Finanzgericht Hamburg Urteil v. - 3 K 270/17 EFG 2018 S. 1827 Nr. 21

Erlass von Grundsteuer: Nutzungsuntersagung wegen bautechnischer Mängel - mehrere Gründe für Ertragsminderung - maßgeblicher Grund außerhalb des Einflussbereichs des Steuerschuldners

Leitsatz

Liegen mehrere Gründe vor, die zu einer Ertragsminderung führen können, so kommt ein Erlass der Grundsteuer nur in Betracht, wenn der maßgebliche Grund außerhalb des Einflussbereichs des Steuerschuldners liegt. So ist eine Nutzungsuntersagung wegen bautechnischer Mängel nicht ursächlich für die Ertragsminderung, wenn der Steuerschuldner unabhängig davon einen Abriss und Neubau plant.

Gesetze: GrStG § 33 Abs. 1

Tatbestand

Die Klägerin begehrt den teilweisen Erlass der Grundsteuer für 2016 wegen wesentlicher Ertragsminderung.

Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom ... 2015 das Grundstück XX in Hamburg-1. In dem notariellen Kaufvertrag war festgehalten, dass eine Nutzung des Grundbesitzes nach Auslaufen der Baugenehmigung nicht mehr zulässig ist. Die Nutzungserlaubnis des Kaufgegenstandes würde zum erlöschen. Unter Ziffer 2.2. heißt es in dem Kaufvertrag u. a., dass die Käuferin beabsichtige, das bestehende Gebäude abzureißen, neue Gebäude zu errichten und den Kaufgegenstand einer neuen Nutzung zuzuführen. Der Übergang des Grundstücks erfolgte am .

Für das auf diesem Grundstück befindliche Gebäude hatte das Bezirksamt Hamburg-2 mit Bescheid vom eine Nutzungsuntersagung wegen brandschutztechnischer Mängel ausgesprochen. Nach teilweiser Mängelbeseitigung genehmigte das Bezirksamt Hamburg-2 mit Bescheid vom die teilweise Nutzung des Gebäudes befristet bis zum . Dieser Bescheid erging auch mit Wirkung für und gegen den Rechtsnachfolger.

Im Hinblick auf die festgestellten brandschutztechnischen Mängel und die teilweise Nutzungsuntersagung hatte der Beklagte für das Objekt in 2014 eine Wertfortschreibung auf den vorgenommen und den Einheitswert auf ... € (zuvor ... €) festgestellt. Einen Antrag auf Fortschreibung des Einheitswertes auf den lehnte der Beklagte mit Bescheid vom wegen der erst unterjährig in 2016 eintretenden Nutzungsuntersagung ab. Diesen Sachverhalt würdigte der Beklagte jedoch mit Bescheid über den Einheitswert, Wert- und Artfortschreibung auf den vom , erfasste das Grundstück nunmehr als unbebaut und stellte den Einheitswert auf ... € fest.

Mit Bescheid vom erfolgte eine Zurechnungsfortschreibung gegenüber der Klägerin, in dem der Einheitswert für das Geschäftsgrundstück wie bisher mit ... € festgestellt wurde. Mit Bescheid vom selben Tag setzte der Beklagte die Grundsteuer für 2016 auf ... € fest.

Mit Schreiben vom beantragte die Klägerin den Erlass der Grundsteuer in Höhe von ... €, der Hälfte der ab dem zweiten Quartal 2016 fälligen Grundsteuer, wegen wesentlicher Ertragsminderung. Der ehemalige Mieter, die A GmbH, habe das Objekt zum Ende des Jahres 2015 nach Beendigung des Mietverhältnisses geräumt. Eine Vermietung der Flächen sei aufgrund der behördlichen Nutzungsuntersagung ab dem nicht möglich, so dass der Mietrohertrag um 100 % gemindert sei.

Mit Bescheid vom lehnte der Beklagte den Antrag auf teilweisen Erlass der Grundsteuer 2016 ab. Die Klägerin habe den Leerstand zu vertreten, er beruhe auf ihrer freien unternehmerischen Entscheidung. Denn sie habe das Objekt Ende 2015 fast leerstehend, in einem sanierungsbedürftigen Zustand und in Kenntnis des zukünftigen Nutzungsverbots erworben. Sie habe den Abriss und eine neue Bebauung geplant. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückwies.

Am hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, dass sie nach dem Auslaufen des Mietvertrages mit der A GmbH zum über 8500 mqm Bürofläche und 86 Stellplätzen keinen normalen Rohertrag aus der Vermietung des Gebäudes mehr habe erzielen können. Außerordentliche Nutzungsentgelte habe sie lediglich für das Aufstellen von Antennen durch die B GmbH in Höhe von ... € p. a. sowie einer Vermietung der Parkfläche an die C GmbH in Höhe von ... € p. a. erzielen können. Die Behörde für YY habe in dem Gebäude ... durchgeführt und sich hierfür an den Nebenkosten mit einem Pauschalbetrag von ... € in 2016 beteiligt. Hierbei handle es sich jedoch um außerordentliche Einnahmen. Abzustellen sei nach § 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 des Grundsteuergesetzes (GrStG) aber auf den normalen Rohertrag, der aus der gewöhnlichen Vermietung der Büroflächen zu erzielen sei. Nach Auslaufen des Mietvertrages mit der A GmbH Ende 2015 seien keine gewöhnlichen Mieteinnahmen mehr erzielt worden, so dass in 2016 eine Minderung der üblichen Jahresrohmiete von 100 % eingetreten sei. Jedenfalls sei von einer Minderung des normalen Rohertrags um mehr als 50 % auszugehen, wenn die geringfügigen Mieteinnahmen entgegen der von ihr vertretenen Rechtsansicht berücksichtigt werden würden.

Sie, die Klägerin, habe einen Anspruch auf den hälftigen Erlass der für das Jahr 2016 festgesetzten Grundsteuer. Sie habe die 100-prozentige Minderung des normalen Rohertrags nicht zu vertreten. Hierbei sei allein auf ihr Verhalten während des Erlasszeitraums abzustellen, so dass es nicht darauf ankomme, dass sie das Grundstück 2015 in Kenntnis des ab dem bestehenden Nutzungsverbots und der Absicht der späteren Neuentwicklung des Grundstücks erworben habe. Zum sei das Objekt leerstehend gewesen. Eine Neu- bzw. Anschlussvermietung sei theoretisch bis zum möglich, tatsächlich für einen so kurzen Zeitraum und angesichts der Größe der Mietfläche jedoch nicht umsetzbar gewesen.

Entscheidend für den Leerstand des Gebäudes in 2016 sei die Nutzungsuntersagung des Bezirksamtes Hamburg-2 und nicht ein möglicher späterer Abriss des Gebäudes gewesen. Die dadurch insgesamt in 2016 nicht mögliche Vermietung sei von ihr, der Klägerin, nicht zu vertreten. Die von dem Beklagten zitierte Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. In den entschiedenen Sachverhalten seien jeweils die Renovierungs- und Umbauarbeiten ursächlich für den Mietausfall und demzufolge die Minderung des Rohertrags gewesen. Im vorliegenden Fall beruhe das Leerstehen der Immobilie darauf, dass es aufgrund der behördlichen Nutzungsuntersagung rechtlich unmöglich gewesen sei, entsprechende Mieteinnahmen zu erzielen. Die Nicht-Vermietung des Gebäudes im ersten Quartal sei ebenso eine Folge der Nutzungsuntersagung, da eine so kurzzeitige Vermietung tatsächlich unmöglich sei. Sie, die Klägerin, könne im Übrigen nicht schlechter gestellt werden als die vormalige Eigentümerin, die aufgrund der angeordneten Nutzungsuntersagung in 2016 ebenfalls keine normalen Mieteinnahmen hätte erzielen können und dementsprechend einen Erlass hätte beanspruchen können.

Der vorliegende Sachverhalt sei insoweit mit den so genannten Sanierungsfällen vergleichbar, als in diesen Fällen anerkannt sei, dass der Grundstückseigentümer nach einem angeordneten Nutzungsverbot das Leerstehen von und während der Dauer der Sanierungsmaßnahmen nicht zu vertreten habe. Soweit in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung vertreten werde, dass ein Grundstückseigentümer die Rohertragsminderung dann zu vertreten habe, wenn diese auf seine Entscheidung zurückzuführen sei, ein sanierungsfähiges Gebäude nicht mehr am Markt anzubieten und abzureißen, führe dies zu keiner anderen Würdigung. In dem Beispielsfall gebe es keinen vorübergehenden sanierungsbedingten Leerstand, sondern einen dauerhaften Leerstand, der vom Grundstückseigentümer bewusst hingenommen werde. Der wesentliche Unterschied zum vorliegenden Sachverhalt bestehe darin, dass sich das Gebäude XX in 2016 nicht in einem sanierungsfähigen, sondern in einem sanierungsunfähigen Zustand befunden habe. Die zur Erzielung einer dauerhaften Vermietbarkeit des Gebäudes erforderlichen Maßnahmen wären so umfangreich gewesen, dass eine Vermietbarkeit im relevanten Jahr 2016 nicht mehr hätte herbeigeführt werden können. In jedem Fall hätte das Gebäude auch bei einer Durchführung der Sanierungsmaßnahmen während des gesamten Jahres 2016 leer gestanden. Darüber hinaus habe auch eine wirtschaftliche Sanierungsunfähigkeit vorgelegen, weil die Kosten der erforderlichen Baumaßnahmen unverhältnismäßig im Vergleich zum Gebäudewert gewesen wären. Vor diesem Hintergrund sei es ihr, der Klägerin, nicht zuzumuten gewesen, in 2016 Baumaßnahmen zur Erreichung einer dauerhaften Vermietbarkeit des Gebäudes vorzunehmen.

Auch stehe § 33 Abs. 5 GrStG einem Erlass nicht entgegen, da eine Anpassung des Einheitswertes erst ab dem erfolgt und für den Erlasszeitraum gerade nicht möglich gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom und der Einspruchsentscheidung vom zu verpflichten, die Grundsteuer für 2016 in Höhe von ... € zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Voraussetzungen für einen Erlass nicht vorlägen, denn die Ertragsminderung beruhe nicht auf Umständen, die außerhalb des Einflussbereichs der Klägerin gelegen hätten. Vielmehr sei die Rohertragsminderung darauf zurückzuführen, dass die Klägerin entschieden habe, einen Abriss des Gebäudes und einen Neubau vorzunehmen. Sie habe keinerlei Anstrengungen unternommen, die Brandschutzanlagen des Gebäudes wieder instand zu setzen und einen vermietbaren Zustand herzustellen. Unerheblich sei es insoweit, ob sich eine Sanierung des Gebäudes rentiert hätte. Die eingeschränkte Vermietbarkeit des Gebäudes bis zum sei bereits durch die Wertfortschreibung 2011 berücksichtigt worden und gemäß § 33 Abs. 5 GrStG nicht im Rahmen eines Erlasses erneut zu erfassen.

Dem Gericht haben zwei Bände Sachakten des Beklagten zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten sowie die Protokolle über den Erörterungstermin vom und die mündliche Verhandlung vom Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 101 der Finanzgerichtsordnung- FGO -). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf teilweisen Erlass der Grundsteuer für 2016. Der Beklagte hat den Antrag vom zu Recht abgelehnt.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf teilweisen Erlass der Grundsteuer für 2016.

Nach § 33 Abs. 1 GrStG in der im Streitjahr geltenden Fassung ist die Grundsteuer in Höhe von 25 % zu erlassen, wenn bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstands um mehr als 50 % gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrages nicht zu vertreten hat. Beträgt die Minderung des normalen Rohertrags 100 %, ist die Grundsteuer in Höhe von 50 % zu erlassen. Normaler Rohertrag ist bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete (§ 33 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GrStG). Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Einheitswerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können (§ 33 Abs. 5 GrStG).

a) Es bedarf letztlich keiner Entscheidung, ob der normale Rohertrag des Grundstücks XX um mehr als 50 % oder um 100 % gemindert ist und diese Minderung seit Beginn des Jahres 2016 zu berücksichtigen ist, denn die Voraussetzungen für einen Erlass der Grundsteuer liegen bereits deshalb nicht vor, weil die Klägerin die Minderung des Rohertrags zu vertreten hat.

b) Ein Steuerpflichtiger hat eine Ertragsminderung nicht zu vertreten, wenn sie auf Umständen beruht, die außerhalb seines Einflussbereiches liegen, d. h. wenn er die Ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt hat noch ihren Eintritt durch geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen hat verhindern können ( BStBl II 2015, 663; BVerwGE 67, 123; vom 9 C 8.07, Buchholz 401.4 § 33 GrStG Nr. 28; Beschluss vom 9 B 56.13 - juris). Diese Auslegung der Regelung beruht auch darauf, dass die Grundsteuer ihrem Wesen nach eine ertragsunabhängige Objektsteuer ist, d. h. auf die Einziehung der Grundsteuer hat es grundsätzlich keinen Einfluss, ob das Steuerobjekt einen Ertrag abwirft oder nicht. Diesen Grundsatz der Ertragsunabhängigkeit hat der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 33 GrStG für die dort geregelten Fälle durchbrochen. Er hat damit seiner Auffassung Ausdruck verliehen, in bestimmten Ausnahmefällen sei eine wesentliche Ertragsminderung als derart belastend anzusehen, dass die Einziehung der unverkürzten Grundsteuer für den Abgabenpflichtigen nicht mehr zumutbar ist. Von einer die Grenze der Zumutbarkeit überschreitenden Belastung aber kann keine Rede sein, wenn der Steuerpflichtige selbst durch ein ihm zurechenbares Verhalten die Ursache für die Ertragsminderung herbeigeführt hat oder es unterlassen hat, den Eintritt der Ertragsminderung durch solche geeigneten Maßnahmen zu verhindern, die von ihm erwartet werden konnten (, BVerwGE 67, 123). Beruht der Leerstand eines Gebäudes auf der Entscheidung des Steuerpflichtigen, die darin befindlichen Wohnungen zunächst nicht zur Vermietung anzubieten und vor einer Neuvermietung grundlegend zu renovieren oder zu sanieren, hat der Steuerpflichtige grundsätzlich den Leerstand zu vertreten. In diesem Fall beruht der Leerstand nicht auf Umständen, die außerhalb des Einflussbereiches des Steuerpflichtigen liegen, sondern ist gerade Ausfluss seiner Entscheidungsbefugnis (, BStBl II 2015, 663). Dies gilt auch, wenn ein Gebäude sich bei Erwerb in einem nicht vermietbaren Zustand befunden hat und durch eine Sanierung ein vermietbarer Zustand erst hergestellt werden musste. Nach der Rechtsprechung fallen auch in diesem Fall der mit Umbau- und Sanierungsarbeiten zwangsläufig verbundene zeitweise Leerstand in den Risikobereich des Steuerpflichtigen, wenn ihm diese Schwierigkeiten bei der wirtschaftlichen Verwertung bereits beim Erwerb des Grundstücks bekannt waren. Er hat dann die Minderung bzw. den Wegfall des Rohertrages im Sinne des § 33 Abs. 1 GrStG zu vertreten (vgl. Oberverwaltungsgericht - OVG - Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4 L 53/12, NVwZ-RR 2013, 204, m. w. N. zur verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung; , juris). Das "Vertretenmüssen" beurteile sich nicht ausschließlich nach der Verursachung der Mängel, sondern auch danach, dass der Steuerpflichtige sich entschieden habe, in das Objekt zu investieren. Damit falle der mit den Sanierungsmaßnahmen verbundene Leerstand in seinen Risikobereich (, juris; a. A. wohl Eisele in Troll/Eisele, GrStG, 11. Auflage 2014 § 33 Rn. 16). So habe ein Grundstückseigentümer auch eine Minderung des Rohertrags zu vertreten, die auf seine Entscheidung zurückzuführen sei, ein sanierungsfähiges Gebäude nicht mehr am Markt anzubieten und abzureißen. Dies gelte zu Lasten des Steuerpflichtigen selbst dann, wenn die Kommune die Maßnahme aus strukturpolitischen Erwägungen planerisch begleitet habe und sie durch Zuwendungen gefördert worden sei (vgl. Eisele in Troll/Eisele, GrStG, 11. Auflage 2014 § 33 Rn. 16 mit Hinweis auf VG Dresden, Urteil vom , 2 K 34/08; vgl. auch , juris). Ein Leerstand von Wohnungen sei jedoch unverschuldet, wenn das Gebäude z. B. aus baupolizeilichen Gründen nicht mehr bewohnt werden dürfe oder der Vermieter aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sei, einen Umbau durchzuführen, weil die Baubehörde die Benutzung des Gebäudes untersagt habe (Troll/Eisele, GrStG 11. Auflage 2014 § 33 Rn. 16). In ähnlicher Weise hat der BFH entscheiden, dass ein Steuerpflichtiger den durch die Sanierung entstehenden Leerstand nicht zu vertreten habe, wenn das Wohngebäude in einem Sanierungsgebiet belegen sei und er sich der zweckmäßigen und zügigen Durchführung der zur Erfüllung des Sanierungszwecks erforderlichen Baumaßnahmen letztlich nicht entziehen könne (, BStBl II 2015, 663).

Maßgebend für die Entscheidung über den Erlass sind die Verhältnisse im Erlasszeitraum (§ 34 Abs. 1 S. 2 GrStG). Daraus folgt, dass Ereignisse, die in früheren Kalenderjahren eingetreten sind und ebenfalls die Ursache für die Minderung des Rohertrags im Erlasszeitraum gewesen sein können, unbeachtlich sind. Entscheidend ist allein, ob der Steuerpflichtige im Erlasszeitraum alles ihm Zumutbare unternommen hat, um (höhere) Mieterträge zu erzielen (vgl. 9 C 8.07, NVwZ-RR 2008, 814).

c) Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung hat die Klägerin die Ertragsminderung im Streitjahr zu vertreten. Denn maßgebend für den Leerstand des Gebäudes und den (ganz überwiegenden) Mietausfall ist die Entscheidung der Klägerin, das vorhandene Gebäude abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Diese Entscheidung hat die Klägerin bereits im Kaufvertrag zum Ausdruck gebracht. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass diese Absicht in dem 2015 geschlossenen Kaufvertrag schriftlich niedergelegt wurde, sondern darauf, dass die bereits beim Erwerb des Grundstück bestehende Absicht auch im Streitjahr fortbestanden und das Handeln der Klägerin bestimmt hat. So hat sie die Planungsarbeiten für den Neubau vorangetrieben, um eine Baugenehmigung zu erlangen. Die Vermietung der Stellplätze und weitere geringe Nutzungsentgelte dienten nach ihren eigenen Angaben lediglich dazu, die Kosten des Leerstands zu verringern. Eine Vermietung der Büroräume hat sie im Streitjahr weder angestrebt noch betrieben.

Die vom Bezirksamt Hamburg-2 ausgesprochene Nutzungsuntersagung ab dem war letztlich nicht maßgeblich für die Minderung des Rohertrags. Zwar machte es die Nutzungsuntersagung auf Grund brandschutztechnischer Mängel erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, um eine Vermietbarkeit des Objektes wiederherzustellen. Diese baupolizeiliche Maßnahme hätte die Klägerin unabhängig von der geplanten Neubebauung des Grundstücks jedenfalls ab dem ebenso daran gehindert, die Büroräume zu vermieten. Anders als (wohl) in dem vom BFH entschiedenen Fall eines in einem Sanierungsgebiet belegenen Grundstücks (Urteil vom II R 41/12, BStBl II 2015, 663) ging es der Klägerin jedoch nicht um die Wiederherstellung der Vermietbarkeit durch Sanierung und damit um die Beseitigung der die Nutzungsuntersagung auslösenden Mängel. Die Nutzungsuntersagung schränkte die Klägerin auch in Bezug auf ihre Planungen für eine Neubebauung des Grundstücks in keiner Weise ein. Der Leerstand der Räume beruhte deshalb nicht auf der Nutzungsuntersagung, sondern auf der freien unternehmerischen Entscheidung der Klägerin, durch Abriss und Neubau das Grundstück einer davon unabhängigen Nutzung zuzuführen.

Ein Steuerschuldner hat die Ertragsminderung im Sinne des § 33 Abs. 1 GrStG nicht schon dann nicht zu vertreten, wenn es eine außerhalb seines Einflussbereichs liegende Maßnahme gibt, die Einfluss auf die Vermietbarkeit hat, vielmehr muss dieser Umstand auch ursächlich für den Leerstand und damit die Ertragsminderung sein. In dem Fall des im Sanierungsgebiet belegenen Grundstücks hat der Senat das Verfahren an das Finanzgericht zurückverwiesen, weil keine Feststellungen dazu getroffen worden sind, ob der Leerstand in den Streitjahren auch tatsächlich auf den Sanierungsmaßnahmen beruhte (, BStBl II 2015, 663, vgl. auch Anmerkung Loose, jurisPR-SteuerR 15/2015 Anm.4). Es reichte dem BFH danach nicht aus, dass das Grundstück in einem Sanierungsgebiet belegen war, sondern die Sanierungsmaßnahmen müssen auch ursächlich für den Leerstand gewesen sein. Für den vorliegenden Sachverhalt bedeutet dies, dass es grundsätzlich nicht ausreicht, dass die Nutzung untersagt worden ist, sondern dieser Umstand muss auch ursächlich für den Leerstand sein.

Der Leerstand der Räume im XX in 2016 beruhte jedoch nicht auf einer Sanierung des Gebäudes zur Beseitigung der brandschutztechnischen Mängel. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt derartige Sanierungsmaßnahmen geplant oder durchgeführt. Es war vielmehr von vornherein geplant, das Grundstück neu zu bebauen. Ähnlich wie in den Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger ein sanierungsbedürftiges, in einem nicht vermietbaren Zustand befindliches Gebäude erwirbt, beruht der anschließende Leerstand während der Sanierung auf der freien unternehmerischen Entscheidung. Auch der Klägerin waren im vorliegenden Fall bei Erwerb die Umstände bekannt, die einer zukünftigen Vermietung entgegenstehen würden. Ihre Entscheidung, dass Grundstück dennoch zu erwerben und neu zu entwickeln, ist Ausfluss ihrer Entscheidungsbefugnis, die dazu führt, dass die Gründe für die Ertragsminderung auch ihrem Einflussbereich zuzurechnen sind.

Anhaltspunkte dafür, dass eine Beseitigung der brandschutztechnischen Mängel tatsächlich unzumutbar gewesen wäre und sie sich zu einem Abriss der Gebäude gezwungen sah, hat die Klägerin nicht dargelegt. Auch hat die Klägerin nicht dargelegt, dass das Gebäude sich - wie behauptet - in einem "sanierungsunfähigen Zustand" befunden habe. Soweit eine Sanierung des Gebäudes möglicherweise unwirtschaftlich gewesen sein könnte, ist die Entscheidung gegen eine Sanierung und für einen Abriss und Neubau wiederum Ausfluss ihrer freien unternehmerischen Entscheidung und liegt damit nicht außerhalb ihres Einflussbereichs.

Die Voraussetzungen für einen teilweisen Erlass der Grundsteuer liegen damit nicht vor.

2. Die Klägerin hat gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.

Fundstelle(n):
EFG 2018 S. 1827 Nr. 21
ErbStB 2018 S. 329 Nr. 11
XAAAG-94366