FG München Urteil v. - 7 K 634/17 EFG 2018 S. 1388 Nr. 16

Kein Nachweis der betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen einer GmbH notwendig

FA trägt Beweislast für vGA

Leitsatz

1. Eine Kapitalgesellschaft verfügt aus körperschaftsteuerlicher Sicht über keine außerbetriebliche Sphäre so dass alle Aufwendungen der Klägerin als Betriebsausgabe und sämtliche von der Gesellschaft angeschaffte Wirtschaftsgüter als Betriebsvermögen zu behandeln sind; ein Nachweis der betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen einer GmbH ist daher nicht notwendig.

2. Lediglich bei einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Aufwendungen ist nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG eine außerbilanzielle Hinzurechnung der Aufwendungen notwendig. Dafür trägt das FA die Beweislast (objektive Feststellungslast).

3. Bestreitet die GmbH eine private Nutzung eines zu ihrem Betriebsvermögen gehörenden Mercedes und steht dem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer für private Fahrten ein anderes, privates Fahrzeug von Mercedes zur Verfügung, das dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar ist bzw. einen höheren Gebrauchswert hat, ist nach den Grundsätzen des ) der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des betrieblichen Pkw's entkräftet. Zur Annahme einer vGA müsste das FA eine private Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs beweisen.

Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 S. 2, KStG § 8 Abs. 1, EStG § 4 Abs. 1, EStG § 4 Abs. 4

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Streitig ist der Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen wegen eines im Betrieb vorhandenen Kraftfahrzeugs.

Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter A ist. A ist auch zum alleinigen Geschäftsführer der Klägerin bestellt worden. Gegenstand des Unternehmens ist das Betreiben von Bars, Restaurants und Clubs und die Beteiligung an solchen Unternehmen. Die Geschäftsräume der Klägerin befinden sich in ….

Bei der Klägerin wurde für die Jahre 2009 bis 2011 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Der Prüfer setzte verdeckte Gewinnausschüttungen für das Jahr 2009 in Höhe von 13.397 EUR und für das Jahr 2010 in Höhe von 3.602 EUR an. Er war der Auffassung, dass die beiden Fahrzeuge Mercedes Benz (MB) G500 mit dem amtlichen Kennzeichen … sowie MB G290 mit dem amtlichen Kennzeichen … nicht als Betriebsfahrzeuge anzuerkennen seien, da für den Betrieb der Bar grundsätzlich kein Fahrzeug notwendig sei. Alle Waren würden komplett angeliefert und für die restlichen kleineren Besorgungsfahrten sei ein weiterer PKW im Betriebsvermögen vorhanden. Der MB G500 sei außerdem im Jahr 2009 für 9 Monate vermietet und am an A verkauft worden. Für die restlichen Monate sei aus der Buchführung nicht erkennbar, dass so umfangreiche Umbauten durchgeführt worden seien, dass hierfür ein Fahrzeug notwendig gewesen sei. Der Prüfer ermittelte die in der GuV-Rechnung enthaltenen Kosten der beiden Fahrzeuge wie folgt:


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2009
2010
2011
EUR
EUR
EUR
Reparaturen
3.071,28
1.436,42
0
Leasing MB G500
7.030,98
0
0
Versicherungen
3.689,80
2.660,78
-294,87
Mieteinnahmen MB G500
-5.042,00
0
AfA MB G500
259,34
268,00
Restbuchwert MB G500
5.676,00
Verkaufspreis MB G500
-5.400,00
AfA MB G290
2.838,00
2.286,00
Restbuchwert MB G290
2.369,00
Verkaufspreis MB G290
-5.596,78
11.847,40
3.699,42
-294,87

Die auf diese Weise ermittelten Kosten der Fahrzeuge zuzüglich der darauf geltend gemachten Vorsteuer (1.549,94 EUR in 2009 und 197,34 EUR in 2010) behandelte der Prüfer als verdeckte Gewinnausschüttung (13.397,34 EUR in 2009 und 3.896,76 EUR in 2010).

Die auf Grundlage der Betriebsprüfung erlassenen Änderungsbescheide über Körperschaftsteuer 2009 und 2010 und Gewerbesteuermessbetrag nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) sowie gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ergingen am .

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie wandte sich gegen die Nichtanerkennung der Kosten des MB G290, bei dem es sich um ein Nutzfahrzeug (LKW) handle und legte ein Foto des Fahrzeugs vor, welches zum Zwecke einer rollenden Bar gekauft worden sei. Dieses Vorhaben sei jedoch aufgrund der Auflagen und der damit verbundenen Kosten unterlassen worden. Das Fahrzeug sei in der Zwischenzeit für Transport- und Reparaturfahrten, insbesondere im Rahmen diverser Umbauten, für Materialeinkauf und Schuttabfuhr genutzt worden. Die verdeckten Gewinnausschüttungen seien daher um die auf den MB G290 entfallenden Kosten zu kürzen. Auch die Kosten des Fahrzeugs MB G500 seien zu Unrecht nicht anerkannt worden. Das Fahrzeug sei bis Januar 2010 geleast und in der Zeit von Februar bis 2009 fremdvermietet worden. Eine weitere Vermietung sei durch die kurze verbleibende Restlaufzeit bis Januar 2010 nicht möglich gewesen. Nach Ende des Leasingvertrags sei das Fahrzeug zurückgegeben worden. Das Fahrzeug sei nicht privat genutzt worden. A habe für die Privatnutzung einen MB 230 GE gehabt, welcher auf ihn zugelassen gewesen sei. Somit sei für private Fahrten ein anderes Fahrzeug zur Verfügung gestanden, das dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sei bzw. einen höheren Gebrauchswert habe. Zu verweisen sei auf das .

Mit Änderungsbescheiden vom machte das Finanzamt den Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttungen insoweit rückgängig, wie sie auf das Fahrzeug MB G 290 entfielen, da die betriebliche Nutzung nachgewiesen worden sei. Die angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen betrugen nun 10.559 EUR in 2009 und 4.543 EUR in 2010.

Mit Einspruchsentscheidung vom wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage, die lediglich mit dem Ansatz des Eigenverbrauchs bei Fahrzeug G500 begründet wurde.

Die Klägerin beantragt,

die Änderung der Bescheide über Körperschaftsteuer 2009 und 2010, Gewerbesteuermessbetrag 2009 und 2010, gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum , gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den , gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. §§ 27, 28 und 38 KStG zum und und der hierzu erlassenen Einspruchsentscheidung vom insoweit, als darin von verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe von 10.559 EUR in 2009 und 4.543 EUR in 2010 ausgegangen wurde.

Der Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 FGO).

Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

1. Das beklagte Finanzamt hat zu Unrecht verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) im Zusammenhang mit dem von der Klägerin geleasten Pkw MB G500 angenommen.

a) Der Beklagte hat die Kosten des streitgegenständlichen Pkw's der äußerlichen Form nach zwar als vGA behandelt. Dazu im Widerspruch steht jedoch, dass es bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage der vGA nicht nur Kosten berücksichtigt hat, sondern auch Einnahmen. So wurden von den als Betriebsausgaben berücksichtigen Aufwendungen des Pkw's die als Erlöse gebuchten Mieteinnahmen gegengerechnet. Auch der Veräußerungserlös des Pkw's wurde – gleichsam als negative vGA – mit dem Restbuchwert saldiert und der den Verlaufspreis übersteigende Betrag des Restbuchwerts als vGA angesetzt. Dem Ergebnis nach hat das Finanzamt somit nicht die Grundsätze der vGA angewendet, denen eine solche Behandlung fremd ist, sondern hat das Betriebsergebnis um die im Zusammenhang mit dem Pkw stehenden Einnahmen und Ausgaben mit Hilfe des Instrumentariums der vGA „korrigiert” und dies damit begründet, die Klägerin habe den ihr obliegenden Nachweis der betrieblichen Veranlassung nicht erbracht. In seiner Stellungnahme in Klageverfahren vom führt das Finanzamt auch an, dass im Rahmen der Betriebsprüfung die beiden Fahrzeuge nicht als Betriebsfahrzeuge anerkannt worden seien, die übrigen Fahrzeuge seien im Betriebsvermögen verblieben. Die Klägerin muss den Nachweis der Betriebsvermögenseigenschaft jedoch nicht führen. Denn seit dem Urteil I R 54/95, BFHE 182, 123, DStR 1997, 492 geht der BFH in ständiger Rechtsprechung, der auch der erkennende Senat in langjähriger Rechtsprechung folgt (vgl. , juris; vom – 7 V 3332/09, juris; vom – 7 K 2853/94, EFG 2000, 1247), davon aus, dass eine Kapitalgesellschaft aus körperschaftsteuerlicher Sicht über keine außerbetriebliche Sphäre verfügt (zuletzt bestätigt durch , BStBl II 2007, 261), so dass alle Aufwendungen der Klägerin als Betriebsausgabe und sämtliche von der Gesellschaft angeschaffte Wirtschaftsgüter als Betriebsvermögen zu behandeln sind. Lediglich bei einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Aufwendungen ist nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) eine außerbilanzielle Hinzurechnung der Aufwendungen notwendig. Dafür trägt die Beweislast (objektive Feststellungslast) jedoch das Finanzamt (vgl. , BFHE 89, 208).

b) Eine vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG setzt bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) voraus, die durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst ist, nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruht und sich auf den Unterschiedsbetrag i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt; dabei muss diese Unterschiedsbetragsminderung die objektive Eignung haben, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (z. B. , BStBl II 2004, 131; vom I R 15/04, BStBl II 2006, 196; vom I R 124/04; vom I R 63/08, BFH/NV 2009, 1841). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (, BStBl III 1967, 626). Die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses ist im allgemeinen gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters den Vermögensvorteil einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen nicht gewähren würde (vgl. , BFHE 140, 167, BStBl II 1984, 273, und vom I R 294/81, BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673, und vom I R 22/79, BFHE 142, 276, BStBl II 1985, 69). Im Verhältnis der Kapitalgesellschaft und einem – wie im Streitfall – beherrschenden Gesellschafter wird die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses bereits angenommen, wenn es für die Leistungen der Kapitalgesellschaft an einer im Voraus getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarung fehlt (vgl. , BFHE 113, 218, BStBl II 1974, 719, und vom I R 138/76, BFHE 125, 557, BStBl II 1978, 659).

Anhaltspunkte für das Vorliegen einer vGA fehlen jedoch. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass das Fahrzeug nicht von der Klägerin, sondern vom Gesellschafter für außerbetriebliche Zwecke genutzt wurde. Das Finanzamt hat hierzu auch nichts vorgebracht. In seiner Stellungnahme vom hat es sogar ausgeführt, dass eine vGA nicht wegen der Privatnutzung eines Fahrzeugs angesetzt worden sei, auch in der mündlichen Verhandlung konnte der Vertreter des Finanzamts keine Gründe anführen, die für die Annahme einer vGA sprechen würden. Da nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin A für private Fahrten ein anderes, privates Fahrzeug der der G-Klasse von Mercedes zur Verfügung gestanden hat, das dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar ist bzw. einen höheren Gebrauchswert hat, ist nach den Grundsätzen des der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des betrieblichen Pkw's entkräftet.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 20/2018 S. 940
DB 2018 S. 2522 Nr. 42
DStZ 2018 S. 598 Nr. 17
EFG 2018 S. 1388 Nr. 16
GmbH-StB 2018 S. 333 Nr. 10
KÖSDI 2018 S. 20901 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 39/2018 S. 2834
XAAAG-90604