitteln. Die Leasingforderung ist somit zu einem Betrag von 1.049.355 € anzusetzen.
Der Leasinggeber hat in seiner Gesamtergebnisrechnung des Jahres 2016 einen Finanzertrag i. H. der Differenz zwischen der Leasingrate und der Reduzierung der Leasingforderung anzusetzen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Leasingrate | 150.000 € |
Reduzierung der Leasingforderung
(1.120.000 € – 1.049.355 €) | -70.645 € |
= Finanzertrag | + 79.355 € |
In den Folgejahren reduziert sich der Finanzertrag parallel zur Leasingforderung. Zum Ende der neunjährigen Laufzeit ist noch eine Leasingforderung i. H. von 140.000 €, also i. H. des geschätzten nicht garantierten Restwerts des Leasingguts S. 80abzgl. der vom Leasinggeber zu tragenden Abbaukosten vorhanden. Bei Rückgabe des Leasingguts vom Leasingnehmer an den Leasinggeber erlischt die Leasingforderung. Stattdessen ist das Leasinggut mit seinem Restwert in der Bilanz des Leasinggebers zu aktivieren.
III. Würdigung der neuen Leasingbilanzierung
1. Kein einheitliches Bilanzierungskonzept für Leasingnehmer und Leasinggeber
Während IFRS 16 für den Leasingnehmer mit dem Right Of Use-Konzept ein einheitliches Bilanzierungsmodell ( single lease model ) für weitestgehend alle Leasingtransaktionen vorsieht, hält er beim Leasinggeber an der Unterscheidung zwischen Finanzierungsleasing und Operating Leasing fest. Bei Einstufung des Leasingverhältnisses als Operating Leasing wird das Leasinggut folglich sowohl in der Bilanz des Leasinggebers als auch (teilweise) als Nutzungsrecht in der Bilanz des Leasingnehmers aktiviert. Beim Finanzierungsleasing steht hingegen dem Nutzungsrecht in der Bilanz des Leasingnehmers eine Leasingforderung in der Bilanz des Leasinggebers gegenüber.
Konsequenter wäre es, auch beim Leasinggeber auf die Einstufung als Finanzierungsleasing und Operating Leasing zu verzichten und auf das Right of Use-Konzept überzugehen. Dies würde bedeuten, dass der Leasinggeber die Anschaffungskosten des Leasingguts in eine Leasingforderung und in ein Nutzungsrecht am Leasinggut aufzuteilen hätte. Abgesehen von Bewertungsunterschieden aufgrund von unterschiedlichen verwendeten Zinssätzen würde dann in der Summe in den Bilanzen des Leasingnehmers und Leasinggebers ein Nutzungsrecht i. H. der gesamten Anschaffungskosten gezeigt werden. Die Leasingforderung beim Leasinggeber würde in etwa der Leasingverbindlichkeit beim Leasingnehmer entsprechen.
Der IASB begründet die Beibehaltung der Bilanzierungskonzeption beim Leasinggeber in IFRS 16.BC57 ff. insbesondere damit, dass die Kosten, die mit einer Umstellung verbunden wären, in keinem Verhältnis zu dem damit erreichten Nutzen stehen, da die bisherige Leasinggeber-Bilanzierung des IAS 17
gut verstanden wird,
von den meisten Jahresabschlussadressaten nicht für Zwecke der Bilanzanalyse einer Anpassung unterworfen wird und
keine wesentlichen Fehler („is not fundamentally flawed“) aufweist.
Richtig ist, dass die Zweiteilung in Operating Leasing-Verhältnisse und Finanzierungsleasingverhältnisse beim Leasinggeber deutlich geringere Auswirkungen hat als beim Leasingnehmer. Während es beim Leasingnehmer um die Frage des Bilanzansatzes des Leasingguts geht, handelt es sich beim Leasingnehmer insbesondere um eine Ausweisfrage, da beim Finanzierungsleasing eine Leasingforderung und beim Operating Leasing das Leasinggut bilanziert wird. Bei Anwendung des Right Of Use-Konzepts wird hingegen eine Aufteilung in ein Nutzungsrecht am Leasinggut und eine Leasingforderung vorgenommen.
Fraglich ist jedoch, ob dieses Konzept langfristig deutlich komplexer in der Bilanzierung ist und damit wesentlich höhere Kosten verursachen würde. Die Ermittlung der Nutzenanteile des Leasingnehmers und Leasinggebers hängt insbesondere von der Einschätzung der Leasingdauer ab. Hier sind nach IFRS 16 nicht nur die Grundmietzeit, sondern auch alle Verlängerungsoptionen, deren Ausübung hinreichend wahrscheinlich ist, zu berücksichtigen. Die Bewertung des Nutzungsrechts hängt darüber hinaus davon ab, ob der Leasingnehmer eine ihm eingeräumte Kaufoption ausüben wird und ob er Zahlungen im Rahmen einer Restwertgarantie zu leisten hat. Die Ermessensspielräume, die es bisher bei der Klassifikation der Leasingtransaktionen als Finanzierungsleasing und Operating Leasing gab, werden sich dementsprechend künftig auf die Aufteilung der Nutzungsanteile und die Bewertung der dazugehörigen Nutzungsrechte verlagern. [10] Während die Klassifikation als Finanzierungsleasing oder Operating Leasing aufgrund jahrzehntelanger Bilanzierungspraxis heute kaum noch Probleme verursacht, [11] kann beim Right Of Use-Konzept erst in einigen Jahren festgestellt werden, ob sich eine Bilanzierungspraxis einstellt, die sich als unproblematisch herausstellt. Die Leasinggeber müssen sich jedoch unabhängig davon, ob sie selbst das Right Of Use-Konzept anzuwenden haben, mit der Frage der Aufteilung der Nutzungsrechte beschäftigen, da ein Leasingnehmer maßgeschneiderte Konzepte, deren bilanziellen Auswirkungen im Vorhinein bekannt sind, erwartet. Insofern führt die Anwendung des Right Of Use-Konzepts beim Leasingnehmer bereits zu einer Komplexitätszunahme beim Leasinggeber. Die einheitliche Anwendung dieses Konzepts auf Leasingnehmer und Leasinggeber hätte zudem den Vorteil, dass die bisher notwendige Klassifizierung in Finanzierungsleasing und Operating Leasing beim Leasinggeber entfallen würde. Insofern ist es fraglich, ob aus Kosten-Nutzen-Überlegungen die divergierenden Bilanzkonzeptionen von Leasingnehmer und Leasinggeber als vorteilhaft einzustufen sind. Sie sind auch aus systematischer Sicht abzulehnen, da sie Verwerfungen bei mehrstufigen Leasingverhältnissen hervorrufen können.
2. Vermeidung von Off-Balance-Darstellungen beim Leasingnehmer
Während nach IAS 17 sowohl beim Leasingnehmer als auch beim Leasinggeber die Klassifizierung eines Leasingverhältnisses als Finanzierungsleasing oder Operating Leasing darüber entschied, wer den Vermögensgegenstand zu aktivieren hat, sieht IFRS 16 beim Leasingnehmer im Rahmen des Right of Use-Konzepts immer einen Ansatz des eingeräumten Nutzungsrechts vor. Eine vollständige Off-Balance-Darstellung beim Leasingnehmer, wie sie IAS 17 für Operating Leasing vorsah, ist damit grundsätzlich nicht mehr möglich. Bei der künftigen Strukturierung von Leasingtransaktionen wird es insbesondere darum gehen, den nicht vollständig zu vermeidenden Bilanzansatz beim Leasingnehmer möglichst gering zu halten. Hier spielen insbesondere die Einschätzung der Leasinglaufzeit und die Bewertung der damit verbundenen Nutzungsrechte, wie bereits oben ausgeführt, eine wesentlicheS. 81 Rolle. Subjektive Einschätzungen insbesondere bzgl. der Ausübungswahrscheinlichkeit der Optionen, die dem Leasingnehmer eingeräumt wurden, führen zu Ermessensspielräumen bei der Bewertung des Nutzungsrechts.
Darüber hinaus ist beim Leasingnehmer eine Off-Balance-Darstellung bei kurzfristigen Leasingverhältnissen und bei Leasingverhältnissen über geringwertige Leasinggüter möglich.
Zu begrüßen ist die Definition von kurzfristigen Leasingverhältnissen mit einer Leasingdauer von unter zwölf Monaten, nach der nicht nur die Grundmietzeit, sondern auch alle Zeiten von Verlängerungsoptionen, sofern diese vom Leasingnehmer aufgrund von wirtschaftlichen Anreizen hinreichend sicher ausgeübt werden, berücksichtigt werden. In die Grundmietzeit sind zudem Zeiten mit einzubeziehen, für die der Leasinggeber eine unbedingte Verlängerungsoption besitzt, da der Leasingnehmer die Verlängerung nicht verhindern könnte. [12] Da das Einräumen einer Kaufoption ebenfalls die Einstufung als kurzfristiges Leasingverhältnis verhindert, ist eine Ausnutzung dieser Regelung zum Erreichen einer Off-Balance-Darstellung kaum möglich.
Die Ausnahme für Leasingverhältnisse über geringwertige Wirtschaftsgüter ist hingegen deutlich kritischer zu beurteilen. IFRS 16 stellt auf den einzelnen Wert der von einem Leasingverhältnis betroffenen Leasinggüter ab und nicht auf den Gesamtwert des Leasingverhältnisses. Zudem wird eine absolute, und nicht auf eine relative, auf die Unternehmensgröße bezogene, Wertgrenze definiert. Eine Leasingvereinbarung über die gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung eines Dienstleistungsunternehmens würde bspw. bei Anwendung der Ausnahmeregelung zu keinem Bilanzansatz beim Leasingnehmer führen, sofern jedes einzelne Leasinggut als geringwertig eingestuft werden kann. Dies würde jedoch den wirtschaftlichen Gehalt der Transaktion nicht widerspiegeln. [13]
Des Weiteren führt die Anwendung einer festen Wertgrenze in einer Währung, wie bspw. die in den Basis for Conclusions vorgeschlagenen 5.000 US-Dollar, bei Transaktionen zu Problemen, die in einem anderen Währungsraum abgeschlossen werden. Eine Währungsumrechnung jeweils zum Leasingbeginn könnte dazu führen, dass gleiche Transaktionen je nach Zeitpunkt unter oder über der Wertgrenze liegen. [14]
3. Auswirkungen auf Bilanzkennzahlen des Leasingnehmers
Bei Anwendung der bisherigen Leasingbilanzierung nach IAS 17 wurden insbesondere Leasingverhältnisse abgeschlossen, die als Operating Leasing einzustufen waren und damit eine Off-Balance-Darstellung ermöglichten. Das nach IFRS 16 anzuwendende Right of Use-Modell führt hingegen mit der Aktivierung eines Nutzungsrechts am Leasinggut und der Passivierung einer Leasingverbindlichkeit zur Bilanzverlängerung, die entsprechende Auswirkungen auf Bilanzstrukturkennzahlen haben wird. Der Leasingnehmer verzeichnet somit eine sinkende Eigenkapitalquote bzw. einen steigenden Verschuldungsgrad. Ob sich diese Verschlechterung auch auf den Kreditvergabeprozess der Banken auswirkt, ist jedoch zu bezweifeln, da Off-Balance-Leasingverträge bereits in der Vergangenheit in der Kreditwürdigkeitsprüfung korrigiert wurden. [15]
Positive Auswirkungen wird die neue Leasingbilanzierung auf Rentabilitätskennziffern des Leasingnehmers haben, die sich auf das operative Ergebnis beziehen, da der Zinsaufwand von Leasingverträgen künftig im Finanzergebnis gezeigt werden muss. [16]
IV. Zusammenfassung
Mit IFRS 16 steht die Leasingbilanzierung beim Leasingnehmer vor einem Umbruch. Da für ihn Off-Balance-Darstellungen grundsätzlich nicht mehr möglich sind, werden sich in Zukunft die Anstrengungen in der Bilanz des Leasingnehmers darauf konzentrieren, das zu aktivierende Nutzungsrecht am Leasinggut und die damit einhergehende Leasingverbindlichkeit möglichst gering zu halten. Hierbei wird es insbesondere um die Argumentation bzgl. der Ausübungswahrscheinlichkeit von im Leasingvertrag gewährten Optionen und der Bewertung von Restwerten gehen. Erst die Bilanzierungspraxis wird zeigen, ob sich einheitliche Beurteilungsstandards herausbilden werden, die den Ermessensspielraum des Leasingnehmers in dieser Frage einschränken werden.
Dass die Bilanzierung beim Leasinggeber weiterhin von der Klassifikation als Finanzierungsleasing bzw. Operating Leasing abhängig ist und nicht auf das Right of Use-Konzept umgestellt wird, ist aus systematischer Sicht zu kritisieren. Das Argument des IASB, aus Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten die bisherige Bilanzierungskonzeption beim Leasinggeber beizubehalten, ist nicht überzeugend. Insbesondere stellt sich die Frage, ob der Leasinggeber sich nicht ohnehin mit dem Right of Use-Konzept eingehend auseinander setzen muss, um dem Leasingnehmer maßgeschneiderte Leasingkonzepte anbieten zu können. Wenn die Zuordnung der Nutzungsrechte für den Leasingnehmer geklärt wird, wäre die Übertragung auf den Leasinggeber nicht mit unakzeptablem Aufwand verbunden. Darüber hinaus würde die Klassifikation in Finanzierungsleasing und Operating Leasing zumindest für Zwecke der internationalen Rechnungslegung entfallen.
Fundstelle(n):
PiR 3/2016 Seite 75
YAAAF-68158
1Einen allgemeinen Überblick über IFRS 16 bietet Fischer, PiR 2016 S. 57 NWB GAAAF-49466.
2Ein Überblick über die Entwicklungsgeschichte des IFRS 16 bietet http://go.nwb.de/qk967 (Stand Abruf ).
3Vgl. Definition „short-term lease“ in IFRS 16 Appendix A.
4Vgl. Definition „lease term“ in IFRS 16 Appendix A.
5Vgl. Freiberg, BB 2015 S. 2542.
6Werden Gegenstände geleast, die unter IAS 16 oder IAS 40 fallen, so können unter bestimmten Voraussetzungen dort definierte Bewertungsmodelle zur Anwendung kommen, vgl. IFRS 16.34-35.
7Die einzubeziehenden Komponenten ergeben sich aus IFRS 16.70.
8Die Definitionen von Nettoinvestitionswert und Bruttoinvestitionswert finden sich in Appendix A zu IFRS 16.
9Vgl. Definition von „interest rate implicit in the lease“ in Appendix A zu IFRS 16.
10So auch das Ergebnis der empirischen Studie von Bausch/Fülbier, DB 2015 S. 2344.
11Vgl. Bausch/Fülbier, DB 2015 S. 2344.
12Vgl. Freiberg, DB 2015 S. 2542.
13Ebenfalls kritisch dazu Freiberg, DB 2015 S. 2542.
14Vgl. zu dieser Problematik Freiberg, DB 2015 S. 2542.
15Vgl. Bausch/Fülbier, DB 2015 S. 2344.
16Vgl. Bausch/Fülbier, DB 2015 S. 2345.